10.01.2018

Nachruf

An einen scheidenden „Egoisten“-Blogger.

 

Mischa – 10.01.2018 17:06
Auch ich möchte mich entschuldigen. Bei Ex Rainer Herzog, bei Herrn Niederhausen, bei Ingrid Haselberger und allen Mitlesenden für meine unprofessionellen Reaktionen am Ende meiner leider überlang geratenen Kommentare. Mein Zorn ist verflogen und ich bedauere all das sehr, was geschehen ist. Es war dieses Blogg halt leider mein letzter Bezug zu anthroposophischen Zusammenhängen, und ich verstand nicht die Codes zu beherrschen und zu achten, mittels derer man hier streitet.
Wahrscheinlich aus meiner teils autistischen Einzelgängerbiographie heraus. Auch entschuldige ich mich beim Blogmaster, bei denen, die mir bis Ultimo die Stange hielten, Stefan Birkholz, Valentin und Bobby. Meine Natur ist zu leidenschsftlich für Politik und öffentliche Dispute, und ein Populist möchte ich nicht werden. Ich werde euch nicht erhalten bleiben, und meine Kommentieren hier einstellen. Denn, wie vielleicht ersichtlich wurde, ich habe versucht, auch die guten Seiten RHs zu sehen, HNs zu sehen, und empfinde es auch unehrlich, abzustreiten, daß ich mich geärgert habe, mir vieles persönlich aufwühlend nahegegangen ist, aber meine Natur ist eben für den öffentlichen Diskurs meistens nicht geeignet, und es ist auch ein großer, großer Fehler, das sehe ich ein, Kontakte auf gutes Vertrauen hin im Netz zu knüpfen, oder über sich selbst, wenn auch nur grob, autobiographisch zu berichten, wenn man keine ordentliche und vertrauensgarantierende Biographie nachweisen kann.
Ich ziehe die Konsequenzen, und sag es jetzt noch einmal - explizit - Ich nehme für immer den Hut und verlasse als öffentlicher Aktivist das Internet. Und tauche hier und da seltenst mal unter Decknamen auf, doch nicht mehr hier im Blogg. Ich danke für die Geduld mit mir, und bitte um Vergebung nach Abstrich einer Frist, wenn sich die Wogen, die ich erzürnte, wieder geglättet haben sollten.
mischa


Lieber Mischa,

danke für Deine Worte. Ja, das habe ich gemerkt, dass Du auch die guten Seiten gesehen hast.

Aus dem Munde eines „Egoisten“ könnte beim Lesen dieses Satzes sofort die Furcht aufkommen, dass er wieder nur von Ironie trieft – aber hier tut er das nicht. Er ist durch und durch ehrlich gemeint.

Und um so mehr frage ich mich, wie dies möglich ist, diese Verbindung: das offenbar auch Empfindsame und das derart Streitende, Unversöhnliche, Autistische.

Wie kann man das Leben als Kampf sehen? Vielleicht hast Du es so erlebt – aber warum schlägst Du so sehr um Dich?

Wenn Du von gutem Vertrauen sprichst – warum schenkst Du es so wenig?

Warum muss überhaupt der „öffentliche Diskurs“ so von Angriffen, Schmähungen, Herabsetzungen, Beurteilungen und anderem mehr (hier meine ich nicht nur Dich) durchsetzt und vergiftet sein? Trägt jeder ein empfindsames Herz mit sich herum, das er aber nach außen überhaupt nie sichtbar werden lässt?

Was sind das für Konventionen? Es sind diese furchtbaren Züge der Menschenherzen, gegen die ich anschreibe – unter anderem. Du bist ja nicht der Einzige, der sein Herz auf Befehl versteinern kann. Da sind noch viele andere.

Und egal, wie viele scheinheilige, falsche, grauenhafte usw. sogenannte „Anthroposophen“ es in deiner Erfahrung gibt – sie vergiften den Namen der Anthroposophie, denn diese bleibt für immer verbunden mit wahrem, heiligstem Menschentum. Spott hat hier keinen Platz – dies ist die Wahrheit.

Aber dieses Menschentum ist gar nicht erreichbar ohne ... eine tiefe Läuterung. Schon wieder dieser Begriff, der so gehasst wird. Aber es ist kein Kampfbegriff, den man gegen andere in Anschlag bringen kann, um sich reinzuwaschen. Es geht auch hier um die reine Wirklichkeit. Anthroposophie kann überhaupt erst im Ansatz begriffen werden, wenn man das wahre Menschenwesen in einer heiligen Größe empfinden und ahnen kann – und danach eine Sehnsucht geboren wird.

Wenn Deine „Natur“ für den „öffentlichen Diskurs“ nicht geeignet ist, dann verwandle sie. Aber vielleicht ist auch, das denke ich oft, der „öffentliche Diskurs“ für die Natur nicht geeignet – die wahre Natur des Menschen. Die nicht in Kampf lebt, sondern in Verständigung und ... Harmonie. Der „Diskurs“ ist das Reich des Intellekts. Und wenn nicht das Herz hineingetragen wird, dann bleibt er das Reich ... Ahrimans. Und mit Herz meine ich nicht unverwandelte Leidenschaft, denn dann kommt nur Luzifer hinzu, sondern mit Herz meine ich – das Mysterium des guten Willens, auch dies nicht intellektuell-oberflächlich verstanden, so dass man nur „diskursfähig“ würde, sondern in seiner ganzen Tiefe.

Die Welt besteht nicht nur aus Wogen der Astralität. Das Herz, das den guten Willen kennt, lebendig kennt, dessen Wogen sind geglättet. Darum zürnt es nicht und hasst nicht, es ärgert sich nicht und sieht keinen Feind. Darum braucht es auch keine Frist, um verzeihen zu können, wenn der Andere die Entschuldigung für seine eigenen wütenden Anwürfe ernst meint.

Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg – Liebe zum Leben, das nicht Kampf ist, Liebe zur Sanftheit nicht nur in Zeiten der Regeneration und Verarbeitung, sondern in noch viel größerer Tiefe...

Eine wunderbare Antwort...

Zwei Tage später schrieb Mischa dann auf dem Blog folgende Worte:

[...] So. Dann bedanke ich mich herzlich bei Holger Niederhausen, dessen Feinfühligkeit und Empfindlichkeit ich teile, auch wenn ich meine Herz nun zwar nicht zu Stein gemacht habe, das sage ich nur so, aber manchmal mit einer sehr harten Rüstung zu ummanteln pflege. Wir sind sicher in vielen Dingen unvereinbar anders, unsere Wege im Schicksal, unsere Freiheitsbestrebungen verlaufen anders. Auch deshalb schon, weil ich aber immer spürte, wie sich Holger Niederhausen nach etwas sehnt, was es gibt, die wahren "zarten Bande", die die erste Liebe im Leben zuwegebringen, aber uns auch mit dem Totenreich verbinden, und sehr oft im Leben in den Hintergrund treten, auch ganz verloren gehn. All der politische, philosophische Zwist und Kram zwischen mir und Holger Niederhausen mag jetzt ruhen, damit diese Geste seines Nachrufes mir unbeschadet erhalten bleibt, damit dieser Segen wie eine Welle weiterwirke. Und auch von meinen ..pst .. höheren Anteilen ... die irgendwo und irgendwie im Geistigen .. zu ihm zurückwirken mögen. Das ist manchmal besser.

Das mit dem Austeilen und Einstecken, das beherrsche - ich - manchmal schon ganz gut, angesichts mancher Dinge, die ich erlebt habe. Aber ich beherrsche es nicht immer, und überschätze mich da, und werde dann zu lange zornig. Und das ist die alte Welt. Die Welt des Krieges. Aber die neue Welt, die immer neu den Frieden schaffen muß, verliere ich dann aus dem Blick. Darum meditieren oder beten wir regelmäßig, um das nicht zu vergessen, machen den Knoten in das Taschentuch, was auch immer. Ich will jetzt zu meinem Verhältnis zu Satire und Humor nicht mehr öffentlich philosophieren.

Mir geht es schlecht dabei, wenn ich Michael Eggert, den ich sehr schätze, mit meinen leider zu langwerdenden Kommentaren oder dann, wenn ich beim Reagieren auf allzu offensives "Austeilen" anderer "einen Stich" kriege das schöne Blogg hier mehr und mehr zu meinem privaten Schlachtfeld werden sehe. Etwas, was ich Michael eigentlich gar nicht antun will. Das wird mir dann mehr als peinlich.

[...] Ich denke, Stephan hat nicht - nur - böse kommentiert. Aber es hat sich eine latente Abwehrhaltung unter einem "Flügel" des Bloggs eingeschlichen in letzter Zeit, da habe ich mit zu beigetragen. Ein lauerndes Zähneknirschen des Reitieres, ob wieder eine Gehässigkeit von Skorpionen im Unterholz kommt. Und da trampelten die Tiere vorsorglich. So ähnlich. Das muß aufhören, um zu sehen, was anders wird, wenn es aufhört. Darum werde ich es lassen. Und zwar lang. Wahrscheinlich doch für immer.

Damit sich hier ein neuer Ton entwickeln kann. Nicht ein weichgespülter, oder kuscheliger. Sondern ein anderer. Da möchte ich Platz machen. Meine Entschuldigung soll nicht nachher nur eine weitere Raffinesse, eine Taktik gewesen sein. Nein. Es ist ein auch spirituell intendierter Blogg. Schön, daß spirituelle Menschen sich im Streiten üben. Aber wir dürfen nicht darüber anfangen, uns zu hassen. Das wäre bloß wieder "banal weltlich"! Das genau aber wollten wir nie. Oft ist man auf dem Weg plötzlich ausgerechnet wo, wo man nie hinwollte. Dann muß man wieder was Neues versuchen. Das aber haben alle von uns schon oft gemacht: Neu angefangen. Lebet wohl. :-)

 
Lieber Mischa,

diese Worte sind nun etwas unendlich Besonderes! Für mich kommen sie einem Wunder gleich. Im allerbesten Sinne. Denn ist nicht jedes Hereindringen des Allerbesten bis ins Irdische ein Wunder?

Ich danke Dir von Herzen für diese Worte, diese Geste, diese wirklich große ... Tat! Was da in Deinem Herzen geschieht, wenn solche Worte möglich werden, das ist im Erleben dessen nicht mit Worten zu beschreiben. Man kann es nur mit von aufrichtiger Ehrfurcht erfülltem Staunen erleben, hinnehmen, empfangen, innerlich schweigend, wirklich erfüllt von etwas Unsagbarem...

Segen auf Deinem Weg, Mischa! Mögest Du dieses heilige Zarte nie wieder aus der Hand gleiten lassen. Die Welt ist kein böser Ort. Und wo sie es ist, muss man den Frieden bringen. Ich denke, Du bist tief in Deinem Herzen ein Friedensbringer. Vielleicht weißt Du es nur noch nicht. Aber vielleicht gibt es einen Engel, der es weiß.