28.04.2015

Los Veganeros – ein großartiger veganer Kinofilm

Eine im besten Sinne voreingenommene Kritik. 


Im Berliner ACUD, einem wunderbaren Berliner Hinterhof-Kino in gemeinnütziger Trägerschaft, das bei vielen Vorstellungen notorisch unterbesetzt ist, ist an zwei Tagen der Film „Los Veganeros“ zu sehen. Auch diesmal saßen nur etwa zehn Menschen im Kinosaal – dabei hätte er voll sein sollen. Es hat sich gelohnt.

Als ich den Trailer gesehen hatte, war mir klar, dass ich diesen Film sehen wollte – und auch, wen ich mitnehmen würde. Der Trailer sagt genug über den Inhalt. Mehr braucht man nicht zu verraten. Die 94-jährige Alma sucht Gleichgesinnte, die mit ihr die Welt verändern wollen. Durch ihre Anzeige wird die Kindergärtnerin Vicky auf sie aufmerksam. Mit einer Handvoll anderer, sehr verschiedener Mitstreiter planen sie schließlich eine Aufsehen erregende Aktion, um die Menschen mit den Hintergründen der Massentierhaltung zu konfrontieren...

Der Film selbst ist noch besser als der Trailer. Er ist spannend. Er enthält auch eine romantische Story. Er gewinnt die Herzen für ein Leben ohne Fleisch. Und er lebt zugleich von einer großartigen Musik.

Indem ich hinterher recherchiere, wird mir klar, warum: Produzent Lars Oppermann ist eigentlich in der Musikbranche tätig und hat viele Songs speziell für den Film geschrieben. Oppermann wurde selbst durch den erschütternden Dokumentarfilm „Earthlings“ vor drei Jahren zum Vegetarier, ein Jahr später zum Veganer. Für die Hauptrolle der Vicky fand er in Rosalie Wolff eine wunderbare Besetzung – durch Zufall. Wolff ist zwar auch Schauspielerin, betreibt aber auch den veganen Internet-Shop Smilefood, mit dem sie sich schon mit 22, vor rund dreizehn Jahren, selbstständig machte. Oppermann suchte Sponsoren, rief auch bei Smilefood an – und fand so gleich noch die Hauptdarstellerin. Auch sie war einst durch eine Reportage zur Veganerin geworden.

Eigentlich hatte sich Oppermann nach seinem ersten Film gesagt: „Nie wieder“. Auch als Kameramann Frank Barthel ihn Ende September 2013 fragte, ob er ein Actionfilm-Drehbuch schreiben könne, sagte er sofort ab. Als Barthel ihm einen Tag später aber sagte, er hätte beim Drehbuch freie Themenwahl, brauchte er nur noch drei Sekunden Bedenkzeit... Im Februar 2014 war das Drehbuch fertig, dann wurde in Oppermanns Heimatstadt Hannover gedreht, teilweise 18 Stunden am Tag. Ein Jahr später war der Film fertig und lief im Frühling 2015 in über einhundert deutschen Kinos.

Bei einem Budget von nur 25.000 Euro (!), das komplett für Technik und Ausrüstung draufging, verzichteten sämtliche Berufsschauspieler auf ihre Gage. Daneben haben über hundert Laienschauspieler mehr oder weniger kleine Auftritte. Und auch die Kinos wurden ohne Verleih direkt kontaktiert. Viele Kinos lehnten „wegen mangelnder Zielgruppe“ ab, andere verlangten Verlustausgleich, wenn der Saal nicht voll wird. Dazu bekam der Film nur eine Altersfreigabe ab 16 (!), weil in einigen wirklich sehr kurzen Szenen im Grunde sehr gemäßigte Momente aus der Massentierhaltung gezeigt werden. Allein diese verlogene Tatsache ist schon schockierend.

Was macht diesen Film aus? Ein ganz bestimmtes Flair und eine äußere und natürlich auch innere Qualität, die niemals an einen Null-Budget-Film denken lässt. In pointierten Dialogen werden die Argumente der „Fleischfraktion“ liebevoll, aber bestimmt ad absurdum geführt. Der Film ist auch nicht einfach schwarz-weiß, obwohl er überspitzt, aber auch die Aktivisten müssen sich schließlich mit den Folgen ihrer Aktion auseinandersetzen. In einigen Szenen leuchtet eine tiefe Menschlichkeit auf, die zuinnerst berührt. Mitgefühl und Menschlichkeit – in diesen wenigen Szenen wird gleichsam hüllenlos deutlich, was die Liebe zum Guten in Menschenherzen ist. Und um diese Liebe geht es eigentlich.