Wie der Osterhase Hilfe bekam

aus: Maya Peter: Um Ostern mit Kindern. Ogham, 1994.


Es wollte gar nicht so recht Frühling werden. Der Himmel war mit dicken, grauen Wolken bedeckt und kein Sonnenstrahl konnte die Erde erreichen. Schnee­glöckchen hatten längst den Frühling eingeläutet, doch der Winter wollte den Schnee am Waldrand noch eine Weile liegen lassen. Unter der alten Weide nahe am Bach saß ein Osterhase — traurig ließ er die langen Ohren hängen und schaute mutlos in seinen Korb voll ungefärbter Eier. Manchmal schnupperte er in die Luft, so als ob er auf etwas warte.

Es waren nur noch wenige Tage bis zum Osterfest und der Osterhase sollte noch den ganzen Korb Eier bemalen. Wie aber sollte dies geschehen? Fehlten ihm doch die Farben. Der Winter war so bitter kalt, Bäche und Seen waren dick zugefroren und ebenso alle Farben unseres Osterhasen.

Während der Osterhase so saß und zum Himmel aufschaute, kam ein kleines Vöglein ge­flogen.

„Sag bloß, Osterhase, was bist du so traurig?“ piep­ste das Vöglein.
„Soll ich nicht traurig sein, alle meine bunten Farben sind eingefroren und in wenigen Tagen ist Ostern“, antwortete der Osterhase.
„Lieber Osterhase, ich will dir helfen, hoch in den Himmel will ich fliegen und die Sonne bitten, zu scheinen. Tirili, tirili,“ sang das Vöglein und flog hoch und im­mer höher, bis es der Osterhase nicht mehr sehen konnte.
 „Tirili, tirili, Sonne, Wolken und der Regenbogen werden dir helfen, hab nur Geduld, morgen wird alles gut sein.“

Der Osterhase nahm seinen Eierkorb und versteckte sich in der hohlen Weide, zuversichtlich schaute er zum Himmel und schlief ein.

Andern Tags regnete es. Der Osterhase war ganz naß und ungeduldig hoppelte er hin und her. „Wie soll das nur weitergehen?“ jammerte er. Da kam auf einmal die Sonne zwischen den Wolken hervor und schickte ihre Strahlen zur Erde. Während der Oster­hase sein nasses Fell schüttelte und ausklopfte, sieh, da bog sich ein Regenbogen vom Himmel zur Erde und leuchtete in seinen schönsten Farben. — „Tirili, tirili,“ jubelte die Lerche, „lauf, Osterhase, lauf mit deinem Korb und hol dir Farbe vom Regenbogen so­viel du brauchst“.

Sein Fell war noch immer naß, doch er nahm den Korb und lief und lief über Ackerfurchen und Hügel immer dem Regenbogen zu. Es war nicht leicht mit dem schweren Eierkorb.

Doch endlich hatte er den Regenbogen erreicht und genau an der Stelle, wo der Regenbogen die Erde be­rührte, saß ein kleines Elfenkind, es wartete schon auf den Osterhasen. Ein wenig noch verschnaufte sich der Osterhase, dann begann er mit seiner Arbeit und das Elfenkind half fleißig mit. Sie nahmen von allen Far­ben des Regenbogens und malten und malten, bis der ganze Korb voll lila, blauer, grüner, gelber, oranger und roter Eier war. Gerade als das letzte Ei im Korb lag, ging der Regenbogen langsam in den Himmel zurück und auch das Elfenkind war verschwunden.

Der Osterhase schaute ganz verdutzt, doch er hatte es eilig und rannte mit seinem Korb zurück.

An diesem Ostern lagen besonders helleuchtende Ostereier im Nest und die Kinder lachten und jubel­ten vor Freude. In der hohlen Weide am Bächlein saß der Osterhase und schnupperte vergnügt in die Luft, die Lerche sang ihr Frühlingslied und der Osterhase dankte den Wolken, der Sonne, dem Regenbogen und dem Elfenkind für ihre gütige Hilfe.