30.09.2007

Indizierungsverfahren gegen Steiner-Werke – eine Kampagne voreingenommener Gegner

Verfasst für die und veröffentlicht auf der Homepage der Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners.

Der (inzwischen abgelehnte) Antrag auf Indizierung zweier Steiner-Werke war pünktlich zur Sommerpause eine geschickte Kampagne von Gegnern der anthroposophischen Bewegung und ihrer vielfältigen Initiativen. Dass der Antrag dennoch abgelehnt wurde, ist zu begrüßen.


Geradezu schockierend ist die Tatsache, wie gerade viele größere Medien den ganzen Vorgang ihrerseits zu einer pauschal negativen Berichterstattung nutzten bzw. entsprechenden Autoren eine Plattform boten.

Was mit einem Antrag auf Prüfung begann, ob in einem über 300-bändigen Werk mit Zehntausenden von Seiten eine Handvoll Stellen aus heutiger Sicht rassistisch verstanden werden könnte (!), wurde zu einem generellen Angriff auf Rudolf Steiner und die Anthroposophie, die nach den letzten Wochen von vielen Menschen geradezu mit einer rassistischen Weltanschauung gleichgesetzt wird. Ein Tiefpunkt der journalistischen Sorgfaltspflicht!

Man könnte sagen: Wer die Absicht hat, wird selbst auf einem reinen Diamanten etwas finden, was aus heutiger Sicht als Fliegendreck verstanden werden könnte. Wer aber auch nur einen einzigen der geprüften Vorträge Rudolf Steiners von Anfang bis Ende liest, wird immer feststellen können, dass die Anthroposophie das Gegenteil einer rassistischen Weltanschauung ist.


Es gibt Unterschiede zwischen den Menschen und auch zwischen den Völkern.

Diese liegen in den Unterschieden der Kulturkreise, der Religionen, aber auch dessen, was man Mentalität usw. nennt. Wer dies verneint, hat die Lebenstatsachen nicht selbst erlebt. Der Rassismus beginnt erst dort, wo man Unterschiede wertet und verfolgt – und wo man Menschen auf diese Unterschiede festlegt. Rudolf Steiner hat ganz im Gegenteil objektiv auf Wesensmerkmale der Völker hingewiesen – und auf ihre jeweilige Berechtigung. Vor allem aber hat er immer wieder betont, dass der einzelne Mensch über all dies hinausreicht, weil er ein geistiges Wesen ist.


Die individuelle Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen ist eine Grunderkenntnis der Anthroposophie. Sie entzieht jedem Rassismus den Boden und ist die Grundlage, aus der heraus die Waldorfpädagogik arbeitet – mit heute rund 1.000 Waldorfschulen und über 2.000 Waldorfkindergärten in über 60 Ländern.

Engagierte Pädagogen verwirklichen die Waldorfpädagogik jeweils vor dem Hintergrund ihrer eigenen Kultur als individuelle „Erziehung zur Freiheit“. Alle Waldorfschulen stehen Kindern jeder sozialen, religiösen und kulturellen Herkunft vorbehaltlos offen. In Afrika sind Waldorfschulen noch immer die Vorreiter der vielbeschworenen Regenbogen-Gesellschaft. Waldorfschulen in Israel fördern in jüdisch-arabischen Gemeinschaftsprojekten die Verständigung der Kulturen. Viele Waldorfschulen sind in ihrem Umfeld Pioniere einer am Wesen des Kindes orientierten Pädagogik – am augenfälligsten in südamerikanischen Favelas, in afrikanischen Townships, in noch immer autoritär geprägten Ländern, aber auch überall sonst. In regelmäßigen internationalen Konferenzen tauschen Waldorflehrer aus allen Kontinenten ihre Erfahrungen miteinander aus.


In der Waldorfpädagogik werden dem Kind gerade nicht feste Vorstellungen und Weltbilder vermittelt, sondern bewegliche Begriffe, die das Kind später, wenn es schrittweise urteilsfähig ist, selbst füllen kann.

Dieser wesentliche Aspekt einer „Erziehung zur Freiheit“ macht die Waldorfschule damit weltanschauungsfreier als jede angeblich weltanschuungsfreie Schule, die bei der herrschenden Weltauffassung nur ein materialistisches Weltbild vermitteln kann. Zugleich herrscht an den Waldorfschulen ein Höchstmaß an Toleranz und Weltinteresse – gerade dies ist eine Frucht der Anthroposophie, aus der heraus Waldorfpädagogen sich bemühen, tätig zu sein.