10.09.2019

Helmut Zanders neues Machwerk

10.09.2019

Das ewige Thema: Was ist Anthroposophie?


Inhalt
Aus der Versenkung wieder ins Mysterium
Ungeheure Erkenntnisse
Total totalitär – und unverhandelbar
Allwissende Waldorflehrer und ,Rassismus’-Leier
Gibt es die Evolution?


Aus der Versenkung wieder ins Mysterium

Helmut Zander ist aus der Versenkung wieder aufgetaucht und versucht es mit einem neuen Buch zu seinem alten Thema. Der Titel ist, wie könnte es anders sein, ,Die Anthroposophie’. Da vierzig Euro (!) für ein nicht einmal 300-Seiten-Buch hoffnungslos überteuert sind, begnüge ich mich hier mit einer Besprechung von Monika Dittrich auf der Webseite des ,Deutschlandfunk’.

Sie beginnt mit den üblichen Klischees der ,anthroposophischen Praxisfelder’ – Karotten von Demeter, Salben von Weleda, Waldorfschulen ohne Zensuren, aber mit ,Namen-Tanzen’ (ja, dieses Vorurteil ist offenbar unverwüstlich!), anthroposophischer Medizin und sogar Banken, die nach ,anthroposophischen Kriterien’ (was auch immer das sein soll) wirtschaften. Und dann heißt es:[1]

Hinter all dem steht eine Weltanschauung, erklärt der Religionswissenschaftler Helmut Zander: „Die geht bei Anthroposophen zurück auf Rudolf Steiner, und seine zentrale Idee war, dass das Geistige und das Materielle eigentlich zwei Seiten einer Medaille sind.“

Wow! Welch eine Glanzleistung. Allein schon die Erkenntnis, dass hinter den ,anthroposophischen Praxisfeldern’ eine Weltanschauung stehe, nämlich die Anthroposophie. Und dass es einen Religionswissenschaftler und selbsternannten Experten braucht, um uns weiter zu ,erklären’, dass diese wiederum auf Rudolf Steiner zurückgehe und dass seine ,zentrale Idee’ gewesen sei, Geistiges und Materielles seien ,eigentlich zwei Seiten einer Medaille’ – was auch immer diese glorreiche Formulierung bedeuten soll.

Und unser Experte erklärt uns weiter, was bei Rudolf Steiner eigentlich ,geistig’ genannt wird. Er, der mit Steiner scheinbar ,auf du und du ist’, belehrt den Leser: ,und geistig heißt bei ihm, Einsicht in übersinnliche, höhere, geistige Welten. Das ist das Zentrum der Anthroposophie.’ Der Leser liest und erschauert – steht er doch unvermittelt im Zentrum und Allerheiligsten dessen, was ihm noch für kurzem für immer verschlossen und unverständlich dünkte!

So, wie einen der Kommissar an den Schauplatz eines schrecklichen Verbrechens führt und man sich wundert, wie man eigentlich würdig sein durfte, dieses völlig verbotene Terrain zu betreten, so führt uns auch Zander in die Verbotene Stadt der Anthroposophie, senkt geheimnistuerisch seine Stimme – aber nur ein bisschen – und erklärt dann wissend und durchaus auch (nicht nur ein bisschen) narzisstisch, uns jedoch damit unmittelbar zu Mitwissern machend: ,Das ist das Zentrum...’ Hier sind wir also ganz plötzlich, wie aus heiterem Himmel, in der ,Schaltzentrale’ dieser ominösen Weltanschauung. Und nun? Etwas verunsichert schauen wir uns nach unserem erfahrenen Führer um, der uns eben dieses unfassbare Geheimnis zugeraunt hatte, und da wir ihn, kühn in diesem Zentrum stehend, erblicken, fühlen auch wir uns gleich wieder sicherer...

Ungeheure Erkenntnisse

Und Zander schreitet selbstherrlich mit Napoleon-Gestus weiter, mitten in die Tiefen von Rudolf Steiners Persönlichkeit, ja innerstem Wesen hinein: ,Seine Autorität gründete in dem Anspruch, universales Wissen aus einer übersinnlichen Welt auf die Erde herabzuholen.’

Wir verdrängen für einen Moment, dass Zander diese abgeschmackten Hohlformeln bereits in seinem 2000-Seiten-Werk ,Anthroposophie in Deutschland’ und seiner Steinerbiografie (Untertitel ,Die’ Biografie!) lang und breit ausgewalzt hatte, und erschauern von neuem, diesmal erst recht vor dem unfassbar weiten und tiefen Wissen und der Erkenntnis unseres unfehlbaren Führers. Unglaublich, was Zander über Steiner zu sagen weiß und erfahren konnte, herausgefunden hat in zwanzig- oder mehrjähriger Forschungstätigkeit! Hätten wir allein es je soweit gebracht?

Nun schiebt die Journalistin ein: ,Helmut Zander ist Professor für vergleichende Religionsgeschichte an der Universität Fribourg in der Schweiz.’ Man darf wohl sagen: weil er an einer renommierteren Uni einfach nicht gewollt war. Zander meldet sich sozusagen immer wieder mal aus seiner Nische.

Dann klärt sie uns darüber auf, dass man sein neues Buch einerseits in einem durchlesen könne, ,denn es ist prägnant und kurzweilig geschrieben’ – und dies ist ja in einer Zeit des immer bequemeren und schnelleren Konsums absolut entscheidend, würde doch sonst überhaupt kein Buch mehr gelesen, auch nicht von und über Steiner (und damit Steiner selbst automatisch nicht mehr). Aber man könne es auch wie ein Handbuch lesen, da jedes Kapitel wie eine Art Lexikon-Eintrag sei – von Alnatura bis Weltanschauung. Und die erfahrene Journalistin bestätigt:[1]

In jedem dieser Kapitel wird deutlich, dass es bei Rudolf Steiner und seiner Anthroposophie um höhere Erkenntnis geht, um den Einblick in übersinnliche Welten.

Mein Gott – wenn es so weitergeht, sterben wir heute noch vor einer Überfülle von Erkenntnis! Einen Moment lang können wir uns von dem Bann dieser Sprache befreien und fragen uns irritiert: Um was soll es denn bei der Anthroposophie denn sonst gehen? Etwa um Kaninchenzüchten? Oder um rein materielle Wahrheiten, die man in jedem Lexikon schon des 18. Jahrhunderts besser nachlesen könnte? In Anthroposophie steckt ,Weisheit’ – und das war schon immer höhere Erkenntnis. Aber für manche Leute scheint selbst dies ja erklärungsbedürftig zu sein. Seit einigen Jahren gibt es Texte für Menschen mit ganz einfachem, sehr beschränktem Textverständnis, etwa auf Webseiten von Behörden. Offenbar ist dies nun auch bis zum Deutschlandfunk vorgedrungen und wir sind versehentlich in so einen Text hineingeraten. Aber nichts deutet darauf hin... Die Autorin meint es völlig ernst!

Nun aber geht es in die Vollen. Wir werden quasi vom Kindergarten direkt auf die Hochschule geworfen, denn Zander schreibt – völlig rücksichtslos in Bezug auf unser Noch-folgen-Können oder Nicht-mehr-folgen-Können:[1]

„Mit dieser Fähigkeit des ‚Hellsehens‘ beanspruchte Steiner, die kosmischen Wirkungen des Pflanzenwachstums zu erkennen, die Reinkarnationsverläufe von Menschen einzusehen, die historischen Hintergründe des Ersten Weltkriegs zu erläutern oder die verborgenen Jahre des Lebens Jesu offenzulegen.“

Erneuert schüttelt der Anthroposoph kurz seinen Kopf, um zu prüfen, ob er richtig gelesen habe. Aber tatsächlich, dort steht: ,die kosmischen Wirkungen des Pflanzenwachstums’. Offenbar hat das Pflanzenwachstum kosmische Wirkungen! Nicht etwa hat der Kosmos Wirkungen auf das Wachstum der Pflanzen, sondern umgekehrt! Wir verweigern uns erst lange der Erkenntnis, durch Meditation geschult möglicherweise ganze Stunden, und doch dringt die Erkenntnis schließlich zu uns durch: Zander scheitert schon am einfachsten Textverständnis bei Rudolf Steiner – oder aber am einfachsten Formulieren eigener Sätze. Wir lassen jetzt einmal das Problem beiseite, dass jemand Hellseher sein und dennoch nicht das Geringste erkennen, einsehen, erläutern oder offenlegen kann, wenn er nicht zugleich Eingeweihter ist, aber dies ist nun wirklich Universitätsniveau und von einem Zander – nichts gegen den Standort Fribourg! – nicht zu verlangen.

Total totalitär – und unverhandelbar

Und es geht weiter. Trotz seiner Schwächen und Mängel entlässt uns Zander nicht aus seiner anspruchsvollen Darstellung:[1]

An diesem Punkt wirft Zander einen kritischen Blick auf die Anthroposophie. Denn sie hat einen Absolutheitsanspruch: Die höhere Erkenntnis ist nicht verhandelbar. Das Totale aber ist „nur eine Handbreit vom Totalitären entfernt“, schreibt Zander – und er belegt anhand zahlreicher Beispiele, dass die Anthroposophie zuweilen auch etwas Autoritäres an sich hat. Die Waldorfschulen etwa.

Erneut wow! Ein Absolutheitsanspruch! Wie gemein! Wie gefährlich! Wie arrogant! Wie unfair! In uns empört sich alles, weil doch wir, der Otto-Normalverbraucher und der All-European-Egoist absolut sein wollen. Nicht Steiner soll Recht haben, sondern wir wollen Recht haben. Nicht Steiner soll die Welt beurteilen können, sondern wir wollen Steiner beurteilen können. Oder haben wir Zander hier falsch verstanden? Nein, haben wir nicht. Zander hat von Anfang an den Absolutheitsanspruch, Steiner beurteilen zu können. Er unterstellt der höheren Erkenntnis dieselbe Gefährlichkeit wie die Mathematik – die auch nicht verhandelbar ist. Ja, aber dann ... wir zögern noch, denn dies scheint unser Fassungsvermögen zu überfordern ... dann wäre ja auch ... die Mathematik...? Nein, unmöglich! Aber doch – Zander zwingt uns ja geradezu zu dieser Erkenntnis: Auch die Mathematik ist nur eine Handbreit vom Totalitären entfernt!

Und richtig – jetzt fällt es uns wieder ein. Dichtete doch Novalis einst: ,Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren...’ Im Moment stehen wir also unter der totalitären Herrschaft der Zahl. Die Ökonomie beherrscht alles, längst hat sie ihre Diktatur errichtet. Selbst die Pflege alter und kranker Menschen muss sich inzwischen ,rentieren’, ja Profit abwerfen. Wenn dies keine totalitäre Diktatur ist!

Aber – das ist etwas ganz anderes als die weise Gesetzmäßigkeit, dass zwei und zwei vier ergibt. Dies macht die Welt nicht schlechter, dies entzieht den Alten und Kranken nicht die Wärme und Liebe, die ihnen nur menschliche Profitgier entzieht und das Einrichten der Welt nach den bloßen Gesetzmäßigkeiten des Profits. Aber ob wir die Kranken nun liebend pflegen oder bloß abfertigen, um den Turnover der Bettenbelegung möglichst hoch zu halten, zwei und zwei bleibt vier. Und das höhere Wesen des Menschen bleibt ein Wahres, mit Seele und Geist, mit Wiederkörperung, mit dem Vorgeburtlichen und Nachtodlichen – ob da ein kleiner Professor aus der Schweizer Provinz nun etwas dagegen hat oder nicht. Niemand will irgendjemandem diese Anthroposophie, diese weise Erkenntnis des Menschenwesens, aufdrängen. Totalitär ist also nur Zander allein, der umgekehrt jedem die Erkenntnis aufdrängen möchte, die Anthroposophie sei ,nur eine Handbreit...’ usw. Er schlägt mit Behauptungen um sich, nach denen ihn niemand gefragt hat.

Höhere Erkenntnis ist nie verhandelbar. Sie ist entweder wahr oder falsch, auch in den höheren Welten gibt es Illusion und Täuschung, auch das hat Steiner zweifelsfrei und unverhandelbar erkannt. Das Gebiet der Erkenntnis ist doch keine Demokratie-Veranstaltung! Selbst wenn nur ein Einziger die Wahrheit erkannt hat und ein wütender Mob ihn dafür lyncht, steht die Wahrheit auf seiner Seite und nicht auf der des Mobs. Die Wahrheit ist wie eine Königin. Sie lässt sich nicht verhandeln. Ebenso wenig wie sie sich prostituiert.

Allwissende Waldorflehrer und ,Rassismus’-Leier

Zander weiter über die Waldorfschulen:[1]

„Im Kern war Steiner der Meinung, dass die Lehrerin oder der Lehrer auch eine Eingeweihte ist, ein Eingeweihter. Dass sie Erkenntnis höherer Welten haben. Dass sie wissen, welche Reinkarnation ihre Schüler hinter sich haben“, so Zander. „Das heißt, die Lehrerin, der Lehrer ist eine extrem starke Figur in der Waldorfpädagogik. Ja, Waldorfschulen sind in ihrem Kern autoritär.“

Was für ein absoluter Schwachsinn! Wirklich absoluter Schwachsinn. Zander müsste hier mal Zitate bringen. Es gibt sie nicht. Niemals hat Steiner in drei Jahrzehnten und in über dreihundert Vortragsbänden gesagt, die Lehrer seien Eingeweihte und wüssten oder sollten auch nur wissen, welche Reinkarnation ihre Schüler ,hinter sich haben’. Offenbar ist Zander unter die Trumps gegangen: Lügen wie gedruckt. Aber die Wahrheit entstellen konnte er ja schon immer. Ich habe ein sehr ausführliches Buch über ihn geschrieben.

Und dann holt Zander – natürlich – auch den sogenannten ,Rassismus-Vorwurf’ wieder hervor. Also das ewige Herumkauern auf so-und-so-viel wenigen Dutzend kurzen Stellen (meist aus Vorträgen vor einfachen Arbeitern), die vor Steiners wie gesagt über 300-bändigem Lebenswerk so etwas sind wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Außerdem geht es um die Zeit, wo Steiner in der Theosophischen Gesellschaft begonnen hat, und es war deren Terminologie von ,Wurzelrassen’ etc. zu reden.

Abgesehen davon, dass die ganze Zeit damals rassistisch war und Steiner darauf hingewiesen hat, dass die Rassen gerade verschwinden; abgesehen davon, dass er Entwicklungsepochen erkannte und mit ,degeneriert’ kein moralisches Werturteil verband, sondern meinte ,seine Zeit überschritten’ (was erst einmal widerlegt werden müsste); abgesehen davon, dass er zu nahezu jedem in unseren heutigen Ohren negativen Urteil auch an anderer Stelle Positives gesagt hat (etwa über die Indianer – und negativ dagegen über die sie mordende Kultur gesprochen hat); abgesehen davon, dass er ein absoluter Verfechter der Frauenemanzipation war, als man diese noch gnädig belächelt hat – abgesehen von alledem also ist es einfach nur peinlich und entlarvend, wenn sich jemand wie Zander immer und immer wieder wie ein Geier gerade auf diese eine Nadel stürzt und sie dann noch verbiegt und verzerrt widergibt.

Steiner ging es um den Menschen, um das höhere, wahre Wesen des Menschen – nicht um Rassen. Gerade dies nicht!

Gibt es die Evolution?

Doch selbstherrlich schreibt Zander, dieser unglaublich selbstgefällige Experte, den eine Art Hassliebe mit der Anthroposophie verbinden und an sie fesselt:[1]

„Am Ende geht es um viel mehr, um die Logik seines Weltanschauungshauses. Tief in dessen Inneren sitzt eine Evolutionstheorie, die Steiner aus dem 19. Jahrhundert geerbt hat und in der die ganze Kultur evolutionstheoretisch gedeutet wird. […] Steiners Rassentheorie zu kritisieren bedeutet im Kern, seine Logik der Evolutionslehre infrage zu stellen.“

Die Kultur ist eine Evolution – nur Materialisten und Zufallsanbeter können etwas anderes glauben. Steiner hat nichts geerbt, sondern auch schon vor ihm wurde vieles noch erkannt, was der heutige Utilitarismus und Pragmatismus leichtfertig wieder über Bord geworfen hat, woraus ersichtlich wird, dass eine Kultur auch Niedergangserscheinungen kennt. Gegenüber dem Deutschen Idealismus ist der Relativismus eines Helmut Zander ganz offensichtlich ein extremer Niedergang – ein völliges Verschleudern eines einstigen geistigen Erbes.

Die größte Lüge Zanders ist die einer ,Rassentheorie’ Steiners. Es gibt keine Rassentheorie Steiners – Steiner hat nie eine Rassentheorie aufgestellt. Steiner hat betont, dass die Rassen keine Rolle mehr spielen, dass sie verschwinden. Es ging ihm um die Entwicklung des Menschen. Um die geistige Entwicklung. Einen Entwicklungsweg, auf dem der Mensch sein seelisch-geistiges Wesen nach und nach entfaltet und wirklich wahrmacht. Es ging Steiner um die Fortsetzung, Vertiefung und Weiterentwicklung des Deutschen Idealismus. Um den Durchbruch zu realer höherer Erkenntnis.

Wenn Zander dies auch wieder ,rassistisch’ und ,evolutionär’ verbrämen wollte, da dies ja der ,Gleichheit der Menschen’ widerspreche und man sich nicht erst entwickeln müsse, um Mensch zu sein, würde er nur beweisen, dass er noch immer nichts verstanden hat. Denn dann könnte er gleich Schiller, Goethe, Fichte, Novalis mit entsorgen (was ja de facto geschehen ist). Und dann muss man natürlich auch nicht einmal in die Schule gehen – die ja ohnehin längst kein Bildungsort mehr ist, sondern nur noch Vorbereitung für den Kapitalismus.[1]

Ein Makel dieses Buches sei nicht verschwiegen: Der Verlag hat offenbar am Lektorat gespart, die Menge der Tippfehler ist ärgerlich.

Offenbar hat Zander sogar damit ein Problem. Das wundert einen nicht. Es ergänzt das Gesamtbild.[1]

Doch trübt das nicht die inhaltliche Qualität dieses Buches: Wer verstehen will, was Anthroposophie bedeutet und welche Überzeugungen dazugehören, der sollte es lesen.

Sagt die Journalistin, die nach der Lektüre des Zanderschen Buches zu verstehen meint, was Anthroposophie ,bedeutet’ und ,welche Überzeugungen dazugehören’. Armes Deutschland! Wer wissen will, was Anthroposophie ist, kommt um Steiner selbst nicht herum. Alles andere bedeutet, sich selbst zu belügen und es mit der Erkenntnis nicht so genau zu nehmen. Aber das ist ja der Zeitgeist. Und nur dieser konnte einen Zander hervorbringen.

Nach diesem wahren Wirbelwind, mit dem wir auf die obersten Stufen der Zanderschen Erkenntnis geschleudert wurden, schwindelt uns eine Weile. Als wir uns endlich wieder orientieren können, dämmert es uns ganz allmählich, wo wir uns befinden. Und nun zweifeln auch wir an irgendeiner kulturellen Evolution. Denn wir befinden uns in den seichten Niederungen eines zwar von sich selbst überzeugten, aber über das Mittelmaß des heute üblichen Relativismus und der narzisstischen Kontextualisierungs-Anbeterei nicht hinauskommenden Professors, der sich alle paar Jahre aus einem mittelmäßigen Uni-Städtchen meldet, um in einfachen, gesetzten, etwas tendenziösen, immer wieder seine Hassliebe hervorschillern lassenden Worten der Welt zu erklären, was Anthroposophie sei.

Wir erheben uns irritiert, schütteln den Staub von unseren Füßen, wundern uns, hiermit überhaupt unsere Zeit verschwendet zu haben, und gehen weiter...

Quelle:

[1] Monika Dittrich: Helmut Zander: „Die Anthroposophie“. Deutschlandfunk.de, 2.9.2019.