Begeisterung und Enthusiasmus – das notwendige Lebenselement der Anthroposophie

Worte Rudolf Steiners über die Notwendigkeit lebendiger Begeisterung und eines wirklichen Enthuasiasmus. Für weitere Zitate siehe auch: Begeisterung - Grundvoraussetzung der Waldorfschule.

Die in der Gegenwart herrschenden Lebenstendenzen werden immer stärker werden, bis sie sich zuletzt in sich selber vernichten werden. Da schaut derjenige, der das soziale Leben geistig durchblickt, wie überall furchtbare Anlagen zu sozialen Geschwürbildungen aufsprossen. Das ist die große Kultursorge, die auftritt für denjenigen, der das Dasein durchschaut. Das ist das Furchtbare, was so bedrückend wirkt und was selbst dann, wenn man allen Enthusiasmus sonst für das Erkennen der Lebensvorgänge durch die Mittel einer geisterkennenden Wissenschaft unterdrücken könnte, einen dazu bringen müßte, von dem Heilmittel so zu sprechen, daß man Worte darüber der Welt gleichsam entgegenschreien möchte. Wenn der soziale Organismus sich so weiter entwickelt, wie er es bisher getan hat, dann entstehen Schäden der Kultur, die für diesen Organismus dasselbe sind, was Krebsbildungen im menschlichen natürlichen Organismus sind.
1919, GA 23, S. 145, Die Kernpunkte der sozialen Frage.

Was bedeutet dem Deutschen die Philosophie am Beginne unseres Jahrhunderts, was heute? Damals war sie die Losung des Tages ... Philosophische Fragen waren für eine Zeitlang Tagesfragen, sie wurden behandelt, wie man heute politische, nationale oder wirtschaftliche Fragen behandelt. ... Im Herzen erwachte das tiefste Bedürfnis, in die Geheimnisse des Welträtsels einzudringen, und der Geist hielt sich zugleich für fähig, gestützt auf seine eigene Kraft – ohne Offenbarung, ohne Erfahrung –, diesem Bestreben Genüge zu tun. Wie anders liegen die Dinge heute! Das Vertrauen in unser Denken ist uns völlig verlorengegangen. Man betrachtet es einzig und allein als Werkzeug der Beobachtung, der Erfahrung, wie man es einst nur als Werkzeug für die Auslegung der von der Kirche aufgestellten Dogmen gehalten hat. Man verzichtet überhaupt auf die Lösung der großen Rätselfragen, die Natur und Leben an uns stellen. Aristotelische Arbeitsseligkeit haben wir; platonischer Enthusiasmus fehlt uns aber. Wir verschwenden unendliche Mühe auf die Detailforschung, die ohne große leitende Gesichtspunkte denn doch keinen Wert hat. Man vergißt dabei nur, daß wir auf dem besten Wege zu einem Standpunkte sind, den wir für längst überwunden halten: auf dem Wege zum blinden Dogmenglauben.
Dezember 1886, GA 30, S. 241f.

Jeder kann es fühlen, wenn er sich auf bloße Gedankengebäude einläßt, daß ihm geistig kalt wird, daß ihm so wird, als hätte er sich nicht der Welt genähert, sondern sich vom vollsaftigen Dasein entfernt, als hätte er wirklich aus dem Dasein den Saft ausgedrückt wie aus einer Zitrone. Aber man muß noch etwas anderes empfinden können, wie man doch wieder für die kristallene Klarheit, für die wunderbare Architektonik eines Gedankengebäudes Leidenschaft, Enthusiasmus empfinden kann, wie man in einer gewissen Weise sagen kann: Was scheinbar so abstrakt ist, das sind dennoch die größten Gedankenerrungenschaften, die der Mensch in sich erleben kann, und die ihm zeigen, wie das gedankliche Schaffen durch die Welt waltet. So muß man Enthusiasmus, Gefühl und Empfinden in die Welten hinauftragen, die wegen ihrer Abstraktionen so leer erscheinen können, muß sich begeistern können für das, was wie ein Gedankenlicht uns erscheint, wenn wir uns zu ihm erheben. Ein Denker, der bloß denkt und nicht Begeisterung empfinden kann für die durch die Welt webenden Gedanken, kann in der Tat niemals in die übersinnliche Welt eindringen.
19.10.1911, GA 61, S. 22f.

Aber auch der Gedanke kann wieder erweckt werden zum Gefühl, und er kann sich umgestalten in den Willen. Wenn man zuschaut in der Weise, wie es auch hier öfter angedeutet worden ist, wie ein Gedanke uns erfaßt als ein Ideal und dann uns durchpulst und sich mit Enthusiasmus seelisch durchdringt, so daß er Wille wird, dann erlebt man, ich möchte sagen, eine Geburt, wenn man das betreffende Erlebnis ins seelische Beobachten herauf erhoben hat. Dieses innere seelische Erleben, das ist dasjenige, was sich ergibt als eine Folge der Übungen, die zum Beispiel in meinem Buche „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ geschildert worden sind. Dadurch aber wird, wie Sie sehen, ein inneres Seelenleben erschlossen, das ja hinter dem gewöhnlichen Seelenleben liegt. Das gewöhnliche Seelenleben verläuft in Denken, Fühlen und Wollen getrennt. Aber dieses Seelenleben, das ich eben geschildert habe, liegt hinter dem gewöhnlich der äußeren Sinnenwelt zugewendeten Denken, Fühlen und Wollen. Es ist nicht etwas, was der Geistesforscher etwa erst schafft; es ist etwas, was er nur innerhalb des gewöhnlichen Denkens, Fühlens und Wollens erlebt, worauf er nur kommt. Er schafft es ebensowenig, wie jemand, der von draußen hereinkommt und den Tisch hier sieht, nun den Tisch schafft, obwohl er sein Bild schafft, indem er hereintritt und den Tisch anschaut. So schafft der Geistesforscher das Bild des Seelenlebens, das hinter dem gewöhnlichen Seelenleben liegt; aber dieses Seelenleben ist in jeder Menschenseele vorhanden. Es liegt, wenn man so sagen mochte, unter der Schwelle des gewöhnlichen Bewußtseins, das der Außenwelt oder überhaupt dem sinnlichen Erfassen zugewendet ist.
15.4.1916, GA 65, S. 650f.

Es ist, als ob der moderne Mensch geradezu den Zusammenhang mit jedem Enthusiasmus für die Wahrheit, für die lebendige Wahrheit verloren hätte und schlafend selbst vorbeigehen würde an einer solchen Lebensfremdheit, wie sie jetzt wiederum in der Antrittsrede des amerikanischen Präsidenten geklungen hat.
8.4.1921, GA 76, S. 184.

Man hat nötig nicht bloß „praktische“ Ideengemenge, sondern man hat nötig wirkliche Impulse, um ideenerfüllte soziale Kräfte anzuregen, wenn es sich um soziale Praxis handeln soll. Und in dem Augenblicke, wo man aufbringen wird das Verständnis für diesen Tatbestand, wird man erst lernen, über das, was die Dreigliederung eigentlich will, richtig zu denken.
Weil das aber hinunterreicht in Gemüt und Wille, so wird vorausgesetzt für dieses Verständnis der Dreigliederung nicht nur ein theoretisches Interesse an der Wahrheit und an einer theoretischen Diskussion, sondern vorausgesetzt wird Enthusiasmus und Bekenntnis für und gegenüber der Wahrheit. Solange wir nicht imstande sind, die Wahrheit in unseren Willen aufzunehmen, sie aus der Theorie herauszuholen und unseren ganzen Menschen damit zu durchdringen, kann auch nicht einmal der Anfang zu einer fruchtbaren Behandlung der sozialen Frage und sozialen Praxis entstehen.
8.4.1921, GA 76, S. 193.

So, meine lieben Kommilitonen, so wollen wir aus dem Geiste wahrhaft anthroposophischer Gesinnung heraus zusammenar­beiten, damit hineinfließe, was die Menschheit braucht: vor allen Dingen Kraft der Jugend, Begeisterung der Ju­gend –, und daß hineinfließe auch jener Ernst, welchen die Jugend durch den Umgang mit der Wissenschaft er­lebt. Fest wollen wir stehen auf dem Boden streng wis­senschaftlicher Anschauung. Heraus aber wollen wir aus der Abstraktheit, aus dem bloß Theoretischen, aus den toten Begriffsgespinsten. Übergehen wollen wir zu dem lebendigen Erfassen der vollen Wirklichkeit, die sich auslebt nicht nur in der äußeren Sinneswelt, die sich aus­lebt auch in der seelischen und geistigen Welt.
30.7.1921, GA 77a, S. 173.

Es ist heute durchaus so, daß man sagen kann: Was auch immer auftaucht an Anschauungen, an Impulsen, um den Niedergangskräften Aufgangskräfte entgegenzusetzen – das menschliche Vorstellungsleben ist nicht mehr empfänglich genug, das menschliche Vorstellungsleben entwickelt passive, aber nicht innerlich aktive Kräfte, artet sich nicht mehr so, daß es etwas mit Enthusiasmus ergreifen kann, um zu sehen, ob es standhält im Leben. Dieses innerlich Tätige des Vorstellungslebens ist einer gewissen Bequemlichkeit gewichen. Wenn man irgend etwas hört, was einem ungewohnt ist, was man nicht selbst schon gedacht hat, möchte man nicht das Innere so anstrengen, daß nun anders konturierte Vorstellungen, anders tingierte Vorstellungen aufleben in einem als diejenigen, die schon dagewesen sind. Man prüft nicht eigentlich an dem inneren Leben, das einem ermöglicht ist, dasjenige, was auftaucht, sondern man fragt nur: Bin ich gewöhnt daran, daß solche Vorstellungen in mir auftauchen? Findet man, daß man nicht gewohnt ist, daß solche Vorstellungen auftauchen, wie sie einem entgegengebracht werden, dann läßt man sich nicht auf sie ein. Ich will nicht einmal sagen, daß man immer energisch ablehnt, sondern man greift gar nicht an, man läßt die Vorstellungen vorübergehen.
29.8.1921, GA 78, S. 21f.

Und so erkennen wir ja, wie erst im Leben selbst Gefühl und Wille engagiert werden an der Sinneswelt und an der Gedankenwelt. Im vollsten Sinne des Wortes aber erfahren wir das erst, wenn wir nun durch übersinnliche Erkenntnisse, frei vom physischen Leib und frei vom ätherischen Leib, uns außerhalb derselben erleben in dem gefühls- und willensmäßigen Wesen des Menschen. Und da zeigt sich, daß man anfangen muß, ganz anders zu reden über die Welt, als man im gewöhnlichen Leben, im gewöhnlichen Bewußtsein redet. Man muß anfangen, das, was man sonst in der Wissenschaft gewöhnt ist, mit trockenen Ideen, mit Naturgesetzen, die uns theoretisch wohl interessieren, aber innerlich doch teilnahmslos lassen, darzustellen, zu durchdringen mit gewissen Wortnuancen, die in anderer Weise charakterisieren, als man die äußere Welt im gewöhnlichen Leben zu charakterisieren versucht ist. Durch diese übersinnliche Erkenntnis wird das innere Erleben wesentlich intensiver. Man lebt mehr als sonst die äußere Welt mit. Man ist gar nicht imstande, im Erkennen teilnahmslos und kalt sich den inneren Ideen hinzugeben. Freilich ist man dadurch ausgesetzt dem Vorwurf, daß eine gewisse innere Wärme, daß das Gefühl erwacht, und daß man dadurch, daß der subjektive Sinn erwacht, die Objektivität fälschen würde. Allein diesen Vorwurf erheben nur diejenigen, die die Verhältnisse nicht kennen.
Was man in der übersinnlichen Erkenntnis schaut, das macht, daß man anders spricht von den übersinnlichen Erkenntnisobjekten. Anders werden diese nicht, weniger objektiv werden diese nicht, denn sie sind eben objektiv.
1.12.1912, GA 79, S. 143f.

Wir brauchen etwas, was uns Kraft gibt, den Idealen zu folgen, was uns inneres Leben gibt, diese Ideale zum Glühen zu bringen, etwas, was unseren Willen erregt zum vollen, für die Welt fruchtbaren Enthusiasmus für die Ideale, für das geistige Leben.
7.6.1922, GA 83, S. 195.

In bezug auf Verstandeskultur haben wir ja außer­ordentlich vieles geleistet. ... Aber ... es handelt sich darum, daß man in der Lage ist, nicht nur verstandesmäßige Bildung heute zu verbreiten, um soziale Gestaltungen zu begründen, sondern daß man in der Lage ist, den Menschen warm zu machen, den Menschen zu begeistern, zu begeistern nicht dadurch, daß man große und hohe Worte macht, daß man seine Reden schön formt, sondern dadurch, daß man etwas zu sagen hat, bei dem der Mensch erfühlt und empfindet: das rührt an mein Menschentum.
10.6.1922, GA 83, S. 259f.

Nehmen wir an, ein Mensch nimmt viel Geistiges in sich auf, und das Aufgenommene dringt in den Menschen ein. Wirklich fruchtbrin­gend wird es für den geistigen Menschen erst dann sein, wenn er das Aufgenommene mit Enthusiasmus und Liebe umfaßt. Da erst wird die Arbeit auch eine Arbeit des inneren Menschen, da saugt er das Geistige heraus und macht es zu einem Teil seines geistigen Ich. Das Gefühl ist es, das uns hilft, das geistig Erworbene zu unserem Eigentum zu machen.
5.6.1910, GA 125, S. 67.

In der geistigen Welt haben eben Gedanken, so wie sie jetzt sind im Leben zwischen Geburt und Tod, keine Bedeutung, sondern sie haben nur eine Bedeutung in einer gewandelten Form. Wenn jemand zum Beispiel einen großen Gedanken hat, so kann dieser Gedanke noch so groß sein: wenn der Mensch durch die Pforte des Todes geht, ist der Gedanke als Gedanke fort. Aber der Enthusiasmus und die Empfindung und das Gefühl, das aufgelebt hat unter dem Einfluß des Gedankens, das geht durch die Pforte des Todes. Von der Anthroposophie selber nimmt der Mensch nicht die Gedanken mit, wohl aber das, was er an den Gedanken erlebt hat bis in die Einzelheiten, nicht nur die allgemeine Grundempfindung.
23.1.1912, GA 135, S. 21f.

Viele sind unter uns, die hören sich die Lehren der Anthroposophie an und nehmen sie wie eine äußere Wissenschaft, so daß sich in den Köpfen von vielen Anthroposophie gewissermaßen nicht unterscheidet von äußerer Wissenschaft. Aber Anthroposophie ist erst dann in richtigem Sinn verstanden, wenn sie nicht bloß mit dem Kopf aufgefasst wird, sondern wenn sie uns in jeder ihrer Äußerungen Enthusiasmus gibt, wenn sie in uns so lebt, daß sie den Übergang findet von Nervensystem zu Blutsystem. Wenn wir uns erwärmen können für die Wahrheiten, die in der Anthroposophie enthalten sind, dann erst verstehen wir sie.
13.6.1916, GA 169, S. 43.

Wir brauchen nicht nur Gescheitheit, mit der das spirituelle Geistesgut durchdrungen werden soll, wir brauchen vor allen Dingen sehr, sehr dringlich – ja, wie soll ich es ausdrücken –, wir brauchen bei den Menschenseelen, an die das spirituelle Geistesgut herankommt, Temperament, Enthusiasmus, Feuer, Wärme. Wir brauchen Menschen, welche mit der ganzen, vollen Seele dasjenige vertreten, was spirituelles Geistesgut ist.
19.8.1918, GA 183, S. 58.

Und zwischen alledem pendeln dann diejenigen, die eigentlich weder das eine noch das andere sein wollen, weder das Luziferische richtig beurteilen noch das Ahri­manische richtig beurteilen, sondern beides meiden wollen. Nur ja nicht Ahriman! – Das darf ich nicht tun, das will ich nicht tun, denn da komme ich ins Ahrimanische hinein. – Das darf ich nicht tun, das will ich nicht tun, da komm ich in das Luziferische! – Und man will „ganz brav“ sein, weder in das Ahrimanische noch in das Luzi­ferische hineinkommen.
Ja, darum handelt es sich nicht, sondern es handelt sich darum, Ahrimanisches und Luziferisches zu betrachten wie zwei Waagschalen, die beide da sein müssen. Und den Waagebalken, der im Gleich­gewichtszustande zwischen beiden ist, müssen wir darstellen. Das ist dasjenige, um was es sich handelt.
Und wie können wir uns zu einer solchen Sache erziehen? Indem wir das, was in uns ahrimanisch auftritt, sehr stark mit einem luzi­ferischen Elemente durchdringen. Was tritt ahrimanisch auf im heu­tigen Menschen? Die Erkenntnis der Außenwelt. Das Allerahrimanischeste ist das materielle Erkennen der Außenwelt, denn diese ist nur ein bloßes Blendwerk. Können wir uns aber dafür begeistern, ent­wickeln wir Interesse dafür, interessiert es uns furchtbar, was da für ein Blendwerk entsteht aus Chemie, aus Physik, aus Astronomie und so weiter, dann bringen wir etwas, was eigentlich dem Ahriman gehören soll, durch unser eigenes luziferisches Interesse von Ahriman los.
Gerade das möchten die Menschen nicht. Den Menschen ist das sehr langweilig. Und viele, die eigentlich das äußere materielle Wissen flie­hen, die verkennen ihre Aufgabe und bereiten dem Ahriman die aller­beste Inkarnation im Erdendasein. Und was in dem Inneren der heu­tigen Menschen aufquillt, das hat wiederum einen sehr stark luziferi­schen Charakter. Wie können wir nach dieser Seite uns richtig erzie­hen? Indem wir gerade mit unserem eigenen Ahrimanischen in uns hineingehen, das heißt versuchen, alle Illusionen über unser eigenes Innere zu vermeiden, und indem wir uns so nehmen, wie wir sonst die Außenwelt nehmen, also uns selber so betrachten, wie wir sonst die Außenwelt betrachten. Der heutige Mensch muß eigentlich er­leben, wie er gar sehr nötig hat, sich zu so etwas erst zu erziehen.
2.11.1919, GA 191, S. 219f.

Draußen in der Welt müssen die Dinge verkündet werden, die mit der Drei­gliederung zusammenhängen. Hier an diesem Orte möchte man, daß man in den Seelen das nötige Feuer, den nötigen Enthusiasmus erwec­ken kann, damit diejenigen, welche sich vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkte aus ein solches Verständnis erwerben können, alles tun, um den anderen das nötige Verständnis beizubringen, beizubringen durch die Wärme der eigenen Überzeugung, durch den eigenen Enthu­siasmus. Mit jener Oberflächenerkenntnis, welche heute die Menschen draußen in der Welt haben und die eben zu solchen Dingen führt, daß man glaubt, die Erde könne sich auch entwickeln, wenn der Mensch nicht dabei wäre, mit solcher Oberflächenerkenntnis ist der nötige Ernst für unsere Zeit nicht zu erzielen. Daher gehen wir heute durch die großen Städte, und es blutet uns das Herz über den jeglichen Man­gel an Zusammenhang mit dem, was eigentlich in der Menschheitsent­wickelung geschieht.
14.9.1919, GA 193, S. 151.

Das ist dasjenige, worauf heute hingewiesen werden muß, daß eine gesunde Entrüstung über das Ungesunde der Quellpunkt sein muß für die Begeisterung, für die neuen notwendigen Wahrheiten. Es ist heute sogar weniger notwendig, daß man den Menschen Wahrheiten überliefert, als es notwendig ist, daß man in diese lethargischen Nervensysteme Feuer­kraft hineinbringt. Denn Feuerkraft ist heute dem Menschen notwen­dig, nicht mystische Schläferei. Nicht Sehnsucht nach mystischer Ruhe, sondern Dienen dem Geistigen, das ist es, um was es sich heute handelt. Die Verbindung mit dem Göttlichen muß heute in der Aktivität, nicht in der mystischen Faulheit und Bequemlichkeit gesucht werden.
9.3.1920, GA 197, S. 56.

Wenn genügend gearbeitet werden wird in der Richtung hin nach der Entwickelung des Enthusiasmus und des Bekenntnisses gegenüber der Wahrheit, dann muß dasjenige, was wir brauchen, damit wir wieder Aufgangskräfte bekommen in der menschlichen Zivilisation, doch erreicht werden.
9.4.1921, GA 204, S. 60.

Und wünschen möchte man sich, recht sehr wünschen möchte man für die Geisteswissenschaft eine solche Anhängerschaft, die wirklich tief durchdrungen davon wäre, daß heute ein ernstes Sich-Bekennen notwendig ist zu Erkenntnissen, die einen starken Weltumschwung bewirken. Denn es geht heute mit kleinen Dingen nicht ab.
Das ist dasjenige, wovon man wünschen möchte, daß es denn doch Platz griffe: daß Anthroposophie sich eine enthusiastische Anhängerschaft erwerben könnte, die glühend wäre für Realisierung dieser Anthroposophie.
17.7.1921, GA 205, S. 241.

Wollen wir mit der Spiritualität ernst machen, dann müssen wir selbst uns mutvoll gestehen: Wenn es in uns nicht geht, mit der Welt mitzuleben, so kommt das davon her, daß wir neue Herzen haben müs­sen. Das sollen wir aber nicht bloß als Phrase empfinden. ... Deshalb: Begeisterung, meine lieben Freunde! ... Wir brauchen heute wirklich eine Über­windung des in sich Klebenden, des Müden. ... Wir haben es nötig, wirklich in Begeisterung zu kommen. ... Begeisterung trägt den Geist in sich. ... Enthusiasmus braucht man. Enthusiasmus trägt den Gott in sich. Da ist der Gott im Worte.
Innerlich zusammenwachsen mit der Flamme, die sich heute entzün­det, auf daß die Michael‑Impulse verwirklicht werden! Ohne daß Flammen da sind, können sie nicht verwirklicht werden. Aber um durchflammt zu leben und zu arbeiten, dazu ist notwendig, daß man selber Flamme wird.
20.7.1924, GA 217a, S. 185ff.

Das ist das­jenige, was eigentlich von Anthroposophie ausgehen soll, wach sein, Enthusiasmus haben, die Erkenntnis in wirkliche Tätigkeit, in Tat über­führen, so daß der Mensch nicht nur etwas weiß, sondern etwas wird durch Anthroposophie. Dann erst hat die Anthroposophie ein Ziel und kann ein solches Ziel auch wirklich erreichen.
22.10.1922, GA 218, S. 87.

Es gibt zweierlei Art, Anthroposophie zu erleben. Es gibt noch mannigfaltige Differenzierungen dazwischen, ich will nur die beiden Extreme anführen. Die eine Art ist diese: Man setzt sich auf seinen Stuhl, nimmt ein Buch, liest es, findet es ja ganz interessant, findet es tröstlich für den Menschen, daß es einen Geist gibt, daß es eine Unsterblichkeit gibt, man findet sich recht wohl dabei, daß es das gibt und daß der Mensch der Seele nach nicht tot ist, wenn er auch dem Körper nach tot ist. Man findet sich mehr befriedigt an einer solchen Weltanschauung als an einer materialistischen, man nimmt sie auf, wie man vielleicht die abstrakten Gedanken der Geographie aufnimmt, nur daß, was er bei der Anthroposophie erhält, für den Menschen tröstlicher ist. Gewiß, das ist die eine Art: Man steht von seinem Sitz wieder so auf, wie man sich eigentlich niedergesetzt hat, nur daß man eine gewisse Befriedigung an der Lektüre gehabt hat. Ich könnte ja auch von einem Vortrage reden, statt von der Lektüre. Nun gibt es eine andere Art, Anthroposophie auf sich wirken zu lassen, die Art, daß man Dinge, wie zum Beispiel die Idee vom Streite Michaels mit dem Drachen, so in sich aufnimmt, daß man eigentlich innerlich verwandelt wird, daß es einem ein wichtiges, einschneidendes Erlebnis ist, und daß man im Grunde genommen als ein ganz anderer von seinem Sitze wieder aufsteht, nachdem man so etwas gelesen hat.
28.9.1923, GA 223, S. 116.

Innerhalb der modernen In­itiationswissenschaft müssen wir von der naturwissenschaftlichen Erkenntnisweise ausgehen – nicht von der Naturwissenschaft selbst, aber von der naturwissenschaftlichen Erkenntnisweise –, denn das wird den Menschen im Laufe der nächsten Zukunft allein befriedigen können. Allein, in bezug auf Spezialgebiete werden wir doch, wenn wir wirklich das Anthroposophisch‑Inhaltliche, über­haupt alles Inhaltliche irgendeines spirituellen Strebens durchdrin­gen wollen mit der nötigen Stimmung, mit dem nötigen Auf­schwung der Seele, mit dem heiligen Enthusiasmus, mit dem wir es durchdringen sollen, um es wirklich zu verstehen – wenn wir das wollen, dann werden wir nicht die Worte aus der gewöhnlichen Umgangssprache heraus nehmen dürfen, sondern wir müssen die Worte so ansehen, als ob eigentlich alle Worte bis zu unserer Zivilisation herunter einen Sündenfall durchgemacht hätten.
20.8.1923, GA 227, S. 74f.

Es steht einem ja heute nicht mehr frei, irgend etwas in die Welt tragen zu wollen oder nicht ... Es müssen gewissen Dinge eben gemacht werden! Und dazu fehlt eben vielfach der Enthusiasmus. Diesen Enthusiasmus, den möchte man so gerne in der Gesellschaft sich entfalten sehen!
23.11.1923, GA 232, S. 221.

Und verwundert stehenbleiben können vor den Unbegreiflichkeiten selbst des allertäglichsten Daseins, das ist im Grunde genommen erst der Anfang für wirkliches Erkenntnisstreben.
Das ist es ja, wonach von diesem Rednerpulte aus so oft der Seufzer ertönt ist: Man möge innerhalb anthroposophischer Kreise Enthusiasmus haben für das Suchen, Enthusiasmus haben für das, was eben in anthroposophischem Streben drinnenliegt. Und dieser Enthusiasmus muß wirklich damit beginnen, das Wunderbare in der Alltäglichkeit wirklich als etwas Wunderbares zu ergreifen.
27.4.1924, GA 236, S. 82f.

Bewußtsein soll der wahre Anthroposoph haben, daß es sich heute darum handelt, teilnehmend hineinzuschauen und mitzuarbeiten an dem Kampf zwischen Ahri­man und Michael. ... Aber indem man diese Dinge in sich aufnimmt, indem man sich sagt: Du Menschenseele, du kannst dazu berufen werden, wenn du verstehst, mitzuwirken an der Sicherung der Michael‑Herr­schaft – kann zu gleicher Zeit das entstehen, was man nennen möchte einen hingebenden inneren Jubel der menschlichen Seele, so kraftvoll sein zu dürfen. Aber die Stimmung zu dieser mutvollen Kraft, zu die­sem kräftigen Mut muß man finden. ... Sich zu wissen in diesem Kampfe, sich zu wissen in dieser Ent­scheidung zwischen Michael und Ahriman, das ist etwas, was zu dem gehört, meine lieben Freunde, das man anthroposophischen Enthusias­mus, anthroposophische Begeisterung nennen kann.
28.7.1924, GA 237, S. 119.

Wer verstehen will, daß Kraft und Energie und Ausdauer und heilige Begeisterung notwendig sind, um das, was nun schon einmal für das heutige Zeitalter gehört: Intellektualismus, umzuwandeln in Spiritualität, so daß die Gedanken, die Ideen sich erheben in die geistige Welt und man mit Ideen ebenso zum Geiste hinauf den Weg finden kann wie hinunter zu der Natur, wer das verstehen will, der muß eben sich klar sein darüber, daß zunächst der Intellektualismus die denkbar stärksten Hemmnisse bietet für das Sichoffenbaren eines in der Seele befindlichen Spirituellen. Und nur dann, wenn man gewissermaßen aufmerksam darauf ist, wird man als Anthroposoph den innerlichen Enthusiasmus finden, die Ideen der Anthroposophie aufzunehmen, die ja nun schon einmal mit dem Intellektualismus des Zeitalters rechnen müssen, die sozusagen das Kleid des zeitgenössischen Intellektualismus annehmen müssen. Aber ein solcher Mensch wird auch durchdrungen werden können davon, daß er mit den ja nicht auf die äußere Sinnenwelt bezüglichen Ideen der Anthroposophie ausersehen ist dazu, dasjenige zu erfassen, worauf sich diese Ideen beziehen: das Geistige. Es bleibt das Sichversenken in die Ideen der Anthroposophie dennoch dasjenige, was den heutigen Menschen, wenn er nur will, am sichersten hinaufleiten kann in die Spiritualität.
23.9.1924, GA 238, S. 153.

Und wir stellen uns nur dann in der richtigen Weise zur geistigen Welt, wenn wir sagen: Es bleibt allerdings schattenhaft gegenüber dem großen Schmerz oder der großen Freude, die wir auf der Erde empfinden, was wir gegenüber den Tatsachen und Wesenheiten der geistigen Welt empfinden. Nicht bleibt es schattenhaft für den Eingeweihten, aber es bleibt schattenhaft für den, der nur die Kunde von der Einweihungswissenschaft bekommt. Doch man sollte sich dann auch sagen: Eine Ahnung bekomme ich dennoch, wie tief und intensiv das, was da mitgeteilt wird von der geistigen Welt, eigentlich auf die Seele wirken müßte, wenn sie nur stark und kräftig genug dazu wäre. Der Mensch sollte es eigentlich nur seiner irdischen Schwäche zuschreiben, daß er nicht vom höchsten Enthusiasmus bis zum tiefsten Schmerz alle Intervalle des Empfindens durchmachen kann, wenn er hört von demjenigen, wie die geistige Welt und ihre Wesenheiten sind. Wenn der Mensch die Tatsache, daß er das eben nicht in der richtigen Weise empfinden kann, seiner Schwachheit zuschreibt, dann ist auch schon etwas von der rechten Art, sich zur geistigen Welt zu stellen, von der Seele erreicht.
31.3.1924, GA 239, S. 48.

Nur weil ich glaube, daß das Leben in der Anthroposophischen Gesellschaft reger werden muß, als es gewesen ist, nur weil ich glaube, daß dazu notwendig ist, daß wirklich mehr Anthroposophie in der Anthroposophischen Gesellschaft gepflegt wird, als es bisher geschehen ist – ich meine nicht mehr an Stoff, sondern mehr an Intensität und an Enthusiasmus und Liebe, deshalb habe ich mich ... dazu entschlossen, wieder anzufangen. [Steiner hatte mit der Weihnachtstagung nach 12 Jahren wieder die Leitung der Anthroposophischen Gesellschaft übernommen].
25.1.1924, GA 240, S. 33f.

Und diejenigen, die heute noch jünger sind, werden manches sehen von dem, wie Ahriman als Schriftsteller auftritt. Auf allen Gebieten wird Wachsamkeit gebraucht werden und heiliger Enthusiasmus für die Michael-Weisheit. ... Die Herzen müssen die Helfer des Michael werden in der Eroberung der vom Himmel auf die Erde gefallenen Intelligenz.
20.7.1924, GA 240, S. 198.

Es ist auf der einen Seite notwendig, wenn man überhaupt an die geistige Welt herankommen will, wirkliche Begeisterung, wirklichen Enthusiasmus haben zu können für das Hineinkommen in die geistige Welt. Ein innerliches Schlappsein, ein innerliches Gleichgültigsein, ein innerliches Trägesein verhindert einen daran. Und so ist auf der einen Seite notwendig, daß man eine innere Beweglichkeit hat, eine richtige innere Beweglichkeit, eine innere Aktivität.
16.8.1924, GA 243, S. 118f.

Warum halten wir Versammlungen, ohne daß sich die Persönlichkeiten darauf vorbereiten? Der Grundfehler ist der, daß sich kein Mensch auf das vorbereitet, was er hier vorbringen will. Wenn ein Mensch zeigt, daß er sich vorbereitet hat, dann bringt er es mit Wärme und mit Enthusiasmus vor. Einen Enthusiasmus hat es heute nur im Schimpfen gegeben. Man möchte nur wünschen, daß irgend etwas im Positiven mit Wärme vorgebracht würde! Das ist dasjenige, was man brauchen würde! Und das ist das, was fehlt. Hier herrscht eine Kälte, die das Ungeheuerlichste ist, und die ganze Versammlung hat dieses gemeinsame Charakteristikum, daß sie kalt ist bis zum Exzeß, daß keine Wärme verspürt worden ist!
Wenn man dieses erlebt, kann man nicht glauben, daß man dabei ist, die Gesellschaft fortführen zu können. Man könnte nur konstatieren, daß Sie nicht einmal nachdenken. Das ist das eigentümliche, daß man nicht innerlich Gedanken entwickelt. Heute abend sind alle Stühle zu kurulischen geworden.
31.1.1923, GA 259, S. 249.

Es muß Enthusiasmus entstehen! Und Enthusiasmus kann nur entstehen, wenn man eine Sache in der richtigen Weise anfaßt, zum Beispiel die Anthroposophie in entsprechender Weise in die Welt bringt. Hier entwickelt man Enthusiasmus für mancherlei Dinge, die nichts mit der anthroposophischen Sache zu tun haben.
...
Ich möchte ..., daß ein Enthusiasmus dafür entstehe, das Anthroposophische in entsprechender Beleuchtung in die Welt zu tragen.
...
Ich fürchte nur, wenn Vorträge gehalten werden, wenn Eurythmievorstellungen am Abend gegeben werden, ich fürchte nur, daß sich viele dann drücken werden, den Ernst der Lage auf die Tagesordnung zu bringen. Die Vortragenden werden sich nicht um die Besprechung des Schicksals der Anthroposophischen Gesellschaft kümmern.
8.2.1923, GA 259, S. 298ff.

Es sind – unter vielen anderen Gründen – in demselben Maße die Lebensbedingungen der anthroposophischen Bewegung geschwunden, als in führende Stellungen Persönlichkeiten eingetreten sind, die nicht verknüpft waren mit der Begründung von Zweigen. Überall werden die Zweige absterben unter den Nachfolgern, weil die Nachfolger nicht den gleichen Enthusiasmus aufbringen wie die Gründer. Sie mögen die Qualität so oder so beurteilen, einen Zweig gegründet zu haben oder ihn auf die Beine gebracht zu haben, das bedeutet noch etwas ganz anderes, als in eine Position, die schon geschaffen war, eingetreten zu sein.
13.2.1923, GA 259, S. 318f.

Von einzelnem Lobenswerten abgesehen, herrscht in unserer Gesellschaft das nicht, was Begeiste­rung genannt werden muß. Wie oft habe ich hier ... meine Verzweiflung ausgedrückt, wie schwer so ein Dreißigerausschuß in Schwung zu bringen ist! Es herrscht da eine Zähigkeit wie in einem Strudelteig. Es wird alles herausgewürgt. Höchstens wenn geschimpft werden kann, dann herrscht Schwung. In den idealen Dingen fehlt der Schwung. Wenn dieser Schwung doch da hineinkommen könnte! Genialität ist da, aber Schwung und Begeiste­rung müßte in diese Genialität hineinkommen! Man urteilt nicht zu streng, wenn man sagt, daß Begeisterung und Schwung hier zu vermis­sen sind. Die Leute tragen den kurulischen Stuhl mit sich, auch wenn sie gehen. Es werden die Dinge so grenzenlos gescheit erörtert. Diese grenzenlose Gescheitheit, die herrscht auch in der Beurteilung des andern.
24.2.1923, GA 259, S. 357.

Es wäre von größtem Übel, wenn in berechtigter Art die Meinung aufkommen könnte. Anthroposophie mag noch so wertvoll sein, wenn ich aber Menschen näherkommen will, dann gehe ich lieber anderswo hin, als wo Anthroposophen in Selbstzufriedenheit fanatisch mir nur ihre theoretischen Gedanken an den Kopf werfen wollen und sagen: wenn du nicht denkst wie ich, so bist du höchstens ein halber Mensch.
Viel aber kann zum berechtigten Aufkommen einer solchen Meinung beitragen: auf der einen Seite das kalte, nüchterne Belehrenwollen, in das man leicht verfällt, wenn man die Wahrheit der Anthroposophie eingesehen hat. Auf der andern Seite aber steht das Esoterik‑Spielen, das manchen neu Eintretenden so stark abstößt, wenn er an die anthro­posophischen Zusammenkünfte herantritt. Ein solcher findet Menschen, die geheimnisvoll damit tun, daß sie vieles wissen, was man denen, die „dazu noch nicht reif sind, nicht sagen kann“. Aber über der ganzen Rederei schwebt etwas Spielerisches. Esoterisches verträgt eben nur Lebensernst, nicht die eitle Befriedigung, die man an dem Beschwätzen hoher Wahrheiten haben kann. Deshalb muß noch lange nicht die Sentimentalität, die sich vor der Freude und der Begeisterung fürchtet, das Lebenselement im Zusammenleben der Anthroposophen sein. Aber das spielerische Sich‑Zurückziehen vor dem „profanen Leben“, um „wahre Esoterik“ zu treiben, das verträgt die Anthroposophische Ge­sellschaft nicht. Das Leben enthält an allen Orten viel mehr Esoterisches, als sich oft diejenigen träumen lassen, die da sagen: da oder dort kann man nicht Esoterik treiben ...
10.2.1924, GA 260a, S. 46, Nachrichtenblatt.

Ein anderer schwer zu bemerkender Fehler ist folgender. Wir meinen oft, Begeisterung treibe uns in die geistigen Welten, während wir nur im Genusse des Gefühls schwelgen möchten, das durch die Beschäftigung mit solchen Dingen ausgelöst wird.
19.11.1911, GA 266b, S. 263, Gedächtnisaufzeichnung.

Wirklich, es ist manchmal etwas ungeheuer Schmerzliches, wenn man heute zum Beispiel zu Anthroposophen redet und eigentlich gezwungen ist, den Leuten lauter Dinge zu sagen, die ... doch die Welt auf den Kopf stellen in bezug auf das, was die Menschen gelernt haben, und es wird gar nicht aufgepaßt. Wenn man das ganze Schwergewicht dessen erfaßt, was es heißt, über so etwas wie, sagen wir zum Beispiel, das meteorische Eisen so zu reden, wie das gestern geschehen ist, so ist man erstaunt, mit welcher Gleichgültigkeit so etwas hingenommen wird. Von denjenigen, die nichts gelernt haben, begreife ich es; von denjenigen, die die wissenschaftlichen Begriffe über das Eisen aufgenommen haben, begreift man es nicht. Aber so ist die Welt einmal heute.
16.10.1923, GA 302a, S. 144.

Man kriegt manchmal ein bißchen Schmerzen, wenn man in anthroposophische Ansiedlungen oder Zusammenrottungen kommt. Da ist manchmal eine solche bleierne Schwere. Man kriegt die Leute nicht zum Beweglichwerden. Bleierne Schwere ist da; wenn man eine Diskussion beginnt, macht keiner den Mund auf, weil auch die Zunge bleiern schwer ist. Die Leute machen ein „Gesicht bis ans Bauch“. Sie sind so wenig geneigt, zum Heiterwerden, zum Lachen zu kommen!
... Also es wird schon Platz greifen müssen in der anthroposophischen Bewegung, daß man Sinn hat für Beweglichkeit. Ich will nicht auf zu viel hinweisen. Aber es ist schon wirklich wahr, am wenigsten wird man verstanden mit dem, was ich, wenn ich gefragt werde, wenn es sich um die eine oder andere Kalamität handelt, was sollen wir tun, wenn ich da antworte: Enthusiasmus haben. Enthusiasmus haben, das ist dasjenige, auf was es ankommt.
1.7.1924, GA 317, S. 102f, Heilpädagogischer Kurs.

Das ist es gerade: der Enthusiasmus im Erleben der Wahrheit! Das ist dasjenige, was da sein muß. Das ist dasjenige, was mir seit Jahren in einer so furchtbaren Weise in der anthroposophischen Bewegung Schmerz macht, daß die Menschen so fest auf den Beinen stehen, die Jungen fast genau so fest wie die Alten. ... Leben Sie mit innerster Freude an der Wahrheit! Es gibt ja nichts Entzückenderes als das Erleben der Wahrheit. Das ist etwas, was eine viel wichtigere und wesentlichere Esoterik ist als das, was mit den langen Gesichtern herumläuft. Dieses innere Erleben der Wahrheit, das ist das, was lange vorangehen muß allem übrigen Sich-Einreden von einer Mission.
5.7.1924, GA 317, S. 156.

Denn das, um was es sich handelt, ist, daß die Götter- und Menschenwege in der Gegenwart sich zusammenfinden. Michael wird der große Vermittler sein zwischen Götterwegen und Menschenwegen. Sehen wir auf sein Wirken! Lernen wir aus seinem vergangenen Anfangswirken das, was durch die Zukunft hin geschehen soll! Dann dürfen wir nicht nur mit einem gutgewollten, sondern mit einem mutigen Enthusiasmus in die Zukunft hineinsehen und werden immer mehr und mehr uns im Wollen zusammengeführt sehen mit dem göttlichen Willen, der die Menschen von Anfang an leitet, dann werden wir unsere Freiheit verbunden fühlen mit der Götter Freiheit. Das ist es, was wir empfinden müssen. Und dann werden wir an jedem Tag, wenn wir unser Tagewerk vollbracht haben, uns auch sagen dürfen, indem wir für den folgenden Tag nichts Kleineres, sondern Größeres wollen: Vielleicht schaut der Götter Auge zu uns hernieder und sagt: Ja, so sei es.
22.9.1924, GA 346, S. 268, Abschlussworte zum Priesterkurs.