26.03.2015

Eggerts Missbrauch Kühlewinds für seine neue „Anthroposophie“

Neue „dumpfe Stimmungsmache“ auf dem Egoisten-Blog.


Inhalt
Eggerts grobe Schwarz-Weiß-Angriffe
Georg Kühlewind muss herhalten
Und wieder einmal der Dualismus...
Der spätere Steiner und Clements eklatante Unwahrheiten
Georg Kühlewind und der Logos
Michael, die höheren Wesenheiten und der Mensch
Michaels Aufruf zur Selbsterkenntnis
Vom Wesen der Anthroposophie und selbstständigem Arbeiten


Eggerts grobe Schwarz-Weiß-Angriffe

Wer einen Eindruck davon gewinnen will, wie aggressiv inzwischen jedes Hinterfragen von Christian Clements Steiner- und Anthroposophie-Verständnis diffamiert und bekämpft wird, braucht sich nur Michael Eggerts neuesten Blog-Beitrag auf seiner „Egoisten“-Webseite ansehen. Dieser beginnt wie folgt:

Die Sektierer, Verschwörungstheoretiker und Schwafler innerhalb der Anthroposophischen Szene, die sich in allen möglichen Internet- Foren, Wegwerf- Blättchen, Pamphleten und Zeitschriften zur Zeit austoben, um ihren Kult gegen Christian Clements textkritischen Betrachtungen von Rudolf Steiners Schriften zu verteidigen, haben eine lange Geschichte. Steiners bildhaftes Spätwerk, seine emotionalen, anti- amerikanischen Auslassungen im Umfeld des Ersten Weltkrieges, seine verschwörungstheoretischen Auslassungen insbesondere gegen Freimaurer und Jesuiten, haben den Spekulanten tatsächlich Steilvorlagen geliefert, in denen seine meditativen, praktischen und kulturell- produktiven Impulse auch hundert Jahre später vielfach versinken. Stattdessen wird seit jeher dumpf gegen die Stimmung gemacht, die auf selbständige und wegweisende Art mit Steiners Texten arbeiten.
Anthroposophie und Aberglaube, 26.3.2015. o


Es ist doch erstaunlich, wie sehr Eggert sich gegen Rudolf Steiner selbst wenden und sogar diesen diffamieren muss, um voll und ganz hinter Clement stehen zu können. Aber dies ist offenbar gerade die Schlagrichtung derer, die eine „neue“ Anthroposophie implementieren wollen – eine, in der es den späten Steiner überhaupt nie gegeben hat. Nun, leugnen kann man ihn nicht, er ist eine historische Tatsache. Aber diffamieren kann man ihn. Man kann sein gesamtes Spätwerk als „bildhaft“ vom Tisch wischen, man kann seinen Kampf um eine objektivere Betrachtung der Geschehnisse in Zusammenhang mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges als „Auslassungen“ und als „anti-amerikanisch“ bezeichnen, man kann die Freimaurer und Jesuiten verteidigen oder suggerieren, hier gehe es um nichts als „Gedankengespinste des Herrn Doktor“ und so weiter.

Man kann also hervorragend eine Schwarz-Weiß-Welt zeichnen und von „Verschwörungstheoretikern“ reden, denen Rudolf Steiner „Steilvorlagen“ geliefert habe – mit einem Spätwerk, das, so es nach dem Willen der „Egoisten“ (Eggert & Co.) und eben auch der selbsternannten kritischen Steiner-Ausleger (Clement & Co.) ginge, auf den Müllhaufen der Geschichte gehören würde. Dann wäre nämlich endlich Schluss mit „höheren Welten“, mit Engel-Wesenheiten, mit Michael, mit den Widersachern und mit Christus. Dann wäre der Mensch endlich allein mit sich und „seiner“ Geistigkeit. Und dies ist das Ideal eines Eggert und eines Clement. Sie wollen alle, die sich nicht durch primitive Schwarz-Weiß-Malerei an die Wand drücken lassen, dennoch als Ewiggestrige hinstellen, die den „bildhaften“ Steiner „wortwörtlich“ nehmen. Lächerlich machen wollen sie jeden, der auch den späten Steiner ernst nimmt – und lächerlich machen sie Rudolf Steiner selbst.

Georg Kühlewind muss herhalten

Und so hat sich Michael Eggert einen neuen Kronzeugen herangeholt: Georg Kühlewind soll nun dafür herhalten, dass man den späten Steiner nicht allzu ernst nehmen dürfe. Georg Kühlewind soll dafür herhalten, dass jeder, der den Verständnis-Ansatz und die Thesen von Christian Clement kritisiert oder auf dessen Fehler aufmerksam macht, als „Sektierer“, „Schwafler“ oder „Fanatiker“ zu verstehen sei:

Vor 40 Jahren war eines der Ziele, das bekämpft, angefeindet und totgeschwiegen werden sollte, Georg Kühlewind. Dem Verlag Freies Geistesleben ist es zu verdanken, dass dieser Autor zumindest publizieren, aber auch lehren konnte. Bereits in seiner ersten, wegweisenden Arbeit - „Bewusstseinsstufen. Meditationen über die Grenzen der Seele“ (1976) schrieb Kühlewind dazu folgendes (S. 36):
„Durch das Erleben des Ich gelangen wir zum ersten geistigen Erlebnis des modernen Menschen. Ohne dieses kann man auf die Frage, was ist Geist, schwerlich oder gar nicht antworten. Denn wovon wir keine Erfahrung haben, stellen wir uns nach dem Muster derjenigen Erfahrung vor, welche wir besitzen. Deshalb wird das bildlich Gesagte, das Gleichnishafte im Bericht des Geistesforschers oft missverstanden. Solange man Geist, Seelisches, Ätherisches nur mit einem Hauch von feiner Substanzialität, Raumhaftigkeit, Zeithaftigkeit verbunden sich vorstellt, ist man fern vom Verstehen ihres wahren Wesens.“
Ebd. o


Was damit gesagt sein soll, bleibt Eggerts Geheimnis. Offenbar unterstellt er jedem, der Christian Clements Thesen hinterfragt, Geist und Seele raum- und zeithaft und feinstofflich vorzustellen. Er unterstellt jedem, der nicht seine uneingeschränkte Begeisterung für Clement teilt, er sei ein sektiererisch-lustvoll in esoterischen Welten schwebendes Theosophengemüt. So schwarz-weiß kann Eggert die Welt malen – wahrhaft geistig und geistreich!

Jeder Leser von Eggerts Zeilen und zum Beispiel meiner ausführlichen letzten Aufsätze wird sich selbst ein Urteil darüber bilden können, wer hier eigentlich sektiererisch und fanatisch ist, wer hier eigentlich „bekämpft“ und „anfeindet“. Man erinnere sich hier auch nochmals Eggerts Bemerkung, die wiederum schwarz-weiß jeden der „Verteufelung des Intellekts“ schuldig spricht, der nicht den heutigen Intellekt verherrlicht, sondern noch auf ein Drittes hinweist, nämlich die Notwendigkeit einer Verwandlung des Intellekts. Dieses Dritte gibt es für Eggert nicht – bzw. es ist offenbar durch ihn und Clement bereits erreicht:

Meine Meinung ist auch: Wer heute noch die Verteufelung des "Intellektuellen" betreibt - siehe Niederhausen, Kromme, Röhr, usw- hat offenbar den Nationalsozialismus nicht mit bekommen. Oder das Pol Pot Regime. Oder die Mao- Revolution. Oder den ganzen Irrsinn der Post- und Anti- Intellektuellen, das Ganze fürchterliche Anti- Humane. Wenn dann in diesem Blog die Hatz gegen den "intellektuellen" Christian Clement eröffnet wird, denke ich schon immer: Wie viel Pol Pot schwingt da mit?
16.3.2015, 21:12 Uhr. o


Eggert kann also offenbar gar nicht anders, als extrem gegen alle zu hetzen, die nicht auf seinem Standpunkt stehen. Und er ist auch nicht willens, irgendeine derjenigen Fragen zu beantworten, die ich in meinen letzten Aufsätzen aufgeworfen habe. Die ganze Frage der Unterscheidung und des Zusammenhanges von „Denken“ und „Offenbarung“ – allein daran schon könnte man mitten in die entscheidenden Fragen um das Wesen der Anthroposophie hineinkommen. Doch hierzu werden Gedanken und Gespräch durch Eggert & Co. gerade verweigert, und das ist natürlich Taktik. Da, wo es wirklich auf Geistigkeit ankommt, da wird eine vertiefte Betrachtung vermieden. Stattdessen wird weiter diffamiert – etwa indem man mich als „überheblich, unreflektiert, einseitig, dogmatisch, unoriginell“ und so weiter (Originalton C. Clement) bezeichnet. So kann man das natürlich immer tun – und damit allen schwerwiegenden inhaltlichen Fragen aus dem Weg gehen.

Halten wir also fest: Eggert kann nicht anders, als sich in fundamentaler Hetzerei ergehen („den ganzen Irrsinn“, „Verteufelung“, „Wie viel Pol Pot schwingt da mit?“ usw.) – aber es sind immer die anderen, denen er das vorwirft, was er selbst betreibt. Auf fundamentale Fragen dagegen geht er nicht ein ... oder nur in Form solcher Blog-Beiträge wie dem neuesten, in dem er Georg Kühlewind für seine Zwecke instrumentalisiert.

Und wieder einmal der Dualismus...

Wieviel Feindschaft man Georg Kühlewind entgegengetragen hat, vermag ich nicht zu beurteilen, denn von dieser weiß ich nichts. Ich kann mir vorstellen, dass ein so ur-eigenständiger Denker wie Kühlewind einige Feindschaft sektiererischer „Anthroposophen“ auf sich gezogen hat. Aber das Eine ist, Sektierertum zu erkennen und zu verurteilen, das Andere ist, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wenn Georg Kühlewind dafür herhalten muss, den späten Steiner selbst als Sektierer hinzustellen, dann geschieht zweifellos das Letztere: Äpfel werden mit Birnen verglichen – und zwar aus eigenem, unbewussten Interesse.

Was ist das für ein Interesse? Es ist offenbar ein unbewusster Hass auf alles, was für das eigene Geist-Erleben zu weit weg ist. Ein unbewusster Hochmut, der höhere Welten über sich nicht duldet, wenn sie nicht doch irgendwie restlos in die eigene Geistigkeit aufgesogen werden können. Ein unbewusstes, sektiererisches Sich-Aalen in der erreichten Geistigkeit oder dem erreichten Verständnis, das verabsolutiert wird und über das nichts hinausgehen darf. Es ist, kurz gesagt, die Verherrlichung des Intellekts in der Form, in der man ihn gerade besitzt – eine Vergötterung derjenigen Intelligenz, die man selbst jetzt und hier hat. Und zu diesem Zweck wird also sogar Georg Kühlewind instrumentalisiert – der Verkünder des Logos-Mysteriums!

„Wir können dem Geist nicht gegenüber stehen: er wird sogleich Ungeist. Er ist nicht außer uns; wäre er das, so wäre er Ungeist.“ (S. 37) Damit meint Kühlewind vor allem den Dualismus, mit dem heute mehr denn je der späte Steiner aufgefasst wird: Als eine jenseitige Geistwelt voller Engel und Gnome, die an sich und als solche bestehe und sich nur durch „höhere Wahrnehmung“ im Sinne einer Offenbarung erschließe.
Anthroposophie und Aberglaube, 26.3.2015. o


Die Hauptsache ist, Eggert besteht „an sich und als solcher“ – mit all seinem Spott gegenüber der „jenseitigen Geistwelt“. Dass auch hier wieder nur er selbst es ist, der den Dualismus erschafft, merkt er überhaupt nicht. Denn Kühlewind weist ja gerade darauf hin, dass der Dualismus aufhört, wenn die höhere Wahrnehmung eintritt und sich die Geistwelt offenbart. Oder will Eggert etwa sagen, man brauche keine „höhere Wahrnehmung“? Will er etwa sagen, es gebe die Offenbarung im Zuge dieser höheren Wahrnehmung überhaupt nicht? Oder will er etwa sagen, es gebe die höheren Wesenheiten gar nicht, weil wir sie in der höheren Wahrnehmung ja in einer innigen Durchdringung erleben, ganz anders als im sinnlichen Gegenüberstehen? Was will Eggert eigentlich sagen?

Seltsam ist doch auch, dass man Kühlewinds Worte „Wir können dem Geist nicht gegenüber stehen: er wird sogleich Ungeist“ deutlich kontrastieren und ergänzen kann mit Rudolf Steiners wohlbekanntem Wort: „Man muss sich der Idee erlebend gegenüberstellen können; sonst gerät man unter ihre Knechtschaft.“ Kommt man der Anthroposophie vielleicht näher, indem man diese beiden Aussagen zusammennimmt? Oder ist das Erleben der Idee – und zwar das sich-zugleich-gegenüberstellende Erleben der Idee – bereits nicht mehr das Erleben eines Geistigen? Im Gegenteil. Zum Geistigen kommt man überhaupt erst durch das wirkliche Erleben! „Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen“.

Kann es sein, dass jemand wie Eggert sich dieses „Gegenüberstehen“ und dieses „Nicht-Gegenüberstehen“ selbst noch zu räumlich denkt? Kann es sein, dass er fortwährend mit Resten des sinnlichen Erlebens zu kämpfen hat und dann aber das eine gegen das andere ausspielt, um andere, von ihm überhaupt nicht wirklich verstandene Anschauungen zu bekämpfen?

Der spätere Steiner und Clements eklatante Unwahrheiten

Ein Anderes, gegen das Eggert kämpft, was wiederum mit seinem Ausspielen des frühen gegen den späten Steiner zu tun hat, ist dasjenige, was über das reine Ideen-Erleben hinausgeht. Und hier ist es wichtig, Aussagen Rudolf Steiners wie die Folgende zu kennen:

Im Zusammenhange mit dem Umschwung in meinem Seelenleben stehen für mich inhaltsschwere innere Erfahrungen. – Ich erkannte im seelischen Erleben das Wesen der Meditation und deren Bedeutung für die Einsichten in die geistige Welt. Ich hatte auch früher schon ein meditatives Leben geführt; doch kam der Antrieb dazu aus der ideellen Erkenntnis seines Wertes für eine geistgemäße Weltanschauung. Nunmehr trat in meinem Innern etwas auf, das die Meditation forderte wie etwas, das meinem Seelenleben eine Daseinsnotwendigkeit wurde. Das errungene Seelenleben brauchte die Meditation, wie der Organismus auf einer gewissen Stufe seiner Entwickelung die Lungenatmung braucht.
Wie die gewöhnliche begriffliche Erkenntnis, die an der Sinnesbeobachtung gewonnen wird, sich zu der Anschauung des Geistigen verhält, das wurde mir in diesem Lebensabschnitt aus einem mehr ideellen Erleben zu einem solchen, an dem der ganze Mensch beteiligt ist. Das ideelle Erleben, das aber das wirkliche Geistige doch in sich aufnimmt, ist das Element, aus dem meine „Philosophie der Freiheit“ geboren ist. Das Erleben durch den ganzen Menschen enthält die Geisteswelt in einer viel wesenhafteren Art als das ideelle Erleben. Und doch ist dieses schon eine obere Stufe gegenüber dem begrifflichen Erfassen der Sinneswelt. Im ideellen Erleben erfaßt man nicht die Sinneswelt, sondern eine gewissermaßen unmittelbar an sie angrenzende geistige Welt.
GA 28, S. 323f.


Gegen Ende seines 36. Lebensjahres, also etwa drei Jahre nach seiner „Philosophie der Freiheit“, kommt Rudolf Steiner meditativ zu einem Erleben der Geisteswelt, das noch viel wesenhafter als das bisherige ideelle Erleben ist. Solche Stellen möchten diejenigen, die den frühen Steiner verabsolutieren und auf die höchste Stufe heben wollen, am liebsten aus seinem „Lebensgang“ streichen – aber sie stehen dort, für jeden zu lesen. Und sie weisen darauf hin, dass Steiner, fern davon, zum „Märchenonkel“ zu werden, ein immer umfassenderes und höheres geistiges Erkennen und Erleben der vollen Geisteswelt entwickelte.

Dass dies von Menschen nicht anerkannt wird, deren eigener Intellekt von Hochmut durchdrungen ist, ist verständlich. Rudolf Steiner hat auch darüber unendlich Vieles gesagt. Verständlich ist auch, dass dann Fehler gemacht werden, wenn man Rudolf Steiner wiedergibt – ob absichtlich oder unabsichtlich, bleibt dahingestellt. Ich habe bereits darauf hingewiesen, wie Christian Clement die Erkenntnisstufen der Imagination und Inspiration völlig falsch wiedergibt – ja, wie er Steiner selbst falsche Worte in den Mund legt, nämlich Imagination und Inspiration seien beide nichts als Halluzinationen! (Mehr dazu hier). 

Wie soll man einen „Wissenschaftler“, dem – unabsichtlich oder absichtlich – solche Fehler unterlaufen, überhaupt noch ernst nehmen? Einen Wissenschaftler, der in seinen ausführlichen Einleitungen solche Unwahrheiten druckt und jemanden, der darauf hinweist und seinen Ansatz kritisiert, als „überheblich, unreflektiert, einseitig, dogmatisch, unoriginell“ (usw.) bezeichnet? Jeder, der den Anspruch erhebt, ein freier Geist zu sein bzw. werden zu wollen, sollte hier einmal nachzudenken beginnen!

Georg Kühlewind und der Logos

Aber kehren wir noch einmal zu Eggert und seiner Instrumentalisierung Georg Kühlewinds zurück. Er zitiert ihn weiter:

Ein Anthroposoph müsse „von seinem noch so dialektischen Denken zum geistigen Erleben fortschreiten, sonst bleibe alles nur Wisserei, Dogma oder Glaube, der sich aber als solcher nicht erkennt und deshalb Unglaube ist: Aberglaube. Der Mensch ist kein Zuschauer im Erkennen des Geistes; er allein kann seine eigene Aktivität als Geist ent- decken. Dann kann er in dieser Aktivität die objektive Geistigkeit der Welt erleben. [...]"
Anthroposophie und Aberglaube, 26.3.2015. o


Das kann man unmittelbar auch auf Eggert anwenden. Auch sein dialektisches Denken bleibt bloße Wisserei, Dogma und Glaube. Während er denjenigen, die er diffamiert, vorwirft, sie würden Steiner wörtlich nehmen, entwickelt er sich sogar zum Besserwisser in Bezug auf Rudolf Steiner selbst. Ohne es ganz offen zu sagen, korrigiert er fortwährend den späteren Rudolf Steiner: Er habe übertrieben, er sei zu „bildhaft“ gewesen etc. etc. Mit anderen Worten: Die ganze „Geistwelt voller Engel und Gnome“ gibt es gar nicht – es sei denn, im Menschen und als Mensch selber. Das ist es doch, was Eggert sagen will? Und schon wieder wird es schwarz-weiß: Entweder alles ist Mensch oder es ist überhaupt nicht. Denn was soll sonst der Inhalt seiner Aussagen sein? Dass aber selbst Kühlewind von der objektiven Geistigkeit der Welt spricht, scheint Eggert gar nicht aufzufallen.

Kühlewind schreibt auch (ebenfalls in „Bewusstseinsstufen“, S. 98):

Die geistige Welt liegt nicht etwa hinter den sinnlichen Erscheinungen, sondern vor dem Sinnlichen, vor der Erde. Vor dem Erkannten, bevor es Erkanntes wird: in dem Erkennen selbst.


Ich behaupte, dass jemand wie Eggert oder auch Clement die Tiefe eines solchen Satzes überhaupt nicht erfassen kann – und von daher immer nur radikal simplifiziert deuten würde. Das dialektische Denken bleibt eben auch hier Wisserei und wird zum Dogma – nun zu einem Dogma, mit dessen Hilfe Kühlewind, der ja verstorben ist und nun zu allem benutzt werden kann, sehr bequem in Frontstellung gebracht wird, um alle Kritiker Clements mundtot zu machen. Wie wunderbar wäre es, wenn Kühlewind noch leben und sich selbst dazu äußern könnte!

Aber Kühlewind hat sich noch vor seinem Tod geäußert. Interessanterweise genau im Zentrum seines Gesamtwerkes, nämlich als von zweimal zwölf Werken umrahmtes dreizehntes Werk, erschien 1992 sein kleines Büchlein „Die Erneuerung des Heiligen Geistes“. Man kann aus diesem Werk vermutlich fast an jeder beliebigen Stelle zu zitieren anfangen, um Michael Eggert auf die Palme zu bringen und Christian Clement Fältchen des Spottes auf das Gesicht zu zaubern. Ich schlage Seite 30 auf:

Das Wesen, das sich in der Jordantaufe mit dem Organismus des Menschensohnes verband, war auch früher Begleiter der Menschheit gewesen und hatte ihre Abirrung von der Logoswelt durch seine Opfertaten verhindert. Golgatha war sein viertes Opfer; der Anfang dieses Opfers war Epiphania. [...]
In den drei Jahren bis Golgatha hat der Logos den menschlichen Organismus ganz durchdrungen; so konnte er den Menschen auch in den Tod hinein begleiten. [...] Der Tod wurde nach dem Sündenfall als Gegenmaßnahme gegen den Verfall dem Menschen mitgegeben.
Kühlewind, Die Erneuerung des Heiligen Geistes, S. 30f.


Wird Kühlewind hier etwa zum Nachbeter Steiners? Nein, er bleibt selbstständig Erkennender – und bezeugt als freier Denker die Wahrheit dessen, wovon Rudolf Steiner gesprochen hat. Das Christus-Wesen als Begleiter der Menschheit und als Erlöser des menschlichen Denkens – das ist es, wovon Rudolf Steiner spricht und was er in das Zentrum seines ganzen späteren Werkes gestellt hat.

Michael, die höheren Wesenheiten und der Mensch

Und weiter Kühlewind:

Daß die „Augen des Herzens erleuchtet werden“, dazu verhilft dem Menschen seine Verbindung mit dem leitenden Geist der modernen Zeit. Dieser wartet auf das Suchen, Bitten und Klopfen des Menschen, er selbst drängt sich ihm nicht auf. Michael „befreit die Gedanken aus dem Bereich des Kopfes [...].“
Kühlewind, a.a.O., S. 68.


Und nun zitiert Kühlewind Steiners berühmte Worte vom Anbruch des Michaelzeitalters und von den Herzen, die beginnen, Gedanken zu haben. Alles bildhaft? Auch hier bei Kühlewind? Nein, es ist eben nicht bildhaft. Die Wesenheit Michaels ist eine Realität – und Kühlewind weiß dies.

Und weiter:

Da Ich-Wesen nie fertige Wesen sind und durch die Selbstbewußtseins-Seelenstruktur der Mensch mündig geworden ist – er kann auf das eigene Bewußtsein reflektieren –, ist es nun seine Aufgabe geworden, an der eigenen Entwicklung zu arbeiten: eine Aufgabe, die der Menschheit fast unbekannt blieb. Das nächste Ziel wäre die Erfahrung des eigenen geistigen Selbstes, unabhängig vom Organismus. Dann folgten weitere Stufen. In der Tradition des Christentums werden diese Zukunftsschritte eindeutig und weitgehend ins Auge gefaßt.
Kühlewind, a.a.O., S. 86.


Der Mensch ist auf der jetzigen Entwicklungsstufe ein Ich-Wesen – im Gegensatz zu den höheren Wesenheiten. Und auch von diesen spricht Kühlewind nun genauer:

Was bei den hierarchischen Wesen unmittelbares Ineinanderleben ist, wird beim Menschen im Pendelschlag der Seelen im Gespräch. Dies ist unter Menschen zweitaktig: Du sprichst, ich höre (für mich ist das Einatmen) und umgekehrt. So ist auch beim Menschen das Atmen körperlich zweitaktig. Bei den Engelwesen ist nur ein Atemzug: Sie sind Gottes Atem – ein Ausatmen –, und dieser Atem weht durch sie und wird moduliert durch das Individuelle in ihnen, das selbst auch Gottes Atem ist. [...] In der geistigen Welt, zwischen Tod und neuer Geburt ist der Mensch gewissermaßen wie die Engelwesen. Da ist ein anderes Atmen wirksam, wenn auch das Sich-Lösen vom Körper und das Sichvorbereiten in die nächste Inkarnation das beschriebene eintaktige Atmen modifizieren [...].
Kühlewind, a.a.O., S. 89f.


Dann folgt ein längeres Zitat Rudolf Steiners – das Eggert und Clement natürlich ebensowenig ernst nehmen können wie Kühlewinds vorherige Äußerungen, denn es ist ja hier wieder von einer (für Eggert & Co.) jenseitigen Welt voller Engel die Rede. Fortwährend möchte man ihnen erwidern: „Du gleichst dem Geist, den du begreifst...“.

Und weiter:

Die unerhörten Möglichkeiten zur Entwicklung nach oben, die im Zeitalter der menschlichen Mündigkeit freistehen, werden von nicht minder gefährlichen Möglichkeiten des Absturzes nach unten begleitet, eines Absturzes in den Abgrund hinein, den jeder einzelne in sich trägt, der seine Alltagsbewußtseinsebene von der nächsthöheren trennt und der bewohnt ist von den Dämonen des Unterbewußten (die heute weit wissenschaftlichere und dadurch viel harmlosere Namen haben). Um der Gefahr entgegenzuwirken, geschah weit früher schon die letzte Schöpfungstat der Gottheit, die Fleischwerdung; denn das Ausgesetztwerden der Gefahr ist unvermeidlich auf dem Wege zur Freiheit, zum Schöpfertum. Mit der Fleischwerdung aber hat sich das Verhältnis der Götterwelt zur Menschenwelt radikal verändert: Die Gottheit zieht sich zurück, greift nicht in das irdisch-menschliche Geschehen unmittelbar ein [...] und sucht auch nicht von sich aus den Menschen auf [...], oder nur ausnahmsweise. Die neue Gottheit wartet darauf, daß der Mensch den ersten Schritt zu ihr macht. Selbst dann kann sie aber nur Hilfe, Rat, Führung bieten. Der Mensch hat ja einen Logoskeim in sich.
Diese neue, „moderne“ Gottheit wird durch den Kundigen als der Zeitgeist Michael in hochgeistiger Intuition erfahren.
Kühlewind, a.a.O., S. 92f.

Michaels Aufruf zur Selbsterkenntnis

Ganz im Gegensatz zu dem, was Eggert gerne hätte, spricht Kühlewind immer weiter von Michael, dem Diener des Logos-Christus-Wesens. Sein ganzes Buch endet mit dem Sprechen von ihm, dem wahren Zeitgeist. Und ich möchte ihn hier noch einmal sehr ausführlich zitieren:

Wie der Mensch nach dem Tode im Geisterland, so haben auch die Engelwesen nichts außer ihrem Wesen, nichts, das benannt werden könnte. Sie sind ganz ihr Wesen, ganz Wort, ganz ihr Name, der nicht etwas anderes, der allein ihr Sein bedeutet, identisch mit ihrer Aufgabe, ihrer Mission, ihrem „Worten“, wenn sie in einem Gesicht dem Menschen erscheinen. So ist Gabriel identisch mit „seinen Worten“ zu Maria in der Szene der Verkündigung, Worten, die in der Intuition der Jungfrau zu menschlichen Worten werden: Er ist diese Intuition, ist in seinem Wesen ganz die Botschaft.
Wir müssen die Namen der Engel, der Erzengel ernstnehmen – wenn wir sie nur verstehen würden.
Kühlewind, a.a.O., S. 94.


Kühlewind weist dann auf Michaels Namen hin, der eine Frage ist: Wer (ist) wie Gott? Dann schreibt er:

Man kann einer menschlichen Frage aus dem Wege gehen; nicht aber einer, die ein Wesen, ein so mächtiges Wesen ist. Wer dieser Frage begegnet, den zwingt sie mit Erzengelmacht, mit Arche-Macht: „Besinne dich!“ „Erkenne dich!“ Daher ist dieser Wesensname, dieses Namenswesen selbst die Waffe seines „Trägers“ – wieder nur unzulänglicher menschlicher Ausdruck – gegen die zwei Widersachermächte, seine Wesensfeinde. [...] Daher stürzt durch diese Frage durchbohrt der überhebliche Geist, der sich Gott gedünkt hat, aus dem Himmel: Sein Dünkel, seine Verdunkelung ist durchleuchtet.
Kühlewind, a.a.O., S. 95f.


Und jetzt spricht Kühlewind davon, dass das Michael-Wesen den „Himmel“ der geistigen Welt von den Widersachern gereinigt hat, so dass die Imaginationen, die sich dem geläuterten und spiritualisierten Denken ergeben, keineswegs „Halluzinationen“ sind wie diejenigen selbst erzeugten Bilder, mit denen der Geistesschüler seinen Übungsweg beginnt:

Aus dieser wortlosen – jedoch umso worthafteren – Sphäre wurden die Widersacher auf die „Erde“ gestürzt, in die Zone des Alltagsbewußtseins. Man könnte sich über diese Tat betroffen fühlen: Soll der Mensch in seiner Schwäche gegen Mächte ankämpfen, deren Besiegung immerhin einem Michael oblag? Da sollte sich aber die Besinnung ergeben, daß die Macht der Widersacher hier auf Erden immer nur durch Kräfte zur Entfaltung kommen kann, die dem Menschen selbst entwendet sind, durch seine höchsten schöpferischen Kräfte, die von ihm nicht gebraucht, gepflegt, geübt, ja nicht einmal geahnt werden. Weiß der Mensch von dieser Tatsache, dann wird er sich in Freiheit auf den Weg der Bewußtseinsschulung begeben und durch den ersten Schritt im Aufwärtssteigen den ersten Himmel des Imaginativen von Michael gereinigt, von den Widersachern befreit vorfinden: In diesem Himmel kann er dann die Weisung des Zeitgeistes entgegennehmen, seine durch Übung geläuterten Kräfte mit Impulsen Michaels vereinigen und dadurch gestärkt „auf Erden“ die Gegenmächte unschädlich machen, indem er seine eigenen Kräfte ihnen entzieht.
Kühlewind, a.a.O., S. 99.


Und noch einmal geht es um die Spiritualisierung des Denkens, das Erkraften des Denkens, so dass sein wahrer Ursprung erlebbar wird:

Die reine, wortlose Ideenform und die ihr vorangehende Bestimmung der fließend-lebendigen Intelligenz bleiben gewöhnlich überbewußt; sie sind noch in Michaels Hand. Er ist der Verwalter der kosmischen Intelligenz, und er übergibt sie dem Menschen.
[...] Im Zeitalter der Mündigkeit müssen die Ideen durch den Menschen selbst gestaltet werden, und ein jeder ist im Prinzip auserwählt, die Inspiration durch eigene Arbeit, einen eigenen Schritt nach aufwärts zu empfangen. Denn sie kommt – durch Vermittlungen – nicht mehr ganz bis in das Erdenbewußtsein herunter.
[...] Der unbewachte Augenblick ist es, wo die Intelligenz im Übergang zum Menschen von den Gegenmächten entwendet, verzerrt, durch unterbewußte Inspiration in menschenfeindliche, für die Menschheit verderbliche Ideen umgestaltet werden kann und oft auch wird. Die Intelligenz als Gedankenlicht noch entgegennehmen zu können, bevor sie zu Gedanken wird, wäre, ist die Aufgabe des Menschen heute: daß sie aus der Hand Michaels durch das Bewußtsein des Menschen begleitet in seine Hand übergeht. So ist das Schweigen, Warten, das Platz-Bereiten Michaels für das menschliche Geistesstreben zu lesen.
Kühlewind, a.a.O., S. 100f.

Vom Wesen der Anthroposophie und selbstständigem Arbeiten

Kühlewind ist kein Kronzeuge für die „neue Anthroposophie“, die Eggert, Clement und andere, von höheren Wesenheiten „gesäubert“, erschaffen wollen – er ist ein Zeuge der wirklichen Anthroposophie und kann differenziert und auf seine ureigene Art beschreiben, wie das Logos-Christus-Wesen, das Michael-Wesen und die Widersacher eine volle Realität sind, und wie die Entwicklung des Menschen zu höheren Bewusstseinsstufen gerade mit ihrer immer umfassenderen Erkenntnis einhergeht.

Wer bereit ist, seinen Intellekt vom Hochmut zu befreien und sich mit einem immer tieferen Ernst der Anthroposophie zuzuwenden, der wird erkennen, wie tief die wahre Selbsterkenntnis des Menschen und eine wahre Erkenntnis einer höheren geistigen Welt und höherer Wesenheiten miteinander verbunden sind. Wer jedoch immer wieder von „Dualismus“ redet, sollte sich nicht wundern, wenn der vielleicht größte Dualismus in ihm selbst lebt.

Es ist interessant, dass jemand wie Mieke Mosmuller, die in tiefer Weise aus eigener geistiger Erfahrung diese Realitäten beschreibt, von Eggert genauso angefeindet wird, wie er selbst dies den „Sektierern“ in Bezug auf Georg Kühlewind vorwirft. Er bemerkt nicht, dass er genau dasselbe tut – und dass er auch in Bezug auf Kühlewind nichts anderes tut, als ihn in beschämender Weise zu instrumentalisieren, um seine eigene „Anthroposophie“ zu implementieren, die von Rudolf Steiner, Georg Kühlewind und Mieke Mosmuller gleichermaßen durch Abgründe getrennt ist.

Stattdessen wird seit jeher dumpf gegen die Stimmung gemacht, die auf selbständige und wegweisende Art mit Steiners Texten arbeiten.
Anthroposophie und Aberglaube, 26.3.2015. o


Das ist Eggerts Credo – und er bezieht es auf alle und jeden, die er, Eggert, festlegt. Differenzieren tut Eggert hier nicht. Er selbst macht dumpf Stimmung. Ich persönlich habe zum Beispiel differenziert und ausführlich darauf hingewiesen, dass Clement schon bei den einfachsten Sachverhalten gravierende Fehler unterlaufen – dass er schon in Bezug auf Imagination und Inspiration schlicht Unwahrheiten verbreitet. Und dass diese Fehler nicht aufhören, wo er den im menschlichen Intellekt zunächst wirksamen Hochmut gar nicht in seine „Thesen“ mit einbezieht – dass die Fehler dann gar nicht aufhören können.

Es reicht eben nicht, mit Steiners „Texten“ zu arbeiten, sondern man muss die Anthroposophie selbst in sich lebendig machen. Das tun Georg Kühlewind und Mieke Mosmuller in wirklich selbstständiger und wegweisender Art. Clement tut etwas anderes, was man keineswegs Anthroposophie nennen kann – sondern was sich immer wieder in eine sehr andere Richtung bewegt. Wem es mit der Anthroposophie ernst ist, der kann dies nur mit größtem Ernst verfolgen – und zugleich nicht aufhören, auf das eigentliche Wesen der Anthroposophie hinzuweisen.