Das menschliche Manifest
17.05.2012

Das „Bündnis der Menschlichkeit“ und das Ende der Diktatur

Eine Streitrede im Vorfeld der Bundestagswahl 2013.

Mehr zum Thema: Das menschliche Manifest (online frei zugänglich) und „Zeit der Entscheidung. Die Finanzkrise und neue Begriffe für eine grundlegend menschliche Gesellschaft.“ 800 Seiten, nur 22,90 €.


Inhalt
Wir können ... die Welt menschlich machen!
Die herrschenden Parteien als Diener einer Diktatur
Es gibt kein richtiges Leben im Falschen
Wahlchancen und Ziel des „Bündnis der Menschlichkeit“
Die brennenden Gegenwartsfragen
Die Diktatur muss fallen – sie ist das eigentliche Hindernis
Mut zum Menschlichen – Mut zum Politischen

Wir können ... die Welt menschlich machen!

Liebe Mitmenschen in ganz Deutschland!


Der Wahlkampf für die Bundestagswahl 2013 hat begonnen. Dies ist eine Geburtsanzeige des „Bündnis der Menschlichkeit“ und eine Todesanzeige für CDU, SPD und FDP. Nehmen Sie sich fünfzehn Minuten Zeit, und Sie werden danach ein anderer Mensch sein.

Egal, ob Sie Millionär oder Hartz-IV-Empfänger sind, Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, Rentner, Student, Schüler, Hausfrau oder Hausmann. Egal, ob Ihr mit „Du“ angesprochen werden wollt (ich bleibe hier beim „Sie“, bitte berücksichtigt, dass sehr viele Menschen dies bevorzugen und denkt das „Du“ mit, ich meine es auch mit!). Egal, ob Sie zur großen Gruppe der Nichtwähler gehören oder sich bisher als Anhänger einer bestimmten Partei gesehen haben. Egal, ob Sie sich als konservativ, sozialdemokratisch, liberal, anarchistisch, unpolitisch, christlich, sozialistisch, revolutionär oder anders bezeichnen:

Fast alle von uns sehnen sich nach einer menschlichen Welt – die wir heute nicht haben!

Viele wissen von ihrer eigenen Sehnsucht gar nichts und haben sie dennoch, tragen sie ganz unbewusst in ihrer Seele, einfach, weil sie Mensch sind. Viele, denen es – wie man sagt – „besser“ (als wem?) geht, materiell oder auch in anderer Hinsicht, leben fortwährend an dieser tief innerlichen Sehnsucht vorbei und bemerken sie nicht, betäuben sie, übersehen sie und haben sie trotzdem: Die Sehnsucht nach einer menschlichen Welt, die sehr anders als die heutige wäre.

Um es konkret zu machen:

  • Wir können die Diktatur des Profits beseitigen und dennoch erst recht gerne füreinander arbeiten.
  • Wir können Hartz IV und die Niedriglöhne abschaffen, und „die Wirtschaft“ wird nicht zusammenbrechen, sondern aufblühen.
  • Wir können den Wohlstand gerechter verteilen und gerade dadurch den Gesamtwohlstand noch viel mehr vergrößern.
  • Wir können neue Formen gemeinsamer Unternehmensführung entwickeln, statt weiter auf die Spaltung zwischen Belegschaft und millionenschweren Konzernchefs, Aktionären und Topmanagern zu setzen.
  • Wir können die Macht großer Konzerne einschränken und gerade dadurch die Rechtssicherheit für alle vergrößern.
  • Wir können im Wirtschaftlichen ganz neue Formen der Kooperation entwickeln, ohne dass Produzenten, Händler oder Verbraucher einander benachteiligen.
  • Wir können die Spekulation an den Finanzmärkten abschaffen und gerade dadurch die Realwirtschaft sicherer machen.
  • Wir können die staatliche Diktatur über das Schulwesen beseitigen, und unsere Kinder können dennoch erst recht gerne in die Schule gehen und lernen.
  • Wir können die Universitäten aus den Klauen der „Exzellenz-Ideologie“ befreien und sie wieder zu Orten wahrer Menschenbildung machen und dennoch gerade dadurch zugleich den wissenschaftlichen Anspruch fördern.
  • Wir können freie, unabhängige Medien stärken, ohne dem „Kartell der Niveaulosigkeit“ Unrecht zu tun.
  • Wir können ökologische Kostenrechnungen einführen und unsere Umwelt wirklich schützen, ohne dass unser Leben teurer wird.
  • Wir können die Militärausgaben radikal senken, Militäreinsätze beenden und in aktive Friedensarbeit investieren.
  • Wir können aufhören, die Alten- und Krankenpflege nach Minuten zu berechnen, ohne dass die Kosten explodieren.
  • Wir können die Diskriminierung der Alternativmedizin beenden, ohne die Pharma-Diktatur zu vermissen.
  • Wir können die fortwährende Entwicklung von Alternativen auf allen Gebieten fördern, ohne jemals an ein Ende unserer Fragen zu kommen oder für immer gültige Antworten zu haben.
  • Und es gibt noch vieles, vieles andere – wir können diese Welt menschlich gestalten!

Die herrschenden Parteien als Diener einer Diktatur

Diese Rede, mit der ich hier mit Ihnen in einen Dialog trete; diese Gedanken, die Sie hier mit mir mitvollziehen – sie sind ein Todesurteil für die Politik, die wir bis heute haben ... und die eine Un-Politik ist, weil sie nicht den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Was steht heute im Mittelpunkt der Politik, des Alltags und oft auch des Denkens fast jedes Einzelnen? „Die Wirtschaft“, das Geld. Und zwar nicht als etwas, was dem Menschen dienen soll! Sondern als etwas, wovon der Mensch abhängig ist, dem er sich unterwirft, dem er versklavt wird. Der „erfolgreiche Manager“ ist besessen von der Optimierung des Profits (er kann dies sogar als völlig „freien Willen“ oder als „Lust“ erleben, das ändert nichts an der Tatsache!), der normale Angestellte oder der Arbeitssuchende sind ganz und gar gezwungen, sich den Weisungen des höheren Managements oder der Maschinerie der „Eingliederungsmaßnahmen“ zu unterwerfen.

Wir alle wissen es, dass „das Geld“ heute nahezu jede kleinste Handlung und Überlegung außerhalb des Privatlebens bestimmt. Und wir alle wissen, dass es genau diese Tatsache ist, die unsere Welt unmenschlich macht und immer noch unmenschlicher werden lässt.

Wir leben heute ganz real in einer Diktatur! Dies müssen wir uns sehr tief und ernst bewusst machen. Es ist die Diktatur des Finanziellen – und dieses wird zu einer Diktatur durch die dahinterstehende Ideologie der Profitmaximierung und des Wettbewerbes bzw. Kampfes aller gegen alle. Dieser Kampf bestimmt selbst innerhalb eines Unternehmens die Verhältnisse; man muss sich nur einmal genau darauf besinnen, wie wenig man auch hier als (ganzer) Mensch zählt, wie sehr auch hier sichtbare und unsichtbare Hierarchien den Einzelnen ganz bestimmen.

Und die unendlich große Schuld der herrschenden Parteien, vor allem CDU, SPD und FDP, liegt genau darin, dieser Diktatur nicht nur nicht entgegenzutreten, sondern sie mit ihrem ganzen Einfluss noch zu fördern!

CDU und FDP sind seit Jahrzehnten das Sprachrohr dieser Ideologie, die behauptet, die Diktatur des Profits und der Kampf aller gegen alle diene auch dem Wohl aller! Ja, riesige Profite werden gemacht, „Deutschland“ ist ein Weltmarktführer, der „deutschen Wirtschaft“ geht es gut – und zugleich breiten sich Niedriglöhne, Zeitarbeit, Arbeitslosigkeit, Hartz IV und echte Armut immer weiter aus. Und das ist etwas, was die SPD mit der furchtbaren „Agenda 2010“ wesentlich initiiert und beschleunigt hat und was von CDU, FDP und Bündnis90/Grüne voll mitgetragen wurde und wird!

Was hatten all diese Parteien einst für Ideale über die soziale Gerechtigkeit! Man lese wirklich einmal das Ahlener Programm der CDU oder – noch viel jünger – die Freiburger Thesen der FDP. Vieles davon liest sich doch gleichsam noch radikaler als das, was heute der linke Flügel der LINKEN sagt! Damals war man wirklich noch ehrlich – und man sah noch die Unmenschlichkeit einer Diktatur des Profits. Heute dient man ihr und unterwirft sich freiwillig, erweist sich als ihr willfähriger Wegbereiter! Und warum? Weil man dann unter und in dieser Diktatur sehr gut leben kann! Wer dem Diktator dient, genießt viele Privilegien und große Freiheit...

Es gibt kein richtiges Leben im Falschen

Und sind wir nicht alle mehr oder weniger Diener des Diktators? Ganz bewusst oder auch unbewusst? Wenn wir das, was heute Realität ist, nicht als durch und durch un-menschliches System erkennen, in dem Millionen auf der Strecke bleiben und immer mehr jede gesellschaftliche Teilhabe verlieren, in dem Millionen nur dem materiellen Wohl anderer dienen „dürfen“ – wenn wir das nicht tief innerlich erleben und daran leiden, dann sind wir Diener dieses Systems, in dem es einigen (noch immer vielen) „gut“ geht und vielen (und immer mehr Menschen) nicht gut geht.

Wir leben in einer Realität, die unmenschlich ist – egal, wie gut es uns heute noch gehen sollte!

Wir dürfen nicht schlafen und uns um die seelische und materielle Not des Nächsten keine Gedanken machen. Genau dieser Schlaf und die Unbeteiligtheit der Vielen war immer und ist auch heute noch die stärkste Stütze der Diktatur!

Man ist aber doch machtlos und ohnmächtig? Ja, genau darum geht es! Der Einzelne ist machtlos gegen das System der Zwänge, der Unterdrückung des Einzelnen als ganzem Menschen. Aber gemeinsam sind wir nicht machtlos!

Es geht nicht darum, auf die Straße zu gehen. Es geht nicht darum, gegen die bestehenden Parteien und andere Diener und Protagonisten der Diktatur zu protestieren oder sie durch Wahlmüdigkeit „abzustrafen“. Das alles wird nichts ändern – und spielt der Diktatur höchstens noch in die Hände. Worum es geht, ist, die herrschenden Parteien als machtvolle Diener der Diktatur auf ihrem eigenen Felde zu schlagen! Es geht darum, als vollkommen neues „Bündnis der Menschlichkeit“ anzutreten, für alle Menschen zur Wahl zu stehen und ein politisches Erdbeben auszulösen!

CDU, SPD, FDP und Bündnis90/Grüne sind Diener einer Diktatur geworden, der wir alle unterworfen sind, auch wenn einige unter uns davon sogar profitieren. Wer sich aber wahrhaft zur Menschlichkeit bekennt oder bekennen will, der muss diese Diktatur ablehnen – auch wenn er selbst noch gar keine Alternative zu denken vermöchte.

Es geht darum, die Diktatur, den Zwang als solche empfinden zu können und erleben zu lernen, dass sie dem wahrhaft Menschlichen widersprechen und es ganz real bekämpfen. Es geht darum, zu erleben, dass das wahrhaft Menschliche überhaupt erst zur Entfaltung kommen kann, wenn die Diktatur aufhört – egal wie schwierig die Geburtswehen dieses wahrhaft Menschlichen dann sein sollten!

Doch davon abgesehen gibt es schon unendlich viele, umfassende, wissenschaftlich fundierte, von Experten durchdachte Ansätze und Alternativen, um zu einer weitaus menschlicheren Gesellschaft zu kommen! Die meisten von uns wissen, dass es dies alles längst gibt und dass unzählige engagierte Menschen intensiv an diesen Fragen arbeiten. Es ist nur die Diktatur des Profits und die verlogene Unterstützung dieser Diktatur durch die etablierten Parteien, die den Durchbruch echter Alternativen machtvoll und vollständig verhindert.

Es gibt kein richtiges Leben im Falschen, schrieb Adorno vor fast 70 Jahren angesichts einer ganz anderen Diktatur. Man kann noch so sehr das „Positive“ fördern – unter der Diktatur des Falschen verkommt all dies zum „moralischen Lack“ und zur Stütze des weiterhin massiv dominierenden Falschen. Man kann in der Unmenschlichkeit Inseln der Menschlichkeit schaffen – aber es bleiben Inseln. Hier ein bisschen „Sozialhilfe“, hier ein bisschen Naturschutz, hier ein bisschen Windenergie, hier ein bisschen Atomausstieg...

Bei all diesem Positiven, auf das sich die (noch) herrschenden Politiker so gerne berufen, handelt es sich um die schön anzusehende Sahne auf einem durch und durch vergifteten Kuchen! Unzählige Menschen leisten wirklich Unglaubliches für eine menschlichere Welt – aber es bleibt auf diese Weise Tropfen auf den heißen Stein, Tropfen in einem Meer, das ganz andere, böse Wellen schlägt. Alles, was wir in der heutigen Diktatur tun, ohne diese selbst zu beerdigen, ist auf Sand gebaut, denn es wird von der alles dominierenden Kraft der Profitinteressen immer wieder zum Einsturz gebracht oder in seine kleine, „humane“ Nische verwiesen!

Darum: Ein „Bündnis der Menschlichkeit“ als unmittelbar politisches Bündnis! Dieses wird den etablierten Dienern der Diktatur den letzten Dienst erweisen und sie zu Grabe tragen...

Wahlchancen und Ziel des „Bündnis der Menschlichkeit“

Von den meisten vor allem als Protestpartei wahrgenommen und gewählt, haben die „Piraten“ in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auf Anhieb Erfolge auf FDP-Niveau errungen (die FDP selbst dagegen kam im Saarland sogar nur noch auf 1,2% der Wählerstimmen!). Welches Ergebnis hätte eine Partei, der es wirklich umfassend und entschlossen um eine menschliche Gesellschaft geht? Auf Anhieb 20%?

Bereits damit wäre das „Bündnis der Menschlichkeit“ auf Anhieb eine der drei größten Kräfte. Aber diese Rechnung ist noch ohne die Nicht-Wähler gemacht, denn ihr Anteil beträgt bei Landtagswahlen bekanntlich etwa 40%, bei Bundestagswahlen inzwischen fast 30%. Wenn auch die Nicht-Wähler nun erstmals ihre wahren Interessen vertreten sehen und als mit Abstand größte Wählergruppe ebenfalls dieses Bündnis unterstützen, wird es auf Anhieb fast die absolute Mehrheit erhalten!

Dann wird man mit eigenen Augen sehen können, was ein „Bündnis der Menschlichkeit“ in Regierungsverantwortung alles bewirken wird. Es wäre ein politisches Erdbeben – und es wäre ein gesellschaftliches Erdbeben, denn von da an wird erstmals wirklich der Mensch im Mittelpunkt stehen.

Den Akteuren der etablierten Parteien dürfte bei dieser Vorstellung angst und bange werden – oder sie werden sich vor Lachen kaum halten können, weil sie es noch nicht ernst nehmen. Viel Zeit jedoch werden sie für beides nicht mehr haben, denn ihre Tage sind gezählt, und ihre eigene traurige Dekadenz wird vor dem Urteil des Wählers völlig offenbar werden.

Der CDU ging es einst um die Menschen, der SPD ging es einst um die Menschen, der FDP ebenfalls – und wie sehr ging es Bündnis90/Grüne einst um den Menschen! In einzelnen Abgeordneten wird davon immer etwas leben, doch entscheidend ist die Politik, die real gemacht oder auch mitgetragen wird.

Die wichtigste Frage heute und auch in Zukunft betrifft die im tieferen Sinne soziale, moralische Grundlage unserer Gesellschaft. „Moralisch“ bedeutet hier nicht mehr irgendeine äußere ethische Norm oder irgendeinen kategorischen, traditionell-religiösen oder sonstigen Imperativ, sondern das unmittelbar menschliche Erleben, dass der eine Mensch gegenüber dem anderen Menschen Verantwortung hat. Wenn man dieses Erleben hat, trägt man in sich eine Essenz, die im tiefsten und eigentlichsten Sinne moralisch ist, losgelöst von allen Dogmen – eine Realität an sich. Es geht aber darum, nicht nur für die eigenen Kinder, Freunde, Bekannte oder auch geschäftliche Seilschaften usw. Verantwortung zu empfinden, sondern für jeden Menschen, für das große Ganze. Es geht um die Frage eines moralischen Erlebens, das völlig losgelöst von einem noch begrenzenden – eben parteilichen! – Egoismus ist.

Dem „Bündnis der Menschlichkeit“ wird es um die Menschlichkeit selbst gehen. Wir müssen als Gesellschaft Wege finden, wie wirklich jeder Mensch in voller Menschenwürde leben kann. Und es gibt hier sehr viele Wege, entscheidend ist einzig und allein, zunächst die Diktatur zu beenden – die Diktatur des Profits, eine scheinbar anonyme Diktatur riesiger Sachzwänge, hinter der aber doch immer einzelne Akteure stehen, die durch diese Diktatur riesige Vorteile haben und ihre wahren Stützen und Träger sind.

Die brennenden Gegenwartsfragen

Wir müssen uns klarmachen, dass wir wirklich in einem „sehr reichen Land“ leben – und was das bedeutet. Es ist ein ungeheurer Wohlstand vorhanden und wird täglich neu geschaffen und gemehrt, aber warum kommt er nicht allen zugute? Was bedeutet das massive, unaufhaltsame Vordringen der Niedriglöhne, der prekären Beschäftigungsverhältnisse, der Jugend- und Altersarmut und noch vieler weiterer Symptome? Es bedeutet das Vorliegen einer ungeheuren sozialen Krankheit, nämlich unsozialer und damit unmenschlicher Verhältnisse, die auch ganz anders sein könnten.

Wer noch immer glaubt, nur eine unausgebildete, oft überhaupt arbeitsunwillige Minderheit mache die Hartz-IV- oder Niedriglohn-Empfänger aus, der möge einmal die Realität zu sich durchdringen lassen! Dieser Mythos beschreibt selbst eine ungeheure Minderheit; die Mehrheit, die diesen prekären Zwangsverhältnissen unterliegt, kommt aus der Mitte der Gesellschaft und besteht in jedem Fall aus hoch motivierten Menschen, die arbeiten wollen! Welcher „Manager“ würde dagegen auch nur einen Tag dieselbe Arbeit verrichten und denselben kärglichen Lohn bekommen wollen!?

Es existiert in unserer Gesellschaft ein ungeheurer Wohlstand, und selbst wenn er nicht existieren würde, so läge er doch in dem noch viel ungeheureren Potential der Menschen, die in diesem Land leben! Doch der Wohlstand ist – und wird fortwährend – extrem ungleich verteilt, und das Potential der Menschen wird in himmelschreiendem Maße ungenutzt gelassen, ja täglich neu mit Füßen getreten und regelrecht vernichtet! Dies alles geschieht unter der Macht einer Diktatur, die gerade das Ziel der Selektion, der „Rationalisierung“, der Ungleichheit und der Profitmaximierung hat.

Und das unmittelbar Soziale, in materieller Hinsicht, ist nur eine der ungeheuer großen Gegenwartsfragen.

Eine andere ist die Frage der Bildung. Hier gilt das Gleiche – was geschieht hier zur Zeit für eine Vernichtung wahrer Potentiale und Möglichkeiten. War schon das bisherige „Bildungswesen“ von jedem wahrhaft menschlichen Standpunkt absolut ungenügend, so wird es heute, vor allem im Universitätsbereich, noch weiter vernichtet, denn auch hier herrscht nun der Diktatur des Profits, getarnt unter so wohlklingenden Begriffen wie „Exzellenzinitiative“, „Drittmittel“, „Master“ und so weiter. Man braucht nur ein wenig intensiver in die Bildungsdiskussion einzusteigen, dann wird man wirklich begreifen und erleben, um welche existentiell menschlichen Fragen und Vernichtungsprozesse es hier geht.

Eine andere Frage ist der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Was hier in den alles entscheidenden Jahren und Jahrzehnten versäumt wurde und wird, erfasst auch wiederum nur derjenige, der wirklich in diese Frage eintaucht. Und doch wissen wir schon „von außen“ im Grunde sehr gut, um welche ungeheuerlichen Entwicklungen und Entscheidungen es geht.

Und so gibt es noch sehr viele andere Fragen – viele davon ebenfalls extrem groß, andere kleiner, aber letztlich ebenso wichtig –, und in allen von ihnen kehrt die eine Frage immer wieder: In was für einer Welt wollen wir leben?

Die Diktatur muss fallen – sie ist das eigentliche Hindernis

Bei welcher Frage man auch ansetzt, man kommt um die Erkenntnis nicht herum, dass eine wahrhaft menschliche Welt nur möglich ist, wenn man mit dieser Menschlichkeit vollkommen Ernst macht.

Wenn wir in einer menschlichen Welt leben wollen, dann muss die Menschlichkeit im Zentrum stehen. Dann darf diese Menschlichkeit niemals ein Element unter vielen sein – eine auch nur ein wenig vernachlässigbare Größe, wenn etwas anderes „wichtiger“ ist –, sondern sie selbst muss im Zentrum stehen und alles andere muss sich auf sie ausrichten, auf eine fortwährende Stärkung, Förderung und Entwicklung der Menschlichkeit in allem, was zu gestalten ist.

Dazu muss die Diktatur des Profits fallen – und sie wird fallen, wenn genügend Menschen erkannt haben werden, dass diese Diktatur und wahre Menschlichkeit Gegensätze sind, weil die Diktatur des Profits das wahrhaft Menschliche immer bekämpfen wird – sei es unmittelbar, sei es in den Mechanismen, Zielen und Auswirkungen, die diese Diktatur in ihrem hässlichen, egoistischen, „moral-freien“ und dezidiert unmoralischen Gefolge hat.

Entweder man schaut bei allem zuerst auf das Geld, oder man schaut zuerst – und auch im zweiten Schritt noch immer – auf den Menschen. Wenn sich hier Widersprüche auftun, darf man nicht überlegen, wie sich der Mensch in ein geld- und profit-dominiertes System einzupassen hat, sondern man muss überlegen, wie eine Gesellschaft aussehen muss, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Das heißt unter anderem: Wie muss „Wirtschaft“ und auch das „Geld“ selbst gestaltet werden, damit es dem Menschen – wohlgemerkt dem Menschen, das heißt allen Menschen – dient?

Und es sei wiederholt: Es gibt auf all diese ungeheuren Fragen bereits zahlreiche wesentliche und fundierte Antworten. Niemand muss glauben, es gäbe nur die Alternative zwischen einer schlechten und einer noch schlechteren Variante. Die Alternative zum Kapitalismus und Egoismus ist nicht Staats-Sozialismus, Planwirtschaft und erzwungene Selbstlosigkeit. Beide Systeme haben als real existierende Diktaturen die Menschlichkeit mit Füßen getreten und die reale Freiheit unzähliger Einzelner bekämpft und zur bloßen Theorie gemacht. Es geht um Wege der Mitte, in denen die Menschlichkeit im realen Zentrum steht.

Es gibt Wege, unsere Gesellschaft so zu gestalten, dass sie zugleich demokratisch, sozial, liberal, christlich, freiheitlich, brüderlich und noch anderes mehr ist. Es gibt Wege zu einer wahrhaft menschlichen Gesellschaft – und wir alle wissen oder ahnen die Formen, die eine solche Gesellschaft finden und gestalten wird. Wir brauchen nur den Mut, diese Wege zu beschreiten.

Das Einzige, was dazu notwendig ist, ist die Erkenntnis, dass wir das Heutige ablehnen und als Diktatur erkennen. Mit dieser Erkenntnis werden wir das Zukünftige und wahrhaft Menschliche möglich machen. Sehr konkret.

Wir brauchen keine Angst zu haben, dadurch in Chaos und Armut zu geraten – gerade das will uns die Ideologie der Diktatur ja suggerieren! Das Neue wird vielmehr der Zuwachs an Menschlichkeit und allgemeinem Wohlstand unserer Gesellschaft sein, das Neue wird mehr Vertrauen, mehr menschlicher und mehr gesellschaftlicher Reichtum sein! Angst haben muss nur die Diktatur selbst – denn sie wird weichen müssen. Vielleicht wird es auch einige Menschen geben, die Angst um die Minderung ihres Profits haben – solche Menschen können einem leid tun, denn sie haben sozusagen ihre Seele verkauft.

Mut zum Menschlichen – Mut zum Politischen

Wer hat den Mut, ein „Bündnis der Menschlichkeit“ zu bilden – auf unmittelbar (partei-)politischer Ebene? Wer hat den Mut, seinen Blick zunächst wegzurichten von intellektuellen Detailfragen und ganz auf die Tatsache zu schauen, dass wir auf politischer Ebene derzeit ein Vakuum haben, in dem alle großen Parteien weiterhin glauben, die bestehende Diktatur stützen zu müssen bzw. irgendwie steuern oder „menschlich“ machen zu können?  

Die Diktatur des Profits und der dahinter stehenden Interessen ist so mächtig, dass sie immer wieder alle „Regulierungen“ zunichte machen wird – oder sie bisweilen auch lächelnd hinnimmt, weil sie weiß, dass es sich um Makulatur und „Peanuts“ handelt! Menschlich wird unsere Gesellschaft erst werden, wenn wir den Mut haben, diese Diktatur als ganze nicht mehr hinzunehmen und unsere Gesellschaft auf der Grundlage echter, grundsätzlicher Alternativen neu zu gestalten.

Das neue „Bündnis der Menschlichkeit“ wird die Vision einer durch und durch menschlichen Gesellschaft in den Mittelpunkt stellen.

Menschlichkeit bedeutet, das Wohl des anderen im Auge zu haben – insofern ist es unmittelbar gleichzusetzen mit dem wahren Begriff des Sozialen, aber auch mit dem wahren Begriff des Christlichen oder des Brüderlichen, Schwesterlichen. In ihrer essentiellen Tiefe kommen all diese Begriffe zur Deckung, denn was sie verbindet, ist die Idee des Menschen selbst. Der Mensch ist ohne (Mit-)Menschlichkeit nicht wahrhaft zu denken! Ein Mensch, der nur an sich und allenfalls an ganz wenige Mitmenschen denkt, verengt seine eigene Menschlichkeit.

Weil das Menschliche eine reale Frage an jeden einzelnen Menschen ist – ob man sie „hört“ oder nicht –, ist es in diesem Sinne unmittelbar auch „politisch“. Jeder Mensch steht vor der Aufgabe, innerlich die Frage zu beantworten, wie er zu seinen auf der Erde lebenden Mitmenschen steht und welche Konsequenzen seine Handlungen und Unterlassungen auf seine Mitmenschen und seine übrige lebendige und unbelebte Mitwelt haben.

Und weil in dieser Hinsicht das Menschliche und das Politische zusammenfallen – als Aufgabe –, kann man sich nicht ohne Folgen aus dem Politischen zurückziehen. Viele Menschen sind heute, wie man sagt, „unpolitisch“. Aber mit viel mehr Recht muss man sagen: Das „Politische“ ist heute unmenschlich! Wer sich von dem politischen Geschehen zurückzieht, tut dies sehr oft, weil ihm so ungeheuer viel am Menschlichen liegt! Wem in seinem persönlichen Umkreis die Mitmenschen ein echtes Anliegen sind, der ist heute politischer als die meisten Politiker – denn die heutige Politik ist eben eine Un-Politik, weil sie das Menschliche nicht in den Mittelpunkt stellt.

All die politikmüden jungen Menschen, die heute so stark das Soziale in ihrem persönlichen Umkreis pflegen, jenseits aller politischen Ideale und Träume, sind dennoch die eigentlich politischen Menschen unserer Zeit! Ein wirklicher Egoist ist nur der, der all die zahllosen Annehmlichkeiten unserer modernen Zeit genießt und nicht zugleich auch eine echte menschliche, moralische Sehnsucht in seinem Herzen trägt. Solche Menschen kann niemand gewinnen – es sei denn, man verspricht ihnen kostenlose iPhones oder andere „Events“ und persönliche Vorteile!

Das Politische und das Menschliche fallen in unserer Zeit insofern zusammen, als wir vor der ungeheuren Aufgabe stehen, eine unmenschliche Diktatur wirklich zu durchschauen und zu beenden – um wahrhaft menschliche Verhältnisse zu gestalten.

Die politischen Parteien können dabei entweder Diener des Bestehenden sein und die Diktatur stützen – letztlich mit der geballten Staatsmacht, über die sie in der Regierung verfügen –, oder sie können Wegbereiter für das Neue sein, für eine erstmals wahrhaft menschlich gestaltete Gesellschaft. Das „Bündnis der Menschlichkeit“ tritt an, um genau dies letztere zu sein, wenn es das Mandat der in diesem Lande lebenden Menschen erhält.

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Diktatur des Profits und die TINA-Diktatur („There is no alternative“) ihr wohlverdientes Ende finden können!

Es gibt ein Leben nach dem Neoliberalismus. Und dort wird es erst menschlich...