18.01.2017

Der Kampf um die Wahrheit

Gedanken über das gegenwärtige Schicksal und die Zukunft unserer Welt.


Inhalt
Hysterie und Antipathie
Der Westen und seine Kritiker
Die einzigen Zukunftskräfte


Hysterie und Antipathie

Die Geschehnisse in der Welt werden dramatischer, der Ton wird schärfer, manchmal geradezu hysterisch.

Nun gesellen sich auch relativ zeitgleich Ansgar Martins „Waldorfblog“ und Michael Eggerts „Egoisten“ hinzu – und verbreiten ihre Wahrheit. Bei Michael Eggert liest sich diese so:

Guten Morgen, ihr Rest-Demokraten, aufgewacht. [...] Spätestens, seitdem der neue amerikanische Präsident von Putin per Hackerangriffen und 500- Milliarden- Öl- Deals ins Amt durchgewunken worden ist, der dieselben rassistischen, anti- islamischen, anti- europäischen Tiraden schwingt wie die Waldorfbürger, sind diese nun auch offensichtlich im neuen Mainstream angekommen. [...] Die Verschwörungstheoretiker, Brexiter, Mauererrichter, Isolationisten, Anti- Demokraten und Journalisten- Hasser haben teilweise die Macht übernommen und werden die EU im kommenden Jahrzehnt in die Zange nehmen, die Uhr zurück drehen und ihre schmutzigen Eigeninteressen, kleptokratischen Kreise und Ölgeschäfte gegen die Umweltstandards des ausgehenden 20. Jahrhunderts verteidigen wollen. [...]
Nun haben die Schafe geblökt und reißen - so Boardman- die demokratische „Maske“ und den angeblichen geheim gelenkten Terror des Liberalismus herunter […]. Den Einfluss autokratischer Einflüsse von russischer und türkischer Seite erwähnt Boardman nicht, sondern setzt auf die Notwendigkeit „neuer Ideen“ in der in seiner Perspektive begrüssenswerten Zerschlagung der demokratischen Systeme und ihrer freien Presse: „But as the people awaken, they will need new ideas if they are not to fall once more for the tricks of the Establishment and its media lackeys.“ Boardmans neo- faschistischer Jubel über das „Erwachen“ der Anti- Demokraten zeigt doch, dass er ein „michaelisches Element“ in der Destruktion Europas und Amerikas sieht. Der mörderische Kleptokrat Putin winkt und zwinkert uns michaelisch zu; Terry Boardman pfeift dazu ein New- World- Order- Liedchen. Hier ist der anthroposophische Reflex mit seinen paranoiden, autoritären Zügen endgültig in sein anti- liberales, menschenverachtendes Endstadium eingetreten, zu dem allerdings Viele, wie die oberen Beispiele, gern die Begleitmusik spielen. Alles im michaelischen Sinne, natürlich.

Und ein anonymer Gastbeitrag bei Ansgar Martins liest sich so:

Entgegen der Vermutung des Kommentators ist „Friedensforscher“ Ganser, auch er war Waldorfschüler, aber weitaus gefährlicher, noch bösartiger und verlogener als Ken Jebsen. [...]
Herr Ganser muss als Verschwörungstheoretiker reinsten Wassers gesehen werden, der sich nicht scheut, in einer scheinbar sauberen, quasi-wissenschaftlichen Verpackung alles was krumm ist gerade zu biegen und vice versa. Er zeigt sich als Meister der Täuschung und Manipulation und versteht es bestens in geschickter Weise ein anti-westliches Weltbild voller Ressentiments mit dazu passenden Verschwörungstheorien als wissenschaftlich fundiert zu verkaufen. Ganz im Sinne Putinnaher Querfront-Netzwerke, die mittlerweile in unsere Gesellschaft ganz offen agieren. [...] Diese Methode bedienen sich auch extreme Organisationen wie AfD, Pegida, NPD, Identitären, Reichsbürgerbewegung und vergleichbaren die heute ihr Unwesen in der Öffentlichkeit treiben und endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind.
Leider ganz besonders auch in anthroposophischen Kreisen die sich von Herrn Ganser in ihrer Weltsicht geradezu bestätigt zu fühlen scheinen. Da passt manches wie maßgeschneidert zusammen zu den eigenen esoterischen Sichtweisen und Geschichtsschreibungen. Wo angeblich okkulte angloamerikanische Bruderschaften des Westens unter Führerschaft obskurer Hintermänner ihr Unwesen treiben und die Weltgeschicke zu bestimmen versuchen. Häufig in mehr oder weniger verdeckter Anlehnung an antisemitischen Verschwörungsthesen.
[...] Daniele Gansers Beitrag dazu ist offenkundig und wird frenetisch bejubelt. Zu seiner Entlarvung reicht eigentlich schon ein Blick ins Inhaltsverzeichnis der neuerdings von ihm veröffentlichten anti-amerikanische Hetzschrift „Illegale Kriege“. Da soll dem Leser offenbart werden, wer angeblich der große Kriegstreiber auf dieser Welt ist: Das Imperium Amerika… Aber ja, natürlich!
Es braucht nur ein wenig geschichtliches Grundwissen, einen Blick auf die Weltkarte und ein Mitverfolgen der Tagesaktualität (aber bitte nur die „Mainstream“ Medien!) um festzustellen wer gegenwärtig und in der Vergangenheit der neueren Geschichte nach Ablauf des Zweiten Weltkrieges, der wirkliche Imperial-Macht und Kriegstreiber ohnegleichen war und ist. Nur als Beispiel in der Aktualität sollten die massiven und menschenverachtenden Kriegsverbrechen des Kreml-Diktators in Syrien genannt werden. [...] Im Hintergrund steht dabei die Wahnvision eines von Russland gesteuerten Eurasien! [...]
Eine brandgefährliche Mischung braut sich da zusammen im postfaktischen Zeitalter des 21. Jahrhunderts. Fakten, Tatsachen, Argumente, alles was beiträgt zur Aufklärung, werden verdreht und verdrängt von dumpfen Gefühlen und teilweise offensichtliche Lügen von Heilsversprechungen neuer Verführer.

Was hier zuallererst auffällt, ist, dass eine Webseite („Egoisten“), die sich trotz wüster Karikaturen etc. zwischenzeitlich immer wieder den Anstrich gegeben hatte, mit der Anthroposophie Rudolf Steiners zu sympathisieren, nun gleichsam gemeinsame Sache macht mit einer dezidiert anti-anthroposophischen Webseite (Ansgar Martins), die nichts unversucht lässt, die Anthroposophie mit krudem Rassismus gleichzusetzen und jegliche Spiritualität als lächerlich und rückwärtsgewandt hinzustellen.

Der Westen und seine Kritiker

Ich möchte hier nur wenige Gedanken geben, weil es keinen Sinn hat, in diese übersteigerten Hysterien einzustimmen.

Es ist das gute Recht von Menschen, die in Demokratien aufgewachsen sind, die Verhältnisse in ihren Heimatländern kritisch zu beurteilen. Es waren und sind stets die freiesten Denker, die ihre eigenen Regierungen kritisiert haben – dies ist überall auf der Welt so.

Wir leben in einer Welt, wo der Westen nicht einfach eine „Insel der Freiheit“ in einer Welt der Barbarei gewesen ist – sondern wo der Westen eine lange Geschichte aus Kolonialismus, Blutschuld und Beherrschung hinter sich hat, die wesentlich, sehr wesentlich mitverantwortlich für das heutige Antlitz der Erde ist. Der Westen, allen voran die USA, hat stets mit Machthabern aller Art kooperiert, um die eigenen Interessen durchzusetzen – gegen die Interessen der Menschen vor Ort. Amerika ist stets ohne zu zögern über Leichen gegangen, hat schlimmste Diktatoren gestützt, fanatische Gotteskrieger finanziert und seinen egoistisch-zerstörerischen „way of life“ mit ökonomischer und anderer Gewalt in die hintersten Winkel der Erde getragen.

Die „Freiheit“ Amerikas ist erkauft mit Unfreiheit und Tod – und mit einem Weltbild, das den Ökonomismus wie einen Gott auf alles ausdehnt. Wall Street, Management, Rendite, Tittytainment – alles, was damit zusammenhängt, kam als Gedankenwelt aus Amerika. Das Land, das die „Freiheit“ als eigene Leistung beanspruchte, hat die Welt zugleich mit Gedanken überzogen, die wirksam geworden sind und den Menschen immer mehr auf ein Funktionieren zugerichtet haben. Die Rendite der ökonomischen Herren (das oberste eine Prozent) beherrscht die Welt. Anders wäre die Ökonomisierung des gesamten Lebens, die auf lügenhaften und unmenschlichen Dogmen beruht, nicht möglich gewesen.

Es waren die besten Geister Amerikas, die Amerika kritisiert haben. Das ist überall und immer so – denn jedes Land hat Menschen, die sein wahres Gewissen bilden. Und jede Demokratie lebt davon. Amerika kann man mit Recht als Plutokratie bezeichnen – Clinton und Trump, sie nehmen sich beide nichts. Sieht man sich die politischen Gestalten in Deutschland an, bietet sich ebenfalls ein grauenhaftes Bild.

Dies bleibt auch dann wahr, wenn man den Blick nun nach außen wendet, über den Tellerrand der Freiheit hinaus. Denn natürlich ist Russland kein demokratisches Land. Natürlich ist überall auf der Welt das Autoritäre massiv auf dem Vormarsch – auch wieder mitten in Europa. Aber: Hätte die sogenannte freie Welt es ernst gemeint mit ihrem einen Ideal, so hätte sie für einige Jahrzehnte die Chance gehabt, das Antlitz dieser Erde wirklich zu verwandeln. Der Gedanke der Freiheit wurde aber von Anfang an missbraucht, und es siegte Macht über Menschlichkeit, Profit über echte Friedenskräfte. Der Westen erntet jetzt auch das, was er selbst gesät hat.

Amerika hatte und hat den höchsten Militäretat der Welt, den besten und größten Geheimdienst der Welt – aber es ging nie um Menschlichkeit.

Nun leben wir in einer Welt, die allseits immer unsicherer wird, in der die Wahrheit immer weniger zählt, in der es stets mehr und mehr um Profit, Beeinflussung und Macht gehen wird. Ist nicht der Westen noch immer eine Hure des Geldes, wenn er mit Regimen ökonomisch und bündnismäßig paktiert, denen Menschen- und Frauenrechte etwa so viel bedeuten wie dem geldgierigen Kapitalisten die Natur? Die Doppelzüngigkeit und Doppelmoral des Westens ist gerade wegen seines idealen, aber tagtäglich verratenen Anspruchs unerträglich. Künftig werden überall auf der Welt Mächte durch ihre Weise der Desinformation bis hin zum Verbreiten von „Fake News“ versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Und Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit wird wertvoller werden als Gold...

Die einzigen Zukunftskräfte

Wenn man sich an diesem Punkt fragt, was überhaupt in die Zukunft tragen und heilend in die Gegenwart hineinwirken kann, dann werden dies nicht die hysterischen, kalten, sarkastischen oder überheblichen Gedanken von „Egoisten“ und Spiritualitäts-Hassern sein. Sie verlieren und verraten ihre Menschlichkeit genauso wie alle anderen.

In die Zukunft tragen kann nur ein warmes Denken, das offenbart, was wahrhaft menschlich ist. Ein warmes Fühlen, das das Herz und die Seele des Menschen nicht immer weiter abtötet, gefühllos macht und in sich selbst isoliert, sondern das die Seele unendlich vertieft und zugleich nach außen empfindsam und immer empfindsamer macht. Ein Wollen, das Menschlichkeit dadurch wahrmacht, dass es das Gegenteil von Egoismus, Machtspielen und Beeinflussung ist.

Das Zentrum all dieses in die Zukunft tragenden Mensch-Seins bleibt aber das Fühlen. Dieses ist es, das wahrhaft menschlich, empfindsam, zart sich öffnend und wahrhaft liebend werden muss – wenn die Welt bestehen bleiben soll. An diesem entscheidenden Punkt sind wir. Wir stehen an der Frage: Erkennen wir, dass das Mensch-Sein noch überhaupt nicht verwirklicht ist – oder erkennen wir dies nicht? Und welche Menschen haben eine Sehnsucht danach, mit dem Mensch-Sein noch wesentlich weiter zu gehen, als es in der Welt geschehen ist? Geschieht dies nicht, werden die Gegenmächte sich alles unterwerfen. Sie wirken überall dort, wo die Seelenkräfte nicht voll bewusst in das zutiefst Menschliche streben.

Noch ist kaum in seiner Tragweite erkannt worden, wie sehr es um diesen einen, einzigen Kampf geht. Es geht um die Frage, wie sehr der Mensch in seiner Seele das wahre Mysterium „Mensch“ fühlen und ahnen kann. Es ist ein heiliges Geheimnis – aber wir haben nicht mehr viel Zeit, es zu entdecken. Die Welt braucht die Kräfte, die in sie einfließen werden, wenn Menschen beginnen, das heilige Geheimnis zu empfinden ... und wenn sie beginnen, es mehr und mehr wahrzumachen.

Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass meine Bücher auf ihre Weise Wege zu diesem Geheimnis schenken wollen. Wer etwa das „Sonnenmädchen“ gelesen hat, wird nicht nur wissen, sondern bis in das Empfinden hinein fühlen, welche Seelenkräfte diese Welt in ihrer unendlichen Schönheit allein retten können. Die Hysterie- und Hassprediger auf allen Seiten werden es ebensowenig sein, wie die Trolle, Spin doctors, Geostrategen, Manager, Normalverbraucher oder Aufklärer. Es sind vollkommen andere Kräfte, und sie müssen überhaupt erst entwickelt werden.