09.09.2017

Dear Eleanor – zwischen Schuld und Lebensfreude

Filmbesprechung: Dear Eleanor – Zwei Freundinnen auf der Suche nach ihrer Heldin. Kevin Connolly (Regie), USA, 2016, 86 min. | Trailer.


Wieder einmal muss ich sagen: Es gibt wunderbare Filme, die in der weltweiten Schwemme völlig untergehen. Nun traf es einen, der es offenbar nicht einmal ins US-Kino, geschweige denn in die deutschen Kinos geschafft hat, und dies, obwohl Jessica Alba mitspielt – allerdings nur in einer Nebenrolle (!).

Es geht um den Film „Dear Eleanor“, der im letzten Sommer dann immerhin auf DVD erschien und auf Amazon seitdem ganze vier Kundenrezensionen erhielt.

Als Beschreibung stehen dort gerade einmal zwei sehr belanglose Sätze: „Die besten Freundinnen Max und Ellie verlassen ihre ländliche Heimat und begeben sich im blauen Cabrio von Ellies Vater auf einen abenteuerlichen Roadtrip durch die USA, um die ehemalige First Lady Eleanor Roosevelt zu treffen. Mit dem Wind im Haar und aufgedrehtem Radio versuchen die Mädchen, Ellies Vater und der Polizei zu entwischen, und treffen dabei verschiedene Leute, die ihre Reise unterhaltsam und unvergesslich machen.“

Der Film spielt zur Zeit der Kubakrise und Kennedys berühmter Fernsehansprache vom 22. Oktober 1962. Die 15-jährige Ellie, die in einem Kaff an der Westküste auf einer Kürbisfarm lebt, verliert ihre Mutter durch einen Autounfall, an dem sie sich selbst die Schuld gibt. Ihre Mutter wollte zu einer Veranstaltung mit Eleanor Roosevelt fahren und dort eine kleine Rede auf diese außergewöhnliche Frau halten. Dies sitzt nun als ein tiefer Schmerz im Herzen des Mädchens, das sich gleichzeitig noch um seine vier jüngeren Geschwister kümmern muss, weil der Vater nach dem Tod seiner Frau mehr oder weniger völlig unfähig wird, seine Rolle zu übernehmen.

Ihre etwas verrückte Freundin Max träumt davon, große Stars zu kennen und kennenzulernen. Auch sie bewundert Eleanor Roosevelt und schreibt ihr, um zumindest ein Autogramm zu bekommen. Billy, der sie heimlich liebt, fälscht eine Antwort, in der Ms. Roosevelt sie und ihre Freundin aus Mangel an einem Foto gleich zu sich nach New York einlädt. Er rechnet natürlich nicht damit, dass die Mädchen dies wirklich tun würden – doch genau das tun sie. In einem alten Wagen machen sich Ellie und Max auf den Weg...

Während dieses Weges treffen sie unter anderem einen traumhaft aussehenden Jungen, den sie jedoch leider wieder alleinlassen müssen, einen entflohenen Häftling aus Alcatraz, der sich als letztlich doch sehr guter Mensch erweist, und Max’ Tante Daisy, die in einem heruntergekommenen Club in New Mexico ihren verlorenen Chancen nachtrauert – und die sie kurzerhand zu einem Vortanzen nach New York mitnehmen. Währenddessen machen sich Ellies Vater und Billy gemeinsam auf den Weg, um die Mädchen wiederzufinden.

Das alles klingt tatsächlich nicht nach unbedingt mehr als nach einer drittklassigen Teenie-Komödie, ist es aber dennoch. Und dies liegt einerseits an dem wunderbaren Humor, den der Film hat – und der wenig bis nichts mit jener Art von Humor zu tun hat, der heute die meisten anderen Filme durchtränkt. Bis in die Kameraführung und die Musik hinein gewinnt der Film dadurch Seele und Lebendigkeit. Und auf der anderen Seite ist da das unschuldige Spiel von Diana Liberato (Ellie), der man wirklich alles abnimmt – das Pubertäre zu Beginn des Films, das Fürsorgliche insbesondere gegenüber ihrer kleinsten Schwester nach dem Tod der Mutter, das Lebenshungrige und auch das immer wieder auftauchende Seelenleid, verbunden mit der tiefen Hoffnung, etwas von der Schuld wiedergutzumachen, wenn sie statt ihrer Mutter deren Rede halten könnte, die sie fortwährend heimlich übt...

Junge Menschen ab 15 werden an dem einzigartigen Stil dieses Films ihre Freude haben – und dennoch auch von den feineren Tönen berührt werden. Und für erwachsene Menschen, die im Herzen jung geblieben sind, gilt das Gleiche, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen. Auch sie werden den kurzweiligen, lebensfrohen und warmen Stil des Films genießen können, gleichzeitig aber auch all dasjenige empfinden können, was in die Tiefe reicht, und das ist zart gespielt, aber gerade dadurch viel. Letztlich ist der Film weit mehr als eine Komödie. Dass er beides zusammenbringt, das Leichte, Frohe, Schöne, und das Tiefe, macht ihn gerade zu jenem Kleinod, das er ist.