22.01.2023

Die Diskriminierung der Unschuld

Wie das Kostbarste ausgerottet wird, was existiert.


Inhalt
Diskriminierungsverbot – Anspruch und Wirklichkeit
George Orwell heute
Freiheit und Würde der Kunst? Ein Witz
Ausrottung der Unschuld – im Bild
Die neue ,Gleichheit’ und ihre Folgen
Die Ent-Würdigung des Weiblichen
Der Kampf um die Unschuld


Diskriminierungsverbot – Anspruch und Wirklichkeit

Wir leben in einer Welt, die den Anspruch hat, Diskriminierung in jeder Form zu beseitigen. Das Unmenschliche jeder Diskriminierung – einen Menschen in irgendeiner Weise zu benachteiligen, bloß weil er anders ist (anders als eine definierte oder reale momentane Mehrheit) – ist weithin anerkannt. Positiv ausgedrückt: Das Andere hat ein Recht auf gleichberechtigte Existenz.

Letztlich ist es die Abschaffung des Begriffes ,das Andere’ als etwas Fremdes, Äußerliches. Das Andere ist integraler Teil des Ganzen – es ist nicht anders ,anders’ als das Eigene auch. Es gehört dazu.

Grenzen zieht nur das Gesetz. So kann sich etwa ,Hate Speech’ nicht auf freie Meinungsäußerung berufen – zumal sie selbst diskriminierend ist: abwertet, verleumdet, Hass verbreitet. Das also sind die Grenzen. Was aber gesetzlich erlaubt ist, darf nicht diskriminiert werden.

Nun sind Liebesbeziehungen zwischen einem Mädchen und einem Mann vor dem Gesetz zweifellos erlaubt. Ohne Wenn und Aber. Das Mädchen muss nur vierzehn Jahre alt sein, und es darf nicht in einem ,Abhängigkeitsverhältnis’ zu dem Mann stehen. Sobald dies beides gegeben ist, dürfen Mädchen und Mann alles tun, was sie beide wollen und was sie glücklich macht – wie alle anderen Menschen auch.

Hier aber beginnt die Diskriminierung schon. Selbst fiktive Romane, die solche Liebesbeziehungen schildern – wie sie sich zart entwickeln und dann ebenso zart aufblühen – werden bereits nicht zugelassen. Nicht etwa von großen Verlagen, die sich ohnehin aussuchen, was sie in ihr Programm nehmen, und so jederzeit ganz unauffällig diskriminieren können – nein, sondern von Autorenplattformen, die prinzipiell jeden Roman annehmen und ,on demand’ mit ISBN-Nummer und allem veröffentlichen.

Selbst ,Books on Demand’ prüft jedes Manuskript vor Veröffentlichung und lehnt entsprechende Romane, in denen es um Liebesbeziehungen zwischen Mädchen und Mann geht, ganz mehrheitlich ab. Obwohl auch BoD sich ganz offen gibt, mit Slogans wie ,Ihr Weg zum eigenen Buch’ und ,Self-Publishing’. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte bleibt Diskriminierung.

Bei epubli wird jedes Buch veröffentlicht. Jedoch – auch das beschrieb ich bereits – werden mit Hilfe eines Algorithmus, der nach irgendwelchen Stichworten forscht, bestimmte Titel komplett wieder ausgeblendet, aus völlig willkürlich verstandenen ,Jugendschutzgründen’, die nichts mit dem sehr genau definierten Begriff des Jugendschutzes zu tun haben. Einen so bezüglich Cover und Inhaltsangabe ausgeblendeten Titel kann man zwar noch bestellen – aber man weiß gar nicht, um was für einen Roman es sich handelt!

Aber nicht genug damit. Sind diese zarten Liebesverhältnisse zwischen Mädchen und Mann bereits auf diese Weise diskriminiert, so können sie von einem Tag auf den anderen auch völlig gelöscht und das Nutzerkonto des Autors gesperrt werden. Denn auch epubli behält sich in den AGBs mit Strangulationsklauseln das Recht vor, Titel ohne Begründung wieder zu löschen – wenn auch immerhin insbesondere bei Verletzung der AGBs, wofür es wiederum reicht, etwas zu veröffentlichen, was ,abzulehnen’ ist.

George Orwell heute

Dies muss man sich einmal wirklich sehr, sehr tief, klarmachen! Was ,abzulehnen’ ist! War dies nicht gerade der Impuls der Diskriminierung selbst? Indem ich etwas ablehne, sei es eine dunkle Hautfarbe, sei es eine sexuelle Orientierung, die nicht die eigene ist, sei es eine andere Nationalität oder was auch immer – bin ich diskriminierend.

Ich muss sie für mich persönlich ja nicht gutheißen, genauso mögen wie das Eigene oder was auch immer – aber ich darf sie nicht rechtlich-wirksam ablehnen, benachteiligen, ihr etwas verweigern, was ich anderen zugestehe.

Aber genau das geschieht! Epubli hat meine zwanzig Romane, die auf dieser Plattform erschienen waren, und zwar fast alle sogar ohne Ausblendung aus sogenannten ,Jugendschutzgründen’, von einem Tag auf den anderen geschlossen gelöscht. Und zwar, weil sie ,abzulehnen’ sind. Etwas anderes erschließt sich mir nicht – und Gründe wurden mir auch auf Nachfrage nie mitgeteilt.

Obwohl also jeder bei epubli veröffentlichen kann, was er will – Horror, Morde, Sex & Crime und so weiter und so fort –, behält sich epubli bei Bedarf vor, Titel zu löschen, ohne Begründung, und es reicht, dass etwas ,abzulehnen’ ist. Mit anderen Worten: Das Recht auf Diskriminierung ist in den AGBs selbst festgeschrieben.

Und selbstherrlich wird es mit echten Gründen für eine Ablehnung in einen Topf geworfen. Denn die AGBs lauten: ,[...] keine rechtswidrigen, obszönen, rassistischen, diffamierenden, pornographischen, bedrohlichen, die Persönlichkeitsrechte Dritter verletzenden oder in sonstiger Weise abzulehnenden oder schädlichen Inhalte.’

Wenn nun ein Inhalt das Pech hat, unter das willkürliche Verdikt ,in sonstiger Weise abzulehnen’ zu fallen, passiert ihm genau dasselbe, was auch rechtswidrigen, rassistischen etc. Inhalten passiert. Auch er wird gelöscht. Diskriminierung? Egal! Volles Recht eines Mädchens auf Liebesbeziehungen mit wem auch immer? Egal! Rein fiktiver Roman, Freiheit der Kunst, Würde eines eigenständigen Kunstwerkes? Egal! Epubli hat sich mit den AGBs gottgleiche Rechte gesichert und ist der absolute Alleinherrscher. Wenn es im Einzelnen auch zu Diskriminierung kommt, wen kümmert’s? Wo gehobelt wird, fallen Späne.

Jeder ,Verstoß gegen die AGB’ erscheint wie ein Verbrechen – und war das nicht dieser Satz mit den ,rechtswidrigen, rassistischen usw.’ Inhalten? Welche Heuchelei! Man mische einfach in den Giftcocktail noch ein ,sonstige’ und schon hat man eine absolutistische Diktatur errichtet – und jeder darf sich glücklich schätzen, an dem das diskriminierende Damoklesschwert vorübergegangen ist. Und die gelöschten Autoren werden schon etwas falsch gemacht haben... Warum nur fühle ich mich fortwährend an George Orwell erinnert? Neusprech... Diskriminierung heißt jetzt ,Verstoß gegen die AGBs’, denn dann ist man selbst der Verbrecher, und so soll es ja sein, genau das ist die Absicht aller Diktatoren.

Mädchen und Mann, die sich lieben, sind also jetzt Verbrecher – und zwar schon rein fiktiv! Nicht vor dem Gesetz, das Gesetz sieht hier sehr klar und erkennt die Mündigkeit und Autonomie des Mädchens hier völlig an – aber auf dem Gebiet der Kunst, wo solche gelingenden, ja glücklichen Begegnungen und Beziehungen einmal auch für ganz Außenstehende erlebbar und verständlich werden könnten, auch in ihrer ganzen Gefährdetheit durch lauter Urteile und Verurteilungen der Außenwelt ... da greift die diktatorische Autonomie sogar einer angeblichen ,Autorenplattform’ und kann löschen, auslöschen, ohne jede Begründung. Auf Nachfrage muss nicht einmal mehr geantwortet werden! Orwell. Reinste Dystopie.

Freiheit und Würde der Kunst? Ein Witz

Die Freiheit der Kunst ginge sogar wesentlich weiter. Ein fiktiver Roman darf sich in Mörder, in Terroristen, in Sadisten, in welche Gestalt auch immer hineinversetzen und diese Sicht und die sich daraus entwickelnde Handlung entfalten. Es ist jeweils eine eigene künstlerische Schöpfung. Kunst hat es an sich, dass sie nicht jedem gefallen muss, sondern dass hier das unendliche Feld menschlicher Fantasie und Schöpfungskraft betreten wird – und die Kunstfreiheit ist aus gutem Grund ein höchstes Schutzgut. Denn die geschichtliche Erfahrung zeigt, dass jegliche Diktatur damit beginnt, die Grenzen des Geistes und der Fantasie zu bestimmen, zu verengen und zu kontrollieren! Die Künstler gehörten immer zu den ersten Opfern jeglicher Diktatur.

Und so darf in Romanen jegliche Straftat begangen werden – Raubmord, Entführung, Vergewaltigung und so weiter und so fort –, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt! Erst da, wo der Roman als Ganzes offen sexistisch, rassistisch oder ähnliches wäre. Erst da! Aber selbst Straftaten an sich als fiktive Handlung sind überhaupt kein Problem. Man kann den Staat austricksen, Steuerbetrug begehen, mit Morden davonkommen – der Schlechtigkeit der Protagonisten sind keine Grenzen gesetzt. Selbst die Grenzen des guten Geschmacks sind nicht die Grenzen der Kunst!

Aber wehe, ein Mädchen und ein Mann sind beteiligt! Dann ist es bereits ein Problem, wenn sie gemeinsam versuchen, in einem fiktiven Roman (!) die gesetzlichen Vorschriften zu umgehen. Sie dürfen ja nicht einmal, wenn es vor dem Gesetz erlaubt ist, in fiktiver Form zu einer Liebesbeziehung finden! Sie dürfen also eigentlich gar nichts.

Hätte epubli an irgendeinem meiner zwanzig Romane etwas Konkretes zu beanstanden gehabt, hätte man diesen löschen können (was diktatorisch genug wäre, da eine Begründung gar nicht notwendig ist) und die übrigen neunzehn unangetastet lassen. Aber man wollte den Kahlschlag. Künstlerische Freiheit existiert nicht. Nicht, wenn sie sich auf das Gebiet der Begegnung zwischen Mann und Mädchen erstreckt und hier positive Schicksalsbegegnungen schildert, die sich im Sinne eines Glückes beider Hauptfiguren entwickeln. Nicht einmal dann! Das ist auf dem Gebiet der Kunst ein No Go – hier entfalten selbst Autorenplattformen, die mit der Freiheit jedes einzelnen Autors werben, ihr hässliches, diktatorisches Gesicht. Ihre Lust an der Diskriminierung. Sie verweigern der Beziehung von Mädchen und Mann schlicht das Existenzrecht.

Mädchen und Mann dürften in Wirklichkeit und auch in einem Roman jederzeit miteinander so zärtlich werden, wie sie wollen – und auch miteinander schlafen! Wie jeder andere Mensch auch. Das hat nicht einmal mit dem sehr neuen Paragrafen der ,Jugendpornografie’ etwas zu tun, denn noch nie war Zärtlichkeit pornografisch.

Aber überhaupt ist die Jugendsexualität nach wie vor weitgehend fremdverwaltet – und man sorgt dafür, dass sie gar nicht erst sichtbar wird. Oder haben Sie bereits jemals in Film oder Fernsehen irgendeine echte Liebesszene auch nur zwischen zwei Jugendlichen gesehen? Tagtäglich schlafen ,Minderjährige’ miteinander, aber Film und Fernsehen tun so, als existiert das nicht. Schon hier beginnt die Diskriminierung.

Ausrottung der Unschuld – im Bild

Das Reich Orwells beginnt bereits da, wo niemand mehr genau durchschaut, was eigentlich noch erlaubt ist und was nicht. Auf diese Weise entsteht nämlich vor allem eines: Angst. Und dann unterlässt man bereits Dinge, die ohne weiteres erlaubt wären – und der Korridor verengt sich immer weiter. Vorauseilender Gehorsam – und willfähriges Sich-Ducken. Bloß nicht auffallen. Kommt einem das bekannt vor? Wir kennen das schon aus dem Faschismus.

Unzählige Menschen wissen es nicht besser. Unzählige denken, ein Liebesverhältnis zwischen einem Mädchen und einem Mann wäre illegal – ist es aber nicht! Unzählige denken, Jugendliche, die sich gegenseitig Nacktfotos schicken, verbreiten ,Kinderpornografie’ – tun sie aber nicht! Jugendliche sind schließlich keine Kinder mehr. Sie könnten höchstens ,Jugendpornografie’ verbreiten. Aber auch das täten sie nur, wenn sie ,Posing’ betreiben, also geschlechtlich betonte, aufreizende Körperhaltungen einnehmen.  

Ein vollkommenes Nacktfoto an sich war noch nie Pornografie – und wie könnte es? Ist etwa die Schönheit des menschlichen Leibes an sich bereits pornografisch? Sie ist es nicht und war es nie. Aber immer weniger Menschen wissen, was ,Pornografie’ eigentlich bedeutet. Und selbst der Gesetzgeber hat die Grenzen zwischen Pornografie und Erotik immer weiter verwischt – allein schon das ist eine Amerikanisierung des gesamten Strafrechts. Aber: Nacktfotos an sich sind schlicht nicht strafbar. Aber wer weiß das schon? Jedes Orwell-Regime freut sich, wenn die Menschen so wenig wie möglich wissen.

Und wie gesagt – dann regiert die Angst und erledigt den Rest. Und aufgehetzt von einer solchen Atmosphäre werden sich immer hasserfüllte Seelen finden, die jedem auch das untersagen, was aus guten Gründen vor dem Gesetz gar nicht verboten ist. Das selbstgerechte ,öffentliche Urteil’ sorgt dann dafür, dass es doch so ist!

Im ohnehin schon amerikanisierten Australien traf es 2008 den Fotografen Bill Henson, der im Rahmen einer künstlerischen Ausstellung auch die verletzliche Schönheit eines unbekleideten Mädchens zeigte, woraufhin sich ein öffentlicher Aufschrei erhob und die Polizei sämtliche Fotografien überprüfte – ohne etwas Strafbares finden zu können! Selbst die Mutter des Mädchens verteidigte die zweifellos künstlerischen Aufnahmen. Und damit nicht genug – zahlreiche australische KünstlerInnen einschließlich Cate Blanchett stellten sich hinter Henson und prangerten den perfiden Angriff auf die Kunst selbst an, der mit den heuchlerischen Vorwürfen geschehen war.

Aber das alles interessiert die selbsternannten Moralisten nicht. Sie haben einen langen Atem. Sie tun das nächste Mal wieder dasselbe. Und wieder und wieder. Solange, bis man es nicht mehr wagt ... die reine, verletzliche Schönheit eines Mädchens auch nur zu zeigen. Und mehr und mehr verliert die Gesellschaft selbst ihre Unschuld – und genau diese hier geschilderten Vorgänge sind essenzieller Teil dieses Geschehens.

Und die ganze Gesellschaft übernimmt die neue Logik – die ,Logik’, dass Nacktheit bereits ein Verbrechen ist. Um zu verstehen, was hiermit gemeint ist, lese man nur einmal diesen außerordentlich augenöffnenden Artikel einer australischen Bloggerin.

Und dann kann man sich noch dieses Bild einer mexikanischen Künstlerin ansehen, das auf Instagram zensiert wurde. Tief deutlich wird, dass reine Unschuld in unserer Gesellschaft keine Chance mehr hat...

Die neue ,Gleichheit’ und ihre Folgen

Und das Problem geht noch weiter. Wenn Begegnungen zwischen Mann und Mädchen erfolgreich bekämpft worden sind, selbst in fiktiver Literatur gar nicht mehr auftauchen dürfen; wenn weiterhin jede bildliche Darstellung der Unschuld und Verletzlichkeit von Mädchen soweit wie möglich ausgerottet worden ist – so bleibt ja noch immer die Tatsache! Man darf sie nicht mehr zeigen, man darf ihr nicht mehr begegnen – aber das letzte Ziel ist es, die Unschuld selbst auszurotten. Sie soll nicht einmal mehr existieren!

Nachdem also Mädchen gleich zweifach diskriminiert wurden – weder dürfen sie ihren Körper zeigen, ohne sofort als ,Opfer’ zu gelten und einen Aufschrei auszulösen, noch dürfen sie eine Liebesbeziehung mit einem Mann eingehen, ohne dass exakt dasselbe geschieht –, ist das nächste und letzte Ziel, bestimmte Mädchen als Ganzes zu diskriminieren. So, dass sie offiziell schlicht verschwinden.

Was ist gemeint? Bestimmte Mädchen sind unschuldiger als andere. Darf man diese Mädchen eigentlich noch idealisieren? Sich in sie verlieben? Romane über solche Mädchen schreiben? Oder wird das irgendwann alles verboten werden?

Denn Tatsache ist doch: Im Zuge der Antidiskriminierungs-Kampagnen wird immer mehr ein neues Dogma etabliert: Dass alle Menschen gleich seien. Nicht in jeder Hinsicht gleichberechtigt, sondern gleich. Die Frage ist dann nur: Wer gibt das Modell ab, wie man von da an zu sein hat?

Bisher ist vor allem solche Werbung indiskutabel geworden, die Frauen offen auf ein Sexualobjekt reduziert (wie etwa hier). Aber längst geht es ja viel weiter. Als sexistisch gilt mittlerweile jedes sogenannte Stereotyp, etwa, wenn Frauen oder Männern bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben werden: Frauen zum Beispiel als verständnisvoll, emotional oder unbedarft, Männer dagegen als unabhängig, dominant und zielstrebig dargestellt werden.

Was geschieht hier? Selbstverständlich müssen Frauen ebenso als unabhängig etc. dargestellt werden können, wie auch Männer als emotional und verständnisvoll. Aber die Tendenz bedeutet ja weit mehr. Sie geht hin auf Verbote. Irgendwann dürfen Frauen nicht mehr als verständnisvoll und emotional dargestellt werden – denn schon dies wird mehr und mehr als ,Sexismus’ gelten! Das ,Ideal’ des Unabhängigen und Zielstrebigen wird natürlich bleiben, allein schon, weil der mörderisch-neoliberale Kapitalismus nichts anderes zulässt. Aber bei Frauen die Gefühlsseite zu betonen, wird mehr und mehr zu einem weiteren ,No Go’ werden.

Die Ent-Würdigung des Weiblichen

Und man wird nicht begreifen, was hier geschieht. Es ist die Abschaffung des Weiblichen schlechthin. Denn das Dogma wird einen kometenhaften Aufstieg erleben: Das Weibliche gibt es gar nicht! Es ist alles nur Illusion gewesen. In Wirklichkeit sind Frauen genauso erfolgreich, bei Bedarf so rücksichtslos, so dominant und so intellektuell-kopfig wie der Mann! Auch Frauen hätten das Zeug gehabt, die Atombombe zu erfinden – wenn man sie nur gelassen hätte! Auch Frauen würden ohne mit der schönen Wimper zu zucken, Millionen in Kriege schicken, die Drohnentechnik perfektionieren, Konzerne durch Massenentlassungen ,sanieren’ und gewinnbringend weiterverkaufen – und all das andere auch tun, was unseren Planeten und das menschliche Zusammenleben zugrunde richtet. Der Kapitalismus, das Konkurrenzprinzip – das ist alles nur zufällig eine männliche Erfindung!

Ich hoffe, es wird klar, auf welch mörderischen Dogmen unsere Gesellschaft zusteuert. Die Unterschiede zwischen Mann und Frau sind angeblich alle nur eingebildet! Jede andere Behauptung wird künftig unter ,Diskriminierung’ fallen. Man wird gesichtslosen Männern und Frauen begegnen, die alle nur eines versuchen: in kein Fettnäpfchen zu treten und möglichst steril und geschlechtsneutral über die Runden zu kommen, ohne irgendwo anzuecken. Angst wird die Seelen regieren. Pure Angst, irgendetwas falsch zu machen und irgendwie aufzufallen.

Die Ent-Würdigung der Geschlechter wird damit beginnen, dass Frauen ihre eigenen Geschlechtsgenossinnen angreifen und verspotten werden, die sich zu einem Schwachsein, zu einem Sanften, ja vielleicht sogar Unschuldigen bekennen. Die zwar von Männern einfordern, auch sanft sein zu können – die es aber Frauen als Verbrechen vorwerfen, wenn diese noch sanfter sein wollen. Die Ideologie wird es gebieten, solchen Frauen zu unterstellen, sie seien indoktriniert, sie seien bloßes Produkt männlicher Unterdrückung. Man wird es diesen Frauen nicht selbst überlassen, sich als sanft zu definieren – sondern ein Aufschrei wird sich erheben, weil genau diese Sanftheit als angebliche Ideologie vernichtet werden soll.

Und wenn man meint, das sei übertrieben, denke man noch einmal ganz genau nach. Und übertrage es auf jene ohnehin schon diskriminierten und unterdrückten Romane, in denen sich ein Mann in ein Mädchen verliebt – und auch umgekehrt. Romane, in denen sich ein Mann in ein Mädchen aufgrund dessen ganz besonderer Unschuld verliebt, werden immer mehr als per se sexistisch gelten, weil sie ,Stereotypen reproduzieren’ würden.

Man wird nicht sehen, dass diese Romane genau das Gegenteil tun – dass sie auf etwas völlig Neues hinweisen, auf eine Zukunft, die nicht einmal ansatzweise vorhanden ist, in einer Welt des Konkurrenzkampfes, der Geopolitik, der Naturvernichtung, des Artensterbens und der rasant zunehmenden Anonymität. Man wird nicht sehen, dass die Unschuld eine heiligste Qualität ist, aufleuchtend in ganz bestimmten Mädchen...

Man wird diese Qualität als Sexismus und als Stereotyp verdammen – und sie wird verschwinden. Dass auch Jungen sanft und verantwortungsvoll sein können und sollten, ist kein Ersatz dafür. Was ich meine, geht wesentlich tiefer. Diese Mädchen sind noch immer anders als diese Jungen. Aber – all das wird man nicht mehr sagen dürfen. Die wirkliche Unschuld wird ausgerottet werden. Es sei denn, die Seelen erkennen mehr und mehr den Wahnsinn, der sich immer mehr ausbreitet, zusammen mit der Angst.

Der Kampf um die Unschuld

Man wird aber niemals leugnen können, dass ein Mädchen immer viel weiblicher und weicher sein kann als ein Junge. Und dass gerade dies zu dem Berührenden eines Mädchens gehört. Als Beispiel kann man einmal diese Parfum-Werbung (2012) mit der jungen Elle Fanning ansehen. Auch der ganze Missbrauchsdiskurs würde ja völlig entfallen, wenn Mädchen nicht verletzlicher wären. Sie sind es!

Man kann Mädchen ,Stärke’ anerziehen, aber das löst das Problem nicht – es verringert es vielleicht, aber im selben Zuge schafft es auch die Unschuld ab. Und ein Mädchen, das einem blöden Typen jederzeit ,in die Eier treten’ könnte, wird nicht dieselbe Empathie mit dem Planeten haben wie ein Mädchen, das zu einer echten Gegenwehr gar nicht in der Lage wäre... Ich hoffe, man begreift die Wechselwirkungen. Mit jedem ,Empowerment’ wird auch die Logik des Kapitalismus gestärkt – und eine Heilung auch der männlichen Seele rückt ferner denn je.

Man betrachte einmal dieses, so zart erotische wie berührende Bild eines Mädchens. Je länger man aufrichtig und sich berühren lassend mit ganzer Seele in dieses Bild eintaucht, desto tiefer wird man erleben können, was eigentlich das Weibliche ist. Und was gerade am Wesen des Weiblichen so berührend ist. Es ist das Verletzliche, das in letzter Hinsicht Schutzlose, gleichzeitig so Sanfte, so Wunderschöne – und zwar auch von innen heraus! Man sieht geradezu bis in den sinnlichen Eindruck hinein, wie nur das Sanfte auch empathiefähig ist; wie das Schutzbedürftige auch anderes schützen kann. Wie denn auch anders?!

Die entscheidende Frage ist nicht: Was können Frauen auch? Sie können alles! Aber darum geht es nicht. Sondern die entscheidende Frage ist: Was wird unsere Welt retten? Und hier sind die Männer am Zug. Sie müssen unendlich viel von dem ablegen, was sie noch immer tagtäglich reproduzieren. Und anstatt zu sagen ,Frauen können das auch’, sollte man endlich anfangen, darauf hinzuweisen, was etwa stille, sanfte Mädchen niemals könnten – und gerade dies als unendlich berührendes, leuchtendes Vorbild empfinden. 

Dann hätte man endlich die richtigen Begriffe und würde diese stillen Mädchen nicht mehr abwerten und diskriminieren. Denn sie sind die wahren Lehrerinnen – des Zarten, des Sanften, der Unschuld... Die wahren Lehrerinnen der Friedfertigkeit, der Empathie, der Kooperation, des Verständnisses, der Zugewandtheit, der Liebe. Der Innerlichkeit, der Tiefe, des Seelenvollen, des Selbstlos-Gemeinnützigen, der Zukunft.

Es ist kein Stereotyp. Es ist die Zukunft. Und wenn auch Jungen und Männer dazu fähig sind – Mädchen können es besser. Das ist nun einmal so. Männer konnten die Welt besser an den Rand des Abgrundes treiben. Mädchen können sie besser retten. Und man sollte dies endlich begreifen, statt die Unschuld herabzuwürdigen, zu diskriminieren und zu vernichten.