Reaktionen auf "Unwahrheit und Wissenschaft"


Lorenzo Ravagli schreibt in seiner langen Rezension It's just gossip, girl! vom 17.10.2013 unter anderem:

[...] Immerhin, einzelne gibt es noch, deren Erinnerungsvermögen über den Tag hinausreicht und die sich für die Langzeitfolgen von Dichtung und Wahrheit interessieren. Einer von ihnen ist Holger Niederhausen, der als unabhängiger Geist keinerlei Rücksicht auf Verbandsinteressen oder Geldgeber nehmen muss, und sich der Mühe unterzieht, das Lügengestrüpp zu durchforsten, das Zander mit seiner angeblichen Biographie auf die Welt losgelassen hat.

Wie wenig dieses Machwerk als das erkannt wurde, was es ist, zeigen die Urteile, die von der "unabhängigen" Presse kurz nach seinem Erscheinen gefällt wurden. [...] Respekt? Faktenreichtum? Seriosität? Sachlichkeit? Quellentreue? Wenn man diese Worte liest, zweifelt man am Verstand der Urheber solcher Urteile. Besonders, wenn man den kritischen Leitfaden Niederhausens durchgearbeitet hat. Nun, wirkliche Kenner der Materie hätten dieses Leitfadens nicht bedurft, aber wer ist heute schon ein wirklicher Kenner? Vermutlich kann man die Leute, die sich in Steiners Lebensgang und Lebenswerk wirklich auskennen, inzwischen an einer Hand abzählen. Darum ist Niederhausens Leitfaden auch zu begrüßen, von dem man nun tatsächlich zu Recht behaupten kann, er sei respektvoll, faktenreich, seriös und sachlich.

Respektvoll gegenüber der Lebensleistung eines Menschen, über den Niederhausen an einer Stelle schreibt, er sei der "Meister des Abendlandes" und ein "Wunder" gewesen. Faktenreich im Hinblick auf all die Fiktionen, die durch ihn als solche entlarvt werden. Seriös, weil er den unzähligen falschen, ja verlogenen Behauptungen Zanders, die durchaus erkennbare und unzweifelhafte Wahrheit entgegenstellt. Schließlich auch sachlich, da es ihm mit seinem Buch gelingt, die Sache selbst zum Vorschein zu bringen, die unter einem Wust von Entstellungen und Verdrehungen begraben lag. [...]

Aber Niederhausen bleibt nicht bei der bloßen Richtigstellung absichtsvoller Verdrehungen und Verleumdungen stehen. Er analysiert auch die Bewusstseinsverfassung, aus der sie entspringen. Zander gehe von der grundlegenden Prämisse aus, "jeden Aspekt einer wirklichen Geistesforschung und einer geistigen Welt auszuschalten". Dass Steiner kein Geistesforscher gewesen sei oder dass es keine geistige Wirklichkeit jenseits der sinnlichen gebe, sei nicht etwa ein Ergebnis von Zanders "Forschungen", sondern die Grundlage all seiner Deutungen: weil er diese Prämisse beweisen wolle, richte er all seine Deutungen auf sie aus.

In Zander verbinde sich der Autoritätsanspruch der Wissenschaft zudem mit jenem der katholischen Kirche. In diesen doppelten Harnisch gekleidet, trete Zander gleichsam als Ritter der Orthodoxie dem Dissidenten entgegen, der sich sowohl gegen die Dogmen der Wissenschaft als auch jene des Glaubens versündige. Dabei verberge sich hinter diesem Harnisch eine erschütternde geistige Leere, denn Zander sei sowohl in wissenschaftlicher, wie auch in religiöser Hinsicht eigentlich standpunktlos. Ein hohler Autoritätsanspruch, geistige Überheblichkeit und eine tiefsitzende Furcht vor dem Geist schüfen eine für die Wissenschaft ebenso wie für eine denkbare spirituelle Erfahrung gleichermaßen prekäre Konstellation. Da aber diese Konstellation die unaufgeklärte Voraussetzung des Zanderschen Bewusstseins darstelle, sei die unausweichliche Folge Projektion. [...]

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis Niederhausens auf ein Interview, das Zander im Jahr 2008 Rüdiger Sünner gegeben hat, in dem jener davon sprach, wie das Singen Bachscher Kantaten in ihm eine "Angst vor Kontrollverlust" hervorrufe, davor, sein "auf logisch-begriffliche Arbeit dressiertes Ich zurückstellen zu müssen". Diese Dressur des Ich – man könnte auch von "geistiger Selbstkonditionierung" sprechen – scheint in der Tat die individuelle Wurzel des Problems zu sein. Betrachtet man Zander jedoch als Symptom, hat man es nicht mehr nur mit einem individuellen Problem zu tun, sondern mit einem gesellschaftlichen. [...] 

Dies sind auch die Gesichtspunkte, die über den konkreten Anlass hinaus – Zander und seine angebliche Steiner-Biographie – Niederhausens Buch lesenswert machen. Denn man kann die Analysen, die letzterer durchführt, auch völlig losgelöst vom Gegenstand, an dem er sie entwickelt, lesen. Dann nehmen sie sich aus wie eine kritische Phänomenologie oder Typologie eines »dressierten Ich«, einer Geistesart, die heute geradezu epidemisch ist. [...] Aber all diese Intelligenz ist so vollkommen lebens- und geistfremd, dass sie zu nichts anderem mehr taugt, als dazu, sich selbst zu reproduzieren – von den fatalen Konsequenzen, die sich aus der Anwendung dieser Intelligenz auf das Leben ergeben, einmal abgesehen, die sich in allen Bereichen unserer Gesellschaft, ja auf dem ganzen Globus zeigen. So betrachtet, ist Zander nicht nur eine Wissenschaftskatastrophe, sondern auch das Symptom einer Bildungskatastrophe. [...] Und das bleibende Verdienst Niederhausens besteht darin, die Gründe dieser Bildungskatastrophe analysiert und aufgezeigt zu haben, wie sie behoben werden könnte.


Gerold Aregger schreibt in seiner Zeitschrift Gegenwart, 4/2013 (November):

Helmut Zanders Lügengeflecht
"Dies nun war im Grunde das wirklich Neue, was mit Zanders Werk in die Welt getreten war: Der Anspruch einer wissenschaftlichen Widerlegung der Anthroposophie durch die Widerlegung von Rudolf Steiners eigenem Anspruch auf Geistesforschung." (S. 14)
Zanders wissenschaftlicher Anspruch wird im Buch von Holger Niederhausen akribisch und mit grossem Fleiss von A bis Z widerlegt. Dabei werden dessen methoden offenbar. Dass dieser immer noch als wissenschaftlicher Sachverständiger für Anthroposophie und Rudolf Steiner auftreten kann, ist eine Verhöhnung jeglicher Wissenschaftlichkeit. Das Buch zeigt an unzähligen Beispielen, wie dieser jetzt an der Universität Fribourg lehrende Theologe mit Vorurteilen, Unterstellungen, Verdrehungen, subjektiven Interpretationen (die Einblick in seine Seelenart geben) vorgeht. Nach Karen Swassjans Bilanz einer Geisterfahrt und Lorenzo Ravaglis Zanders Erzählungen eine dritte, flüssig lesbare, in Einzelheiten vordringende Aufklärungsschrift in Sachen Zander.


Wolfgang G. Voegele schreibt für die "anthroposophische Nachrichtenagentur" NNA News am 31.12.2013 in einer wenig aussagekräftigen, eher abschreckenden Rezension, die ganz in furchtbar geist-leerer, scheinbar "objektiver" und "sachlicher" Nachrichten-Sprache gehalten ist, am Ende immerhin:

Niederhausens Ausdrucksweise ist unakademisch und leicht verständlich, seine Argumentation durchaus logisch und gewissenhaft. Auch wer schon frühere Widerlegungen der Zanderschen Arbeit durch andere Autoren kennt, wird in Niederhausens kritischer Studie manches Bedenkenswerte entdecken.


In der Schweizer Monatszeitschrift "agora" erschien im Februar 2014 eine kurze Besprechung.

Ansonsten erhielt ich viele begeisterte persönliche Rückmeldungen...

Ansgar Martins, der immer wieder aggressive Artikel gegen Rudolf Steiner und die Anthroposophie schreibt, widmete meinem Buch am 15.03.2014 eine lange Besprechung. Auch diese ist zutiefst aufschlussreich, vor allem, wenn man die Möglichkeit hat, mein Buch selbst zu lesen. Martins entwirft das Bild eines fanatisierten Autors, der nichts anderes tut, als ein unhaltbares Steinerbild aufrechtzuerhalten und Rudolf Steiners Worte für eine von vornherein unbezweifelbare Wahrheit zu erklären. Für jemanden, der wie Martins den realen Geist hasst und ihn mit jedwedem Dogmatismus in einen Topf wirft, wird es wohl nicht anders erscheinen können. Martins attackiert Rudolf Steiner fortwährend da, wo er ihn am wenigsten verstehen kann, und macht sich und seine Leser so selbst blind. Eigentlich kann man nur traurig davorstehen - wie auch davor, wie aggressiv Martins eine völlige Karikatur meines Buches und meiner Person entwirft. Die Substanz meines Buches und die ungezählten Beispiele, in denen der Leser selbst zu einem Erlebnis kommen kann, sind in seinem ganzen langen Text nicht zu finden. Möge es viele Menschen geben, die selbst erleben wollen, was ich geschrieben habe... Ich habe auf Martins in einem längeren Aufsatz reagiert.

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Reaktion von Michael Mentzel von "Themen der Zeit", der von Martins in o.g. Artikel ebenfalls angegriffen wurde, weil er die Meldung von NNA zum Erscheinen meines Buches aufgegriffen und ebenfalls kurz über dieses Erscheinen berichtet hatte.