21.11.2016

„Manchmal, ganz selten...“

Filmbesprechung: Flipped (Verliebt und ausgeflippt). Rob Reiner (Regie), USA, 2010, 86 min. | Trailer (engl.) | Amazon | e-bay


Es gibt Filme, die kennt fast niemand, obwohl sie um Welten schöner sind als die Filme, die jeder kennt... Ein solcher Film ist „Verliebt und ausgeflippt“ – bei dem schon der deutsche Titel dazu angetan ist, jeden Menschen zu verscheuchen.

Regisseur Rob Reiner, der den Film vor sieben Jahren mit 62 Jahren gedreht hatte, hatte zuvor schon Filme wie „Stand by Me“, „Die Braut des Prinzen“, „Harry und Sally“, „Eine Frage der Ehre“ oder „Das Beste kommt zum Schluss“ gemacht. Dieser Film nun wurde für etwa 14 Millionen Dollar produziert, wurde dann aber in den USA nur in wenigen Kinos gezeigt und spielte bloße 1,75 Millionen Dollar ein. In Deutschland kam er dann erst gar nicht in die Kinos!

Der Originaltitel „Flipped“ bezieht sich im Gegensatz zu dem deutschen Un-Titel jedoch auf den Wechsel der Sichtweisen im Film. Schon dies macht ihn außergewöhnlich. Die zweite Besonderheit ist, das sich in diesem Film einmal nicht ein Junge in ein Mädchen verliebt, sondern umgekehrt. Und wie!

Als der achtjährige Bryce Loski in den 50er Jahren in einen kleinen Ort zieht, verliebt sich die kleine Juli Baker, die gegenüber wohnt, auf den ersten Blick. Das ist nicht sehr realistisch, aber das macht nichts – unmöglich ist es nicht. Juli ist ohnehin alles andere als gewöhnlich – nur merkt Bryce dies nicht, was sein Pech ist. Sein einziges Ziel ist, dieses Mädchen loszuwerden. In der sechsten Klasse fasst er einen Plan und gibt Interesse für die schöne, aber oberflächliche Sherry vor. Juli zieht sich ein wenig zurück, aber ihre Zuneigung ist noch immer groß.

Ich will hier nicht die ganze Geschichte nacherzählen. Jedoch kommt recht bald das Außergewöhnliche der Regie zum Tragen. Nachdem alles bisher aus Bryce’ Perspektive geschildert wurde, wird an einem bestimmten Punkt auf einmal das bisherige Geschehen noch einmal aus Julis Sicht erzählt. Überrascht erlebt der Zuschauer ganz vieles noch einmal aus einer völlig neuen Perspektive – aus der des Mädchens. Bald zeigt sich, wie besonders dieses Mädchen ist, was sie innerlich beschäftigt, was ihre Gedanken sind. Der Einzige aus Bryce’ Familie, dem Juli auffällt, ist sein Großvater. Dieser versucht, seinen Enkel vorsichtig darauf aufmerksam zu machen, was Juli für ein Goldstück ist – doch dies ist zunächst ziemlich vergeblich. Bryce wird durch sein Verhalten, mit dem er Schwierigkeiten auch durch Unaufrichtigkeiten aus dem Weg geht, Juli noch sehr verletzen, bis er allmählich merkt, dass auch er für sie etwas empfindet. Da ist es jedoch schon zur Umkehr gekommen... Julis Vater hatte ihr einmal beigebracht, dass das Ganze oft mehr ist als die Summe seiner Teile. Nun, nach so langer Zeit – und mehrfachen Blickwechseln – ist Juli allmählich überzeugt, dass Bryce weniger ist als diese Summe...

Viele wunderbare Details machen diesen Film zu weit mehr als einem bloßen Teenie-Film. Er hat wirkliche Tiefe – bis hin zu den Nebensträngen der Story, die auch alle übrigen Familienmitglieder der beiden Familien mit einbeziehen. Die wirkliche Tiefe hat aber Juli selbst. „Manchmal, ganz selten, findest Du jemanden, dessen Leben wie ein Regenbogen schillert.“ Wie gut, dass Bryce durch seinen Großvater schließlich doch noch ins Grübeln kommt – und ein Mädchen wie Juli am Ende immer wieder alles verzeihen kann...

Wer einen weiteren Eindruck von dem Film bekommen möchte, kann sich einer englischen Besprechung zuwenden, die damals erschien und aus der ich hier nur Weniges zitieren möchte:

Flipped isn't so much a love story as it is a life story. [...] More than anything, Flipped is about self-discovery and the journey to self-actualization. Madeline Carroll's Juli Baker doesn't have much work to do in that department. At 12-years-old she's got more of a sense of self than most people three times her age. She's got convictions, a distinct sense of right and wrong and a genuine purity that's undeniable. [...]
Bryce wants nothing to do with her though, and that's where things get interesting. Flipped is broken up by each of their narratives so every significant situation is told by both characters. There's one scene that essentially defines Juli and Bryce though, and it's by far the most powerful in the film. [...]
There are a myriad of moments like this in the film, and it's a big reason why the movie resonates so much. Rob Reiner has crafted a genuine masterpiece that combines a heartwarming and often hilarious storyline with a thought-provoking sensitivity. [...] Reiner also doesn't shy away from exploring a darker side of this world. He presents a heartbreaking scene with Juli's mentally challenged uncle that's just as potent as the tree sequence and there are scenes of domestic disarray that bubble over with real tension. It's a life movie again, and it embraces everything – good and bad.
In the end, "Magical" is the only way to aptly describe Flipped. Flipped is the most endearing, engaging and enchanting film of 2010. It's funny at all the right moments and ultimately unforgettable. Madeline Carroll is bound to become a massive star from this poignant and poetic performance.
It's one of those movies that everyone can identify with, but it's one of those movies that might just inspire a little good in a world that so desperately needs it. We can thank Juli Baker for those life lessons…