Dokumentation einer Nicht-Veröffentlichung

Mein Beitrag „Aus 1 mach 3“ für die Wochenzeitung „Freitag“ entstand nach einer Aufforderung durch den Herausgeber Hans Thie. Ursprünglich hatte ich ihm am 22.2.2004 meinen Aufsatz über „Die ganz andere Partei“ geschickt und ihn gefragt, ob er den Mut hätte, Menschen zu so einer „Partei“-Gründung zusammenzubringen (>> Mein Brief). Er antwortete ablehnend und verwies auf eine begonnene Debatte im „Freitag“. Die Beiträge erschienen mir oft sehr intellektuell, mein Beitrag nahm darauf nach einer Umarbeitung wie gewünscht Bezug, sollte schließlich auch abgedruckt werden – und erschien dann doch nicht...


26.03.2004

Lieber Herr Thie,

nun ist es schon über einen Monat her, seit ich Ihnen schrieb. Erstaunlicherweise hat das Thema gerade in den letzten Wochen noch an Aktualität gewonnen [im März waren die „Wahlalternative 2006“ und die „Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ gegründet worden]. Es geht mir aber nicht um ein Trittbrettfahren, sondern um den Mut zu echten Taten aus der Erkenntnis ihrer Notwendigkeit. Ich hoffe noch immer sehr auf Ihre ehrliche und ernste Antwort.

05.05.2004

Lieber Herr Thie,

nachdem ich Ihnen am 22. Februar und 26. März engagiert zum Thema „Neue Partei“ geschrieben hatte, habe ich jetzt kaum noch die Hoffnung, daß Sie mir antworten wollten. Das ist natürlich eine traurige und eigentlich unmenschliche Variante, Briefe einfach völlig unbeantwortet zu lassen. Ich kann mir zwar Ihren Alltag als Redakteur gut vorstellen, aber das ändert nichts an der Tatsache.

19.05.2004

Hallo Herr Niederhausen,

für die Funkstille bitte ich um Entschuldigung. Ich war zehn Wochen in einer, wenn man so sagen will, Auszeit und bin nun wieder am Platze. Zu Ihrem Anliegen: Zu einer Kehrtwende im Lande im Sinne von mehr Gerechtigkeit und Ver-nunft wollen wir als Zeitung, so gut es geht, beitragen. Aber wir sind keine politische Organisation und können das auch gar nicht sein. Wir sind bestenfalls ein Forum der Information, des Austauschs und der Kommunikation von Al-ternativen.    

In der vergangenen Woche haben wir eine Debatte über "konkreten Utopien" begonnen. Aus meinem nachfolgenden Eröffnungsbeitrag können Sie entnehmen, welche Fragestellungen wir verfolgen wollen. [...] Uns liegt vor allem daran, über die Kritik von Kapitalismus, Neoliberalismus, Agenda 2010 etc. hinauszugehen und Vorschläge für "eine andere Welt" zu diskutieren. Von der Negation zur alternativen Position, wenn man so sagen darf. Theoretische Entwürfe, Beschreibungen von Projekten und Vorschläge für einzelne Handlungsfelder sind willkommen. Hätten Sie Zeit und Lust, einen Text zu schreiben? Welches Thema würden Sie sich vornehmen?

21.05.2004

Lieber Herr Thie,

vielen Dank für die Antwort, mit der ich ja nun gar nicht mehr gerechnet hatte. Mein Standpunkt war dennoch der, daß sich wahrscheinlich wenig ändern wird, wenn auch weiterhin einige vernünftige Leute den Freitag lesen oder im Freitag schreiben. Mein Eindruck ist, daß sich nur direkt auf politischer Bühne etwas ändern läßt, und in diesem Sinne werde ich das sich bildende neue Bündnis „Wahlalternative / Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ nach Kräften un-terstützen. Meine Frage war, ob Sie sich als einzelner (nicht als Zeitung) mit Ihrem Namen und Ihrem öffentlichen Ge-wicht mit für eine solche politische Initiative einsetzen wollen.

Gleichwohl habe ich nach wie vor Hochachtung vor Ih-rer Arbeit als Herausgeber des Freitag und kann es nur begrüßen, daß es eine solche Zeitung gibt. Daher bin ich Ihrer Einladung zu einem Beitrag für die neue Debatte „Utopie konkret“ gerne gefolgt – und bin nun auf Ihre Stellungnahme sehr gespannt.

13.06.2004

Lieber Herr Thie,

gerne erwarte ich noch Ihr Urteil zu meinem Aufsatz für die Reihe "Utopie konkret". Ich hoffe, Sie haben zwischen-durch einmal Zeit.

15.06.2004

Lieber Herr Niederhausen,

Dank für Ihr Textangebot. Einen Beitrag, der gewissermaßen alles und jedes kurz berührt, kann ich aber aber kaum bringen. Vielleicht schauen Sie sich die bisher erschienenen Debattentexte (Thie, Boeing, Jäger, Schandl und in dieser Woche Stefan Meretz) einmal an, um dann zu überlegen, ob Sie auf das eine oder andere Argument in einer kürzeren Intervention reagieren wollen.

16.06.2004

Lieber Herr Thie,

meine Absicht war nicht, alles und jedes zu berühren, sondern die Notwendigkeit aufzuzeigen, daß Politik, Wirtschaft und der kulturelle Bereich stärker getrennt werden, um auf dem ihnen entsprechenden Felde wirklich das Sachgemäße bewirken zu können. Damit die Erpressung der Politik durch die Wirtschaft, die Vorschriften und Diskriminierungen der Politik gegenüber dem Bildungswesen usw. aufhören und andererseits das, was von der Rechtsgemeinschaft be-schlossen wurde, tatsächlich auch finanziert wird. Wenn Sie wollen, kann ich meinen Aufsatz um die Hälfte oder mehr kürzen und auf das Wesentliche beschränken. Soll ich das einmal tun?

17.06.2004

Statt einer Kürzung des vorhandenen Textes wäre eine Auseinandersetzung mit den bislang vorgetragenen Argumenten besser.

20.06.2004

Lieber Herr Thie,

wenn ich Ihre kurz angebundene Antwort recht verstehe, soll ich auf die bisherigen Beiträge eingehen. Ich meine nach wie vor, daß mein bisheriger Entwurf nicht „alles und jedes“ berührt und daß er auch bereits viele indirekte Querbezüge zu den bisherigen Beiträgen hatte. Außerdem waren auch diese Beiträge jeweils sehr eigenständig und haben nur hie und da einmal einen Verweis auf andere gehabt. Halten Sie die bisherigen vielleicht für fundierter als den meinen?

Ich habe nun aber meinen Text überarbeitet und einen sehr engen Bezug auf die bisherigen Beiträge hergestellt. Sagen Sie mir bitte, was Sie nun davon halten?

25.06.2004

Lieber Herr Niederhausen,

wir werden Ihren text demnächst bringen. Wann genau, kann ich noch nicht sagen. Es liegt noch einiges vor.

Bin zunächst ab heute drei Wochen in Urlaub.

29.07.2004

Lieber Herr Thie,

was halten Sie persönlich von dem Beitrag von Ulrich Busch? Hier ein Leserbrief von mir zur Veröffentlichung:

Glaubt Ulrich Busch selbst, was er schreibt? Zunächst wirft er völlig verschiedene Dinge in einen Topf, um sie allesamt als „romantische Geldkritik“ zu diffamieren – nur um zuletzt die eigene Katze aus dem Sack zu lassen, am Ende der zu-nehmenden Virtualisierung des Geldes stehe eine „Gesellschaft ohne Geld und Kapital“. Selten konnte man solchen Un-Sinn lesen! Und das im Freitag und gar in der Kolumne „Utopie konkret“. Wie Busch sich die „Modifikation“ des kapitalistischen Charakters des Geldes vorstellt, bleibt ungesagt. Nebenbei mißversteht Busch den Vorschlag von Hans Thie völlig, weil er aus dem herrschenden Denken nicht herauskommt. Er mißversteht und diffamiert die von Gesell ausgearbeitete Idee des Negativzins, als würde er nur die Hortung in Sparstrümpfen und Tresoren verhindern. Wie die „Virtualisierung“ des Geldes die Verteilungs- und Machtverhältnisse ändern soll, ist Busch keinen Gedanken wert. An-gesichts der Lage schneidet es einem ins Herz, daß eine wertvolle Seite dieser Kolumne an solch sinnlosen, verschlei-ernden und entstellenden Beitrag verloren ging.

02.09.2004

Lieber Herr Thie,

ich möchte heute einmal nachfragen, wo mein Beitrag für „Utopie konkret“ auf der Warteliste inzwischen steht. Am 25. Juni schrieben sie, sie würden ihn demnächst bringen, noch liege einiges vor. Inzwischen scheint mir, daß bereits Bei-träge kommen, die auf Beiträge reagieren, die nach Ihrer Mail erst geschrieben wurden...

03.09.2004

Lieber Herr Niederhausen,

die Montagsdemonstrationen und die zunehmenden Ost-West-Diskussionen führen dazu, dass wir unsere Debatte jetzt hin und wieder unterbrechen, um Raum zu schaffen für die aktuellen Themen.

Mittlerweile türmt sich ein ganzer Stapel von Debattenbeiträgen auf meinem Schreibtisch. In der kommenden Woche will ich alle Texte sichten und allen Autoren Verfahrensvorschläge machen. Ich bitte noch um etwas Geduld.

22.09.2004

Lieber Herr Niederhausen,

Sie hatten uns einen Beitrag zur Debatte "Utopie konkret" gemailt und warten bereits seit längerer Zeit auf eine Ant-wort. Die Verzögerung bitte ich zu entschuldigen. Die Debatte hat ein so breites Echo gefunden, dass die Sichtung der eingesandten, häufig viel zu langen Texte ihre Zeit brauchte. Aus der Perspektive des Redakteurs waren viele Beiträge zwar interessant, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Veröffentlichung in einer Wochenzeitung geeignet. Da-mit meine ich weniger den Inhalt der jeweiligen Argumente und Vorschläge (als Moderator der Debatte halte ich mich in dieser Hinsicht selbstverständlich zurück). Aber formale, stilistische, sprachliche Gesichtspunkte der Präsentation, die für eine spannende Lektüre sorgen, sollten schon eingehalten werden. Darüber hinaus können wir die Debatte nicht endlos fortsetzen. Sie wird demnächst enden - allerdings mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass interessante und mit Genuss zu lesende Texte selbstverständlich auch künftig von uns veröffentlicht werden. Alternativen zu diskutieren bleibt für uns ein zentrales Thema.

Um auch den nicht im FREITAG erschienenen Texten ein Forum zu bieten, wollen wir sämtliche Beiträge auf unserer Internetseite veröffentlichen. Ich hoffe, dass sie mit diesem Verfahren einverstanden sind.