02.05.2009

Tradowskys „Stigmatisation“ – Glauben statt Wissen

Buchkritik: Peter Tradowsky: „Stigmatisation. Ein Schicksal als Erkenntnisfrage“. Verlag am Goetheanum, 2009.

In seinem Büchlein „Stigmatisation“ versucht Peter Tradowsky, dem entsprechenden Anhang in Prokofieffs Buch entgegenzutreten. In Bezug auf Judith von Halle enthält es nicht wirklich etwas was überzeugen kann – lenkt aber den Blick ab von dem, was nicht überzeugen kann und was beweist, dass man Judith von Halle nicht glauben darf.


Inhalt
EinleitungNotwendige Unterscheidung
Die zentrale FrageWeder reine Wahrnehmungen...... noch geisteswissenschaftliches Arbeiten
Lügen – die wirksam sind
Das Schicksal „erklärt“ allesGefährten des Christus in Palästina?
Notwendige Unterscheidung
Stigmatisation und Phantom: „Ein nahe liegender Gedanke...“
Völlig falsches Verständnis des Phantoms
Nahrungslosigkeit und Phantom: Die nächste BehauptungUnfreiheit und Egoismus
Abschließende Bemerkungen


Einleitung

Im April veröffentlichte Peter Tradowsky ein kleines Büchlein „Stigmatisation. Ein Schicksal als Erkenntnisfrage“. Es ist gemeint als Entgegnung auf den Anhang über Stigmatisation in Sergej O. Prokofieffs Buch „Das Mysterium der Auferstehung im Lichte der Anthroposophie“. Tradowskys Büchlein im Miniformat hat 77 Seiten – im normalen Buchformat wären es wohl knapp 50 Seiten. In der Vorbemerkung heißt es gegen Prokofieff: „Diese Schrift bemüht sich dem gegenüber, das Phäno­men der Stigmatisation umfassender und vielschichtiger an­ zuschauen, soweit das im Hinblick auf das Rätselhafte der Stigmatisation in der gebotenen Kürze möglich ist.“

Dies nun ist bereits der erste Widerspruch in sich. Warum ist denn Kürze geboten? Um das Buch schnell genug veröffentlichen zu können? In jedem Fall können diese Worte als geeignete Verschleierung der Tatsache dienen, dass weiteres zur Verteidigung von Judith von Halle gar nicht mehr vorgebracht werden kann. Denn auch auf den nun erschienenen Seiten wird zwar einerseits den Fehlurteilen Prokofieffs entgegengetreten – was ich in einem ausführlichen Aufsatz bereits Ende Januar getan hatte –, im übrigen aber vor allem (wie es Prokofieffs ebenfalls tut) auf frühere Stigmatisierte geschaut und ansonsten mit bloßen Behauptungen gearbeitet, die nicht überzeugen können, jedoch den Blick von allem Zweifelhaften ablenken.

Der Grundirrtum bzw. das grundlegende Täuschungsmanöver sowohl von Prokofieff als auch von Tradowsky ist, dass man mit Blick auf frühere Stigmatisierte überhaupt etwas allgemein widerlegen oder beweisen könnte! Prokofieff versucht zu „beweisen“, dass Stigmatisation immer ein Zeichen für einen dekadent gewordenen christlichen Schulungsweg ist, und zieht auf diese Weise sowohl diesen Schulungsweg als auch den hl. Franziskus in den Schmutz. Tradowsky versucht zu „beweisen“, dass Stigmatisation immer ein Zeichen besonderer Heiligkeit und Auserwähltheit ist.

Prokofieff ist schnell widerlegt. Tradowskys „Beweisführung“ spricht das Gefühl an, denn es ist unzweifelhaft, dass sich Franziskus und auch Katharina Emmerick oder Therese Neumann durch eine große Frömmigkeit und Ergebung auszeichnen. Man möchte gerne glauben, dass bei all diesen Persönlichkeiten die Stigmatisation auf eine besonders tiefe Beziehung zum Auferstehungsleib Christi, zum Phantom, bestehe. Die so eingeführte und „belegte“ Behauptung überträgt Tradowsky dann auf Judith von Halle – und man folgt ihm vielleicht ohne weiteres Nachdenken, das ist zumindest die Absicht. Im Grunde ist es sogar umgekehrt: Tradowsky behauptete von Anfang an, Judith von Halle sei Trägerin des Phantoms – und versucht, dies durch Verweis auf jene früheren Persönlichkeiten plausibel zu machen.

Notwendige Unterscheidung

Wie auch immer – es muss deutlich werden, dass alle Beispiele von Stigmatisation ganz für sich angeschaut und beurteilt werden müssen! Nur ein naiver Denker oder ein Bequemling kann den hl. Franziskus, eine Katharina Emmerick oder eine Judith von Halle in einen Topf werfen. Es handelt sich um derart verschiedene Persönlichkeiten und auch ihre Stigmatisation äußert sich derart verschieden, dass man daraus keinerlei allgemeines Gesetz abstrahieren könnte, auf das man sich blind verlassen könnte.

Selbst Tradowsky gibt dies indirekt zu, nämlich an einer weiteren Stelle, wo er sich selbst widerspricht. Prokofieff hatte in seinem Anhang den Juden Richard Pollak angeführt, bei dem sich vor seiner Bekanntschaft mit Rudolf Steiner die Stigmata gezeigt hatten. Dieser hatte sie verborgen gehalten, und Prokofieff führt dies mehr oder weniger explizit als Beispiel für das „richtige Vorgehen“ an. Tradowsky nun kritisiert Prokofieffs suggestive Argumentation und entgegnet:

„[...] dass zwi­schen Richard Pollak und Judith von Halle im Vergleich kaum Gemeinsamkeiten zu finden sind. Es sind geradezu extreme Unterschiede vorhanden, von der verschiedenartigen Stig­matisation über die Zeitverhältnisse bis hin zu Bildungsweg, Beruf und Tätigkeiten sind in dem Schicksal keine Gemein­samkeiten zu entdecken. Schon in diesem Sinne kann das Vorbild kein Vorbild sein.“


Dies ist nun zwar primär bezüglich der Frage ausgesprochen, ob man eine Stigmatisation verbergen sollte – es ist aber in jedem Fall auch auf die Frage der Beurteilung der Stigmatisation überhaupt auszudehnen. Tradowsky meint mit der „verschiedenartigen Stigmatisation“ die Vermutung, dass diese bei Pollak im Verlauf des christlichen Schulungsweges aufgetreten sei (was Prokofieff voraussetzt), doch er sagt selbst: „Aus diesen Worten seiner Frau geht nicht eindeutig hervor, dass das Auftreten der Stigmata Ergebnis des Schulungsweges von Richard Pollak war.“

Für Tradowsky begründen verschiedene Zeitverhältnisse, Bildungswege, Berufe usw. einen anderen Umgang mit der Frage, ob eine Stigmatisation verborgen werden solle oder nicht. Dies ist eine reine Behauptung. Und letztlich kommt er ja auch zu dem Argument des „ethischen Individualismus“, das diese Hilfsargumente gar nicht braucht. In anderer Beziehung jedoch sind diese Unterschiede viel realer – denn sie sind in der Tat vorhanden, erst recht im Hinblick auf den Vergleich zwischen Judith von Halle und Katharina Emmerick oder gar den hl. Franziskus. Hier sind all diese Unterschiede in der Tat zu berücksichtigen! Und nicht nur sie, denn die Zeitverhältnisse, Bildungswege usw. sind eigentlich ganz sekundär. Aber die ganze Vorgeschichte der Stigmatisation, die Begleitumstände und auch die Folgen usw., die gesamte Persönlichkeit und Individualität dieser drei, vier Menschen sind derart verschieden, dass man es nur einzeln anschauen und beurteilen darf.

Die zentrale Frage

Im ersten Kapitel „Der unausgesprochene Name“ kritisiert Tradowsky mit Recht, dass Prokofieff in seinem Anhang Judith von Halle mit keinem Wort erwähnt, obwohl dieser Anhang ganz auf sie bezogen ist (ich habe darauf bereits Ende Januar aufmerksam gemacht). Doch schon in diesem ersten Kapitel finden sich Behauptungen, die schlicht falsch sind[1] – und bereits die zentrale Fragestellung enthalten, die danach gar nicht mehr berührt wird.

Tradowsky schreibt (S. 11):

Auch kommt es einer Beleidigung gleich, wenn Proko­fieff den Menschen Judith von Halle auf die Stigmatisierte reduziert, während doch wesentliche andere Fähigkeiten vorhanden sind, vor allem das geisteswissenschaftliche Arbeiten und Darstellen, das sich auch in einer Reihe von Veröffentlichungen gezeigt hat, die für Prokofieff nicht zu existieren scheinen. Bis auf die erste Veröffentlichung haben die weiteren Veröffentlichungen nichts mit der Stigmatisa­tion zu tun, sie ergeben sich nur aus der Fähigkeit zu geistes­wissenschaftlicher Arbeit.


Worum es Tradowsky und von Halle im Kern geht, ist Folgendes:
Sie wollen die Stigmatisierung und die damit angeblich verbundenen Fähigkeiten untrennbar verschmelzen mit der angeblichen Fähigkeit von Halles zu geisteswissenschaftlichem Arbeiten und Darstellen. Judith von Halle schaut angeblich „objektive Geschehnisse“ und ist außerdem angeblich fähig, diese „geisteswissenschaftlich zu durchdringen“ und darzustellen. Wir sind damit bei der Grundfrage: Was ist Geisteswissenschaft?

Ich habe mich in früheren Aufsätzen immer wieder zu dieser Frage geäußert und gezeigt, dass Judith von Halles Schauungen mit Geisteswissenschaft nichts zu tun haben.

Nun haben Judith von Halle und Tradowsky endlich eine Klarstellung ihrer eigenen Auffassungen geliefert. Tradowsky schreibt (S. 15):

Die Erlebnisse und Erfahrungen der Stigmatisierten ge­hören erkenntnistheoretisch eindeutig auf die Wahrneh­mungsseite, sie werfen Deutungs‑ und Erkenntnisfragen auf, als solche können sie aber keine Erkenntnisse sein. Nur weil Prokofieff die Wahrnehmungsseite völlig ausblendet und sich des Unterschiedes von Wahrnehmungen und Den­ken erstaunlicherweise nicht bewusst ist, kann er zu seinem fundamentalen Irrtum kommen. [...] Denn tatsächlich haben die Erfahrungen der Stigmatisierten als solche ebenso wenig mit Anthroposophie etwas zu tun wie irgendwelche anderen Wahrnehmungen. Sie können zum Gegenstand geisteswis­senschaftlicher Forschungen werden, sie können mit geistes­wissenschaftlichen Mitteln und Methoden untersucht und geprüft werden, sie sind Aufgabe, nicht Ergebnis der Geis­teswissenschaft.


Und Judith von Halle schreibt in Ihrem Beitrag vom 27.2.2009 im „Goetheanum“:

Im Sinne der ‚Philosophie der Freiheit‘ können die Erlebnisse der Zeitenwende-Ereignisse als reine Wahrnehmung des Beobachtungsinhaltes begriffen werden. Hingegen ist in allen Geleitworten meiner Bücher der anthroposophische Zugang, die geisteswissenschaftliche Forschungsmethode klar dargelegt worden, die zu einer erkenntnismäßigen Durchdringung der Wahrnehmungsinhalte führt.

Weder reine Wahrnehmungen...

Zunächst: In Judith von Halles Büchern ist nichts über diese Methode zu finden. Während Rudolf Steiner den Schulungsweg immer wieder genau beschrieben hat, beschränkt sich von Halle auf die bloße Behauptung, ihre Methode sei geisteswissenschaftlich. Was genau forscht sie denn über die ihr gegebenen Schauungen hinaus? Und wie forscht sie? Hierzu findet man bei ihr nichts – immer nur fertige Darstellungen, die angeblich geisteswissenschaftlich erforscht, andererseits aber eben auch geschaut worden sind...

Wenn wir uns nun dem Problem der gegebenen Wahrnehmungen zuwenden, kann Judith von Halle leicht widerlegt werden – nur muss diese Widerlegung eben auch innerlich nachvollzogen und dann anerkannt werden! Zu dieser Frage schrieb ich in verschiedenen Aufsätzen Folgendes (man lese es am besten jeweils auch in seinem ganzen Zusammenhang):

Was liegt hier vor? Es werden Schauungen mit Hilfe der „Anthroposophie“ interpretiert bzw. „vertieft“ oder scheinen auch Schilderungen Rudolf Steiners ähnlich zu sein bzw. diese sogar zu „vertiefen“ – und schon werden sie zu „geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen“ erklärt. Dabei weist Rudolf Steiner selbst immer wieder darauf hin, dass geisteswissenschaftliche Erkenntnisse nur auf wirklich leibfreie, sinnlichkeitsfreie Weise erworben werden können und natürlich selbst auch sinnlichkeitsfrei sind. Es gibt keine geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse, die auch nur irgendwelche sinnlichen Reminiszenzen aufweisen! (12.2.2009)

Er oder Judith von Halle müssten aber darstellen, wie letztere zu ihren Schauungen kommt, denn diese sind das Problem! Da diese nicht durch die geisteswissenschaftliche Methode gewonnen werden, können sie nur von lauter Täuschungen getränkt sein – jeder nachträgliche Versuch ihrer erkenntnismäßigen Durchdringung kann nichts von diesen Täuschungen beseitigen, und jede Vermischung mit anthroposophischer Terminologie kann diese Tatsache nur weiter verschleiern! (23.2.2009)

Es geht überhaupt nicht um die Frage, ob Judith von Halles „Übersetzung“ ihrer Schauungen irgendwie „geisteswissenschaftlich“ wäre – diese Frage wäre bereits falsch gestellt. Es geht um die Frage, ob ihre Schauungen Geisteswissenschaft sind – und diese Frage verneint sich unmittelbar selbst.
Warum stellt sich die Frage nach der „Übersetzung“ nicht? Weil sie absolut sinnlos ist. Da die Schauungen keine Geistesforschung sind, können wahre Elemente und Täuschungen in keinster Weise voneinander geschieden werden! Die „anthroposophische Übersetzung“ kann die Dinge nur verschlimmern, weil sie die Illusion einer Übersetzung, einer Deutung liefert. Wenn ich aber eine Täuschung in anthroposophische Terminologie übersetze, wird sie nicht wahrer, sie wird höchstens zur Lüge...
Entweder man erkennt an, was Rudolf Steiner immer wieder betont hat: dass nämlich die Unterscheidung zwischen Täuschung und Wahrheit überhaupt nur möglich wird, wenn man in strengster Methodik die eigenen Geistesorgane entwickelt und sich dann über jeden einzelnen Schritt der eigenen Geistesaktivität klarste Rechenschaft geben kann – oder man wirft die ehernsten Grundsätze der Geisteswissenschaft über Bord und kann dann alles als „Anthroposophie“ bezeichnen... (7.3.2009)

[...] während es doch einzig und allein um die entscheidende Frage geht, ob Judith von Halles Schauungen mit geisteswissenschaftlicher Methode gewonnen wurden oder nicht. Diese Frage ist eindeutig zu verneinen, denn sie hat diese Schauungen einfach. Damit sind sie irrtumsbelastet, und es fehlt jede Möglichkeit, Täuschung und Wahrheit auseinander zu halten. Ihre nachträgliche Durchdringung mit anthroposophischen Begriffen ändert an dieser Tatsache nicht das Geringste. Und wenn Judith von Halle sagt, der Christus selbst spreche durch sie, beweist dies unmittelbar, dass es nicht so ist, denn der Christus lässt frei! (16.3.2009)


Man muss es also ganz deutlich sagen: In der direkten Sinneswahrnehmung ist es bereits schwierig, die wirkliche Wahrnehmungsseite von der Seite der Gedanken und Urteile rein zu halten, doch wenn dies gelänge, hätte man die eine Hälfte der objektiven Wirklichkeit (Goethe: „Die Sinne trügen nicht“), die sich zu einer wahren Erkenntnis gestalten würde, wenn dann ein reines Denken die richtigen Begriffe hinzufügen würde. In allem, was nicht Sinneswahrnehmung ist, gilt diese Gewähr jedoch nicht. Vielmehr weist Rudolf Steiner darauf hin, dass sich in alles andere selbstverständlich Irrtümer, Täuschungen usw. hineinmischen können, seien es Erinnerungen, Schauungen oder übersinnliche Wahrnehmungen im engeren Sinne!

Bei der Sinneswahrnehmung genügt es, die Wahrnehmung rein zu haben – als solche kann sie nicht trügen. Bei allem anderen ist es – um von Geisteswissenschaft sprechen zu können – absolut notwendig, sich schon in Bezug auf die Wahrnehmungsseite vollkommene Rechenschaft darüber ablegen zu können, wie diese Wahrnehmungen zustande kommen. Wer unmittelbare Sinneswahrnehmungen und andere Schauungen hier in einen Topf wirft, zeigt nur, dass er von den Grundbedingungen einer Geisteswissenschaft nichts verstanden hat.[2]

... noch geisteswissenschaftliches Arbeiten

Obwohl Judith von Halles Anspruch auf „geisteswissenschaftliches Arbeiten und Darstellen“ hiermit bereits vollständig widerlegt ist, will ich noch einmal auf diese Behauptung zurückkommen, denn hier zeigt sich der regelrechte Betrug, die gewollte Irreführung anderer Menschen unmittelbar:

Eine Sache ist es, die Grundsätze der Geisteswissenschaft und das in der „Philosophie der Freiheit“ Gesagte in dieser Weise vollkommen misszuverstehen (wenn es ein Missverständnis wäre!). Eine andere Sache ist es, Judith von Halle als Eingeweihte hinzustellen.

In „Und wäre Er nicht auferstanden...“ behauptet Tradowsky, Judith von Halle hätte die „Kontinuität des Bewusstseins“, also selbst im Traum und im Schlaf Bewusstsein (ein Zustand, von dem Rudolf Steiner in „Wie erlangt man...“ sagte: „Was hier angedeutet wird, ist für eine gewisse Stufe der Entwickelung eine Art ‚Ideal‘, das am Ende eines langen Weges liegt.“). Und Tradowsky fährt fort, diese „Kontinuität des Bewusstseins“ werde „in der geisteswissenschaftlichen Durchdringung der Erlebnisse sichtbar, sie kann sich in freier Weise nur durch die Inhalte der Darstellungen beglaubigen.“[3]

Was von den Darstellungen Judith von Halles zu halten ist, hat Mieke Mosmuller in ihrem Buch „Stigmata und Geist-Erkenntnis“ jedoch eindeutig gezeigt. Es ist auch nicht zuletzt in von Halles Vortrag über „Die Bundeslade und das Christusgeheimnis“ wieder ganz deutlich geworden. Der unbefangene Leser wird all dies jederzeit selbst nachvollziehen können.

Zum Abschluss sei noch ein Zitat aus dem Buch von Mieke Mosmuller (S. 34f) angeführt:

Man hat Judith von Halle nach einer genauen Darlegung ihres Schulungsweges gefragt. Dies ist eine berechtigte Frage, denn die Bewusstseinsseele will nicht nur Erkenntnisse aufnehmen, sondern will auch wissen, wie sie erlangt worden sind. Für die Bewusstseinsseele ist der Weg wichtiger als das Resultat. Ein moderner Hellseher muss sich also durch eine exakte Erkenntnistheorie glaubwürdig machen, damit der Schüler wissen kann, welcher Erkenntnisart er Vertrauen schenkt, und wie er sich selbst zu solchen Erkenntnissen bereitmachen könnte.
Judith von Halle weist diese Frage mit stolzer Stärke von sich:
‚Abgesehen davon, dass es nicht meine Intention war, derartiges in diesem Buch darzulegen – denn es war und ist nicht mein persönliches Anliegen, das eigene Schicksal zum Hauptpunkt meiner Darstellungen, sondern mit den vorhandenen Mitteln das Christus-Ereignis durchdringbarer zu machen –, würde eine solche ‚Bauanleitung' recht kurz ausfallen…'


Nun, die Erklärung der Erkenntnisart wäre nicht ein Darstellen des eigenen Schicksals, sondern ein Objektivieren der Erkenntnisse. Dass Judith von Halle dies als ein Darstellen des eigenen Schicksals empfinden würde, weist auf die rein persönliche Erkenntnisart hin. Sie sollte dann aber auch ihre Erkenntnis­resultate als zum eigenen Schicksal gehörend betrachten und für sich behalten, um sie überwinden zu können. Über die ‚kurze Bauanleitung‘ werde ich noch sprechen.
Sie sagt aber Folgendes (S. 14):
‚Die oben geschilderte Wahrnehmungsart ist als Folge vorheriger Leben bereits in frühen Jahren vorhanden gewesen, ohne dass in dieser Inkarnation der beschwerliche Weg eines Eremiten mit allerlei Kasteiungen und Entsagungen meinen spirituellen Mitteilungen vorangegangen wäre.'

Zur Beurteilung dieses Satzes füge ich Worte Rudolf Steiners ein, als nachvollziehbare geistige Erkenntnis.
Rudolf Steiner:
‚Es kann aber auch sein, dass der Esoteriker sogleich damit anfängt, Visionen zu erleben. Diese sind dann eine Folge seines vorhergehenden Lebens, wo er entweder auch Esoteriker war oder aber unter dem Einfluss einer Religion gestanden hat, die – so wie es mit allen alten Religionen der Fall war – mit Zeremoniell und Kultus arbeitete. Die Visionen sind dann etwas Atavistisches und sind eine große Gefahr, denn sie treten gewaltsam auf, überwältigen den Esoteriker; denn sie sind gleichsam ohne sein Zutun entstanden. Es ist daher besser, wenn sie nicht auftreten. Der Esoteriker soll vielmehr achtgeben auf die Veränderungen, die in seinem Seelenleben selber Platz greifen. Das vorige Mal wurde schon über eine dieser Veränderungen gesprochen, nämlich dass die Gedanken durch die Übungen so viel mächtiger werden und so viel mehr auf andere Menschen einwirken könnten, dass sie deshalb, wenn sie nicht ganz richtig und rein sind, uns durch den Hüter der Schwelle abgenommen und wir zur Bewusstlosigkeit geführt werden, damit wir anderen und uns selbst dadurch nicht schaden werden.'

Lügen – die wirksam sind

Judith von Halles Darstellungen sind allein schon aufgrund ihrer Natur nicht geisteswissenschaftlich. Auch das Wie ihrer Darstellungen, der ganze Duktus, aber ebenso die Inhalte, offenbaren diese Tatsache nur um so deutlicher.

Das Schlimme ist nun weiterhin, dass die Lüge des angeblich „geisteswissenschaftlichen Arbeitens“ umgekehrt wiederum zu stützen versucht wird durch den Hinweis auf die Stigmatisation – und die „Heiligkeit“ dieser Stigmatisation zu stützen versucht wird durch den Hinweis auf frühere Stigmatisierte und die fortwährende Behauptung, sie habe mit der Durchdringung mit dem Phantom zu tun. Es wird hier also mit fortwährend wiederholten Behauptungen gearbeitet, die sich gegenseitig stützen sollen.

Doch: Das „geisteswissenschaftliche Arbeiten“ hat sich als Lüge erwiesen, die Darstellungen Judith von Halles erweisen sich in ihrem Inhalt immer wieder als krasse Ungedanken und in ihrem Wie als ehrfurchtslos – und zurück bleibt ein in sich zusammenstürzendes Kartenhaus leerer Aussagen...

Das Schlimmste aber ist, dass Judith von Halles Schilderungen natürlich ihre Wirkung entfalten – sie behindern in stärkstem Maße die eigene Annäherung an das Christuswesen im Denken und in der Meditation. Ob wir nun die Schilderung der Herstellung der Kreuzesnägel, das „Aufsammeln des Ätherischen der Hautfetzen“ oder jüngst die Schilderung eines fötusartigen Etwas in der Bundeslade nehmen! Mieke Mosmuller schreibt dazu (S. 137):

Was soll der Christ, der Anthroposoph, damit anfangen? Dient das Wissen hierüber auch nur einem weiteren Ziel, als nur dem Befriedigen einer sensationellen Wissbegierde der Zuhörer und dem Prunken mit vermeintlichen okkulten Erkenntnissen? Ist ein moralischer Sinn darin zu finden? Es kommt nicht einmal darauf an, ob die Schilderungen Wahrheit enthalten – es könnte sehr wohl sein, dass es wüste Phantasie ist [...] Unser zartes, aufkeimendes Erleben wird durch solche Grobheit geradezu völlig zerstört. [...] Nur die starke innere Konzentration überwindet sie.

Das Schicksal „erklärt“ alles

Tradowskys Büchlein versucht nun also trotz allem, das ganz Besondere, die „Heiligkeit“ der Stigmatisation zu „belegen“, um seine Behauptungen in Bezug auf die „Durchdringung mit dem Phantom“ zu stützen.

Er versucht dies mit dem Begriff des Schicksals (S. 14):

Die Stigmatisation tritt für die betreffenden Menschen plötzlich und ohne Vorankündigung als eine Schicksalstatsache ein. [...] Solche Schicksalstatsachen gehen – jedenfalls in diesem Leben – nicht aus einer freien Entscheidung, sondern aus dem Karma hervor. Das Karma aber, insbesondere insofern es sich auf den physischen Leib bezieht, wird durch die erste Hierarchie bewirkt.
Wird die Stigmatisation als individuelles Karma begriffen, dann wird es unmöglich, sie als Ergebnis irgendeiner Askese, Schulung oder gar Forschung hinzustellen. [...]  Das heißt natürlich nicht, dass in dem überbewussten, in der geistigen Welt lebenden höheren Ich nicht planvoll und zielgerichtet auf ein solches Schicksalsereignis hin gearbeitet wurde. Dafür kann im Rückblick ein Bewusstsein entstehen.


Hier wird wiederum eine wüste Irreführung betrieben – durch Verwendung hoher Begriffe und ohne Rücksicht auf innere Widersprüche:

Stigmatisation sei eine Schicksalstatsache, das Karma wiederum werde durch die erste Hierarchie bewirkt – Judith von Halles besonderes Schicksal untersteht damit der Führung höchster Wesenheiten... Es wird also versucht, dieses Schicksal geradezu als Schicksalsfügung der göttlichen Welt hinzustellen (was in Übereinstimmung mit Judith von Halles früherer Formulierung steht: „Es tritt zwar etwas vor Sie hin – und ich erlaube mir zu sagen, dass die geistige Welt eine solche, sichtbare Demonstration ihrer selbst sicherlich nicht für die einzelne betroffene Person, sondern für die Umgebung dieser Person hinstellt...“). Und dann heißt es schon im nächsten Satz, dies könne durchaus im Einklang damit stehen, dass das höhere Ich planvoll und zielgerichtet (!) auf ein solches Ereignis hingearbeitet habe. So wird suggeriert, dass Judith von Halles Stigmatisation zugleich ein (a) von der höchsten göttlichen Welt verursachtes Ereignis und (b) letztlich aber auch die konsequente Folge des Weges einer sehr hochstehenden Individualität sei!

Tradowsky nimmt also den Schicksalsbegriff, fügt wunderbar klingende Behauptungen hinzu – und schon erscheint es so, als wäre jeder Zweifel an Judith von Halle geradezu ein Sakrileg...

Das ist Tradowskys „anthroposophische“ Antwort auf seine erste „Erkenntnisfrage“!

Das Schicksal der Stigmatisierten wirft zwei schwerwiegende Erkenntnisfragen auf:
1. Welche Schicksalshintergründe führen in einem bestimmten Augenblick der Biographie zur Stigmatisation? Oder geisteswissenschaftlich formuliert: Welches individuelle Karma mag der Stigmatisation zugrunde liegen? Welche Fähigkeiten sind mit der Stigmatisation verbunden?
2. Wie kommt die Stigmatisation zustande? Wie ist sie zu erklären? Welche Bedeutung hat sie?


Auf S. 32 sagt er: „Alle Schicksalsereignisse sind ohne den Willen der geistigen Welt undenkbar. [...] Warum kann das nicht unbefan­gen akzeptiert werden?“ Das ist ein völlig nichtssagender Satz, denn zunächst ist es ja die Frage, ob ein Schicksalsereignis vorliegt, und (wenn ja) zweitens, was für ein Schicksal sich ausspricht.

Die Widersachermächte nehmen auf das irdische Geschehen auch unabhängig vom Karma fortwährend Einfluss. Entscheidend ist die Frage, welche Mächte in einem Geschehen wirken bzw. mitwirken. Rudolf Steiner hat alle Schauungen, die einen „überfallen“, als unzeitgemäß bezeichnet.[4]

Sie gehören nicht in das Zeitalter, in der der Mensch frei werden soll. Wenn es sich um irgendein aus der Vergangenheit kommendes Karma handelt, ist die Auswirkung dieses Karma nicht zeitgemäß, wenn es sich um einen zwingenden Eingriff der göttlichen Welt handelt, hat dies ebenfalls nicht das geringste mit dem Christuswirken zu tun. Der „Wille der (guten) geistigen Welt“ lässt heute eben gerade frei.

Obwohl Tradowsky im weiteren ganz klar in Richtung „individuelles Karma“ zu argumentieren versucht, haben er und Judith von Halle im Widerspruch dazu an anderer Stelle auch die Möglichkeit einer „rein göttlich bestimmten“ Schicksalstatsache ins Spiel gebracht, indem sie Ita Wegmans Erinnerung an ein Gespräch mit Rudolf Steiner über Kaspar Hauser zitieren, das diese ihrem Aufsatz über die Ereignisse von Konnersreuth voranstellt: „Es war ein Versuch der geistigen Welt, die Menschen mitten in der meist materialistischen Zeit daran zu erinnern, daß es noch etwas anderes gibt, als was das philiströse Denken sich träumen läßt.“ In die gleiche Richtung geht Judith von Halles oben zitierter Anspruch einer „sichtbaren Demonstration der geistigen Welt“! Ist also jede der beiden Begründung recht, um das Geschehen doch irgendwie als zeitgemäß oder sogar göttlich erscheinen zu lassen?

Wenn wir einmal hypothetisch alles zuvor Gesagte unberücksichtigt ließen und annähmen, dass tatsächlich ein gnadenvolles individuelles Karma, dass tatsächlich die Durchdringung einer hochstehenden Individualität mit dem Phantom vorläge, dann müssten sich diese Tatsachen auch in allem zeigen, was diese Persönlichkeit offenbart, wie sie es offenbart usw. – Diese hypothetische Annahme ist eindeutig auszuschließen, weil die Darstellungen Judith von Halles sich immer wieder als abstrakt, ungeistig und ehrfurchtslos erweisen, was nur derjenige übersehen kann, der keinerlei Empfindung für das „Wie“ dieser Darstellungen hat.

Gefährten des Christus in Palästina?

Tradowsky fährt fort:

Für die erste Frage ist es bedeutungsvoll, sich daran zu erinnern, dass das Mysterium von Golgatha sich auf dem physischen Plan am 3. April des Jahres 33, nach wissenschaftlichen wie geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, ereignet hat. Diese Feststellung beinhaltet auch, dass es Zeugen dieses Ereignisses gegeben hat, Menschen, zu deren Karma es gehörte, Christus im irdischen Dasein zu begegnen. [...]
Die Stigmatisierten erleben in einem anderen Bewusstseinszustand, meist freitags oder sonntags, dass sie unwillkürlich wie Zeitgenossen in die Ereignisse um das Mysterium von Golgatha hineinversetzt sind. [...]
Die oben dargestellten exakten Erinnerungen können den Gedanken nahelegen, dass es sich bei den Stigmatisierten um Menschen handelt, die in einem vorigen Leben mit Jesus Christus in Palästina zusammengelebt haben.


Tradowsky beginnt also mit einem wohlklingenden exakten Datum, schließt den Gedanken an, dass es Zeugen gegeben hat, und flicht hier in einem Nebensatz die Behauptung ein, dass es zu deren Karma gehört habe, Christus im irdischen Dasein zu begegnen. In einem nächsten Schritt kommt er dann zu der „Vermutung“ bzw. Behauptung („können den Gedanken nahe legen“), die Stigmatisierten mit ihren „exakten Erinnerungen“ seien ebendiese Menschen, die damals mit dem Christus zusammengelebt hatten.

Nun ist aber schon der Karma-Begriff auf das Christus-Ereignis höchst unzureichend anwendbar! Die Tat des Christus hatte mit dem Karma nicht das Geringste zu tun. Wohl können die Jünger Christi als hochstehende Individualitäten schon in der geistigen Welt das Herannahen des Gotteswesen erlebt haben und aus einer tiefen Verbundenheit heraus zur Inkarnation in Palästina gekommen sein. Dieser Gedanke steht jedoch völlig unverbunden neben dem Gedanken der Stigmatisation als „Schicksalsereignis“ und der Frage, woher die Stigmatisierten ihre Visionen haben.

Ein karmisches Geist-Erinnern hochstehender Individualitäten hätte eine völlige andere Gestalt als eine Schauung, die einen in Form einer „Zeitreise“ regelmäßig überfällt! Und so gibt etwa Ita Wegman in Bezug auf Therese Neumann eine ganz andere Erklärung:[5]

Die Visionen kommen so zustande, daß die Sinnesorgane während der Ekstase nicht dazu dienen, Sinneseindrücke aufzunehmen und Ätherisches auszuströmen, wie das beim normalen Menschen der Fall ist – denn in der Bildung der Komplementärfarben strömt zum Beispiel Ätherisches durch das Auge aus –; es entsteht nicht Ton, nicht Licht etc., sondern es entsteht eine Vision. Die Ekstase ist ein Zustand, in dem der Ätherleib, der sonst die Sinneseindrücke bildet, durch das Tor der Sinne austritt aus dem Zusammenhang mit dem physischen Leib. Und es können ihm in diesem leibfreien Zustand aufgeprägt werden die Bilder, die im Astrallichte des Kosmos eingeschrieben sind.


Und so muss Tradowsky letztlich selbst zugeben (S. 26):

So nahe liegend der Gedanke auch ist, dass die Stigma­tisation mit einem Leben in der Zeitenwende zusammen­hängen könnte, so bedürfte er der Bestätigung durch eine seriöse, exakte Geistesforschung, die allein die Frage nach den karmischen Hintergründen der Stigmatisationen klären kann.

Notwendige Unterscheidung

Tradowsky müsste dann aber auch gleich dazu sagen, dass es hier keine allgemeingültigen Hintergründe geben kann. Der hl. Franziskus zum Beispiel war eine hochstehende Individualität, die ein Abbild des Astralleibes des Jesus von Nazareth trug und schon aufgrund dieser Tatsache die allertiefste Verbindung mit dem Wesen des Christus hatte, was seine gesamte Lebensführung dann auch offenbarte.

Therese Neumann (Konnersreuth) wiederum war eine einfache Bauernmagd mit einem schweren Schicksal. Ita Wegman schreibt in ihrem Aufsatz dazu Folgendes:

Nun taucht die Frage auf, wodurch es denn dazu kommt, daß sich der Ätherleib aus seinem Verband mit dem physischen Leib so, ohne bewußte Schulung, lösen kann. In diesem speziellen Fall, wo wir uns mit den Erscheinungen bei Therese Neumann beschäftigen, müssen wir, um das zu verstehen, noch eingehend ihr bisheriges Leben uns anschauen. Da spielt die Krankheitsgeschichte, die von ihr bekannt ist, eine wesentliche Rolle, in der berichtet wird, daß Therese Neumann im 19. Lebensjahr, gelegentlich eines Brandes, einen Schock erlitten hat. Dieses hatte zuerst Schmerz und Krämpfe der unteren Gliedmaßen zur Folge. Später erfolgte die Erblindung, dann trat die Lähmung der Beine auf, zuletzt Taubheit und Ernährungsbehinderung. Wichtig ist, daß dies alles begann vor ihrem 21. Lebensjahr, in welchem die Ichtätigkeit voll in den Organismus einzugreifen pflegt.


So verschieden wie diese beiden Individualitäten und Schicksale (Franziskus und Therese), so verschieden ist von beiden wiederum Judith von Halle. Und so wenig wie die Aussagen der Therese Neumann, die aufgrund ihrer Krankheit Visionen empfing, ungeprüft als objektive Wahrheit genommen werden können, so wenig sind sie in irgendeiner Weise auf Judith von Halle übertragbar.

Tradowsky zitiert Luise Rinser, die als Zeitzeugin der Ereignisse in ihrem Buch „Die Wahrheit über Konnersreuth“ schreibt:

„[Therese sage] nicht sie gebe Auskunft, sondern Christus (oder ihr Schutzengel oder ein Heiliger) spreche aus ihr. Sie identifiziert sich keineswegs mit Christus, sie weiß sich nur als Medium, dessen Christus sich bedient. [...]
Die Tatsache, dass Therese ihre mystischen Gaben der Voraussage, der Herzenskenntnis und des guten Rates ausschließlich in positivem Sinne benützt, und dass letzten Endes nur Gutes durch sie bewirkt wird, lässt uns glauben, dass die Causa prima für diese ihre Gaben
... das Uner­klärbare ist: Gott selbst.“


Diese Fähigkeiten bilden eine ganz eigenständige, mit Therese Neumann, ihrem Schicksal und ihrer Krankheitsgeschichte verbundene Erkenntnisfrage. Tradowsky benutzt diese Schilderungen aber, um das Eindruck erweckende Schicksal und die zweifellos gegebene Frömmigkeit dieses Mädchens von Konnersreuth auch auf Judith von Halle ausstrahlen zu lassen.

Selbst die übereinstimmende Schauung, dass das Kreuz auf Golgatha die Form eines Ypsilon gehabt habe, beweist nichts weiter, als dass die Quelle dieser Schauungen teilweise die gleiche sein mag. Dies sagt jedoch weder etwas über diese Quelle, noch über die Wahrheit dieser Schauungen, noch kann es die Glaubwürdigkeit Judith von Halles stützen, die ihre Unglaubwürdigkeit durch zahllose Behauptungen immer wieder bewiesen hat.

Stigmatisation und Phantom: „Ein nahe liegender Gedanke...“

Im Anschluss an die Überlieferung der Stigmatisation des hl. Franziskus und ein Zitat Rudolf Steiners über den christlichen Schulungsweg, die dort vorübergehend auftretenden Stigmata und das Sich-Bereitmachen zum schrittweisen Empfangen des Phantoms betont Tradowsky nochmals, dass der frei gewählte Schulungsweg und die schicksalshafte Stigmatisation sich polar gegenüberstehen. Nichtsdestotrotz fährt er fort:

Es ist ein naheliegender, ja einleuchtender Gedanke, dass die verborgene wie die offenkundige Stigmatisation ihren gemeinsamen Grund in dem Empfangen des Phantoms hat.


Schon für den Schulungsweg ist diese Behauptung schlicht falsch! Rudolf Steiner schildert das vorübergehende Auftreten der Stigmata als ein Geschehen während des christlichen Schulungsweges, also der Meditation der Leidensstufen. Dieser Weg wiederum führt erst allmählich zu einer Verwandtschaft mit dem Phantom. Die „Anziehung des Phantoms“ ist also nicht etwa Ursache für die Stigmata, sondern eine allmähliches, in der Zukunft liegendes Ereignis auf dem Schulungsweg! Mit anderen Worten: Die „verborgene“ Stigmatisation während des christlichen Schulungsweges hat mit dem Phantom noch überhaupt nichts zu tun, es ist einfach ein Zeichen für eine bestimmte Stufe auf dem Schulungsweg und ein Vorklang dessen, dass sich allmählich eine Anziehungskraft für das Phantom bildet!

Dass das Phantom mit der schicksalshaften Stigmatisation irgendetwas zu tun hat, ist eine reine Vermutung und Behauptung Tradowskys, ein „naheliegender Gedanke“...

Man sollte auch hier wieder beachten, dass Judith von Halle sich definitiv als Trägerin des Phantoms darstellt (und dies mit einem völlig sinnlich-materialistischen Verständnis[6])! Tradowsky drückt sich in seinem Büchlein also nun vorsichtiger aus und setzt darauf, dass die Leser den absoluten Anspruch Judith von Halles und ihr völlig widersinniges Verständnis des Phantoms bereits vergessen haben...

Als „wahrhaftigen Zeugen“ für seine Behauptung führt Tradowsky dann Franziskus an (S. 41):

Selbst wenn diese hier dargestellte Auffassung nicht das Ergebnis einer geisteswissenschaftlichen Forschung ist, so kann sie sich doch auf den Heiligen Franz stützen, der wohl als glaubwürdiger und wahrhaftiger Zeuge anzusehen ist. Denn er beschreibt seine Stigmatisation – wie oben zitiert – als von einem Seraph bewirkt der den Gekreuzigten ein­hüllt. Von diesem gehen die Strahlen aus, die die Stigmata am Leibe des Heiligen Franz hervorrufen so wie es Giotto gemalt hat. [...]
Die hier vorgebrachte Auffassung der Stigmatisation ist nun nichts anderes als das Erfassen der Darstellung des Hei­ligen Franz durch die geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse. Die von Rudolf Steiner errungene Erkenntnis des Phantoms als die durch die Auferstehung wiederhergestellte Urgestalt des physischen Leibes stand dem Heiligen Franz selbstver­ständlich nicht zur Verfügung, seine Darstellung des Seraphs mit dem Gekreuzigten kann aber als eine Vorform verstanden werden.


Tradowsky versucht also, aus dem Erleben des hl. Franziskus allgemeingültige Aussagen abzuleiten, die auch für Judith von Halle gelten – und wiederum seine Behauptung von der Stigmatisation als gleichbedeutend mit einem Anziehen des Phantoms zu stützen.

Völlig falsches Verständnis des Phantoms

Sein eigenes vollkommen falsches Verständnis vom Phantom offenbart er unmittelbar darauf (S. 42f):

Von grundsätzlicher Bedeutung für alles Erkenntnisstre­ben ist die Aussage Rudolf Steiners, dass „durch das, was überhaupt heute ein Mensch als Einweihung haben kann, ... ein Anziehungsband geschaffen wird zwischen dem Menschen, inso­fern er in einem physischen Leib verkörpert ist, und dem, was als das eigentliche Urbild des physischen Leibes auferstanden ist aus dem Grabe von Golgatha.“ Mit anderen Worten gesprochen bedeutet das, dass das abstrakte Vorstellen durch das deka­dente Gehirn des alten Adam abgelöst und erlöst werden muss durch ein neues lebendiges Denken, das sich mehr und mehr stützt auf das Gehirn des Phantoms. Die wirklichen Erkenntnisfortschritte werden sich ergeben, wenn dieses neue Erkenntnisinstrument in entsprechender Weise ergrif­fen werden kann.


Rudolf Steiners Aussage haben mit Tradowskys Worten nicht das Geringste zu tun! Steiner spricht auch hier von einem Anziehungsband zum Phantom, Tradowsky von einer Verwandlung des abstrakten Vorstellens hin zu einem lebendigen Denken. Das lebendige Denken jedoch – und hier zeigt sich das krasse Unverständnis Tradowskys – hat mit dem Gehirn überhaupt nichts zu tun, weder mit dem physisch-materiellen Gehirn des physischen Leibes, noch mit dem „Gehirn des Phantoms“. Das Phantom als geistig-physisches Urbild des physischen Leibes ist Voraussetzung dafür, dass das Gehirn – wie auch der übrige Leib – überhaupt sinnlich in Erscheinung treten kann. Das Gehirn ist Voraussetzung für das zumeist auf die sinnliche Welt bezogene Alltagsdenken und Vorstellen. Das reine, sinnlichkeitsfreie, lebendige Denken löst sich jedoch vom Gehirn, bis es völlig leibfrei ist.

Dass Phantom hat kein Gehirn, weil ein „Gehirn“ etwas ist, was nur im physisch-sinnlichen Leib eine Bedeutung hat. Dennoch hat das Phantom sehr wohl einen engen Zusammenhang mit dem übersinnlichen Denken, wie Mieke Mosmuller in „Der Heilige Gral“ beschreibt. Um diesen Zusammenhang zu erleben, muss man jedoch ein reines Denken entwickelt haben, in dem dieses reine Denken zugleich ganz reiner Wille geworden ist.

Wo überall Tradowsky Zusammenhänge mit dem Phantom herstellen will, zeigt auch die folgende Stelle, wo Rudolf Steiner eindeutig vom Ich des Kindes spricht (S. 44f):

„So dass wir in den ersten drei Jahren ein ganz anderes Wesen vor uns haben im Menschen als später. Wir haben ein kindliches Ich, das plastisch arbeitet unter der Anleitung der Wesen der höheren Hierarchien an der Ausgestaltung der mensch­lichen Denkwerkzeuge, Dann geht es da hinein, kann aber nicht mehr daran arbeiten. [...] Wir sinken unter in unse­ren Menschensohn; der Gottessohn kann nicht mehr ankommen gegen unseren Menschensohn nach drei Jahren. Aber wir tragen dennoch diesen Gottessohn in uns, es wirken diese Kräfte inner­halb des physischen Leibes das ganze Leben hindurch, nur können sie sich nicht mehr direkt am Aufbau beteiligen. [...]“
In diesem Gottessohn im Menschen darf wohl etwas gesehen werden, was eine unmittelbare Beziehung zu dem Phantom hat, auch wenn dieser Vortrag vor dem Zyklus „Von Jesus zu Christus“ gehalten ist.

Nahrungslosigkeit und Phantom: Die nächste Behauptung

Es folgen nun noch wenige Seiten über die Nahrungslosigkeit. Tradowsky wirft Prokofieff vor, diese überhaupt nicht berücksichtigt zu haben, und schreibt (S. 47):

[...] gehört die Nahrungslosigkeit zur Stigmatisation, sie ist die andere, vielleicht sogar schwerwie­gendere Seite einer Gesamterscheinung und kann von dieser nicht getrennt werden. Beides trägt sich und bedingt sich, die Nahrungslosigkeit bildet die leibliche Grundlage für die Blu­tungen und die Heilkräfte und natürlich auch für Erlebnisse in den besonderen Bewusstseinszuständen.


Also auch hier wieder beginnt er das Kapitel gleich mit einer umfassenden Behauptung: Die Nahrungslosigkeit bilde die leibliche Grundlage für die Blutungen und die Schauungen! Man kann immer alles behaupten, und in dieser pseudo-anthroposophischen Terminologie klingt das alles auch sehr schön – der naive, wohlwollende Leser wird diese Dinge einfach kurz überlesen und hinnehmen! Es kommt jedoch darauf an, dass man prüft, was überhaupt gesagt wird. Bei Tradowsky wird nichts gesagt, es wird einfach nur behauptet...

Auf den weiteren Seiten wird dann etwa beklagt: „Selbst mit der Anthroposo­phie vertraute und in der Geisteswissenschaft in gewissem Sinne geschulte Menschen können das Phänomen der Nah­rungslosigkeit nicht akzeptieren. Ein häufiger Einwand ist: Dann müssen die Organe ja verdorren. Dabei wird verkannt, dass die Nahrungslosigkeit Ausdruck einer umfassenden, totalen Veränderung des ganzen Organismus ist, die natürli­cherweise auch die Bildung der Lymphe beinhaltet.“ Anderseits schreibt Tradowsky: „Die Ergebnisse der modernen Physik und der neueren Biochemie [welche?] können so verstanden werden, dass sich diese moderne Wissenschaft zumindest auf dem Weg befindet, eine Erscheinung wie die Nahrungslosigkeit zu verstehen.“

Und dann bringt Tradowsky wieder ganz nebenbei und unbemerkt auch die Nahrungslosigkeit mit dem Phantom in Verbindung (S. 51):

Vor allem geht es natürlich darum, der Frage nachzugehen, in welcher Beziehung die Nahrungslosigkeit zu dem Phan­tom steht, das in der inneren wie der äußeren Stigmatisation in Erscheinung tritt. Da es sich bei der Stigmatisation um eine Gesamterscheinung handelt, hängt die Nahrungslosigkeit als die im engeren Sinne leibliche Seite der Stigmatisation auch mit dem Phantom zusammen.


Was also im ersten Satz noch eine offene Frage ist – die Beziehung von Nahrungslosigkeit und Phantom – wird im zweiten Satz sogleich in der gewünschten Weise beantwortet. Und wie gelingt dies? Indem er in jenem ersten Satz im Nebensatz bereits als selbstverständliche „Tatsache“ hinstellt, was weiter oben ebenfalls nichts weiter als ein „nahe liegender Gedanke“ gewesen war, für den er dann den hl. Franziskus als „wahrhaftigen Zeugen“ verallgemeinernd einspannte: die Beziehung von Stigmatisation und Phantom... Schrittweise setzt Tradowsky seine Spekulationen ein und kommt nach Dominoart zu allen gewünschten Folgerungen!

Und nachdem er seine Behauptung des Zusammenhangs zwischen Nahrungslosigkeit und enger Verbindung zum Phantom hinreichend „belegt“ hat, kann er später allen anderen „Normalsterblichen“ gnädig sagen (S. 52):

Die Tatsache, dass die gegenwärtige Art und Weise der Er­nährung der Menschen durch die Degenerierung des Phan­toms zu einer Notwendigkeit geworden ist, sollte nicht dazu verführen, diese Ernährung zu missachten oder gar zu ver­achten, denn sie zeigt nur, welche tiefe Verwandlungen die Menschennatur wird durchmachen müssen, damit sie das durch die Auferstehung wiederhergestellte Phantom emp­fangen kann.

Unfreiheit und Egoismus

Was aber hat es nun mit der Nahrungslosigkeit auf sich? Es geht ja gar nicht darum, die Möglichkeit einer Nahrungslosigkeit in Zweifel zu ziehen, sondern es kommt darauf an, zu beurteilen, was im konkreten Einzelfall vorliegt (einmal abgesehen von nicht wenigen Betrugsfällen – auch im Falle einer Stigmatisation). Tradowsky betont (S. 49):

„Der entscheidende Punkt bei der Nahrungslosigkeit der Stig­matisierten ist die Unmöglichkeit, etwas zu essen, nicht der Wunsch, nichts zu essen. Der Organismus reagiert auf den Versuch der Nahrungsaufnahme wie auf ein Gift, er wehrt die irdischen Stoffe vehement ab.“


Mieke Mosmuller schreibt über diese erzwungene Nahrungslosigkeit in ihrem Buch „Stigmata und Geist-Erkenntnis“ (S: 191f):

Als erstes möchte ich auf die Unfreiheit dieser Nahrungslosigkeit hinweisen. Die irdische Nahrung wirkt wie Gift. So aber darf man sich das Verschwinden des Nahrungsbedürfnisses bei einem heiligen Menschen nicht vorstellen. Zur Erhaltung des geistigen Teils des physischen Leibes, des Auferstehungsleibes, braucht es selbstverständlich keine Nahrung. Der materielle physische Leib dagegen, den auch Judith von Halle hat, muss irdische Nahrung ertragen können, auch wenn er sie nicht braucht. Das sind zwei verschiedene Dinge: ob man nicht isst, weil es nicht nötig ist, oder ob man nicht isst, weil die Nahrung wie Gift wirkt. Ein Leib, der das Phantom angezogen hat, wird immer noch eine Mahlzeit ertragen können. Sogar der Auferstehungsleib des Herrn selbst erträgt eine Mahlzeit, wie in den Evangelien klar angedeutet wird (Lukas 24, 42-44).
Wenn man keine irdische Nahrung erträgt, bedeutet das etwas anderes: die irdische Nahrung ist immer Ich-fremd und deshalb von ihrer Natur aus ein Gift. Der Ernährungsprozess ist nun gerade darauf gerichtet, die Nahrung vollständig abzubauen und umzugestalten in Ich-eigene Substanz.
Das Phantom würde nicht daran hindern, eher würde der ganze Umgestaltungsprozess viel vollkommener verlaufen. Zweierlei kann einer mangelnden Umgestaltung zugrunde liegen: Entweder ist der Egoismus so stark, dass alles dasjenige was Ich-fremd ist, abgewehrt wird, ohne Neigung zur Umgestaltung – oder es liegt eine erhebliche Schwäche der Ich-Organisation vor, wodurch es einfach unmöglich ist, die Nahrung zu verarbeiten. Das erste ist eine mehr psychische Anomalität, das zweite eine physische Krankheit.

Abschließende Bemerkungen

Judith von Halle tritt – begleitet und unterstützt von Peter Tradowsky – mit einem umfassenden Anspruch auf: Sie ist angeblich Trägerin des Phantoms, des Auferstehungsleibes. Zugleich verbreitet sie in ihren Vorträgen Ungedanken, die keinerlei Wert für die individuelle Entwicklung haben. Zugleich offenbart sich in ihren Vorträgen und Büchern keinerlei Ehrfurcht oder Heiligkeit, vielmehr finden sich gerade in ihren Vorträgen immer wieder Abstraktion und innerliche Überhebung über das Thema.

Der Anspruch Judith von Halles – die angebliche Erklärung von Schauungen, Stigmatisation und Nahrungslosigkeit – erweist sich als aufgebaut auf bloßen Behauptungen, auf Irrtümern und auf Lügen.

All dies sollte jedem wirklich unbefangenen Menschen ein Urteil ermöglichen. Wenn man trotz allem glauben will, möge man glauben. Wenn man jedoch die Anthroposophie liebt, wird man wissen können, dass man hier nicht glauben darf. Man wird im Durchdenken alles Gesagten selbst erleben können, dass sich in Judith von Halles Büchern und Vorträgen und nun auch in Tradowskys kleinem Büchlein eine Fülle bloßer bzw. falscher Behauptungen und Irrtümer befindet.

Von Geisteswissenschaft fehlt hier jede Spur – man hat es vielmehr mit der völligen Verdunkelung und Vernichtung jeglicher wahrer Geisteswissenschaft und auch jedes inneren Entwicklungsweges hin zum Wesen des Christus zu tun.

Fußnoten


[1] So schreibt Tradowsky: „Die leitenden Gremien der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland und in Dornach konnten Judith von Halle und ihre Intentionen nicht positiv und unbefangen aufnehmen, was schließlich symptomatisch dazu führte, dass Judith von Halle und die mit ihr verbundenen Menschen im August 2005 aus dem Rudolf Steiner Haus Berlin entlassen wurden.“ Eine solche Behauptung noch zu diesem Zeitpunkt zu veröffentlichen, ist reine Propaganda. Sicher hat die Problematik der Stigmatisation das ihre zu dem Konflikt im Berliner Arbeitszentrum beigetragen, doch hat die „Urteilsfindungskommission“ (UFK) eindeutig festgestellt, dass diese Frage nur Auslöser, nicht Ursache des Konflikts gewesen ist. Dieser hatte vielmehr eine längere Vorgeschichte, darunter auch eine spannungsreiche Beziehung zwischen Tradowsky als Geschäftsführer des Arbeitszentrums und einigen Mitgliedern des Initiativkreises!
Rahel Uhlenhoff, Mitglied der UFK und im übrigen ganz auf Seiten Judith von Halles stehend, sagte in ihrem Redebeitrag vom 31.5.2008 in Stuttgart: „Die Diagnose der Berliner Krise hat ergeben, dass der Konflikt nicht durch Judith von Halle verursacht worden ist, sondern sich an Judith von Halle neu entzündet hat. [...] Auf diesen Ebenen traf die geistige Herausforderung auf die Menschen- und Konfliktkonstellation einer älteren Berliner Krise, deren Vorgeschichte bis in die späten 1970er Jahre zurückreicht.“

[2] Wie schwierig es ist, auch nur die reine Sinneswahrnehmung zu realisieren, zeigt Rudolf Steiners Darstellung in der Philosophie der Freiheit (S. 61): „Wir müssen uns vorstellen, daß ein Wesen mit vollkommen entwickelter menschlicher Intelligenz aus dem Nichts entstehe und der Welt gegenübertrete. Was es da gewahr würde, bevor es das Denken in Tätigkeit bringt, das ist der reine Beobachtungsinhalt. Die Welt zeigte dann diesem Wesen nur das bloße zusammenhanglose Aggregat von Empfindungsobjekten [...].“

[3] siehe Mieke Mosmuller: Stigmata und Geist-Erkenntnis, Occident 2008, S. 178f.

[4] Etwas anderes ist das viel zartere Erleben des ätherischen Christus, das Rudolf Steiner ankündigte.

[5] Ita Wegman: Wie bewertet Geisteswissenschaftlich orientierte Medizin Erscheinungen wie die in Konnersreuth?

[6] Judith von Halle schreibt in „Und wäre Er nicht auferstanden...“ (S. 50f): „Was ist nun also die Besonderheit des Phantoms in bezug auf die Sinne? [...] Beim Geruchssinn ist eine Verfeinerung, eine Ausdehnung in einem Maße vorhanden, dass es zum Beispiel möglich ist, Bestandteile von Cremes zu identifizieren, ebenso Lebensmittel, die ein anderer am Vortag zu sich genommen hat oder erhöhte Eisenwerte im Blut eines anderen Menschen, der den veränderten Geruch seines Blutes über die Haut ausdünstet.“