Versuchter Briefwechsel mit Info3

Korrespondenz im Anschluss an Felix Hau: „Rudolf Steiner integral“ und die folgende, nicht wirklich klärende Diskussion zwischen Hau, Heisterkamp (beide Info3), Stephan Stockmar („Die Drei“) und Ulrich Meier (Priester). – Man beachte die Arroganz der Antworten von Heisterkamp und Hau und das nach einer einzigen Antwort eintretende Schweigen Haus – trotz sechs weiterer Versuche, zumindest einen ablehnenden Bescheid zu erhalten...


18.07.2005 

Sehr geehrter Herr Heisterkamp,

mit großer innerer Beteiligung habe ich den Aufsatz „Steiner integral“ von Hau und die im Juni-Heft folgende Diskussion dazu gelesen. Ich habe jedoch das Gefühl, daß die – im übrigen sehr interessante und gute – Diskussion die von Hau aufgeworfenen Fragen bis auf wenige Ausnahmen überhaupt nicht weiterbringen konnte. Die Leserbriefe haben in sachlicher Hinsicht ebenfalls fast nichts hinzugefügt. Aus diesem Grund habe ich einen Aufsatz verfaßt, der auf zentrale Fragen – auch solche, die erst in der Diskussion aufgeworfen wurden – direkt eingeht.

19.07.2005 von Heisterkamp

Sehr geehrter Herr Niederhausen,

Sie haben leider den entscheidenden Gedankengang bei Felix Hau gar nicht verstanden und so fällt Ihr Beitrag weit hinter das bereits erreichte Diskussions-Niveau zurück; Sie wissen ja: bei den scholastischen Disputationen des Mittelalters mussten die Kontrahenten, bevor es an die Kritik ging, erst einmal den Standpunkt der anderen Seite nachvollziehen und wiedergeben können. Sonst macht ein Dialog ja auch keinen Sinn. Einzelheiten entnehmen Sie bei Interesse meiner Kommentierung (in grüner Farbe in Datei anbei).

Wie christlich ist die Anthroposophie – oder: Was ist ein Eingeweihter?

Worüber wird eigentlich diskutiert?

Felix Hau hatte in seinem Aufsatz „Rudolf Steiner integral“ die Hauptthese vertreten, Rudolf Steiners Einweihung habe nichts mit dem Christentum zu tun gehabt. Er habe mit 19 Jahren sein Einweihungserlebnis gehabt. Seine Anschauungen hätten sich später nicht mehr gewandelt, er habe sie nur in theosophischen (und später anthroposophischen) Formen vorgebracht, um ein regelmäßiges Einkommen zu haben. Steiner selbst habe Vorstellungen wie Ätherleiber, Engelshierarchien usw. zu keinem Zeitpunkt in sich getragen...

Auf Hau´s Kernthese folgen viel weitergehende Behauptungen, die auch in der Diskussion im Juni-Heft kaum aufgegriffen wurden, erst recht nicht gelöst wurden.

Mein unmittelbares Erlebnis ist, daß Hau nicht die geringste Ahnung davon hat, was „Einweihung“ bedeutet. Von daher kann er in jeder Hinsicht nur zu falschen Vorstellungen kommen. Seine Thesen und Schlüsse mögen für einen zweifelnden Intellekt denk-bar sein, mehr aber auch nicht. Indem ich den Gründen für dieses unmittelbare Erleben nachgehe, werde ich Beweise zusammentragen. Es ist schlechter Stil, ohne Nennung von Gründen einen Artikel mit einer Pauschal-Aburteilung zu beginnen, sich dazu noch auf „unmittelbare Erlebnisse“ zu stützen; dies sind ja keine Gründe, vielmehr zeigt die Erfahrung, dass häufig sogar täuschen.

Steiner verteidigen?

Welche Anschauungen sollen es denn sein, die der 19-jährige Steiner hatte und die er später nie wieder aufgab, sondern nur neu – theosophisch – einkleidete? Was für eigentliche Ideen sollen sich dahinter verbergen, wenn Steiner später von „Ätherleib“ und von „Engelhierarchien“ spricht? Das würde mich wirklich interessieren. Lesen Sie doch nach, was Steiner beispielsweise im „Lebensgang“ über sein Erleben eines non-dualen Bewusstseins bis zu jener Zeit schreibt, wenn Sie Felix Hau schon nicht folgen mögen. Hau sagt, er hätte in einem Aufsatz nicht alles erklären können, aber eine Antwort auf diese Fragen würde zeigen, ob seine Behauptungen Substanz haben.

In der Diskussion spricht Meier von dem bekannten Impuls, Steiner verteidigen zu wollen. Ich glaube, dem liegt mehr zugrunde. Hier kommt jetzt ohne jeden Übergang ein ganz neuer Themenkomplex – ungekonnter Stil.

Sicherlich, viele „Anthroposophen“ werden Steiner tatsächlich vor allem deshalb verteidigen wollen, weil sie ihr Bild von Steiner und damit zugleich ihre eigene Biographie angegriffen erleben. Und natürlich ist es immer schwer erträglich, wenn jemand (hier Hau) einen anderen Menschen beurteilen zu können meint, obwohl er sich in seiner eigenen Entwicklung noch Welten hinter diesem bewegt. Aber er spricht ja dadurch sein eigenes Urteil. Passen Sie nur auf, wie Sie selbst hier über jemanden urteilen, von dem Sie sich „Welten entfernt“ glauben … Im Grunde braucht Steiner niemanden, der ihn verteidigt. Doch die Anthroposophie selbst – als Wahrheit, die wesenhaft ist – braucht, nun, auch nicht Verteidiger, aber – und das ist mehr – Bekenner. Bekenntnis heißt „confessio“. Damit sind wir nicht bei der Religion, auch nicht bei der überkonfessionellen Religion, sondern bei der „überreligiösen Konfession“. Verzichten wir doch besser auf solche Wort-Ungetüme, die nichts zur Erkenntnis beitragen.

Anthroposophie – Die Weisheit vom Menschenwesen und aller im Menschenwesen verborgenen kosmischen Geheimnisse – braucht keine blinden Gläubigen, aber Menschen, die darum ringen, sich ihrer würdig zu erweisen. Wer sich in intellektualistischen Gedankengebäuden verstrickt, bleibt vor den Toren. Das klingt, als müsse sich der Autor hier selbst Mut zusprechen -  wen soll das eigentlich überzeugen außer denen, die eh‘ schon dieser Meinung sind? Da es aber kein geistiges Vakuum gibt, bleibt er in den Fängen von Luzifer und Ahriman – um so mehr, je lauter er aufstöhnt, wenn er wieder die „abgedroschenen Namen“ hört. Von welcher Warte aus beobachten Sie solche Phänomene? Oder soll man Ihnen das einfach glauben?

Was ist Einweihung?

Was also meint Hau mit den Anschauungen des 19-jährigen Steiner? Meint er, daß „Ätherleiber“ nicht existierten? Diese Rückfrage zeigt, dass Sie bisher nicht in der Lage waren, den Gedanken Haus zu folgen: er sagt einfach nur: darum ging es damals nicht – und man verfängt sich in Konstrukten wenn man behauptet, Steiner habe damals solches Wissen bewusst unterdrückt oder ähnliches. Spricht er nicht viel mehr von seinen eigenen Anschauungen? Sieht er nicht, daß schon die Philosophie der Freiheit ungeheuer viel mit dem Ätherleib zu tun hat, weil sie das Denken von der leiblichen Grundlage loszureißen vermag, wenn man sie richtig zu lesen, zu meditieren weiß? Darum geht es gar nicht: im Nachhinein kann man solche Bezüge durchaus herstellen, Steiner hat es ja auch selbst getan – es geht aber darum, dass das Ende des 19. Jahrhunderts gar nicht notwendig war. Wer das nicht nachvollziehen kann, kann die Philosophie der Freiheit gar nicht in ihrem Charakter als reines Geist-Erleben erfahren, sondern er wird immer glauben, dass es in der Philosophie der Freiheit auf anderes, „Geheimnisvolleres“ ankommt, als man bei einem wirklichen meditativen Nachvollzug dieses Werkes unmittelbar erfährt. Ihre weitere Argumentation zeigt mir, dass diese meine Vermutung leider berechtigt ist.

Streitet Hau die von Steiner unter endlos vielen Blickwinkeln geschilderten Tatsachen der geistigen Welten ab? völliger Unsinn! Ist es denn so schwer zu verstehen, dass ja das Erlebnis des 19-jährigen Steiner gerade die einer geistigen Totalität gewesen ist? – wie ein gewöhnlicher Materialist, mit der Ausnahme, daß er das sich selbst ergreifende Denken als geistige Realität anerkennt? Ein Ich ohne Ätherleib und ohne Engelshierarchien...?

Wer sich selbst im Denken zu ergreifen beginnt, ist noch lange kein Eingeweihter. Hier ist klar, woran es bei Ihnen fehlt: sie verstehen den „jungen“ Steiner eben nur als „Denker“ – Sie haben somit das Grundproblem unserer Debatte noch gar nicht erfasst und fallen damit weit hinter den schon erreichten Stand der Diskussion zurück.  - Hau schaut auf den Denker Steiner und vermutet hinter allem anderen „Mystifizierung“. Meint er etwa wirklich, sein eigenes Denken halbwegs im Griff wähnend, direkt auf Steiners Spuren zu sein? Dass Sie hier, ohne das geringste eigene Verständnis,  auch noch herumpolemisieren, wirkt auf mich peinlich.

Mit dem reinen Denken kommt man irgendwann zu einem ersten, wirklichen Ich-Erlebnis. Jedes normale, sich noch so schlau und „bewußt“ erlebende Denken kommt nur bis zum intensiveren Erleben der normalen Spiegelung des Ich - „Alltags“-Ich, luziferisch. Doch selbst das reine, wirklich sinnlichkeitsfreie Denken kommt nur bis zum Tor der übersinnlichen Welten. Welche Welten im wörtlichen Sinne sich ihm eröffnen können, wird der Mensch erst erleben, wenn Meditation und moralische Schulung dazukommen. Hier wird vollends deutlich, dass SIE es sind, der Steiner beleidigt. Sie entwerten damit sein ganzes Werk und ziehen es auf ein theosophisches Niveau herunter.

Weiß Hau nicht, daß schon die erste Stufe der echten Einweihung zum Schauen der ätherischen und dann der astralischen Welt führt?[1] Sprechen Sie eigentlich von eigenen Erfahrungen?

Es ist einfach, diese übersinnlichen Welten – und Steiners Schilderungen – als kleidsame „Gedankenformen“ abzutun. Die zu hoch hängenden Trauben sind eben „sauer“. Hau leugnet warum in Gottes Namen glauben Sie, dass er das leugnet?? Das ist weder ausgesprochen noch intendiert! diese Welten mit einem – vielleicht nicht für ihn, aber für den wahrhaftigen Leser – ganz offensichtlichen Hochmut. Was bleibt von der Anthroposophie?

Hau scheint sich gar als Retter und jedenfalls als seltenen intimen Kenner Steiners zu verstehen, doch die Gegner der Anthroposophie (vor allem die übersinnlichen...) feiern Freudenfeste. Mir ist bisher von keinem Freudenfest bekannt und ich fürchte, unverständiger als Sie können diese mutmaßlichen Gegner auch nicht sein.

Anthroposophie und Christentum

Die Frage „Anthroposophie und Christentum“ ist im Grunde nur noch ein Nebenaspekt dieses grandiosen Schlages gegen die Anthroposophie. Steiners Einweihung habe mit dem Christentum „ganz und gar nichts zu tun“? Gut, das ist überhaupt nicht entscheidend – es sei denn, man reduziert Steiner auf den 19-Jährigen!

[...]

Das Christus-Wesen findet nicht, wer über sich nur einen konturlosen „Urgrund“ erkennen (und ertragen?) kann oder will. Es findet auch derjenige nicht, der das Rätsel zwischen wahrer Selbstlosigkeit und wahrer Ich-Findung nicht lösen kann. Für das gesamte Kapitel gilt: alles bekannte Steiner-Zitate, leider nur ohne Quellenangabe; eine eigene Erkenntnisleistung ist für mich nicht erkennbar.

Hau und Steiner

Hau ist davon Abgründe entfernt, wenn er schreibt, es sei eine merkwürdige Vorstellung, daß ein Eingeweihter automatisch einen vorhersehbaren, anti-individuellen und trostlos spießigen Lebenswandel führen müsse.

Hau´s Worte offenbaren eine Überheblichkeit, die die Selbstgefälligkeit des „Spießers“ weit übersteigt. [...] Wer im „anti-individuellen“ „Lebenswandel eines Eingeweihten“ nur trostloses Spießertum sehen kann, hat selbst ein Problem mit der Frage der „Individualität“. Steiner war ohne Alkohol erst recht kein Spießer.

Richtig: Die Einweihung selbst erlaubt kaum Voraussagen auf den künftigen Lebenswandel. Steiner war aber kein gewöhnlicher Eingeweihter. Er hat den mit den ersten Einweihungs-Erlebnissen begonnenen Weg konsequent fortgesetzt. Durch seine Fähigkeiten zur übersinnlichen Forschung und Mitteilung seiner Erlebnisse – und den Willen, diesem sein ganzes Leben zu widmen, wurde er zu einem Menschheitsführer. Er wirkte im Sinne der „weisen Weltenlenkung“ und tat das, was in seinen Kräften stand. Das ist höchste Selbstlosigkeit und Selbstverwirklichung in einem. Von welcher Warte aus beziehen Sie eigentlich Ihr Wissen Steiner? Sind Sie selbst ein Eingeweihter, dass Sie das alles wissen?

Wer diese Größe und die Größe der geistigen Welten nicht anerkennen will, wird das „Phänomen Rudolf Steiner“ nicht verstehen – denn er will es eben im Grunde nicht. [...]

19.07.2005 von Felix Hau

Lieber Herr Niedernhausen,

Sie schreiben:

>Leugnet Hau den Christus, weil er ihn nicht ertragen kann - ...?

Erwarten Sie von Gott ein Bekenntnis zum Theismus?

>In einem wirklich religiösen Buddhisten oder Moslem ist der Christus-Impuls viel stärker wirksam als in einem sich besonders religiös oder gar anderen voraus wähnenden "Christen".

Ich halte das von seinem konfessionalistischen Ansatz her zum einen für eine Okkupationspolitik auf geistigem Felde, zum anderen aber auch einfach für falsch. Religiöse Naturen - wie Steiner noch 1899 jene Menschen nennt, die Sie meinen, ganz unabhängig von konfessioneller Zugehörigkeit - zeichnen sich vor allem durch zwei Eigenschaften aus: durch noch nicht zu Ende gebrachte Selbsterkenntnis und durch damit einhergehende Mutlosigkeit. Nun ist daran, für sich genommen, nichts zu kritisieren; auch nicht, dass Rudolf Steiner sich später vor allem dieser Menschen annahm. Aber wer, wie Sie, aus dieser vorläufigen Perspektive heraus alles ausbremsen will, was das Stadium des kindlichen Aufblickens bereits hinter sich gelassen hat, muss damit rechnen, von jenen freien Naturen im Dienste der Weltentwicklung nicht ernst genommen werden zu können. Und wenn Anthroposophen bezüglich dieses Umstandes nicht langsam aufwachen, werden sie von jener Weltentwicklung ohne weitere Rücksichten einfach überrannt.

Sie werden's wieder als persönliche Arroganz nehmen. Sei's drum.

20.07.2005

Sehr geehrter Herr Heisterkamp,

vielen Dank für ihre Antwort und ihre Kommentare, die mich natürlich interessieren. Wenn ich den entscheidenden Gedankengang von Hau nicht verstanden habe, bitte ich um Ihre Hilfe – zumal es dann sicherlich vielen anderen auch so gegangen ist.

Ich verstehe Haus Aussage etwa so: Steiner hat das Geistige der Welt unmittelbar erlebt und später in gewissen Terminologien und auch kulturellen Kontexten („Christentum“) geschildert, was aber für das Eigentliche zweitrangig, wenn nicht sogar irreführend ist. Stimmt das so, oder was würden Sie sagen?

Die anschließende Frage für mich wäre: Was genau versteht Hau (oder auch Sie) unter dem Christus-Wesen? Ist es nur eine Vorstellung, eine „Ideen-Gestaltung“ für den zu sich selbst und zum Geistgehalt der Welt erwachenden Menschen – gewissermaßen das „Christus-Bewußtsein“, als Bild verstanden? Oder ist es doch mehr oder etwas anderes?

20.07.2005

Lieber Herr Hau,

vielen Dank für Ihre Antwort. Ich möchte ihren Standpunkt wirklich verstehen, daher schreibe ich Ihnen wiederum.

Sie sagten ja, der Stil sei Geschmackssache. Das sehe ich zwar nicht so neutral, aber selbst wenn ich Ihre Worte wieder als persönliche Arroganz erlebt haben sollte, lasse ich mich dadurch nicht davon abhalten, das verstehen zu wollen, was sie meinen. Außerdem war mein Aufsatz auch ziemlich polemisch. Ich kann aber auch anders und sie auch.

Ich verstehe Ihre Haupt-Aussage so: Steiner hat das Geistige der Welt unmittelbar erlebt und später in gewissen Terminologien und auch kulturellen Kontexten („Christentum“) geschildert, was aber für das Eigentliche zweitrangig, wenn nicht sogar irreführend ist. Stimmt das so?

Die Frage für mich wäre dann: Was genau verstehen Sie unter dem Christus-Wesen? Ist es nur eine Vorstellung, eine „Ideen-Gestaltung“ für den zu sich selbst und zum Geistgehalt der Welt erwachenden Menschen – gewissermaßen das „Christus-Bewußtsein“, als Bild verstanden? Oder auch der historische Jesus als erster Mensch, der dieses Bewußtsein in sich aufgenommen hat – was heute Zeitaufgabe für jeden wäre?

Was verstehen Sie darunter, wenn Steiner später schildert, wie Taten des Christus objektiv in jedem Menschen wirken? Und wie sehen Sie seine Schilderungen der Weltentwicklung und der Taten der „Hierarchien“?

Ich will also verstehen, wie Sie die „höheren geistigen Wesenheiten“ sehen und wie das Verhältnis des Menschen zu diesen.

Wenn Sie schreiben, Steiner habe seine Anschauungen nie mehr grundlegend geändert und auch Anschauungen von Engelshierarchien so nie in sich getragen, verstehe ich das bisher so, als habe er seine (An)Schauungen auch nicht grundlegend erweitert. Bisher verstehe ich Sie so, als wollten Sie sagen, Steiner habe sein von Anfang an vorhandenes Geist-Erleben später nur ausgedrückt in Form seiner Schilderungen der Taten der Hierarchien und des Christus-Wesens, das seien aber nur Bilder für das Geist-Erleben, was Steiner von Anfang an hatte.

In bezug auf das „Stadium des kindlichen Aufblickens“ haben auch Sie mich mißverstanden. Auch ich halte es für viel wesentlicher, zu einem wirklichen Geist-Erleben zu kommen, als bei einem Aufblicken zu höheren Wesen stehenzubleiben, ohne dieses Erleben zu haben. Mein Verständnis von Steiner ist aber, daß sein frühes Geist-Erleben die Grundlage war, auf der er später die Fülle der geistigen Welten und eben auch die Fülle der hierarchischen Wesenheiten und das Wesen und die Bedeutung des Christus-Wesens erfahren konnte. Insofern gäbe es kaum zu überbietende Unterschiede zwischen den „religiösen Naturen“, die Steiner 1899 gemeint haben wird, und jener Religion, die empfunden werden kann, wenn ein Mensch das Geist-Erleben hat und auf dieser Grundlage die höheren Wesenheiten wirklich findet.

Ich bin auf Ihre Kommentare sehr gespannt.


21.07.2005 von Heisterkamp

Sehr geehrter Herr Niederhausen,

über Ihre sachliche Rückfrage freue ich mich; da es ja zentral um den Gedankengang meines Kollegen Hau geht und ich nicht gänzlich zu seinem Interpreten werden möchte ;-) schlage ich vor, dass er Ihnen direkt auf die konkrete Frage antwortet; er wird sich in Kürze mit Ihnen in Verbindung setzen,


25.07.2005

Lieber Herr Heisterkamp,

vielen Dank für Ihre Antwort von Anfang letzter Woche. Natürlich verstehe ich gut, daß Sie nicht völlig zum Interpreten Ihres Kollegen werden wollen. Dennoch hätte mich Ihre eigene Formulierung interessiert.

Sie schrieben, Herr Hau würde sich bald selbst bei mir melden, das hat er aber noch nicht getan. Ich bin nicht eigentlich ungeduldig, sondern würde gerne nur wissen, ob er überhaupt antworten möchte - habe aber seine E-Mail nicht.


12.08.2005

Liebe Mitarbeiter in der Redaktion,

können Sie mir bitte sagen, ob Herr Hau gerade Urlaub hat und wann er zurückkommt. Ich erwarte seit einigen Wochen eine versprochene Antwort auf eine frühere E-Mail von mir.


30.08.2005

Lieber Herr Hau,

haben Sie meine E-Mail vom 20. Juli bekommen und wollen Sie darauf noch antworten?

26.09.2005

Lieber Herr Hau,

haben Sie meine E-Mail vom 20. Juli bekommen? Ich würde gerne noch eine Antwort von Ihnen bekommen. Oder zumindest die kurze Nachricht, daß Sie nicht antworten möchten.


09.10.2005

Lieber Herr Hau,

haben Sie meine E-Mail vom 20. Juli und meine Nachfragen vom 30.8. und 26.9. bekommen? Ich würde gerne noch eine Antwort von Ihnen bekommen. Oder zumindest die kurze Nachricht, daß Sie nicht antworten möchten.


09.10.2005

Lieber Herr Heisterkamp,

im Juli hatten wir eine kurze Korrespondenz anläßlich des damaligen Artikels von Felix Hau über Rudolf Steiner. Sie schrieben mir dann am 21.7., Sie wollten nicht gänzlich zu Haus Interpreten werden und er würde sich in Kürze selbst bei mir melden. Ich schickte ihm von mir aus ebenfalls eine längere Mail, in dem ich mein Verständnis seines Standpunktes zu formulieren versuchte und ihn um seine Stellungnahme bat. Als ich nichts von ihm hörte, fragte ich in der Redaktion am 12.8. nach, ob er noch im Urlaub sei, ihn selbst fragte ich am 30.8. und 26.9. (sowie ebenfalls heute), ob er meine Mail bekommen hat und mir wenigstens eine kurze Notiz selbst dann schicken könne, wenn er nicht antworten wolle. Ich möchte Sie gerne fragen, ob Sie helfen können, daß ich die eine oder andere Antwort doch noch bekomme. Daß ich über zwei Monate lang von Herrn Hau keinerlei Reaktion erhalte, finde ich menschlich und sachlich recht enttäuschend.


10.10.2005 von Heisterkamp 

Hallo, Herr Niederhausen,

ich denke, wir sollten den Stand der Dinge so interpretieren, dass mein Kollege Hau der Meinung ist, dass von seiner Seite gesagt wurde, was zu sagen ist. Ich persönlich meine außerdem, dass in dem langen Gespräch mit Christengemeinschaftspfarrer Meyer und Die Drei-Redakteur Stockmar, das wir in der Juli/August-Ausgabe zum Thema gebracht haben, viele kritische Rückfragen bereits repräsentativ angesprochen wurden. Ob man darüber hinaus mit einzelnen Lesern eine detaillierte Erläuterung von Inhalten führen will und kann, ist eine Frage, die ein Autor bzw. Redakteur persönlich und von Fall zu Fall entscheiden muss.


10.10.2005

Lieber Herr Heisterkamp,

vielen Dank für Ihre Antwort. Da Sie „an der Quelle sitzen“, dürfte Ihre Interpretation fast ein Wissen um die Tatsachen sein. Nun – natürlich hat jeder Redakteur die Möglichkeit, um nicht zu sagen die Macht, auf persönliche Fragen („einzelner Leser“) nicht einzugehen. Allerdings finde ich persönlich, daß die entscheidenden Fragen auch im zweiten Gespräch mit Meier und Stockmar nicht geklärt werden konnten. Ein Indiz dafür ist, daß selbst diese nicht wissen oder sagen konnten, was eigentlich Haus Standpunkt ist, insbesondere wie er das Christus-Wesen versteht (Ergebnis einer Nachfrage meinerseits).

Nachdem Sie mir in Ihrer ersten Antwort auf meinen ursprüngliche Entgegnungs-Aufsatz vorwarfen, ich hätte Haus entscheidenden Gedankengang überhaupt nicht verstanden, und mir die Tugend der Scholastiker nahelegten, habe ich mir bewußt nochmals Zeit genommen, gemäß meinem Verständnis die Hauptgedanken Haus in Worte zu fassen und Sie und ihn zu fragen, ob er so richtig verstanden sei. Daran hatte ich direkt einige Fragen angeschlossen, die für das weitere Verständnis wesentlich sind. Sie wollten daraufhin „nicht gänzlich zu Haus Interpreten“ werden, von Hau kam keine weitere Reaktion.

Meint denn Hau selbst, er wäre in den zwei Gesprächen wirklich verstanden worden?

Wie gesagt – ich finde es menschlich und sachlich äußerst traurig, daß man nicht einmal kurz zumindest „Arbeitsfülle“ oder „Desinteresse“ anführen kann, um einen wirklich um Verständigung bemühten anderen Menschen wissen zu lassen, daß er auf weitere Antwort nicht mehr warten braucht. Ich kann es mir nur so erklären, daß Hau eine sehr klare Vorstellung von „allen möglichen bekloppten Anthroposophen“ hat, die ohnehin nicht verstehen (wollen), was er eigentlich sagen will resp. Steiner eigentlich gedacht und erlebt hat. Dann braucht er aber in seinen Veröffentlichungen nicht mehr anzudeuten, daß es ihm um Verständigung ginge.


12.04.2006 (!)

Lieber Felix,

anlässlich des April-Artikels von Jens Heisterkamp wage ich noch mal einen Versuch, Dir zu schreiben. Noch immer würde ich gerne Deine Ansicht wirklich verstehen. Du sagst: Anthroposophie hat nur sekundär einen christlichen Anstrich bekom­men, weil Steiner die Leute da abholte, wo sie waren. In Wirklichkeit geht es nur um den wirklichen Geist, den jeder (in sich) selbst finden muß. Richtig? Meine Frage ist vor allem: Wie verstehst Du daneben nun eigentlich das Christus-Wesen? Als reines Bild für das, was jeder Mensch selbst schaffen muß? Daß ich Deinen Hauptgedanken zu verstehen meine, erschließt mir noch nicht Deine Anschauung in dieser zweiten Frage. Meinst Du, daß jemand, der selbst zum Geisterleben durchgestoßen ist, erkennt, daß Christus nur eine Vorstellung oder eine Idee ist oder für die Erdenentwicklung nicht zentral oder nur der Vorläufer der einzelnen Menschen-Iche – oder was? Ich möchte es gerne verstehen, das ist alles.


Aber es kam einfach keine Antwort mehr...

Fußnoten


[1] Einfache Erleuchtungs-Erlebnisse erfassen noch nicht die unendlich vielgestaltige Wesenhaftigkeit der Welt. Wie jedoch auch hier der Christus als zentrales Wesen gefunden werden kann, beschreibt Zoran Perowanowitsch in seinen Aufsätzen („Rätsel Erleuchtung“, Info 3, Mai und Juni 2005).