„Das hat man eben nicht mitgemacht...“

Von der „Philosophie der Freiheit“ als Übungsbuch des leibfreien Denkens

Rudolf Steiner, Vortrag vom 6.2.1923, GA 257, S. 50-58.


[...] Anthroposophie will also wiederum die Möglichkeit herbeiführen, Geist im Weltenall zu erkennen.
Indem Anthroposophie dieses anstrebt, tritt ihr auf ihrem Wege ein starkes Hindernis entgegen; dieses starke Hindernis möchte ich heute einmal ganz unbefangen charakterisieren. Es treten Men­schen auf, die das Anthroposophische mit Recht, mit vollem Recht, mit Enthusiasmus verkünden. Sie betonen dabei aber, daß sie bei dieser Verkündung eine Lehre geben, die ihrer Erfahrung zunächst nicht zugänglich sei, die sie vertreten als eine Lehre, die nur dem Geistes­forscher als solchem zugänglich sei. Dadurch wird ein Konflikt herbei­geführt mit der Geisteshaltung der heutigen Zivilisation. Die heutige Zivilisation macht dem Menschen einen Vorwurf, wenn er gewisser­maßen doch auf eine Art Autorität hin irgendeine Weltanschauung vertritt. Dieser Vorwurf würde ja wegfallen, wenn man gründlich ein­mal hüben und drüben einsehen würde, daß die Ergebnisse der Geistes­forschung, wie sie in der Anthroposophie gemeint sind, zwar gefunden werden müssen mit Methoden, die der einzelne sich auf verschiedenen Wegen aneignen muß, daß diese Ergebnisse aber von dem wirklich unbefangenen Menschenverstande, wenn sie einmal da sind, tatsächlich auch eingesehen werden können. Aber dasjenige, was auf einem gemeinsamen Boden des wirklich unbefangenen Menschenverstandes gefunden werden könnte, das wird dennoch nicht immer zu etwas Fruchtbarem führen, wenn nicht gerade auf dem Boden der Anthropo­sophie noch etwas auftritt wie eine Art anderer Haltung als es die­jenige ist, die viele von denen einnehmen, die heute auch Anthropo­sophie verkünden. Es handelt sich dabei um folgendes.

Ich möchte zurückverweisen auf mein Buch „Die Philosophie der Freiheit“, das ja vor drei Jahrzehnten der Öffentlichkeit übergeben worden ist. Und ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ich in diesem Buche bereits hingewiesen habe auf eine besondere Art des Denkens, die anders ist als diejenige, die man gewöhnlich heute zugibt. Wenn man heute vom Denken spricht, gerade wenn man in maßgebend­sten Kreisen vom Denken spricht, dann verbindet man mit diesem Be­griffe vom Denken den einer gewissen Passivität in der Haltung des Menschengeistes. Man übergibt sich als Menschengeist der äußeren Be­obachtung, man beobachtet oder experimentiert, und man verknüpft die Beobachtungen durch das menschliche Denken, kommt dabei zu Naturgesetzen, streitet vielleicht auch über die Geltung dieser Natur­gesetze, über ihre metaphysische oder bloß physische Bedeutung. Aber etwas anderes ist, diese Gedanken, die man sich so an der Natur macht, zu haben – oder sich nun wirklich aufzuklären darüber, wie man sich als Mensch verhält zu diesen Gedanken, die man sich bildet über die Natur, die man sich, so wie man sie heute über die Natur sich bildet, erst in der neuesten Zeit bilden kann. Denn die Naturgedanken einer älteren Zeit – noch des 13., 12., 11. nachchristlichen Jahrhunderts – waren eben in bezug auf die menschliche Seelenhaltung ganz andere. Denken heißt für den Menschen von heute, passiv die Erscheinungen verfolgen und über ihre Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit sich eben Vorstellungen zu bilden. Man läßt die Gedanken gewissermaßen an den Erscheinungen auftreten, man läßt sie passiv anwesend sein in der menschlichen Seele. Demgegenüber habe ich in meiner „Philosophie der Freiheit“ das aktive Element im menschlichen Denken betont, habe betont, wie der Wille einschlägt in das Gedankenelement, wie man gewahr werden kann die eigene innere Tätigkeit im sogenannten reinen Denken, indem ich zugleich gezeigt habe, daß aus diesem reinen Den­ken herausfließt alles dasjenige, was in Wirklichkeit moralische Impulse sein können. So daß ich also den Einschlag des Willens in die passive Gedankenwelt, dadurch die Auferweckung der passiven Gedanken­welt zu etwas, was der Mensch innerlich tätig, aktiv verrichtet, auf­zuzeigen versucht habe.

Was für eine Art von Lesen war nun vorausgesetzt bei dieser „Phi­losophie der Freiheit“? Bei dieser „Philosophie der Freiheit“ war eine besondere Art des Lesens vorausgesetzt. Es war vorausgesetzt, daß der Leser, während er das Buch liest, eine Art inneren Erlebnisses durch­macht, welches man wirklich äußerlich vergleichen kann mit dem Auf­wachen, das man morgens früh erlebt, wenn man vom Schlaf- in den Wachzustand übergeht. Man sollte sich gewissermaßen so fühlen: In dem passiven Denken habe ich auf einer höheren Stufe der Welt gegen­über doch nur geschlafen, jetzt wache ich auf –, so wie man des Mor­gens, wenn man aufwacht, weiß: Du bist passiv im Bette gelegen, du hast dich hingegeben dem Lauf des Naturgeschehens in deinem Leibe, du fängst jetzt an, innerlich tätig zu sein, du verbindest jetzt die Tätig­keit deiner Sinne mit dem, was draußen in der tönenden, farbigen Welt vorgeht, du verbindest jetzt die Tätigkeit deines eigenen Leibes mit deinen Intentionen. – Dieses Moment des Übergebens aus einem bloßen Erleiden in ein Tätigsein, das ist es, was auf einer höheren Stufe in ähnlicher Weise beim Lesen der „Philosophie der Freiheit“ in dem Menschen auftauchen sollte. Er sollte sich gewissermaßen sagen: Ja, ich habe bisher gedacht, aber dieses Denken bestand eigentlich darin, daß ich die Gedanken in mir strömen ließ, ich gab mich hin dem Strom der Gedanken. Jetzt beginne ich Stück für Stück meine innere Tätig­keit zu verbinden mit dem Gedanken; jetzt ist es so mit den Gedanken, wie wenn ich des Morgens aufwache und die Tätigkeit meiner Sinne verbinde mit der Farben- und Tonwelt oder die Tätigkeit meines Or­ganismus verbinde mit meinem Willen. – Dadurch aber, daß man ein solches Aufwache-Erlebnis hat – ich habe darauf hingedeutet in mei­nem Buche „Vom Menschenrätsel“, da wo ich über Johann Gottlieb Fichte spreche –, kommt man zu einer Seelenhaltung, die eben durchaus eine andere Seelenhaltung ist als diejenige, die heute die gewöhn­liche ist. Diese Seelenhaltung aber, zu der man da kommt, die führt einen nach und nach nicht bloß zu einer Erkenntnis, die man auf Au­torität hinzunehmen hat, sondern sie führt einen dazu, sich zu sagen: Ja, was sind denn diese Gedanken, die du früher gehabt hast und was ist denn die Tätigkeit, die du jetzt in deine passiven Gedanken, in die Gedanken, die du bloß zu erleiden hattest, hast hineinschlagen lassen? Was ist denn dasjenige, was da in dein früheres Denken hineingefahren ist, so wie das seelisch-geistige Leben des Morgens in den Leib fährt? – Ich meine damit nichts anderes als die äußere Tatsache des Aufwachens. Da kommt man eben dazu, ein Erlebnis zu haben über das Denken, welches man gar nicht haben kann, solange man nicht das Denken auch als Lebendiges, als Aktives kennenlernt.

Solange man bloß auf das passive Denken hinblickt, ist einem eben das Denken dasjenige, was sich im Menschenleibe entwickelt, wenn dieser Menschenleib durch seine Sinne die äußeren Dinge ansieht. Läßt man aber in dieses passive Denken hineinfahren die Aktivität des inneren Menschen, dann kann man dasjenige, was man früher gehabt hat, mit etwas anderem vergleichen; dann kann man erst anfangen, über das Wesen dieses passiven Denkens sich aufzuklären. Und dann kommt man dazu, daß dieses passive Denken ja eigentlich im Seelen­leben sich so ausnimmt wie ein Leichnam eines Menschen in der phy­sischen Welt. [...] Will man einen Leichnam verstehen, so muß man daneben einen lebendigen Men­schen anschauen. Will man das gewöhnliche Denken verstehen, so muß man sich sagen: Es ist tot, es ist ein Seelenleichnam, und das Lebendige davon war in dem vorirdischen Leben; da lebte die Seele ohne den Leib in der Lebendigkeit dieses Denkens, und das, was mir geblieben ist hier im irdischen Leben, das muß ich betrachten wie den Seelen­leichnam der lebendigen Seele des vorirdischen Lebens.

Das wird innere Erfahrung. Darüber kann man sich innerlich auf­klären, wenn man eben den Willen hineinschießen läßt in das Denken. In der Art muß man dieses Denken schon betrachten, indem man im Sinne der heutigen Menschheitsentwickelung die ethischen, die mora­lischen Impulse im reinen Denken aufsucht. Dann kommt man dazu, durch das reine Denken selber hinausgehoben zu werden aus seinem Leib in eine Welt, die nicht die irdische ist, und man weiß jetzt: Das, was du in deinem lebendigen Denken hast, das geht eigentlich diese physische Welt zunächst nichts an, aber es ist eine Realität; das geht eine Welt an, die deine Augen hier nicht sehen, in der du warst, bevor du in deinen physischen Leib heruntergestiegen bist. Das geht eine geistige Welt an. Und man kommt zuletzt dazu, sich aufzuklären dar­über, daß auch die Gesetze unseres Planetensystems solche sind, daß sie mit der Welt, in die man nun hineinversetzt ist durch das belebte Denken, nichts zu tun haben. So daß man bis zum Ende des Planeten­systems – ich will absichtlich im alten Sinne die Sache charakterisie­ren – gehen muß, um in eine Welt zu kommen, für die dasjenige eine Bedeutung hat, was man im lebendigen Denken erfaßt. Das heißt, man muß über den Saturn hinaus gehen, um die Welt zu finden, auf die jetzt die lebendigen Gedanken anwendbar sind, aber in der dasjenige zu finden ist, was aus dem Universum herein auch auf unserer Erde schöpferisch ist. – Jetzt hat man einen ersten Schritt gemacht in dem Zeitalter, das sich sonst nur versetzt fühlt auf das Staubkorn Erde im Weltenraum, jetzt hat man einen ersten Schritt gemacht, um wiederum hinauszugehen in das Weltenall, um ein Mittel zu haben, da draußen wiederum etwas schauen zu können, etwas schauen zu können mit dem lebendigen Denken. Man kommt jenseits des Planetensystems.

Und betrachtet man in der Weise, wie ich es in meiner „Philosophie der Freiheit“ getan habe, weiter den menschlichen Willen – ich habe in dieser „Philosophie der Freiheit“ mich beschränken wollen auf die bloß sinnengemäße Weit, bin erst in den folgenden Schriften weiter­gegangen, weil die Dinge ja nach und nach entwickelt werden muß­ten –, so kommt man dazu, daß ebenso wie in das passive Denken, in das Denken, das man nur zu erleiden hat, der Wille einschlägt und man hinausgeführt wird über den Saturn in das Universum, daß man eben­so, indem man in den Willen sich hineinvertieft, so, daß man gewisser­maßen mit seinem ganzen Wesen ruhig wird, wie ein ruhender Pol in der Bewegtheit der Willenswelt, die man sonst entfaltet, man nach der andern Seite weiterkommt. Wenn wir innerhalb unseres Leibes wollen, sind wir eigentlich in Bewegung. Selbst wenn das Wollen nur ein Wunsch ist, so liegt eine innere Stoffbewegung vor. Wollen ist, so wie es beim Menschen für das gewöhnliche Bewußtsein auftritt, Bewegung.

Der Mensch ist gewissermaßen in die Bewegung der Welt hineinver­setzt, indem er will. Gelingt es einem nun durch jene Übungen, die ich angegeben habe in meinem Buche „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“, dieser Bewegung, in der man innerhalb des Wollens steht, die Ruhe des eigenen Wesens entgegenzusetzen, gelingt es einem, wenn ich mich bildlich ausdrücken will, in der Seele stehenzubleiben, während man mit dem Leibe im Raume geht – es ist nur ein Bild, es muß angewendet werden auf alle Betätigungen des Willens –, gelingt es einem, in der Welt tätig zu sein und in der Seele ruhig zu bleiben, gewissermaßen die eigene Tätigkeit sich fortbewegen zu lassen und ruhig zuzuschauen seiner eigenen Tätigkeit: dann trägt man das Den­ken in den Willen hinein wie früher den Willen in das Denken. Dann kommt man nach der andern Seite aus der Welt heraus. Man kommt nämlich dadurch dazu, den Willen zu erkennen als etwas, das nun wiederum sich loslöst von dem physischen Leibe, das sogar einen her­ausführt aus der gewöhnlichen Erdengesetzmäßigkeit, und man lernt auf diese Weise kennen eine ganz besonders bedeutsame Tatsache be­züglich des Zusammenhanges des Menschen mit dem Universum. Man lernt sich sagen: Du hast in dir allerlei Triebe, Instinkte, Leidenschaf­ten, die schon innerhalb des Willensmäßigen liegen. Aber diese Triebe, Instinkte, Leidenschaften, die beim Leichnam fehlen, die gehören gar nicht der Welt an, die du mit deinen Experimenten erkennen kannst, indem du dich auf die irdische Sinnenwelt beschränkst. Das gehört einer andern Welt an, die in diese Welt hineingestellt ist und die von ihrer Wirksamkeit alles dasjenige zurückwirft, was in dieser Sinnes­welt liegt.

[...] Man kommt dazu, nach der andern Seite in das Universum hineinzukom­men, nämlich nach der Seite, die äußerlich-physisch durch den Mond charakterisiert wird. So wie der Mond das Sonnenlicht zurückwirft, es nicht aufnimmt, sondern in sich das Sonnenlicht freiläßt, indem er alles zurückstrahlt, so strahlt er auch andere Kräfte des Universums zurück. Er schließt sie aus, er gehört einer andern Welt an, als die­jenige ist, durch die wir die Dinge sehen. Wir sehen die Dinge durch das Licht, der Mond strahlt uns das Licht zurück, er nimmt es nicht in sich auf. Wir werden auf der einen Seite durch das Denken, das sich selbst erfaßt in innerer Tätigkeit, bis auf den Saturn hinaufgeführt. Wir werden auf der andern Seite, indem wir den Willen erfassen, in die Mondentätigkeit hineingeführt, lernen den Menschen in Beziehung setzen zum Universum, werden hinausgeführt über das Staubkorn Erde, schwingen wieder unsere Erkenntnis auf zum Universum, finden wiederum etwas im Universum, was verwandt ist demjenigen, was in uns seelisch-geistig lebt. Und wenn wir dann auf der einen Seite das vom Willen durchtränkte aktive Denken in unserer Seelenhaltung haben, auf der andern Seite den vom Denken durchtränkten Willen und uns bewußt geworden sind: auf der einen Seite kommen wir an die Grenze des Planetensystems bis ins Saturnische, auf der andern Seite, innerhalb des Irdischen, aus dem Planetensystem hinaus über das Universum in das Mondenhafte, wenn wir uns fühlen mit unserem Be­wußtsein im Universum, so wie wir uns hier auf der Erde mit unserem Bewußtsein im Irdischen fühlen, und dann mit diesem Bewußtsein, das nun, so wie das gewöhnliche Bewußtsein das Irdische miterlebt, das Universell-Himmlische miterlebt, wenn wir mit einem solchen Bewußt­sein im Himmlischen darinnenstehen und da das Selbstbewußtsein erlangen, dann taucht die Erinnerung auf an die früher zugebrachten Erdenleben, dann werden die wiederholten Erdenleben eine Tatsache des Weltengedächtnisses, das wir uns angeeignet haben. Man braucht sich nicht zu wundern darüber, daß im Irdischen nicht erinnert wer­den können die wiederholten Erdenleben; denn dasjenige, was da­zwischen liegt, wird ja nicht auf der Erde durchgemacht, und die Wirk­samkeit des einen Erdenlebens in das spätere kommt nur dadurch zu­stande, daß der Mensch sich vom Irdischen erhebt. Wie sollte der Mensch sich an die früheren Erdenleben erinnern, wenn er nicht sich zuerst aufschwingen würde zu einem himmlischen Bewußtsein!

Ich habe heute nur skizzenhaft darüber reden wollen, denn ich habe ja über solche Dinge hier auch schon oftmals geredet. Ich habe gewis­sermaßen andeuten wollen die Regionen, in denen sich die anthropo­sophische Forschung bewegt, namentlich in den letzten Jahren bewegt hat. Diejenigen, die prüfen wollen, was hier vorgegangen ist, die wer­den wissen, wie sich die Haltung meiner Vorträge in den letzten Jahren gerade in solchen Regionen bewegt hat. Es hat sich darum gehandelt, allmählich eine Klärung darüber hervorzurufen, wie man aus dem gewöhnlichen Bewußtsein in ein erhöhtes Bewußtsein hineinkommen kann. Und obwohl ich immer wieder gesagt habe, der gewöhnliche, unbefangene Menschenverstand kann die Ergebnisse der Anthropo­sophie einsehen, so habe ich auch betont, daß für jeden heute zugäng­lich ist eine solche Bewußtseinshaltung, durch die er unmittelbar selber ein neues Denken und ein neues Wollen erreicht, wodurch er sich hin­einversetzt fühlt in diejenige Welt, von der Anthroposophie redet. Dasjenige, was notwendig gewesen wäre, das ist, daß man abgekommen wäre davon, so etwas wie meine „Philosophie der Freiheit“ mit der­selben Seelenhaltung zu lesen, wie man etwa andere philosophische Darstellungen liest. Man hätte sie in der Seelenhaltung lesen müssen, durch die man aufmerksam wird darauf, daß man in eine ganz andere Art des Denkens, des Anschauens und des Wollens hineinkommt. Dann aber würde man gewußt haben: Man erhebt sich mit dieser andern Be­wußtseinshaltung von der Erde in eine andere Welt hinein, und dann entspringt aus dem Bewußtsein einer solchen Seelenhaltung eben jene innere Festigkeit, welche mit Überzeugung reden darf von demjenigen, was die Geistesforschung ergründen kann. Liest man die „Philosophie der Freiheit“ in richtigem Sinne, dann redet man über das, was der Geistesforscher zu sagen hat, der eben mehr ergründen kann als das­jenige, was der Anfänger kann, mit Sicherheit, mit innerer Überzeu­gung. Aber ein solcher Anfänger, wie ich ihn jetzt charakterisiert habe, kann eben schon durch das richtige Lesen der „Philosophie der Freiheit“ jeder werden. Dieser Anfänger kann dann von dem Ausführ­licheren, das der entwickelte Geistesforscher sagen kann, so reden wie derjenige, der Chemie gelernt hat, von Forschungsresultaten redet, die er auch nicht angesehen hat, von denen er aber weiß aus dem, was er gelernt hat, aus dem, wie man über die Sachen redet und wie sie der realen Sphäre des Lebens angehören. Immer kommt es darauf an, wenn es sich um Anthroposophie handelt, daß eine gewisse Seelenhaltung eintritt, nicht bloß das Behaupten eines andern Weltbildes, als man es im gewöhnlichen Bewußtsein hat. Das hat man eben nicht mitgemacht, die „Philosophie der Freiheit“ anders zu lesen, als andere Bücher gelesen werden. Und das ist es, worauf es ankommt, und das ist es, worauf jetzt mit aller Schärfe hingewiesen werden muß, weil sonst eben einfach die Entwickelung der Anthroposophischen Gesellschaft ganz und gar zurückbleibt hinter der Entwickelung der Anthropo­sophie. Dann muß die Anthroposophie auf dem Umwege durch die Anthroposophische Gesellschaft von der Welt ja gänzlich mißverstan­den werden, und dann kann nichts anderes herauskommen als Konflikt über Konflikt!