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Die heuchlerische ,Sexualerziehung’ in den USA
Judith Levine: Harmful to Minors. The Perils of Protecting Children from Sex. Minneapolis 2002, insbesondere Kapitel 5, ,No-Sex Education’, p. 90-116. Im Folgenden Seitenangaben in hochgestellten eckigen Klammern.
Ein völliger Kontrast zu dem von Makarenko erlebbar gemachten Erziehungsideal ist Amerika.
Mindestens ein Viertel der Bevölkerung gehört den Evangelikalen an, und die ,religiöse Rechte’ hat enormen Einfluss. Diese möchte die Zeit am liebsten in ein finsteres Zeitalter des Puritanismus zurückschrauben, wo Sexualität nur innerhalb einer gesellschaftlich streng kontrollierten Ehe erlaubt ist. Und was viele heute noch immer nicht wissen: Diese reaktionäre Strömung hat es seit nunmehr fast vierzig Jahren geschafft, ihre Ideologie in den Schulen zu verankern!
Amerika gehörte schon immer zu den gewalttätigsten Staaten der Erde. Man braucht nicht viel, um sich klarzumachen, wohin Heuchelei und versuchte Unterdrückung der Sexualität führen muss: Es kann nur in Paranoia und noch mehr Gewalt enden. Wenn in den Schulen Sexualität nicht als etwas Natürliches, ja Freudvolles gelehrt wird, sondern totgeschwiegen, ja in absolut heuchlerischer, weltfremder Weise ,unterrichtet’ wird, ist die zwangsläufige Folge eine tiefe Entfremdung der Geschlechter, die insbesondere für Mädchen immer wieder nur zu extremen Enttäuschungen, ja tragischen Erlebnissen führen kann. Und man braucht nicht viel, um vorherzusagen, dass die sexuelle Gewalt in Amerika immer nur weiter zunehmen wird – dies aber auch weltweit, denn Amerikas Paranoia hat sich längst weltweit ausgebreitet.►8
Aber erleben wir die dortige Entwicklung in ihrer ganzen Absurdität mit...
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Noch 1974 wurden Jugendliche in einem Buch ermutigt: ,Sex is a natural appetite. If you’re old enough to want to have sex, you’re old enough to have it.’[1] 1981 brachte ein neuer Senator aus Alabama, ein Baptist namens Jeremiah Denton, einen Gesetzesentwurf für den ,Adolescent Family Life Act’ (AFLA) ein, das Programme in Schulen fördern sollte, die für ,Selbstdisziplin und andere vorsichtige Zugänge’ in der Jugendsexualität warben – mit anderen Worten: Erziehung zur ,Enthaltsamkeit’ (Keuschheit, chastity).[2] 1997 musste Leslie Kantor, Education Director des rennommierten ,Sexuality Information and Education Council of the United States’ (SIECUS) feststellen:[90]
There is mainstream sex ed[ucation] and there is rigth-wing sex ed. But there is no left-wing sex education in America. Everyone calls themselves “abstinence educators.” Everyone.
Wie konnte es dazu kommen? Durch den Sieg der religiösen Rechten.
1976 wurde zunächst der ,wiedergeborene’ Jimmy Carter US-Präsident. 1979 gründete der Baptist Jerry Falwell die konservative ,Moral Majority’, die bald 72.000 Pfarrer und vier Millionen Laienmitglieder vereinte und ,Humanisten und Amoralisten’ scharf angriff, die das Land ,direkt in Richtung Hölle treiben’.[3]
Der erwähnte Denton war 1978 bis 1980 Berater seines Freundes Pat Robertson,[4] und dieser war niemand anderes als der mächtigste Fernsehprediger der nächsten Jahrzehnte, der mit seinen fundamentalistischen Ansichten die Atmosphäre vergiftete.[5] Anfang 1981 trat dann der erzkonservative Präsident Ronald Reagan sein Amt an. Senator Jesse Helms führte einen Gesetzesentwurf ein, wonach das Leben mit der Empfängnis beginnt.[6] Und als der einflussreiche Senator Orrin Hatch[7] nun den zuerst allseits belächelten Gesetzesentwurf von Denton unterstützte, wendete sich das Blatt – und im Juli 1981 wurde es mit 80 zu 14 Stimmen im Senat verabschiedet.[91][8]
Von da an wurde Sexualerziehung, die es in den Schulen ohnehin kaum gab, massiv bekämpft, ohne dass sich Linke oder Feministinnen wehrten.[9] Millionen Dollar finanzierten so in den 80er Jahren Programme und Schriften, die von radikalen Abtreibungsgegnern und reaktionär-konservativen Kreisen erstellt wurden.[98f, 255f][10]
1983 wurde aus dem Umkreis der ,American Civil Liberties Union’ (ACLU) heraus dagegen geklagt, dass mit AFLA die Trennung von Staat und Religion verletzt sei. Der Supreme Court verneinte dies jedoch.[11]
Dagmar Herzog schreibt in einem ebenfalls sehr informativen Artikel:[12]
Der rasante Aufstieg der religiösen Rechten fing mit Homophobie und Antiabtreibungskampagnen an. Seit die Schwulen- und Lesbenbewegung im Laufe der siebziger und achtziger Jahren mit größerem Selbstbewusstsein sowie mit Protesten gegen Diskriminierung an die Öffentlichkeit getreten war, betrieben konservative religiöse Kreise aktive Gegenpolitik. Homosexuellenhatz war in den neunziger Jahren der Ersatz für den allmählich nicht mehr hoffähigen Rassismus gegenüber Afroamerikanern und der allergrößte Kassenschlager beim Fundraising für religiös-konservative Politik.
Seit den 90er Jahren drohten Schulleitungen Klagen von Eltern, wenn Konsensmoral oder Safe-Sex-Praktiken erläutert wurden.[13] Unter Präsident Clinton (1993-2001) finanzierte der US-Kongress 1997 die ,Enthaltsamkeits’-Programme mit weiteren 250 Millionen Dollar.[14] Die geförderten Einrichtungen durften nicht über Verhütung aufklären und mussten die Ehe als ,erwarteten Standard’ propagieren[15] – radikaler, erzreaktionärer Fundamentalismus an der Schwelle zum 21. Jahrhundert![16] Regierungsbroschüren beeinflussten die Jugendlichen massiv mit Hilfe von Angst.[17] 1999 hatte ein Drittel der öffentlichen Schuldistrikte diese Curricula übernommen.[18]
Wenige Jahre später hatten selbst so liberale, progressive, aufklärerische Organisationen wie ,Planned Parenthood Federation’ und SIECUS den Enthaltsamkeits-Gedanken übernommen. Kaum jemand wagte Widerspruch.[93] Von nun an flossen jährlich über hundert Millionen Dollar in diese Programme.[19] Dabei werden sogar objektiv völlig falsche Behauptungen gelehrt.[20] Auch international führten die US-Programme zu einer Ausbreitung von HIV und AIDS.[21]
Dass selbst Eltern, die die Zeit der ,sexuellen Revolution’ erlebt hatten, konservativ wurden, führte zu dem Witz: ,What’s a conservative? A liberal with a teenager daugther.’[105] Die Tabuisierung entspricht aber einer realen Vernachlässigung der Jugendlichen.[109][22]
Studien zeigten, dass die reaktionären Programme die Sexualität der amerikanischen Teenager keineswegs verzögerten[23] – sie blieben einzig und allein das Zeugnis mittelalterlicher Fundamentalisten. In Westeuropa war die Sexualerziehung viel moderner – und Teenager-Schwangerschaften lagen bei einem Bruchteil der US-Zahlen.[102][24]
Durch die ,Keuschheitsbewegung’ der religiösen Rechten wurden ab 1993 Millionen Jugendlicher dazu gebracht, ,Keuschheit’ bis zur Ehe zu geloben (,True Love Waits’, siehe das nächste Kapitel). Studien fanden heraus, dass dies den ersten Sex um durchschnittlich anderthalb Jahre verzögert, den dann aber ein Drittel der Jugendlichen ohne Verhütung hatten – im Gegensatz zu nur 10 % der Jugendlichen, die in Verhütung unterrichtet worden waren.[25]
Und schließlich, nach so vielen Jahren, griffen die renommierte Fachzeitschrift JAMA und die National Institutes of Health die verfehlte Politik 1997 und 1998 scharf an und sprachen klar aus, dass sie nichts ändere, ja im Zeitalter von AIDS sogar tödlich sei.[102][26] Selbst dies nützte wenig gegen die lastende Herrschaft der fundamentalistischen Rechten.[27]
1999 befürwortete endlich selbst die ,American Medical Association’ immerhin eine ,abstinence-plus education’ – das heißt, dass neben dem Hauptthema Abstinenz auch noch über Verhütung gesprochen werden durfte.[114] Man mache sich einmal klar, dass bis dahin Fundamentalisten zwanzig Jahre lang Verhütungsunterricht verhindert hatten!
Aber die Entwicklung setzte sich weiter fort. Herzog:[28]
Die massive Ablehnung der Homoehe war ein ausschlaggebender Faktor bei der Mobilisierung der Evangelikalen und damit für die Wiederwahl von George W. Bush im Jahr 2004. [...] | [...] Und kein Politiker schafft es, den Krieg gegen die Kondome und den Feldzug für eheliche Treue und Abstinenz bei der internationalen HIV-Bekämpfung als Heuchelei und Sadismus zu entlarven. [...]
2006 wurde bereits in jeder zweiten Highschool voreheliche Enthaltsamkeit als einzige (!) Möglichkeit erwähnt, Schwangerschaften und Geschlechtskrankheiten zu verhindern – an unzähligen anderen als ,das herausragende Mittel empfohlen’.[29] Im selben Jahr gab die Bundesregierung Gelder für Aufklärungsunterricht nur, wenn vermittelt wird, ,dass voreheliche sexuelle Kontakte zu verringertem Selbstwertgefühl, Depressionen und Suizidgedanken führen könnten’.[30]
Herzog beschreibt die dadurch entstehende Stimmung im Land:[31]
Der Verkauf von Vibratoren ist in dreizehn Bundesstaaten nicht erlaubt, weil, wie es ein Gericht in Alabama formuliert, Regierungen ein legitimes Interesse daran haben, „das Streben nach artifiziell herbeigeführten Orgasmen“ zu unterbinden.[32] [...] Offizielle Websites der Bundesregierung unterdrücken Fakten und vermitteln offen falsche Informationen, wie etwa dass Abtreibungen das Brustkrebsrisiko erhöhten, oder dass Kondome nicht verlässlich vor Geschlechtskrankheiten schützten – und viele Medien handhaben die Situation so, als würde hier eine ernsthafte wissenschaftliche Meinungsverschiedenheit bestehen.[33] [...]
Vom Verlust der Zärtlichkeit
Ein ungeheures Tabu ist es offenbar, im Sexualunterricht auch nur anzudeuten, dass Sex mit Freude, Genuss, Befriedigung und Orgasmus zu tun haben könnte.[128][34]
Und in Bezug auf Mädchen erneuert sich offenbar das alte Dogma der weiblichen ,Asexualität’.[128][35] Dabei ist die ,Missbrauchsdebatte’ vielfach untrennbar mit der Frage der Sexualerziehung verbunden.[36] In einer paranoiden Kultur, die die Sexualität bis zum Erwachsenenalter tabuisiert, sind Traumen aller Art vorprogrammiert. Da aber auch nicht-genitale Formen zärtlicher Sexualität überhaupt nicht thematisiert werden, wird die Jugend geradezu in den armseligen ,genitalen Vollzug’ hineingetrieben[37] und mit ihren Ängsten alleingelassen.[38] In beiden Fällen kommt es zu Negativerfahrungen, die von dem allgemeinen Tabu weiter verstärkt werden.[39]
Ohne jegliche Erfahrungen mit Zärtlichkeit verschärft sich die Kluft zwischen Mädchen und Jungen. Jedes vierte Mädchen fühlt sich missbraucht – und eine Sexualerzieherin berichtet, dass der größte Wunsch von Achtklässlerinnen war, zu lernen, wie sie ,Nein’ sagen können, ohne die Gefühle eines Jungen zu verletzen.[135] Kann man hier nicht spüren, was ein Mädchen ist? Was für empfindsame Seelen, die so sehr an andere denken, während es umgekehrt so wenig der Fall ist!
Andererseits können den zarten Seelen der Mädchen die Empfindungen sexueller Sehnsucht durch das Tabu geradezu ausgeredet werden: auch Mädchen können den Zugang zu ihren Empfindungen völlig verlieren.[40] Andererseits können sie durch ebendieses Tabu auch in der heutigen Zeit noch so ahnungslos sein, dass sie bei sexueller Erregung überhaupt nicht wissen, was das ist und wie ihnen geschieht – und völlig hilflos sind. Unmündig gelassen von einer Gesellschaft, die ihnen jede Hilfeleistung bei der Entdeckung von Sexualität und Zärtlichkeit verweigert.[41]
Den Jungen werden die Empfindungen durch die Botschaft ausgetrieben, sie müssten ,cool’ sein, den Mädchen durch die Botschaft, sie müssten ,keusch’ und asexuell sein. In beiden Fällen wird die Zärtlichkeit vernichtet, weil die innere Verbindung zur Seele verlorengeht. Die Mädchen verlieren die Verbindung zu ihrer eigenen Seele – die Jungen auch noch die zum Mädchen.[42]
Zärtlichkeit aber ist ein absolutes Grundbedürfnis – und eine Grundbedingung des Lebens überhaupt. 1915 entdeckte Henry Chapin, dass Heimkinder, die nicht hochgehoben wurden, schon in den ersten Lebensjahren dahinsiechten und starben.[43] Der Entwicklungsbiologe James W. Prescott (geb. 1930), der hunderte vorindustrieller Gesellschaften studierte, kam zu dem Schluss, dass jene Kulturen, die ihren Kindern die meiste Zärtlichkeit schenkten, auch die friedlichsten waren.[44] Man betrachte die gewaltätige amerikanische Kultur einmal unter diesem Gesichtspunkt!
Aber man betrachte nun einmal die Katastrophe, dass heute durch die völlig entgleiste Missbrauchsdebatte bereits jede Zärtlichkeit gegenüber einem Kind unter Umständen argwöhnisch betrachtet wird – und dass der innere Zensor auch bei reinsten Intentionen tätig wird. Selbst Eltern, aber auch alle anderen Erwachsenen versagen sich Zärtlichkeiten gegenüber Kindern, weil das ,Missbrauchs-Narrativ’ diesen ganzen Bereich vergiftet hat und dominiert. Zärtlichkeit (!) wird mehr und mehr zu etwas Verbotenem.
Anfang der 90er bekam eine Mutter Panik, weil sie eine leichte Erregung spürte, als sie ihre Tochter stillte.[181][45] Herzliche Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern sind ,No touch’-Anweisungen gewichen. In diesem Bereich ist also der innere Zensor bereits knallharte Politik geworden – und zwar vielfach schon im Kindergarten! Wohin aber steuert eine Kultur, wenn ein vom Dreirad gefallenes Kind nicht einmal mehr umarmt wird – oder werden darf?[182]
Umgekehrt wird durch Unterricht über ,gute und böse Berührungen’ bereits im frühesten Alter Kindern Angst gemacht.[46] Man will ihnen beibringen ,Mein Körper gehört mir’, aber was geschieht? Die Kinder bekommen teilweise ebenso viel Angst davor, sich Berührungen hinzugeben, wie die Erwachsenen, Zärtlichkeit zu schenken. In den Kindern wird das Wesentlichste angegriffen, was sie haben: Vertrauen und Hingabefähigkeit. Man will die Kinder schützen und begreift nicht, was man auf der anderen Seite anrichtet.
Die ungeheure Doppelmoral tritt wiederum in Erscheinung, wo sich zeigt, dass ihr eigener Körper den Kindern keineswegs gehört – wenn sie etwa dazu erzogen werden, sich nicht selbst zu befriedigen, oder wenn selbst Jugendliche dazu erzogen werden, sich der Sexualität zu enthalten (bis sie verheiratet sind). Der Kampf gegen die ,Onanie’ gehört keineswegs nur vergangenen Jahrhunderten an.
Das Vorwort zu dem Buch von Levine schrieb Joycelyn Elders – die 1993 von Präsident Clinton zur ersten schwarzen Leiterin der Gesundheitsbehörde berufen worden war. Im Zuge der AIDS-Krise äußerte sie auf eine Frage, es sei vielleicht besser, an den Schulen etwas über Selbstbefriedigung zu lernen, als die Jugendlichen gefährlicheren Formen von Sex zu überlassen – worauf sie zum Rücktritt gezwungen wurde.[47]
Aber der Körper der Kinder gehört ihnen auch in anderer Hinsicht nicht – nämlich nicht einmal da, wo sie gegenseitig ihre Sexualität erkunden oder sich einfach nur Zärtlichkeit schenken wollen. Wir werden im achten Band noch detailliert sehen, wie sehr bereits im Kindergarten von ,sexueller Belästigung’ gesprochen und mit ,Zero Tolerance’ gegen das Normalste von der Welt vorgegangen wird – aufgrund der völlig irrigen doppelten Gleichung ,physische Zuneigung = Sex’ und ,Sex = Trauma’.[49]
Die einfache Wahrheit ist, dass einvernehmliche Zärtlichkeit nie falsch sein kann – und dass die Erwachsenenwelt durch die Missbrauchfälle sich in ihren Gedanken und Begriffen selbst völlig traumatisiert hat! Der Begriff ,Moral Panic’ trifft es auf den Kopf: Panisch ist kein klarer Gedanke mehr möglich. Angst und Misstrauen dominiert alles. Dass ein Missbrauchsopfer so reagiert, ist verständlich. Dass eine ganze Gesellschaft, die heilend wirken sollte, das Gleiche tut, ist nur noch verrückt.[48]
Es ist die Gesellschaft in ihrem Schutz-Wahn, die die Jugend traumatisiert. Man kann sagen: Eines von tausend Mädchen wird durch einen schweren sexuellen Übergriff traumatisiert – aber die Gesellschaft traumatisiert auch alle übrigen und die Jungen. Denn was geschieht? Sex wird zutiefst negativ konnotiert, aber gleichzeitig wird jede Berührung sexualisiert, denn sie könnte ja bereits ,übergriffig’ sein. So lernen Kinder und Jugendliche, dass Sexualität ,schlecht’ sei – und zugleich, dass Berührung ,sexuell’ sei. Sie lernen, Berührung nur mit Sexualität zu assoziieren – bis dahin, dass sie den Sex suchen, wo sie sich eigentlich nur nach Zärtlichkeit sehnen, diese aber gar nicht anders als in Form von Sex suchen und durch Sex ausdrücken können... Was die Gesellschaft anrichtet, ist also geradezu die Pervertierung ihrer angeblich besten Intentionen.[49]
Die Orwellsche Gesellschaft, die sich so sehr um die Sexualität der Kinder kümmert, hat völlig vergessen, dass auch Kinder ein Recht auf ihre Privatsphäre haben – zu Hause, im Kindergarten, in der Schule und auch überall sonst.[193f]
Fußnoten
[1] Heidi Handman & Peter Brennan: Sex Handbook: Information and Help for Minors. New York 1974.[95]
[2] Schon zuvor hatten konservative und erzreligiöse Kreise gegen die sexuelle Befreiung und die Homosexuellenbewegung agitiert. Bereits 1976 waren die ,Teenager-Schwangerschaften’ hochgespielt worden, die aber auch eine Folge der immer schon schwachen Sexualerziehung in den USA waren. 1980 und 1981 kam dann das Problem AIDS hinzu, von dem aber erst 1986 deutlich wurde, dass es sich auch in der heterosexuellen Bevölkerung schnell ausbreitete. John D’Emilio & Estelle B. Freedman: Intimate Matters. A History of Sexuality in America. New York 1989, p. 341, 349, 354ff.
[3] John D’Emilio & Estelle B. Freedman: Intimate Matters. A History of Sexuality in America. New York 1989, p. 349. .
[4] Wikipedia: Jeremiah Denton.
[5] Allein auf Wikipedia findet man Folgendes: 1960 kaufte er das ,Christian Broadcasting Network’ (CBN), das heute in 180 Ländern sendet. Am Ende von Reagans Amtszeit kandidierte er 1987 für das Präsidentenamt und behauptete fälschlich, im Koreakrieg mitgekämpft zu haben. Er kritisierte scharf jede Friedenspolitik Israels. Schon 1991 verbreitete er mit seinem Buch ,The New World Order’ die Verschwörungstheorie, UNO, Weltbank, IWF, Fed und jüdische Bankiers wie die Rothschilds würden an einer ,Neuen Weltordnung’ arbeiten, die in eine totalitäre Weltregierung münden würde, wobei der ,Antichrist’ bald öffentlich hervortreten werde. Handlanger dieser Freimaurer und Illuminaten seien die ,liberalen Medien’, die Demokratische Partei und die Universitäten. Regelmäßig dämonisiert er Homosexuelle und Feministinnen. Er unterstützte die Diktatoren in Guatemala und Liberia und wünschte sich die Ermordung von Präsident Chávez in Venezuela. Wikipedia: Pat Robertson.
[6] Life Begins at Zero. Washington Post, 12.7.1981.
[7] Hatch ist Mitglied der ,Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage’. Wikipedia Orrin Hatch.
[8] Siehe auch Wikipedia englisch: Adolescent Family Life Act. • Levine schildert ausführlich, dass in den Verhandlungen das Gesetz an den ,Title X’ geknüpft wurde, der Gelder für Verhütungsmittel und Beratung für arme und junge Frauen bereitstellte. Der Demokrat Henry Waxman, Vorsitzender des ,Commerce Committee’s subcommittee on public health’ und stärkster Verteidiger des Titels, musste AFLA zulassen, damit der Titel nicht völlig gestrichen würde.[98]
[9],Over the next two decades, large, well-funded national conservative organizations with a loyal infantry of volunteers marched through school district after school district, firing at teachers and programs that informed students about their bodies and their sexual feelings, about contraception and abortion. These attacs met with only spotty resistance. Sex ed was a political backwater to begin with; hardly anyone paid attention to it.’[91]
[10] Ausführlich siehe People for the American Way: Teaching Fear: The Religious Right’s Campaign against Sexuality Education. Washington 1994. • Levine zitiert aus einer dieser Schriften, die nahezu fünfzig Gefahren aufzählte, die mit jugendlicher Sexualität einhergingen, darunter ,Schwangerschaft, AIDS, Schuld, Herpes, Enttäuschung der Eltern, Chlamydien, Unfähigkeit, sich in der Schule zu konzentrieren, Syphillis [...]’. Colleen Kelly Mast: Sex Respect: Parent-Teacher Guide. Bradley o.J., p. 45.[105f]
[11] Bowen v. Kendrick, 487 U.S. 589 (1988). Wikipedia englisch.
[12] Dagmar Herzog (2007): Das illegitime Kind der sexuellen Revolution. Wie die religiöse Rechte in den USA mit Sex an die Macht gelangte. L'Homme. Z. F. G. 18(2), 105-122. • Siehe ausführlich auch dies.: Sex in Crisis. The New Sexual Revolution and the Future of American Politics. New York 2008.
[13] Ebd.
[14] Die Förderung durch das ,Maternal and Child Health Bureau’ im Rahmen einer ,welfare reform bill’ galt Programmen mit dem ausschließlichen Zweck (exclusive purpose) des ,teaching the social, psychological, and health gains to be realized by abstaining from sexual activity.’[91f] • Vergleiche Social Security Act, Section 501(b): Abstinence Education.[100]
[15] Während 90 % der Erwachsenen Sex vor der Ehe hatten und 10 % homosexuell sind, sollten die Schüler gelehrt werden, dass ,a mutually faithful monogamous relationship in the context of marriage is the expected standard of human sexual activity’, während unehelicher Sex ,is likely to have harmful psychological and physical effects’. Social Security Act, Title V, Section 510 (1997), Maternal and Child Health Bureau, U.S. Department of Health and Human Services.[92] • In Deutschland hatte aus (nicht ganz?) anderen Gründen Himmler 1934 per Polizeiverordnung die Werbung für Verhütungsmittel verboten – der Führer brauchte Soldaten. Michael Sontheimer: Die Fromms Saga. Spiegel Special 5/1995, Spiegel.de, 1.5.1995.
[16] Die acht Kriterien des ,Federal Abstinence Education Program’ lauteten auch für die Förderung in den Jahren 2010 bis 2017 noch immer:
,For purposes of this section, the term “abstinence education” means an educational or motivational program which – (A) has as its exclusive purpose, teaching the social, psychological, and health gains to be realized by abstaining from sexual activity;
(B) teaches abstinence from sexual activity outside marriage as the expected standard for all school age children;
(C) teaches that abstinence from sexual activity is the only certain way to avoid out-of-wedlock pregnancy, sexually transmitted diseases, and other associated health problems;
(D) teaches that a mutually faithful monogamous relationship in context of marriage is the expected standard of human sexual activity;
(E) teaches that sexual activity outside of the context of marriage is likely to have harmful psychological and physical effects;
(F) teaches that bearing children out-of-wedlock is likely to have harmful consequences for the child, the child’s parents, and society;
(G) teaches young people how to reject sexual advances and how alcohol and drug use increases vulnerability to sexual advances; and
(H) teaches the importance of attaining self-sufficiency before engaging in sexual activity.’
Separate Program for Abstinence Education. www.ssa.gov.
[17],Sex Respect and government pamphlets [...] rely on dramatic “true stories” of “ruined lives” and graphic pictures of sexually transmitted infections in order to scare youth away from all forms of sexual activity – from “petting” to intercourse, and everything in between.’ • Ein Mädchen berichtet: ,I had nightmares about having [...] a parasite in my stomach [...]. I was, like, a baby’s gonna suck the life out of me [...]. [...] I remember seeing pictures of infested penises, and, like, vaginas that looked [like] there were mushrooms growing out of it ... and I was [...], like, no thanks, I’ll pass … that stuff works, it really does work.’ April Burns & María Elena Torre: Shifting Desires: Discourses of Accountability in Abstinence-only Education in the United States, in: Anita Harris (Ed.): All About the Girl. Culture, Power, and Identity. New York/London 2004, p. 127-137, hier 131.
[18] Landry DJ, Kaeser L & Richards CL (1999): Abstinence promotion and the provision of information about contraception in public school district sexuality education policies. Family Planning Perspectives 31(6), 280-286.[92] • Schon auf Bundesstaatsebene verlangten nur 23 Bundesstaaten überhaupt Sexualerziehung, davon alle Abstinenz-Instruktionen und weniger als die Hälfte Einheiten über Verhütung. State Sexuality and HIV/STD Education Regulations. National Abortion Rights Action League fact sheet, February 1997.[101]
[19] Jährlich fast 138 Millionen Dollar. Und dies, obwohl eine übergroße Mehrheit sich eine ausführlichere Sexualerziehung an den Schulen wünscht. SIECUS Fact Sheet: Public Support for Comprehensive Sexuality Education. Siecus Report 32(4), 2004, p. 39.
[20] Ein Report des Kongressabgeordneten Henry Waxman zeigte, dass elf der verbreitesten dreizehn Curricula ,contain unproved claims, subjective conclusions or outright falsehoods regarding reproductive health, gender traits and when life begins.’ So fand Waxman Behauptungen wie, ein 43 Tage alter Fötus sei eine ,denkende Person’, HIV könne durch Schweiß und Tränen übertragen werden und Kondome würden in 31 % der Fälle eine HIV-Übertragung nicht verhindern. Präsident Bush habe für das nächste Jahr sogar 170 Millionnen Dollar für ,Abstinence only’-Curricula bereitgestellt. Ceci Connolly: Some Abstinence Programs Mislead Teens, Report Says. Washington Post, 2.12.2004.
[21] Vanessa Brocato: U.S.-based opposition to sexual and reproductive rights goes international. Siecus Report 32(4), 2004, p. 22-27. • Zur Diskussion der komplexen Lage in Uganda: Murphy EM, Greene ME, Mihailovic A & Olupot-Olupot P (2006): Was the “ABC” Approach (Abstinence, Being Faithful, Using Condoms) Responsible for Uganda's Decline in HIV? PLoS Med 3(9): e379.
[22] Levine zitiert auch eine Zeitungsanzeige von SIECUS-Präsidentin Debra Haffner vom April 1997: ,When we treat sexuality as adults-only, we abandon teenagers to learn about their sexuality on their own, by trial and error.’[109] • Mit anderen Worten: Kinder und Jugendliche in ihrer Sexualität nicht wohlwollend zu begleiten, ist selbst Missbrauch (child neglect).
[23] Douglas Kirbe: No Easy Answer: Research Findings on Programs to Reduce Teen Pregnancy. National Campaign to Prevent Teen Pregnancy report, Washington 1997.[102] • Über Jahre hinweg wurde das Beispiel von San Marcos, California, zitiert, wo infolge eines Abstinenz-Curriculums Teenager-Schwangerschaften um 80 % zurückgegangen seien (etwa in William Kilpatrick: Why Cohnny Can’t Tell Right from Wrong. New York 1992). In Wirklichkeit hatte sich die Geburtenrate der Mädchen während des Programms verdoppelt. Maura Reynolds: So-Called San Marcos ,Miracle’ Actually May Be Just a Myth. San Diego Union, 19.12.1991, zitiert nach A. Males: The Scapegoat Generation. Monroe 3.1996, p. 66.
[24] Vergleiche: Adolescent Sexual Health in Europe & the U.S. – Why the Difference? 2d ed., Advocates for Youth report, Washington 2000. United States and the Russion Federation Lead the Developed World in Teenager Pregnancy Rates. Alan Guttmacher Institute Pressemitteilung, 24.2.2000.
[25] Diana Jean Schemo: Virginity Pledges by Teenagers Can Be Highly Effective, Federal Study Finds. New York Times, 4.1.2001. • Greg Lantier: Abstinence Fund Watchdog Bites States: Do Abstinence Lessons Lessen Sex? Youth Today, June 1998, p. 19. • Mebane FE, Yam EA & Rimer BK (2006): Sex education and the news. Lessons from how journalists framed virginity pledges. Journal of Health Communication 11, 583-606, hier 588f. • Die Wirkung der ,Gelübde’ verliert sich auch, wenn mehr als 30 % einer Gemeinschaft dazugehören. Bearman PS & Bruckner H (2001): Promising the future: Virginity pledges and first intercourse. American Journal of Sociology 106(4), 859-912. Peggy Orenstein: Girls & Sex. München 2017, S. 112. • Mit zwanzig bestreiten 80 %, dass sie je Keuschheit gelobt haben. Rosenbaum JE (2009): Patient teenagers? A comparison of the sexual behavior of virginity pledgers and matchend nonpledgers. Pediatrics 123(1), 110-120. Orenstein, S. 113.
[26] Ralph J. DiClemente: Preventing sexually transmitted infections among adolescents. Journal of the American Medical Association 279(19), 20.5.1998 (Editorial). • National Institutes of Health Consensus Development Conference Statement: Interventions to Prevent HIV Risk Behaviors, February 11-13, 1997. Bethesda 1997, p. 15.
[27],Advocates were tired. They were worn down and in some cases financially broken by a decade of furious battering from the organized Christian Right, including hundreds of direct personal threats [...].’[103] Leslie Kantor von ,Planned Parenthood’ New York sagte Levine, es sei ,professioneller Selbstmord’, nicht von ,Abstinenz’ zu sprechen.[103f]
[28] Dagmar Herzog (2007): Das illegitime Kind der sexuellen Revolution. Wie die religiöse Rechte in den USA mit Sex an die Macht gelangte. L'Homme. Z. F. G. 18(2), 105-122. Auch für den folgenden Absatz.
[29] Janice Irvine: Talk about Sex. The Battles over Sex Education in the United States, Berkeley 2004, p. XV. • Marty Klein: America's War on Sex. The Attack on Law, Lust and Liberty. Westport 2006, p. 6.
[30] Elizabeth Bernstein: Sex-Ed Class Becomes Latest School Battleground. Wall Street Journal, 30.3.2006.
[31] Herzog, a.a.O.
[32] David Kushner: Joystick Nation. Village Voice, 30.03.1999. • Wendy Kaminer: Bad Vibes in Alabama. The American Prospect, 4.12.2000.
[33] Chris Mooney: The Republican War on Science. New York 2006. • Nicholas Bakalar: Breast Cancer Not Linked to Abortion, Study Says. New York Times, 24.4.2007.
[34] Levine zitiert, wie als mögliche Gründe für Teenager-Sex etwa angegeben werden: Ausdruck liebender Empfindungen, Rebellion und Unabhängigkeit, Neugier – fast nie jedoch ,to have pleasure’!
[35] Über Jahre hinweg nur in einem einzigen Aufsatz thematisiert: Michelle Fine (1988): Sexuality, Schooling, and Adolescent Females: The Missing Discourse of Desire, in: Harvard Educational Review 58(1), p. 29-53.[128]
[36] Levine zitiert die Therapeutin und Sexualforscherin Leonore Tiefer: ,It is impossible to separate issues of coercion and consent, regret, neurosis, harm, or abuse from a culture in which there is no sex education.’[134]
[37] Dies steht auch in Zusammenhang mit der Vergötterung der ,Coolness’, aber auch mit der allgemeinen Kälte und Anonymisierung unserer Zeit. Levine zitiert eine Siebzehnjährige: ,We used to do all this slow kissy, touchy stuff. But now it’s like, the minute we start, he’s looking for that condom.’ Und eine Neuntklässlerin beschreibt den Sex, den sie erlebt: ,It’s like, the boy puts it in you and moves around for about three minutes.’[135] • Jungen werden auf sexuelle ,Performance’ konditioniert: ,Boys learn that they should want sex, always be ready for it, and also be “good” at it.’[169]
[38] Levine zitiert eine Sechzehnjährige, die auf dem vorbildlichen Forum ,Go Ask Alice’ der Columbia University folgende Fragen stellt: ,I am 16 years old and I have never been kissed and I have so many questions about it, but I am very nervous [...]. What is the common age for a girl to be kissed? When you kiss someone, do you both move your tongue at the same time? And where do you move your tongue? God this is driving me crazy. And [...] I am afraid to go out with a guy [...].’[144]
[39] Eine Umfrage unter 500 Teenagern zeigte 2000, dass 55 % der Jungen und 72 % der Mädchen ihre sexuelle Erfahrungen bedauerten. Über zwei Drittel waren der Meinung, Teenager sollten erst nach der High School ,sexuell aktiv’ sein. National Campaign to Prevent Teen Pregnancy: Not Just Another Thing to Do: Teens Talk about Sex, Regret, and the Influence of Their Parents. Washington 2000.[136]
[40],But desire doesn’t always speak clearly. [...] And, sadly, many girls tell us that they don’t know if they’re feeling sexual desire or pleasure at all.’[160]
[41] Levine zitiert die Autorin und frühere Sexualerzieherin Sharon Thompson: ,A large number of girls have those feelings and have no idea what they are. They only suspect they have to do with sex.’[161]
[42] Levine bringt ein Zitat, das die Katastrophe des ,Coolness-Dogma’ eindrücklich erlebbar macht. Wenn die Männer ihr Ego schon da angekratzt fühlen, wo sie als Autofahrer nach dem Weg fragen müssen – um wieviel weniger werden sie den Mut haben, in der Sexualität ,nach dem Weg zu fragen’, das heißt, auch auf die Bedürfnisse der Frau, des Mädchens, einzugehen?[174]
[43] Chapin HD (1915): Are institutions for infants necessary? Journal of the American Medical Association 64, 1-3.
[44] James W. Prescott (1975): Body Pleasure and the Origins of Violence. The Futurist 9(2), April 1975, 64-75 und Bulletin of the Atomic Scientists 31(9), 10-20. Übersetzt: ,Körperliche Lust und die Ursprünge der Gewalttätigkeit’, auf www.violence.de. Vergleiche Prescotts Blog auf ttfuture.org. • Dies ist andererseits so offensichtlich, dass Levine an anderer Stelle den traurig-ironischen Satz prägt: ,Studien zeigen, dass Menschen, die glücklich sind, mehr lächeln.’[218]
[45] Die Mutter rief eine Hotline an und wurde daraufhin von der Polizei kurzzeitig verhaftet. Tamar Lewin: Breast-Feeding: How Old Is Too Old? New York Times, 18.2.2011.
[46] Kinder können das, was die Erwachsenen ihnen auf diese Weise beibringen wollen, noch gar nicht wirklich begreifen. Sie kommen dann nach Hause und sagen zu ihrem Vater: ,Don’t touch me, Daddy’ oder wehren sich beim Arztbesuch gegen jede Untersuchung.[182] • Auch der Hinweis auf ,altersangepasste Unterweisungen’ ist wenig hilfreich, da die individuelle Entwicklung jedes Kindes unglaublich divergiert.[183] • Zudem wissen die Erwachsenen generell nahezu nicht mehr, was wirklich kindgerecht ist. Vergleiche hierzu die Waldorfpädagogik, die hierfür wieder ein Bewussstsein schaffen will – aber in der heutigen Zeit damit mehr und mehr auf verlorenem Posten steht.
[47] Wikipedia englisch: Joycelyn Elders. • In ihrem Vorwort äußert sie sich scharf gegen die religiöse Rechte: Sie habe gelernt, dass man diese angeblich christliche Bewegung auch ,very religious non-Christian right’ nenne. Es seien Menschen ,who have a love affair with the fetus but won’t take care of children once they are born.’[x] • Ein Kongresspolitiker sprach die Meinung der herrschenden Fanatiker aus, als er sagte, Elders Äußerung sei Teil einer sozialen Bewegung, die ,die Charakterstärke Amerikas’ töte.[185] • Zusammen mit der Verleugnung der Zärtlichkeit erinnert dies fatal an faschistoide Einstellungen wie ,Was uns nicht umbringt, macht uns stärker’. Charakterstärke soll also darin bestehen, seinen eigenen Körper und das Genussvolle der Sexualität nicht entdecken zu dürfen? Die bereits zitierte Therapeutin und Sexualforscherin Leonore Tiefer hält dem entgegen, dass die Entdeckung der eigenen Sexualität auch eine Bedingung dafür ist, diese Sexualität später einem anderen Menschen schenken zu können: ,If you’re going to play Rachmaninoff, you’ve got to practice your scales.’ Selbstbefriedigung aber sei die C-Dur-Tonleiter des Sex.[185]
[48] Wie weit haben wir uns schon von fundamentalen Grundwahrheiten entfernt, wenn es einen Universitätspädagogen braucht, um auszusprechen: ,But I don’t think for preeschoolers, for example, touching each other [...] when they are both willing parties is a bad thing. We think it is, because we get the idea that we’re encouraging inappropriate sexuality. But children don’t interpret their behavior the same way we do.’[189]
[49] Vergleiche hierzu Levine, p. 191.