22.12.2017

Die verlorene Emanzipation

Über das heilige Wesen des Mädchens.


Inhalt
Von Emanzipation und Liebe
Der Weg des Mädchens
Vom heiligen Wesen der Wahrheitsliebe
Weihnachten und das Mädchen


Von Emanzipation und Liebe

Schon in mehreren Aufsätzen habe ich versucht, erlebbar zu machen, wie man über die Emanzipation empfinden kann, wenn man sie nicht nur als reine „Erfolgsgeschichte“ abhakt, sondern vielmehr gerade auch als eine Tragik besonderer Art erkennen kann.

In den Leseproben aus meinem zu Ostern 2016 erschienenen Roman „Sonnenmädchen“ war dazu bereits erstmals vieles zu finden.

In der Adventzeit desselben Jahres veröffentlichte ich dann mein Buch „Von den Mädchen“, in dem ich dem heiligen Geheimnis des Mädchens in seiner ganzen Sanftheit zu folgen versuchte – auch mit Hilfe der Poesie, der Dichterinnen und Dichter.

Im Frühjahr 2017 schrieb ich in meinem Aufsatz „Feminismus, Genderismus und das Weibliche“ unter der Überschrift „Die Erlösung des Weiblichen“:

Der Feminismus hat die Frauen gelehrt, zu kämpfen – und sich auf diesem Wege zu befreien. Aber das war nur die halbe Befreiung – wenn überhaupt. Die wirkliche Befreiung wäre es nicht, sich in einer noch immer männergeprägten Welt zu behaupten und dort „seinen Mann stehen zu können“. Die wirkliche Befreiung würde die Befreiung der Männer mit einschließen. Sie sind es, die befreit werden müssen – aus der dunklen Macht, von der sie besessen sind.
Das aber würden die Frauen nur können, wenn sie mit den Waffen der Sanftheit gegen die dunkle Macht selbst kämpfen – und das wäre zugleich Manichäismus im tiefsten Sinne. Verwandlung der Welt durch das Geheimnis der Liebe. Denn Sanftheit ist nichts anderes. Sie ist wesenhaft gewordene Liebe.

Und weiter:

Sich emanzipierende Frauen definieren ihr Frausein, wie sie wollen – weil sie nicht darauf reduziert werden wollen und es darüber hinaus selbst bestimmen und ausleben wollen, nach ihren individuellen Vorstellungen. Der alles überragende Impuls ist der der Individualisierung, der Ich-Impuls. Dieser aber ist in unserer Zeit zugleich tief durchdrungen von den Impulsen des Selbstbezuges, des Egoismus, des Genussstrebens (um nicht zu sagen der Genuss-Sucht) und dem Hinabziehen der Seele in das bloß Körperliche, dem Verlust aller zarteren Empfindungen und Gedanken.
Etwas vereinfacht könnte man sagen: Die sich emanzipierenden Frauen tun genau das Gleiche wie die Männer: sie folgen dem generellen Impuls der sehr selbst-bezogenen „Selbstverwirklichung“. Sie ordnen ihr Frausein diesem von sehr viel Ego und einer immer weiter zunehmenden Abstraktheit korrumpierten Ich-Impuls unter.

Und:

Der Gegenpol wäre ein Mädchen, das auf alle „Emanzipation“ verzichtet, weil es gleichsam sein Recht wahrmacht, ganz Mädchen zu sein – und zwar in wirklich urbildhafter Unschuld. Und in diesem Sinne kann man wahrhaft sagen: Die Welt braucht noch eine zutiefst weibliche Emanzipation. Denn solche Mädchen, die zurückfinden zu dem Wesen, das nur die Mädchen so sehr haben, oder die sich von diesem Wesen gar nicht entfernen – sie bräuchten nicht sich zu emanzipieren, sondern sie würden durch ihr ganzes Wesen die übrige Welt emanzipieren, nämlich befreien, erlösen, heilen ... von dem Alpdruck des Dunklen, des Harten, Brutalen, Gewalttätigen, Empfindungslosen.

Der Weg des Mädchens

In dem nachfolgenden Abschnitt „Leib und Seele“ schrieb ich dann:

Selbstverständlich dürften diese Mädchen – und Frauen – nicht allein bleiben. Ihnen müssten Jungen und Männer zur Seite stehen, die in gleicher Weise den Mut haben, den dunklen Alp der Seele zurückzuweisen. Und hier ist deutlich, um was es geht: um die Rettung der menschlichen Seele.
Es geht um die Bewusstwerdung des ursprünglichen, reinen Seelenwesens überhaupt. In den Mädchen aber ist dieses noch am wenigsten verschüttet. Und um das Rückgängigmachen dieses Verschüttetseins und -werdens geht es. Es geht um das reine Seelenwesen, um seinen heiligsten Kern. Hier liegt die Zukunft des Menschlichen, des Mensch-Seins, nirgendwo anders.
[...] Die sanfte Seele, die sich Sanftheit errungen hat, jetzt oder in früheren Leben, eine Sanftheit, die sich zu einer tiefen, zugleich aber auch zutiefst zarten Liebe steigert – sie ist es, die mit diesem heiligen Geheimnis des Menschen unendlich viel zu tun hat. [...]
Die wirkliche Frage betrifft die menschliche Seele – ihre Rettung. Was das wirklich bedeutet, wird man erst in der Meditation erleben. Der Mann, wie er sich heute darlebt, als profitmachender Unternehmer, als Macho, als Übergreifer und Gewalttäter gegenüber Natur und Mensch, immer aber auch der Frau, ist das Ende der Menschheit, ist ihr Vernichter. Das Mädchen, wie es sich heute immer weniger darlebt, als sanftes Wesen voller Mitleid und reinsten Seelenregungen, unschuldig und jeder Härte unfähig, ist die Zukunft der Menschheit, ihre Heilerin.

In dieser Adventzeit, am ersten Dezember, erschien mein Buch „Der Weg des Mädchens“, das gerade versucht, diesen heilenden Weg bis in die Tiefe erlebbar zu machen.

Wenige Tage später schrieb ich in meiner Rezension des Films „Brimstone“:

Es geht um eine Realität, die bis in alle Tiefen erschrecken machen müsste – was sie aber niemals tut, wenn man sie rationalisiert und nicht an sich heranlässt. Die Seele muss das wirkliche Leiden lernen – sonst steht sie ganz außerhalb der Wirklichkeit. Das bloße Wissen produziert bloß den aufgeklärten „Nachrichten-Menschen“, der über alles informiert ist, aber von nichts mehr erreicht wird. Dies aber ist das Schicksal der modernen Seele überhaupt – auch derjenigen, die sich nicht für abgestumpft hält. Immer lebt die Seele heute mehr im Intellekt als in der Empfindung. Dort, im Intellekt, aber stirbt sie.
Und das gerade ist das Wunder der weiblichen Seele, dass sie diesen Tod nicht mitmacht – sondern dass ihr Empfinden immer viel aufrichtiger bleibt als das der männlichen Seele. Ich spreche hier nicht von den emanzipierten Frauen der heutigen Welt, die nichts anderes tun, als sich einer männlichen Welt anzupassen, sondern von einer solchen Seele, wie sie Liz in Koolhovens Film offenbart. Ihre fast übermenschliche Tat besteht gerade darin, inmitten eines fast unvorstellbaren Leidens trotz allem weiblich zu bleiben. Gerade das ist wahre Emanzipation – ein Sich-Befreien von allen männlichen Zwängen, und seien sie noch so subtil. Jede andere Emanzipation ist Anpassung.

Und vor sechs Tagen schrieb ich in meinem Aufsatz „Über das Weiche“ unter anderem:

So ist das Mädchen das Wesen des Religiösen schlechthin – denn es hat die Verbindung nie verloren. Was das Mädchen ist – das kann der Mensch werden. ,Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre.’ Das Mädchen ist die große Lehrerin der Emanzipation. Die Menschenseele ist den dunklen Kräften längst unendlich viel mehr verfallen, als sie es von sich glauben mag. Selbst ,die Guten’ haben sich tief hineinbegeben in jene Sphären, die nur die Vernichtung bringen. Die Emanzipation ist die eine Zukunftsaufgabe der ganzen Menschheit. Und es ist das grandiose Paradox unserer Zeit, dass gerade das Mädchen, das in seiner hoffnungslosen ,Zurückgebliebenheit’ so verlacht wird, die gefallene Menschheit an das Rettende erinnern kann.
Auf Wikipedia kann man lesen, ,emancipatio’ sei die ,Entlassung des Sohnes aus der väterlichen Gewalt’. Darin liegt ein ,ex manu capere’, ein ,aus der Hand nehmen’. In wessen Hand aber ist die Menschheit heute? Nicht mehr in der Hand des Vaters – denn der väterliche Urgrund hat die Menschheit seit langem entlassen. Sie fiel dann in die Hand der Gegenmacht – und die ganze Menschwerdung der Zukunft ist eine Emanzipation aus dieser. Das Mädchen aber lehrt sie gerade, weil es selbst nie in die Hand der anderen Macht fiel. Sein Herz verfiel dieser Gegenmacht nie – und so kann gerade das Mädchen die gefallenen Herzen erinnern.
Die Macht, mit der der Widersacher arbeitet, ist unsichtbar. Es ist der Intellekt, der die Kälte, den Spott, die Eigensucht, das Kalkül und den ,Realismus’ bringt. Der Widersacher überwältigt ausgehend vom Kopf das Herz – oder, man kann auch sagen, bannt erst die reinen Herzenskräfte in eine dunkle Gefangenschaft und überwältigt dann mit dem kalt und selbstbezogen gewordenen Rest die einst reinen Gedanken. Wie man es auch ansieht: Erkaltende und kalte Kräfte siegen über die wahren, heiligen Kräfte des Herzens (und des reinen Hauptes). Aber das Mädchen lehrt die Seele ein neues Geheimnis: Das Herz kann sich auf der Macht der Widersacher befreien. Und ... es kann selbst Gedanken haben...
Siehe – das ist das Mädchen. Die Retterin der menschlichen Seele, denn sie als Einzige hält heilig und sanft Schritt mit dem Fische-Liebe-Wesen...

Vom heiligen Wesen der Wahrheitsliebe

Das von mir in meinem gestrigen Aufsatz noch einmal wiedergegebene Gedicht über die Heilige Nacht und das Mädchen kann die Seele ganz und gar erleben lassen, was das heilige Geheimnis ist – jenes Geheimnis, das sie verloren hat, während das Mädchen es besitzt.

Zugleich kann derselbe Aufsatz auch ein Empfinden dafür wecken, dass die Dimension die denkbar größte ist. Denn natürlich kann man alles, was mit dem Mädchen zu tun hat, bequem belächeln oder bespotten – aber damit häuft man immer nur Spott auch auf sein eigenes Seelenwesen. Spott und Vernichtung.

Das Mädchen hat mit den schöpferischen Liebe-Mächten eine heilige, unverbrüchliche Verbindung – während die moderne Seele um letzte rudimentäre Reste dieser Verbindung ringt oder diese sogar verächtlich mit Füßen tritt.

Es mag deutlich sein, dass die ganze Frage bereits da beginnt, wo es um ein reines Denken geht. Nicht einmal um das Erleben dieses reinen, heiligen Elementes in wirklicher übersinnlicher Erfahrung, sondern nur um ein Sich-Bemühen um die dennoch empfundene Reinheit des Denkens als solche. Denn ob man es erlebt oder nicht, dieses reine Denken, dieses rein-sein-sollende Denken ist das Element des Logos.

Es gibt dieses heilige Element der Wahrheit und diese heilige Wahrheitsliebe der Seele, die so stark ist, dass selbst der Lügner die Lüge als Wahrheit verkaufen möchte. Die ganze menschliche Seele ist auf die Wahrheit gerichtet. Aber dieses heilige Element wahrhaft zu lieben, bedeutet, jeden seiner Gedanken, jeden Schritt des eigenen Denkens, jede Suche nach Erkenntnis und auch jedes Sprechen ... in den heiligen Dienst dieses Wahrheitswesens zu stellen. Die Liebe zur Wahrheit – zu ihrem reinen Element, zu dem buchstäblichen „nichts als die Wahrheit“ – bedeutet, jede Beleidigung und jeden Spott wie ein Schnitt in das eigene Fleisch zu empfinden, weil man sein eigenes Wesen hässlicher macht, als es sein sollte, wenn es sich wirklich der Wahrheit hingeben würde.

Diese Wahrheitsliebe, die eine wirkliche Realität und Essenz gewinnt, auch übersinnlich, bedeutet, das Denken wie ein heiliges Gehen in einem geweihten Reich zu empfinden. Gleichsam mit dem Gedanken: „Ich darf mich in diesem Reich bewegen. Ich möchte versuchen, mich diesem Heiligen würdig zu erweisen...“ Reale Wahrheitsliebe offenbart nichts anderes, als was Liebe immer ist: sie ist immer auch Demut und Hingabe. Solange es gegenüber diesem heiligen Wesen und Element der Wahrheit und des Göttergeschenks des Denkens keine Demut und Hingabe gibt, kann auch nicht von Liebe gesprochen werden.

Andernfalls ist „Wahrheitsliebe“ bestenfalls der abstrakte Versuch der Faktentreue – und die Seele empfindet nicht, dass zum Beispiel jede Beleidigung und jede kleine Spitze selbst wieder eine Vergewaltigung der Wahrheit ist. Ein Übertritt in das heilige Reich eines anderen Menschenwesens, das man mit jeder Bemerkung entstellt, weil man ihm seine Deutungen aufprägt – so, wie man früher nicht nur Tiere, sondern auch Menschen wirklich auch physisch gebrandmarkt hat. Die verbalen Entstellungen sind aber nicht nur physisch, sie gehen viel weiter. Sie greifen nicht nur in das Heiligtum eines anderen Menschen ein, sondern sie tun der Wahrheit und dem Gesamtzusammenhang der geistigen Welt selbst Gewalt an. Nicht nur Lügen, sondern auch Beleidigungen sind in der übersinnlichen Welt etwas Vernichtendes, etwas Vergewaltigendes. Das empfindet man aber erst dann, wenn man ein gleichsam persönliches, jedenfalls wahrhaft reales Verhältnis zur Wahrheit hat. Wenn man erlebt, dass selbst das kleinste Wort reale und deshalb große Konsequenzen in dieser Sphäre hat.

Schon die wirkliche, reale Wahrheitsliebe ist ohne das Geheimnis der Hingabe gar nicht denkbar. Die Wahrheit in ihrer Reinheit, die reine Wahrheit, muss mir eben unendlich viel mehr bedeuten als jegliche Selbstbefriedigung – nämlich jene Befriedigung, die die Seele aus ihren angeblich so normalen und lässlichen Beleidigungen und Spötteleien zieht, die aber wirklich nur ihrer eigenen Lust und Befriedigung dienen, mit der geistigen Wahrheitswelt aber nichts zu tun haben, diese vielmehr gerade vergiften.

Man kann den Unterschied erleben, wenn man sich einmal auf Rudolf Steiners Beschreibungen einlässt. Auch er hat die katholische Kirche, die Anthroposophie-Gegner und so manchen Zeitgenossen scharf kritisiert – aber zum Beispiel auch die, die aus Weihnachten ein süßliches, bloß persönlich-seelisches Fest machen wollen [o]. Hier aber sagt er sogar: „Ich führe nur diejenigen an, die ich schätze“. Jedenfalls, was er tut, ist: Er kämpft immer mit offenem Visier und voller Wahrhaftigkeit. Er lässt den Anderen sprechen und weist dann nach, was davon zu halten ist und warum. Das war die edle, von Wahrheitsliebe getragene „Tradition“ seit den Scholastikern und sogar seit Sokrates. Erst so treu wie möglich die Worte des „Gegners“ wiedergeben – und dann darauf erwidern. Und dies ohne alle Beleidigungen, sondern rein aus der Sache heraus. Durch das reine Element des Denkens zur Erkenntnis führen. Das ist Liebe zur Wahrheit und ihrem Reich. Der Sokratiker hat es gar nicht nötig, zu Spott und Beleidigungen zu greifen – und er würde es als Schändung seines eigenen Wesens, der eigenen Wahrheitsliebe und dieses Wesens der Wahrheit selbst empfinden. Das ist das Wesentliche.

Weihnachten und das Mädchen

Aber in dieser Sphäre der Wahrheit leben eben auch die moralischen Intuitionen – und lebt auch das damit zusammenhängende Menschenbild. Es sind in ihrem tieferen Wesen eben nicht zwei verschiedene Sachen, die Wahrheit zu lieben und ein tiefes Erleben der Menschenwürde, der Würde jedes einzelnen Menschen zu haben. Sondern diese Liebe und dieses Empfinden durchdringt sich auf eine letztlich untrennbare Weise.

Die wirkliche Liebe wie auch die wirkliche Wahrheit wird nicht gedacht – sie wird empfunden. Und erst hier – in dem heiligen Bereich des Herzens – wird sie eine Wirklichkeit. Die bloß gedachte Liebe ist Theorie. Die bloß gedachte Wahrheit kann jederzeit auch Unwahrheit sein, oder aber abstrakter Dogmatismus. Erst im Reich des Herzens, wo die Seele auch fühlt, kann sich die Wahrheit zu einer Realität erheben – ebenso wie die Liebe.

Gemeint ist hier nicht der subjektive Anteil des Fühlens, gemeint ist hier der realitäts-stiftende Anteil. So, wie jeder die Farben wahrnimmt, aber erst Goethe zu ihrem sinnlich-sittlichen Wesen vordringt, im realen Erleben, indem das Fühlen sich zu einer reinen Wahrnehmungskraft erhebt, das sich mit dem Wesen der Dinge vereinigen kann, ebenso ist es mit der Wahrheit überhaupt. Es geht um ein Eintauchen in wirkliche Realitäten – und dieses Eintauchen ist nur möglich, wenn die Seelenkräfte selbst Realitäten werden – und es ist nur rein, wenn die Seelenkräfte selbst rein werden. Dann aber vereinen sich innere und äußere Realitäten in jener heiligen Verbindung, zu der sie bestimmt sind.

Das Mädchen hat dieses Heilige in seinem Wesen, denn sein Wesen ist gerade die Hingabe. Die Seele des Mädchens gibt sich der übrigen Welt reiner hin als jede andere Seele. Das gerade ist sein Geheimnis. Man kann es verspotten oder man kann erkennen, dass es so ist. Man kann es abtun und nicht für nötig oder wichtig befinden – aber dann ist man nicht mit dem Reich der Wahrheit vereint. Es ist notwendig, und es ist wichtig – und es wird trotzdem nicht getan, nur von dem Mädchen.

Das Mädchen ist das einzige Wesen, das sich wirklich und umfassend von den Gegenmächten emanzipiert. Und damit weist es einen heiligen Weg. Es ist der Weg der Wiederverbindung mit dem Logos und dem übersinnlichen Leuchten der Welt. Es ist der Weg der Wahrheit und der Liebe gleichermaßen.

Die Welt hat das Logos- und das Weihnachtsmysterium völlig aus den Augen verloren. Das Mädchen ist auch mit ihm gerade innig verbunden. Die Welt sieht in der „Emanzipation“ einen Kampfbegriff – das Mädchen lebt die Emanzipation auf ihrer wahren Ebene. In der Welt befreien sich die Frauen von der Unterdrückung der Männer – das Mädchen fühlt, dass es um die reine Seele geht, um ihre Befreiung von jeglicher Unterdrückung.

Die Frauen passen sich an die Männerwelt an, um nicht mehr Frauen sein zu müssen. Das Mädchen passt sich niemandem an – und zugleich passt es sich als einziges allem an. Denn Hingabe ist „Anpassung“ – Anpassung an das, dem man sich hingibt, weil man es liebt und in der Liebe in seinem Wesen erkennt. In der Emanzipation der Frauen bleiben die Männer siegreich – nur dass die Frauen nun „dazugehören“. Das Mädchen siegt nirgendwo, es lässt siegen, und so gibt es in seiner Seele allem Wohnung, dem es sich zuwendet. Es ist das Wunder des Kindes und der Geburt. Denn auch das Kind wurde in der Heiligen Nacht nicht geboren, um zu siegen, sondern damit die Seele die Hingabe lernt, die das Geheimnis der Liebe ist...

Weihnachten ist das Wunder des Kindes. Das Mädchen aber dient ihm am treuesten. Die ganze übrige Welt hat sich noch nicht von dem emanzipiert, dessen Herrschaft mit der Geburt des Kindes aufzuhören beginnen sollte. Weihnachten wird heute so wenig empfunden wie die anderen christlichen Geheimnisse. Es dient nur noch als Feigenblatt für ein „Weiter so“. Dass es aber ein radikaler Neubeginn sein sollte, das wissen nur demütige Herzen und weise und demütige Häupter. Das Mädchen weiß, was Weihnachten ist, denn es trägt Weihnachten in seinem Herzen.

Weihnachten ist das Mysterium der Emanzipation...