16.02.2018

Hingabe

Holger Niederhausen: Hingabe. Roman. Books on Demand, 2018. Paperback, 340 Seiten, 12,90 Euro. | Bestellen bei BoD oder Amazon.


Soeben erschienen:

Die vierzehnjährige Rahel ist ein tief frommes Mädchen. Der Tag ihrer Konfirmation lässt dann aber unerwartet Fragen in ihr aufbrechen. Als sie sich nach einem Schicksalsschlag, der sie mit heftigen Schuldgefühlen belastet, fast selbst das Leben nimmt, rettet sie nur eine junge Frau, die aber selbst nicht die geringste Wärme zu besitzen scheint. Unauflöslich ist daraufhin ihre Sehnsucht, gerade zu Kira eine Brücke zu finden...

Leseprobe

„Hallo, Kira...“

Kira sagte nichts – drehte sich auch nicht zu ihr. Nach einer Weile sagte sie nur kühl:

„Wo warst du denn gestern?“

Sie war völlig verwirrt und hilflos.

„Gestern?“, fragte sie, noch immer schaudernd unter dem abweisenden Empfang.

Sie hatte sofort erklären wollen, wo sie gestern gewesen war und was geschehen war, aber Kira war schneller gewesen.

„Ja, gestern“, wiederholte sie betont. „Oder ist dir etwa entfallen, dass gestern auch ein Tag war – und dass du gestern nicht hier warst? War gestern ein Tag, der“, ihre Stimme änderte sich ins Luftig-Beliebige, „in deiner Zeitrechnung einfach nicht existiert? ,Gestern? Ja, was war gestern eigentlich. Hmm, ich weiß nicht... Gestern war ich eben nicht hier.’ Richtig – gestern warst du nicht hier! Ist dir das aufgefallen? Ja? Oder nicht? Mir ist es aufgefallen. Warum kommst du dann heute wieder? Dann hätt’st du auch gleich ganz wegbleiben können. Was soll dieses Hin und Her?“

Ihr unschuldiges Herz empfing die Schläge ohne jeden Schutz – ihr einziger Schutz war, dass sie nicht einmal verstand, wie ein anderes Herz so hart, so ungerecht und so kalt sein konnte...

„Aber Kira“, sagte sie erschüttert, bittend, „ich ... ich wollte gestern kommen... Ich wäre gekommen, wenn, wenn nicht...“

„Ja, wenn nicht etwas dazwischengekommen wäre, nicht wahr? Ich weiß. Es ist eben etwas dazwischengekommen. Ja, so was! So ein Pech auch! Wutsch – schon war es da. Dieses kleine ,Dazwischen’ – aber dadurch konntest du leider nicht kommen, nicht wahr? Ach, dieses böse, böse kleine ,Dazwischen’... Hat es dich doch tatsächlich gehindert! Aber dann lass es doch einfach! Du kannst meinetwegen Tausendmillionen ,Dazwischen’ haben. Aber komm nicht mehr her! Verstehst du?“, sie sah sie nun direkt an. „Du brauchst nicht mehr rumkletten! Hast du gehört? Hör auf, rumzukletten! Ich mag keine Kletten! Und ich mag dich nicht! Du hast deine Chance gehabt. Ab jetzt kommt mir auch immer etwas Wichtigeres dazwischen. Und das ist, dass ich dich nicht mehr sehen will!“

[Mehr lesen]