25.04.2018

Das Pflichtkreuz und das Mädchen

Gedanken und Empfindungen des Mädchens zum Pflichtkreuz in Bayern.


Eine Landesregierung beschließt, dass Kreuze in allen Eingangsbereichen von Behörden zu hängen haben. Und ihr Ministerpräsident sagt, das Kreuz solle kein religiöses Symbol, sondern das „grundlegende Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung“ sein.

Man kann gar nicht sagen, wie geheuchelt das alles ist! Dennoch will ich versuchen, es auszudrücken. Aber man sollte gleich am Anfang wissen, dass Heuchelei dasjenige war, was Christus selbst immer wieder am stärksten geißelte. Und warum denn wohl? Weil die Heuchler ihre Seele am allerschlimmsten missbrauchen. Sie trennen sich selbst ab von der Wahrheit – und zwar mit Absicht!

Es ist ein Mord an der eigenen Seele, an ihrem unschuldigen, heiligen Teil. Zugleich ist es ein Mord an der Wahrheit, denn sie wird ja gerade verleugnet. Und es sind Mordversuche an den Seelen anderer, denn das Gift der Heuchelei wird ohne jede Scham nach außen verspritzt und verbreitet. Dreifacher Mord! Während die Seele dem dreieinigen Gott treu sein sollte – und sie lebt nur aus seinem Willen und ist selbst auch dreieinig.

Die Seele kann denken, sie kann fühlen und sie kann wollen. Aber die heuchelnde Seele ermordet im Denken die Wahrheit, im Fühlen ihren eigenen heiligen Teil, und im Wollen vergeht sie sich an den anderen Seelen, weil sie diese mit Heuchelei und Lüge überzieht.

Das Kreuz! Heuchelei ist es schon, zu glauben, man könne es einfach so anschauen. Die Seele ermordet sich selbst und macht sich selbst stumpfsinnig und empfindungslos, wenn sie beim Anblick des Kreuzes nichts mehr empfindet, ja, einfach nur darüber redet, als wäre es nichts! Das ist schlimmer als Petrus in der furchtbaren Nacht – und Petrus weinte danach bitterlich! Die moderne Seele aber gefällt sich geradezu darin, Christus zu verleugnen.

Das Kreuz wäre also nur ein Symbol – und zwar kein religiöses? Kann man die Verleugnung denn noch weiter treiben? Hier spürt man doch längst ganz direkt, wie in solchen Worten der Antichrist wirkt. Er, der um jeden Preis verhindern will, dass sich die Seele zu Christus bekennt! Man sieht doch, wie er in grinsender Befriedigung feststellt, dass die Seele Christus verleugnet. Das Kreuz sei kein religiöses Symbol! Damit hat der Antichrist die Seele gefangen. Freudig entsagt sie Christus, entsagt der wahren Bedeutung jenes Kreuzes, an dem der Erlöser auch für sie gelitten hat – und heuchelt und lügt und stirbt den seelischen Tod in den vergifteten Armen des Antichristen.

Und dann türmt die heuchelnde Seele Unwort auf Unwort. Worte, die alle eine Bedeutung haben könnten, wenn sie nicht geheuchelt wären, aber sie sind geheuchelt, und so legen sie Wort für Wort nur giftiges Zeugnis für den Seelenmord ab. Sie sind gesprochen von einer heuchelnden Seele, und in dieser Seele spricht der Heuchler selbst, die Gegenmacht. Die modernen Seelen sind Besessene! Sie sind längst nicht mehr sie selbst, in ihrer Unschuld, in ihrer Treue zu den guten Mächten, in einem aufrichtigen Bekenntnis zu Christus – sondern sie sind Heuchler, sie schänden, verspotten und kreuzigen Christus von neuem!

Das Kreuz sei kein religiöses Symbol, nicht das Symbol des harten Holzes, an das der Erlöser geschlagen wurde, um ihn zu töten, verurteilt von den Heuchlern, die Führer des eigenen Volkes waren und nicht sahen, dass da der am Kreuz starb, auf den dieses Volk und mit ihm unwissend die ganze Welt seit Ewigkeit gewartet hatte. Heuchelei und Besessenheit vom Antichristen schon damals – und wieder heute!

Kein religiöses Symbol! Sondern nur das „grundlegende Symbol“ von irgendetwas, nämlich der „kulturellen Identität“, ja, was soll denn das sein? Und dann: „christlich-abendländischer Prägung“. Völlig verwässert, unkenntlich gemacht, verleugnet, um darüber verfügen zu können! Das Christentum als Markenzeichen, als Abzeichen, als kleiner Anstecker für die eigene Identität, als bloßer Button auf dem ansonsten gesichtslosen Anzug! O, ihr Heuchler! Wie viel ehrlicher sind diejenigen, die Christus ehrlich leugnen, weil sie ihn hassen und nicht verstehen, als ihr, die ihn und das heiligste Symbol auf einen Button reduziert!

Das Christentum darf also bloß noch als „kulturelle Prägung“ zur Wirklichkeit durchdringen, als eine Art Erbe, als eine Tradition, als etwas, worauf man stolz ist und womit man sich identifiziert, ohne dass es noch irgendetwas Reales und Konkretes für einen zu bedeuten hat! So, wie wenn eine Nation darauf stolz ist, aus tüchtigen und mutigen Seefahrern bestanden zu haben, die die eigenen Vorfahren waren, während man längst nur noch mit Bierbäuchen in den Sofas liegt und auf eine Flimmerkiste starrt! Kann man die tiefe Heuchelei dieser angeblichen „kulturellen Prägung“ nicht mit jeder Faser seines Herzens empfinden?

Heuchelei und Absage gegenüber Christus ist es, wenn man das Kreuz nicht mehr als etwas Religiöses bezeichnet, sondern nur noch als etwas „Kulturelles“ – ein bloßes „Symbol“ irgendeiner „Identität“, die wiederum bloß die irgendeiner „Prägung“ wäre. Verleugnet und verloren bis zum Geht-nicht-mehr! Die Bierbäuche, die sich irgendetwas ins Wohnzimmer hängen, um irgendein Symbol vor sich zu haben, das irgendeine „Identität“ irgendeiner „Prägung“ bedeuten soll. Während sie längst mit aller Macht den Weg des Gegenteils eingeschlagen haben! Sich aber noch immer irgendetwas vorheucheln!

Und dann wird dieses Symbol, das längst das Gegenteil bedeutet, nämlich nichts mehr, ein gehaltloses Etwas, an das die satte Indifferenz ihre müden Assoziationen knüpft, zu einem Pflichtsymbol gemacht – in den Behörden, die längst ihrerseits Tempel der Indifferenz, der gesichts- und empfindungslosen Verwaltung von Menschen und Menschenschicksalen, der Macht und Verfügungsgewalt geworden sind. Da sollen jetzt die aller wahren Bedeutung entleerten Symbole aufgehängt werden. Und damit beginnt der letzte traurige Akt dieses Schauspiels, in dem von Anfang an die Gegenmacht, der Antichrist, Regie führt.

Das heiligste Symbol der Menschheit, das im Herzen die frommsten und heiligsten Empfindungen entzünden sollte, wird zu einem Zwangsmittel, einem Kampfsymbol – und wird pflichtmäßig und vorgeschrieben aufgehängt an jenen Orten, die vom Christlichen weiter entfernt sind als alle anderen.

Und man verfügt dies, redet darüber, gibt es bekannt, wie wenn das alles nichts wäre – nichts Religiöses, nichts, was mit Christus zu tun hat, nichts Heiliges, sondern ... etwas anderes. Die Heuchelei und Lüge und der Seelenmord erreichen hier ihre höchste Stufe – eine, die man überhaupt nicht mehr beschreiben kann, weil sie so perfide, so grauenhaft hinterhältig ist. Und doch ist es die offene, öffentliche Kreuzigung des Erlösers, jetzt, hier, heute, vor aller Augen. Das Kreuz wird überall aufgehängt, um ... nicht dasjenige zu bedeuten, was es bedeutet, sondern um diese Bedeutung zu leugnen, zu vernichten, völlig sinnlos zu machen.

Christus wird gekreuzigt, die Wahrheit wird gekreuzigt und die Seelen werden ermordet, weil sie mit Lüge getränkt werden – Lüge und Empfindungslosigkeit. So lange, bis nichts mehr übrig bleibt. Und schon jetzt ist nichts mehr übrig. Dieses Nichts wird jetzt in die Häuser der Nichtachtung des wahren Menschenwesens gehängt, und mit nichtigen Worten wird dieses Nichts verkündet – als Kampfmittel.

Das Christentum war noch nie Christentum. Die säkularen Landesregierungen sind nichts anderes als die satten Cäsaren, die schon damals das Christentum entweder bekämpft oder vereinnahmt haben. Wann aber hat man jemals das Leben eines Landes, einer Verwaltung, einer Gesellschaft christlich werden sehen? Doch nur dort, wo irgendwo tiefe, menschliche, gegenseitige, reale Liebe in alles einzog, heiliges Empfinden gegenüber dem Mitmenschen als Mitbruder und gegenüber allem, was ist, der ganzen Natur. Nur da, wo die Seele selbst einen heiligen Ostermorgen erlebt, in dem sie einem Wesen begegnet, was ganz und gar alles in ihr verwandelt, es heilend, das Harte sanft machend, das Tote lebendig, das Selbstbezogene liebend, das Dumpfe empfindsam, das Stolze demütig, fähig zu einer zart-heiligen Ehrfurcht, und wie soll man es alles beschreiben ... nur da könnte man überhaupt von Christentum reden. Nur da!

Und alles andere ist Lüge. Alles andere ist schlimmer als Petrus – wirklich schlimmer, viel schlimmer...

Das Christentum ist längst tot, niemand versteht Christus, niemand erkennt ihn, niemand erlebt ihn und seine große, große Frage an die Seelen der Menschen. Stattdessen kreuzigt man ihn weiter, man wühlt in dem Leichnam des Christentums, schändet das Grab des Christentums, hängt leere Symbole auf, deren Inhalt man selbst verleugnet – und begreift keine einzige seiner schlimmen, üblen Taten. Und grinsend steht da die Gegenmacht unsichtbar über allem und feiert ihren immer vollständigeren Sieg. Der Antichrist. Und er spricht: Siehst du? Du meintest, die Seelen würden dir folgen, weil du die Liebe bist! Aber die Seelen folgen mir, weil sie den Tod mehr lieben als dich – und weil ich ihnen das Gefühl gebe, sie würden dennoch leben.

Nicht lieben wollen sie, sie wollen ihre Seele abtöten – und ich helfe ihnen dabei. Nicht lieben wollen sie, sondern genießen – und ich helfe ihnen dabei. Ich tue alles, was die Seelen wollen, und ich selbst habe es ihnen eingegeben, dass sie es wollen. Siehst du jetzt, dass du mich niemals besiegen kannst? Du mit deiner Liebe! Du mit deiner Freiheit! Die Seelen wollen keine Freiheit! Sie wollen das, was ich ihnen sage. Und nun hängen sie deine Kreuze auf und bilden sich weiterhin ein, das wäre irgendetwas von dir, aber es ist längst mein Zeichen geworden. Das Zeichen des Todes. Wie schön, dass es jetzt ein Pflichtsymbol wird. Nicht mehr ist es Zeichen des Bekenntnisses zu dir, es ist das Zeichen deiner Verleugnung. Du hast die Seelen verloren, und sie haben dich verloren. Ich bin der Herr der Erde und der Seelen. Dein ganzer Versuch war aussichtlos. Erkenne es, und mein Triumph ist vollständig.

So spricht der Antichrist. Und willig folgen ihm die Seelen, denen Christus nichts mehr bedeutet – die allenfalls noch nostalgisch einem „kulturellen Symbol“ hinterherlaufen, aber selbst ein ganz und gar gottloses Leben führen. Man könnte es erkennen, wenn man einen einzigen Moment lang mit der Heuchelei aufhört – aber selbst diesen einen Moment wird es nicht geben.

O, Christus! Wie schlimm muss es noch kommen? Du hoffst, dass die Seelen dich in deiner ganzen Wehrlosigkeit erkennen, in deinem sanften, bloßen Hoffen auf die Seelen, in deinem heiligen Warten, Erwarten, in deinem gleichsam verzweifelten und zugleich unendlich liebenden Die-Hand-Ausstrecken – aber sie wollen ja keinen Schritt tun, nicht den kleinsten! Sie liegen ja in ihren freiwilligen Ketten, ihren weichen Sofas, die seelische Sofas sind, genannt Bequemlichkeit, Selbstbezüglichkeit, Genussliebe und Verachtung alles Heiligen und Wahren. Sie wollen gar nicht erlöst werden, Christus! Ihr Leben inmitten des Giftmeeres der Gegenmacht ist ihnen die Seligkeit, die sie nie verlassen wollen. Nicht eine Faser ihrer Seele misst dem noch eine Bedeutung zu, dass ihre Vorfahren einstmals für den Glauben an dich, das Bekenntnis zu dir, freiwillig gestorben sind, weil es ihnen mehr wert war als ihr eigenes äußeres Leben. Heute ist das gottlose Leben der Seelen ihr ein und alles. Kriechend folgen sie der Gegenmacht – und merken es nicht, weil die Gegenmacht zugleich den Hochmut, die Einbildung, die Heuchelei und die Lüge, auch die Selbstlüge gibt. O, wie vollständig hast du den Widersacher mit Kräften ausgestattet, die dich besiegen, Herr!

Wie konntest du hoffen, dass die Menschen sich dennoch für dein Wesen entscheiden würden? Wie konntest du dies hoffen? Ich liege klagend am Boden und frage mich dies. Wie war es für dich zu hoffen, dass die Menschen nicht dein Kreuz aufhängen würden, es zu einem bedeutungslosen Nichts machend, von „Identität“ und „Prägung“ redend, sondern dass sie vor diesem Kreuz knien würden, weil sie sich zu dir bekennen und dein Wesen erleben, Tag für Tag, aufrichtig in ihrem Herzen? So, dass es nicht äußerlich aufgehängt werden muss, sondern dass sein Geheimnis immer mehr in das Herz einströmt und dieses Herz verwandelt wird, vollkommen...

Wie konntest du dies hoffen, Herr? Aber ich verstehe das, was geschieht, ja selbst nicht. Ich verstehe es nicht... Ich verstehe nicht, wie die Seelen sich so vollständig der Gegenmacht ausliefern können – und dies nicht einmal merken! Es ist für das Herz, das dich kennt und voller Dankbarkeit mehr liebt als alles andere, nicht fassbar, wie all dies geschehen kann. Grauenvoll ist der Sieg der Gegenmacht. Grauenvoll ist die Selbstsucht der Seelen, ihr Selbstgefallen, ihre Sucht nach Nichtigkeit, ihr innerer Tod, ihre Leere, ihr Heucheln. Grauenvoll...

Ihr, die ihr die Kreuze aufhängt – erkennt, dass ihr selbst die Kreuzigenden seid! Ihr Heuchler, die den Christus im eigenen Herzen morden und zugleich nichtssagende „Symbole“ aufhängen! Erkennt, wem ihr folgt! Erkennt, was ihr tut! Der, den ihr angeblich sucht, ist nicht hier! Und wo er ist, da sucht ihr nicht, und wer er ist, den sucht ihr nicht. Ihr mordet ihn, eure eigene Seele und die der anderen. Blut klebt an euren Fingern, und ihr werdet eure Hände nicht in Unschuld waschen können. Pilatus war ehrlich, und er hat Christus nicht gekreuzigt. Ihr tut es – jeden Tag, jede Minute.