2017
Krieg und Frieden
Tiefere Betrachtungen über eine männlich-unmenschliche Welt.
Inhalt
Zwischen Geopolitik und Terror
Zwischen Machtdenken und Fanatismus
Gewalt, Macht und Lust
Gewalt und Kälte
Zwischen Traumjob und „Kollateralschaden“
Sexuelle Gewalt und die Systemfrage
Der Terror der Ökonomie
Die wirkliche Diktatur und ihre Opfer
Eine männliche Kultur
Eine weibliche Kultur
Das Menschliche
Zwischen Geopolitik und Terror
Vor wenigen Tagen warnte Gorbatschow: „Es sieht so aus, als würde sich die Welt auf Krieg vorbereiten.“ In einem Artikel, der in der TIME erschien, schreibt er:
“While state budgets are struggling to fund people’s essential social needs, military spending is growing. Money is easily found for sophisticated weapons [...]. [...] Relations between the great powers have been going from bad to worse for several years now. The advocates for arms build-up and the military-industrial complex are rubbing their hands. We must break out of this situation. We need to resume political dialogue aiming at joint decisions and joint action. There is a view that the dialogue should focus on fighting terrorism. This is indeed an important, urgent task. But, as a core of a normal relationship and eventually partnership, it is not enough.”
In einer immer unsichereren Welt – wieder unsicher geworden durch muslimischen Extremismus, der in Terror und Gewalt ein religiöses Ziel sieht, das angeblich jenem Gott gefällt, für den diese Fanatiker die Welt mit Terror überziehen –, in dieser unsicheren Welt hören auch die Großmächte nicht auf, Geopolitik zu betreiben. Die Ukraine ist Geopolitik. Syrien ist Geopolitik. Fernab der westlichen Welt und auch der meisten Nachrichten wächst im Südchinesischen Meer ein Konflikt – Geopolitik [o].
Ich habe in meinem ausführlichen geschichtlichen Überblick über die US-Politik der letzten Jahrzehnte darauf hingewiesen, dass der islamistische Extremismus ganz wesentlich auch mit dieser aggressiven US-Politik zu tun hat – einer Politik, die in höchstem Maße Geopolitik betreibt und als „einzige Supermacht“ den Anspruch erhebt, die „Weltpolizei“ zu spielen, und dies immer mit militärischen Mitteln. Immer wieder hat diese Supermacht Krieg und Verderben gesät – und sie hat Extremismus geerntet.
Am Sonntag schrieb Oskar Lafontaine auf Facebook dementsprechend:
„Wir müssen die „westlichen Terroristen“ aus den muslimischen Ländern fernhalten. Laut deutschem Antiterror-Dateigesetz sind Terroristen „Personen, die rechtswidrig Gewalt als Mittel zur Durchsetzung international ausgerichteter politischer oder religiöser Belange anwenden“. Leider weigert sich die deutsche Öffentlichkeit, dieses Gesetz zur Kenntnis zu nehmen.“
Zwischen Machtdenken und Fanatismus
Auch andere Menschen wie der ehemalige Bundestagsabgeordnete Jürgen Todenhöfer, der mehrmals in Afghanistan war und dort unzähligen Menschen begegnet ist, wissen, dass ganz viele Menschen einfach nur wollen, dass die Amerikaner das Land verlassen. Vor einem halben Jahr habe ich hier über Todenhöfer und sein Buch „Du sollst nicht töten“ geschrieben.
In Menschen wie Todenhöfer leben Friedenskräfte. Dem stehen unglaubliche Hasskräfte gegenüber – seitens der Extremisten auf allen Seiten. Die fanatischen Islamisten verachten den Westen und seinen dekadenten Lebensstil. Andere Muslime radikalisieren sich, weil sie durch Bomben und Soldaten Familienmitglieder verloren, oft unschuldig. Hinzu kommen die furchtbaren, demütigenden und absolut unmenschlichen Folterskandale. Die zunehmende Radikalisierung war absolut vorauszusehen. Durch Krieg und Gewalt kann man keine Probleme lösen – man kann nur neue schaffen.
Das Ganze ist auch ein Problem des Bewusstseins – im Grunde ganz und gar. Auf Seiten des Westens steht ein kalt berechnendes Überlegenheitsbewusstsein oder aber ein pragmatisches Machtdenken, das geopolitischen Einfluss gewinnen oder behalten will. Man achte nur einmal auf die Diskussionen in Bezug auf die deutsche Beteiligung hierbei – durch eine Armee, die für alle Zukunft nur noch Friedens- und Verteidigungsarmee sein sollte. Überall wird man empfinden können, wie der Wunsch nach (neuer) Größe, nach Beteiligung, nach Mitsprache, nach Einfluss und nach Ausdehnung des eigenen Einflusses wirksam ist. Es geht um Macht. – Und auf der Seite des fanatischen Islamismus steht genau dies: ein heiß-fanatisches Bewusstsein, das sich aus religiös-fanatisiertem Denken, Fühlen und Wollen alles unterwerfen will – oder vernichten.
Auch Russland, China und andere Staaten verfolgen die Politik, ihren Einfluss auszudehnen, wo es geht. Sie tun das vor dem Hintergrund der noch immer überwältigenden Dominanz der USA und der von den USA angemaßten Rolle. Es waren die US-Geheimdienste, die diverse Regierungen stürzten, diverse Diktatoren stützten und diverse Staaten unter ihre absolute Einflusszone brachten. Man braucht nur einen kurzen Blick auf die sehr, sehr lange „Liste der Militäroperationen der Vereinigten Staaten“ zu werfen [o].
Die USA betreiben Hunderte von Militärbasen weltweit [o]. Ihre jährlichen Militärausgaben sind so hoch wie die der zehn nachfolgenden Staaten zusammen (China, Saudi-Arabien, Russland, Großbritannien, Indien, Frankreich, Japan, Deutschland, Südkorea, Brasilien) [o]. Seit ihrer Gründung 1776 haben die USA nur während fünf Jahren kein Krieg geführt [o].
Gewalt, Macht und Lust
Soldaten werden ausgebildet, um zu töten. Im Krieg erleben sie das Furchtbarste, was es gibt: Leben zu nehmen. Sie sehen, wie ein Mensch stirbt – und sie sind es, der dies verursacht.
Wenn man die Gegenmächte, die eine spirituelle Menschenkunde kennt, ernst nimmt, weiß man, was passiert, wenn der Mensch bewusst unmenschliche Taten tut – diese Gegenmächte werden aufgepeitscht. Sie feiern in der Seele Triumphe. Dies ist der Grund für die immer wieder gemachte Beobachtung, dass gerade dies, das Unmenschlichste, Gewalt und Tod, in der Seele tiefe Lust erregen kann.
Ich zitiere aus Todenhöfers Buch „Du sollst nicht töten“:
Die neuseeländische Historikerin Joanna Bourke zitiert in ihrem Buch An Intimate History of Killing den belgischen Offizier und späteren Sozialpsychologen Henri de Man über dessen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg: „Ich hielt mich für ziemlich immun gegenüber diesem Rausch. Bis ich als Granatwerfer-Offizier Befehlsgewalt über das wohl mörderischste Instrument moderner Kriegsführung bekam. Eines Tages gelang mir ein direkter Treffer auf das feindliche Lager. Ich sah Körper und Körperteile in die Luft fliegen und hörte das verzweifelte Schreien der Verwundeten und Flüchtenden. Ich musste mir eingestehen, es war einer der glücklichsten Momente meines Lebens.“
Jürgen Todenhöfer: Du sollst nicht töten, S. 121.
Ein anderer GI erzählt: „Da ist dieses unglaubliche Gefühl der Macht, wenn man fünf Menschen tötet. Das Einzige, womit ich es vergleichen kann, ist die Ejakulation. Einfach ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung, dass ich es getan habe.
Ebenda.
Frauen demonstrierten 1969 gegen den Vietnamkrieg mit einem Plakat, auf dem die Worte standen: „Bombing for peace is like fucking for virginity.“ [o]
Es ist bekannt, wie sehr Macht auch eine sexuelle Konnotation hat. „Mein Haus, mein Auto, meine Frau.“ Man kann auch unter diesem Aspekt einmal die Machtspiele der Männer, der Politiker, der Militärs zu erleben versuchen. Das Eine ist die Verantwortung für das eigene Land. Das Andere aber ist, wenn aus der Verantwortung dieser Machtkitzel wird, dieser Impuls, Macht über den Gegner zu bekommen – Macht, einfach Macht. Und dazu die Lust am Besiegen, am Vernichten und am Besiegen durch Vernichtung...
Gewalt und Kälte
Der Mensch kann nur dadurch unmenschlich werden, dass er das Menschliche in sich selbst abtötet. Bevor man einen anderen Menschen töten kann, muss man in sich selbst etwas töten. Gewalt ist nur durch Kälte möglich – dadurch, dass etwas in einem erfriert, zum Schweigen gebracht wird. Dann, wenn dieses Menschliche schweigt, getötet, zum Schweigen gebracht, dann kann diese Lust aufsteigen. Nicht mehr der Mensch ist dann in der Seele anwesend, sondern das Unmenschliche, der Unmensch – und jene Kräfte, die damit zusammenhängen.
Es kann aber auch sein, dass nur die reine Kälte regiert, die Empfindungslosigkeit, die Abgebrühtheit. Sondereinsatzkommandos für Spezialeinsätze können sich keine Empfindungen leisten, nicht einmal Lust. Nur höchste Konzentration rettet das eigene Leben. Dann wird der Mensch wirklich eine Tötungsmaschine. „Entweder ich oder die anderen.“ Hat sich die Menschheit entwickelt – um an diesem Stadium anzulangen? Hochspezialisierte „Einsatzkräfte“, die härteste Trainings absolvieren, um absolut erfolgreich töten zu können?
Einen kleinen Einblick in das deutsche KSK (Kommando Spezialkräfte), das in Herman Hesses Geburtsstadt Calw stationiert ist, gibt eine „Stern“-Reportage:
Der Ausbildungstest ist nach einem geflügelten Wort des früheren KSK-Chefs Reinhard Günzel "das Härteste, was man Menschen in einer Demokratie zumuten darf". 80 Prozent der Bewerber scheitern. Major Rinkel, ein ehemaliger Kommandosoldat, erzählt, wie er sich beim 160-Kilometer-Marsch müde und mit leerem Magen die Berge hochschleppte: "Das Schmalzfleisch am Versorgungspunkt frisst du dann wie ein Tier." Irgendwann steht jeder ausgelaugt in einem Bunker und wird acht Stunden lang verhört. Die Methoden, vom Wehrbeauftragten abgesegnet, erinnern an Guantánamo: grelles Licht, laute Rockmusik, Augenbinde, Eiseskälte, Wasser, das aus Eimern über den Kopf geschüttet wird. "Und versuch mal, eine Stunde lang beide Arme waagerecht auszustrecken", sagt der Major. "Du musst nur denken: Die brechen mich nicht!"
Die Profis (Uli Rauss, Stern, 13.11.2004). [o]
Die Reportage schilderte dann weiter, was diese Männer können:
KSK-Soldaten können Menschen durch einen Schlag auf Kehlkopfgrube oder fünften Rückenwirbel töten. Oder lautlos per Genickdrehhebel. Sie kennen Analysen sämtlicher Zugriffe von befreundeten Elitekommandos in entführten Zügen, Schiffen, Flugzeugen, sind auf Einsätze in Kernkraftwerken und Hochhäusern vorbereitet. Wie Biathleten am Schießstand steuern sie ihren Puls auf 170 Schläge pro Minute, um mit kontrollierter Aggression in Wohnungen von Verdächtigen einzudringen. Sie rollen nachts, eine Waffenkiste vorm Bauch, in 5000 Meter Höhe über die Flugzeugrampe ins dunkle Nichts und steuern den Fallschirm zur Landezone. Ihre Spezialisten berechnen den Wind so, dass ihr Schuss aus 1200 Metern ins Rohr eines Panzers trifft. Mit optronischem Gerät fertigen sie von Zielpersonen digitale Porträtfotos aus zwei Kilometer Distanz. Im Schneesturm vernähen sie die klaffende Wunde des Kameraden notfalls mit Schweinehaut.
Ebenda. [o]
Bei der Vorstellung beginnt wahrscheinlich schon so manches Männerherz höher zu schlagen – es regt sich der Machtkitzel. Es ist nicht umsonst, dass Actionfilme einen so unvorstellbaren Erfolg haben und regelmäßig Millionen einspielen. Vom Jungen bis zum Mann – jeder möchte männlich sein, das aber bedeutet stark, cool, erfolgreich, unbesiegbar, emotionslos Hochleistungen bringend. Männlichkeit, ein wahrer Mann, seinen Mann stehen. Kein Weichei sein, Eier in der Hose haben. Kalt, emotionslos, in jedem Fall aber hart – hart und unbesiegbar.
Zwischen Traumjob und „Kollateralschaden“
Und dann kommt ein Absatz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss:
Bernd Sähmer hat nach acht Jahren im Kommando "das Staunen verlernt". Der blonde Hauptmann kommt aus dem Ruhrgebiet, ist 38 Jahre alt und Chef der 3. Kommandokompanie. Supertyp, sagen alle. Manchmal zu emotional, sagt er selbst. Das KSK ist sein Traumjob, hier kann er Hobby und Beruf verbinden: Sähmer weiß alles über das "Flairverhalten von Fallschirmen" oder "Schirmfahrten mit eingeschränktem Sichtfeld". Er hat mehr als 3000 Absprünge, in Schweden sprang er mal aus 11 000 Metern ab, zwei Minuten und 45 Sekunden freier Fall. Seine längste "Gleitphase" betrug 64 Kilometer, "ein Wahnsinnsgefühl".
Ebenda. [o]
Man weiß nicht, wer hier mehr den Bezug zu jeglicher Realität verloren hat – der Kompaniechef oder der Reporter. Sondereinsatzkräfte machen also nichts anderes, als ihr Hobby zum Beruf zu machen? Fallschirmspringen und andere männliche Abenteuer? Die letzte Bastion, wo der Mann noch Mann sein darf und seinen Traum voll ausleben darf? Dieses „Wahnsinnsgefühl“ beim Sprung? Wahrscheinlich hatte das KSK damals noch viel zu wenig wirkliche Einsätze... Aber auch der Reporter hat sich hier völlig vergessen – und verherrlicht gegenüber der ganzen Leserschaft eine Truppe, die das Töten zum Beruf gemacht hat. Genüsslich kann sich der Leser in seinem Sofa in diesen Traumjob hineinfühlen.
Und dann folgt noch eine aufschlussreiche Stelle über den Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen „Spezialkräften“:
In den Einsätzen in Afghanistan finden die deutschen Kommandos Waffenverstecke, spähen Dörfer aus, beteiligen sich an Gefechten, werden beschossen, geraten in Minenfelder, haben Verletzte, machen Gefangene. [...] "Und dann liegst du in getarnter Stellung. Warten, gucken, warten, gucken. Kommt so eine blöde Ziege näher. Wir werfen Steine - nutzt nix. Wenig später ist der Hirte da, ein Alter. Du zielst auf ihn. Deine Dipolantenne ragt aus der Stellung. Der bückt sich runter zu dir, sagt ,Salem Aleikum" und geht ganz cool weiter. Du bist enttarnt, meldest das, verlegst die Stellung, und irgendwann holt dich der Helikopter da raus."
Nach der Rückkehr, die Tarnfarbe noch in den Gesichtern, besprechen die Soldaten die Details. "Da wird auch geschrien", sagt Oberstleutnant Staub. Es sind die Amerikaner, die hart nachfragen, weshalb der Oberfeldwebel den Ziegenhirten nicht "eliminiert" habe. Schallgedämpft abknallen, dann hätte er den Auftrag fortsetzen können. "Das mach ich nicht!", sagt der KSK-Aufklärer.
"Die Amis eliminieren solche Bedrohungen tatsächlich", sagt ein Ex-Offizier des KSK. "Wir haben in Afghanistan gesehen, wie ekelhaft US-Soldaten mit Afghanen umgesprungen sind, Fußtritte und Kolbenstöße waren noch harmlos. Sie haben sie behandelt wie Untermenschen." Die Deutschen hätten auch erlebt, wie Amerikaner "bei der Operation Anaconda ganze Dörfer platt machten" und "Türschlösser rausrissen: Hier Jungs, frei zum Plündern". Der hochrangige Ex-KSK-Mann sagt: "Die Bilder von Abu Ghraib, das Foltern in irakischen Gefängnissen, haben mich absolut nicht überrascht."
Ebenda. [o]
Sexuelle Gewalt und die Systemfrage
Hier schließt sich der Kreis. Gewalt, Folter, Demütigung, Macht bis in das Sexuelle hinein.
Ein Interview des „Spiegel“ mit Oberfeldwebel Ivan Frederick („Wir sollten sie demütigen“ [o]) zeigt, wie normale Menschen zu Handlungen kommen, die kaum vorstellbar sind. Frederick zwang die Gefangenen unter anderem dazu zu masturbieren. Das Interview wirft ein Licht auf die Verhältnisse in dem Lager – und es zeigt wiederum den Druck, den CIA-Kräfte auf das Personal ausgeübt haben. Frederick zeigte immerhin hinterher Reue, hatte den Wunsch, sich zu entschuldigen, und war bereit, im bevorstehenden Prozess die Verantwortung für seine Taten zu übernehmen. Dennoch – all diese Taten sind geschehen.
Aber US-Soldaten vergewaltigen sogar ihre Kolleginnen – ein Thema unfassbaren Ausmaßes [o o]. Gemeldet werden jährlich etwa 3.000 Fälle – nur zehn bis zwanzig Prozent davon kommen militärintern vor Gericht, nur etwa die Hälfte davon führt zu einer Verurteilung. 300 Täter also werden verurteilt – und die Dunkelziffer liegt bei 30.000 Vergewaltigungen, Jahr für Jahr, nur innerhalb des US-Militärs.
Ein tiefgründiger Kommentar in der „taz“ beschrieb es nach Bekanntwerden der Folterfälle von Abu Ghraib so:
In der linken Kritik des Vietnamkrieges war es ein fester Topos, dass die USA mit diesem Krieg die Gewalttätigkeit der eigenen Kultur in den Dschungel exportierten. Im Irak liegt die Verbindung zwischen den katastrophalen Verhältnissen in den USA-Knästen und der Folter von Abu Ghraib auf der Hand – Charles Graner, den wir uns als eine Art Anführer in Abu Ghraib vorzustellen haben, war zuvor Wärter in einem Hochsicherheitsgefängnis in Pennsylvania. [...] Das Barbarische kommt aus der westlichen Zivilisation. Ohne radikale Gesellschaftskritik versteht man diese Bilder nicht. [...]
1962 hatte der Sozialpsychologe Stanley Milgram gezeigt, dass ganz normale Bürger, wenn es eine Autoritätsperson befahl, dazu in der Lage waren, andere zu foltern. Doch das Milgram-Experiment schien in den 90ern eher ein interessantes Detail der Kulturgeschichte zu sein. Denn im postmodernen Kapitalismus, in dem auch die klassischen Disziplinierungsanstalten der bürgerliche Gesellschaft – Schule, Militär und Gefängnisse – doch irgendwie liberalisiert worden waren, war das aufgeklärte Individuum an die Stelle des verführbaren Untertanen gerückt. [...]
Die Bilder aus Abu Ghraib zeigen, dass das Barbarische nicht nur jenseits des Limes beheimatet ist – in Nigeria, dem Sudan oder Afghanistan. Das Barbarische kommt aus der selbst ernannten Avantgarde der westlichen Zivilisation: den USA. [...] Wir haben es mit mehr oder weniger normalen Leuten zu tun, deren Untaten zudem Teil eines von CIA und Militär installierten Systems sind. [...] Wer sich nicht mit der trüben Einzelfall-These anfreunden will oder diese Bilder wie manche Konservative zum Anlass für routinierte Stoßseufzer über die finstere menschliche Natur nehmen will, kommt um radikale Gesellschaftskritik nicht herum. [...]
Die Kriegsziele der USA werden nach Gutdünken definiert. [...] Damit nähert sich der Antiterrorkrieg den so genannten neuen Kriegen an, jenen endlosen Bürgerkriegen in der Dritten Welt, die sich selbst reproduzieren. Denn auch die Praxis des Antiterrorkriegs neigt zur Entgrenzung: [...] Zudem sind die USA im Irak dabei, den Gegner, den zu bekämpfen das Mantra jeder Bush-Rede ist, selbst zu erzeugen bzw. zu mobilisieren. Der Antiterrorkrieg droht so zu einem Perpetuum mobile zu werden, zu einer sich selbst reproduzierenden Erscheinung, bei der, anders als in Vietnam, am Ende kein Gegner zu finden ist, mit dem man den Waffenstillstand vereinbaren kann.
Dass dieser Krieg erst begonnen hat – das ahnen wir, wenn wir diese Bilder anschauen.
Abu Ghraib – das sind wir (Stefan Reinecke, taz, 15.05.2004). [o]
Der Terror der Ökonomie
Die USA erheben den Anspruch, gegen Terrorismus und Diktaturen vorzugehen. Die Französin Viviane Forrester, geboren am 29. September 1925, die als Literaturkritikerin unter anderem für „Le Monde“ schrieb, trat im Alter von 70 Jahren mit einem Buch an die Öffentlichkeit, das schnell zum Bestseller wurde und in 27 Sprachen übersetzt wurde: „Der Terror der Ökonomie“. Das war 1996. Vier Jahre später schrieb sie noch ein zweites Buch: „Die Diktatur des Profits“. Ich fasste damals wesentliche Gedanken dieses zweiten Buches in einem Aufsatz zusammen. Viviane Forrester zeigte schon früh die Essenz des neoliberalen Denkens, das immer mehr in die Köpfe einsickerte und die Seelen vergiftete.
Jemand wie sie hatte einen Großteil des 20. Jahrhunderts erlebt – und konnte unmittelbar sehen, fühlen und erkennen, was Jahr für Jahr geschah. Welche Doktrin sich ausbreitete und sich wie ein Mehltau auf die Seelen und in die Köpfe legte. Es ist die Doktrin der absoluten Verwertbarkeit. Der Mensch wird ein Rädchen im Getriebe des Profits. Es ist wie in jenen großartigen Romanen und Filmen, die dies vorausgenommen haben. Nur verläuft es subtil. Es ist keine äußerlich sichtbare Diktatur. Aber auch bei Momo tragen die grauen Herren ja gleichsam Nadelstreifenanzüge. Die Macht, um die es geht, ist nicht fassbar, nicht sichtbar – es ist einfach Macht. Sie wirkt im Unsichtbaren, auf Wegen, die man nicht greifen kann – aber sie wirkt.
Es geht um Macht. Bestimmte Menschen haben sie – und sie nutzen sie, um sie stetig zu vergrößern. Macht kann man aber nur auf Kosten anderer vergrößern. Das sind dann die Machtlosen, die ihrer Freiheit Beraubten, die Unterdrückten. Subtil – mit „Lohnzurückhaltung“, mit „Niedrigjobs“, mit Entlassungen, mit Demütigung auf Ämtern. Die Demokratie wird ausgehöhlt – denn die Diktatur des Profits und der Terror der Ökonomie schreiten voran, sie gehen unaufhaltsam ihren Weg, und sie gehen über Leichen. Terror, Macht und Rücksichtslosigkeit – sie beginnen bei mangelndem Bewusstsein für die wahren Folgen des eigenen Tuns, und sie enden bei bewusster Gleichgültigkeit.
Dieser und jener Terror, sie gehören unmittelbar zusammen. Wir leben in einer Welt, in der eine alles dominierende Ideologie auf dem Egoismus basiert – der Kapitalismus und seine Grundprämisse. Immer mehr erweist sich, dass dies keineswegs zum Wohl aller führt (wie das Dogma von der „unsichtbaren Hand“ von Adam Smith behauptete). Sondern da, wo der Egoismus waltet, kann sich die Ungleichheit und damit die Not immer nur vergrößern, weil es immer Wenige geben wird, die die größte Macht und den größten Reichtum an sich reißen – und dies beides dann immer weiter vergrößern. Die Gier aber erzeugt schon aus sich heraus Gewalt – bis zu einem wirklichen Gehen über Leichen. Aber schon der bloße Egoismus ist strukturelle Gewalt an allen Schwächeren, die strukturell ausgenutzt und ausgebeutet werden. Es ist sogar möglich, dass „der Reiche“ bis zu seinem Lebensende nichts davon mitkriegt – und doch hat er sein Leben lang Gewalt geübt.
Die wirkliche Diktatur und ihre Opfer
Ein System, das auf Egoismus basiert, macht den Menschen aber auch egoistisch. Es wird ihm subtil und ganz offen sein ganzes Leben lang eingebleut. Du musst etwas leisten. Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner. Du musst flexibel sein, verfügbar, bereit zum Ortswechsel, zum Berufswechsel, du musst dich immer weiterbilden – du musst, du musst, du musst. Ein Hamsterrad der Pflichten – um im realen Kapitalismus zu überleben. Zurichtung menschlicher Arbeitskraft, Humanressource, für den Arbeits-Markt, auf dem man sich und seine Haut verkaufen muss. Das System ist darauf ausgerichtet, nur noch an sich zu denken, radikal egoistisch zu werden. Dort, wo man etwas Menschlichkeit bewahrt, bewahrt man sie nicht wegen des Systems, sondern gegen das System, trotz des Systems.
Die westliche Welt hat keine Lösung gegen diesen Terror der Ökonomie und diese Diktatur des Profits. Sie versinkt darin immer weiter – bis heute. Es gibt nicht genügend Arbeit, und die Arbeit, die es gibt (nämlich unendlich viel) wird nicht bezahlt. Denn noch immer regiert der Profit. Profitsteigerung durch Entlassungen. Das Geld fließt dorthin, wo es schon ist, es sammelt sich sinnlos, ja pervers. Ich habe grundlegende Gedanken über diesen Widersinn, aber auch für völlig neue, rettende Anschauung schon 2011 in meinem Werk „Zeit der Entscheidung“ (Band 2) entwickelt. Solange aber nicht umgedacht wird, kann der Terror nicht besiegt und verwandelt werden – und werden die Opfer immer zahlloser werden.
Es ist auch deutlich, dass es dann zu Kämpfen unter den Opfern kommen muss. Die Verlierer der Globalisierung bekämpfen sich dann gegenseitig. Die vom Bildungswesen und vom Arbeitsmarkt Abgehängten bekämpfen dann Flüchtlinge und Einwanderer, Arbeitslose hassen Obdachlose... Und die Profiteure profitieren weiter... Sie leben davon, dass die realen Zusammenhänge nicht erkannt werden – und dass man, wenn man sie erkennt, dennoch machtlos ist. Wir leben in einer Zeitalter tiefgreifendster Gewalt. Sie dringt mittlerweile in das gesamte öffentliche Leben ein. „Privatisierung“ von Krankenhäusern, öffentlichem Verkehr, von allem. Aber dann wird es nicht besser, sondern schlimmer. Es wird brutaler, es wird unmenschlicher, es wird – Ausbeutung. Ausbeutung aller für den Profit Einzelner, ganz Weniger...
Unser Zeitalter ist keines der Zivilisation, der Humanität. Wir haben Jahrzehnte einer Doktrin hinter uns, die den Egoismus in unsere Seele, in Fleisch und Blut übergehen ließ. Wir sind seelisch verarmt, unser Denken ist verarmt, schwach und desolat geworden. Wir können eine andere Welt nicht mehr denken – und wo wir es noch können, verlieren wir sofort die Hoffnung, halten dies für Utopie und Illusion. So stark ist die Doktrin geworden, zusammen mit der real existierenden Machtzusammenballung!
Und so ist unser Zeitalter ein Zeitalter des Kampfes geworden: Kampf um die Vorherrschaft auf diesem Planeten, Kampf um die öffentliche Meinung, Kampf um die Verhältnisse im Wahlkreis, Kampf um die noch existierenden Jobs, befristet, schlecht bezahlt... Und dann auch Kampf um Rohstoffe. Kampf um die „Sicherheit der freien Welt“, Kampf gegen den Terror. Und keiner sieht, dass der wirkliche Terror mitten unter uns ist, dass er mitten in dem ganzen Zusammenhang wirksam ist, in dem wir aufgewachsen sind und leben. Dass er unsichtbar fortwährend die einen gegen die anderen ausspielt. Und dass die Profiteure dieses Systems sich um die Opfer nicht kümmern – und wir ja auch nicht, solange wir noch nicht zu den Opfern gehören oder uns noch nicht als solche betrachten. Niemand sieht sich gern als Opfer und jeder rennt weiter in seinem Hamsterrad. Und der Terror terrorisiert und profitiert... Die Diktatoren, die die Bedingungen diktieren, schweigen und genießen...
Eine männliche Kultur
Wir leben in einer von Männern geprägten Kultur – und in den Seelen der Männer wirken die Gegenkräfte, die die Seele vom Menschlichen ins Unmenschliche führen. Das wahre Wesen des Menschen und seiner Seele kann man sich nicht heilig genug vorstellen. Man bekäme eine erste Vorstellung und ein erstes Erleben, wenn man wirklich den Weg nach innen kennen würde – ein Erleben der reinen seelischen Innenwelt, ohne dass sich die Seele immer schon als Leibeswesen empfinden würde. Doch die Seelen sind sich heute bereits derart entfremdet, dass sie diesen Weg regelrecht ablehnen, dass ihre Gier nach Außeneindrücken und Außentätigkeit immer stärker wird, während der Weg der reinen, tiefen Besinnung und des wirklichen Erlebens der Innen-Welt unendlich gescheut, ja, verachtet wird. So aber kann das Menschliche nicht gefunden werden – und noch weniger die (Selbst-)Erkenntnis des wahrhaft Menschlichen. Dieses wahrhaft Menschliche – es ist ein Erkenntnis-Mysterium. Es muss erkannt werden, im rein innerlichen, seelisch-geistigen, leibfreien Erleben. Im Erleben der Seele, wenn sie mit sich allein ist und begreift, was sie eigentlich ist.
Aber die Seele strebt ins Alleräußerlichste. Und so können alle Gegenkräfte ungehindert in der Seele wirken, ohne dass die Seele selbst irgendetwas davon erkennt. Äußerlich kann sie manches erkennen – sonst gäbe es keinerlei gewöhnliche Psychologie. Aber dass dies alles reale Kräfte sind, die in jedem Moment in Seelen wirken, das wird in seinem Wesen nicht verstanden. Dieser Weg nach innen, diese Erkenntnis wird verachtet.
Und so gerät die Menschheit immer mehr in die Veräußerlichung – und auch der Mann, der den Lauf der Welt noch immer vor allem bestimmt, offenbart das Negative: Abstraktheit, Armut des Gefühls bis zum Versiegen, dafür Konkurrenzdenken. Der Mitmensch ist kein Mensch, sondern Konkurrent oder Gegner. Er ist auch kein seelisch-geistiges Wesen, sondern rein biologisches Etwas. Der abstrakte Materialismus und Intellektualismus kann im Grunde im Fortbestehen der Welt keinerlei tieferen Sinn sehen. Der Egoismus sucht für sich das Angenehme. Der abstrakte Leistungsgedanke treibt zu Leistungen, die das konkurrenzbetonte Selbst bestätigen. Und das Vulgäre der immer gewöhnlicher werdenden Seele hat darüber hinaus keinerlei Interessen, keine Ideale, nichts. Abstrakter Intellekt und körperliche Hormone – das ist der Mann am Ende des Niederganges des wirklichen Menschentums. In der Politik führt dies zu Visionslosigkeit und zu einer perversen Betrachtung der Welt als ein großes Schachbrett (so tatsächlich der Titel eines Hauptwerkes des führenden US-Geostrategen Zbigniew Brzezinski). Diese Männer führen die Welt in einen Untergang, weil sie ihr eigenes Menschentum in einen Untergang führen – Konkurrenz und Kampf...
Und wenn wir die überbordende Welt der Werbung hinzunehmen, die immer aggressiveren Sinnesreize allein schon im Internet, wo alles grell, farbig, hervorgehoben und brutal unterhaltend sein muss, immer absurder und sinnentleerter – dann ist die völlige Armut und Pervertiertheit der Seele wie mit seelischen Händen zu greifen. Es ist ein Offenbarungseid – der Konkurs der Seele, bei voller Fahrt, sie merkt noch immer nichts, wie auf der Titanic. Sinnlosigkeit bis zum Erbrechen – aber noch immer saugt sich die Seele voll, merkt nichts, weil sie wie in einer unaufhörlichen Bulimie Sinnloses in sich hineinfrisst. Und in der realen Welt wird die Umwelt vernichtet, trägt der blaue Planet längst mehr, als er tragen kann, sterben Ökosysteme und Arten... Führt der Mensch Kriege, tötet ein Mensch den anderen, Terror und Vernichtung...
Eine weibliche Kultur
Jeder Mensch muss in dieser männlich-dekadenten Kultur aufwachsen und wird von ihr pervertiert. Wenn die Seele dann erwachsen wird, ist sie bereits korrumpiert, hat ihr wahres Wesen vergessen, ist hineingewachsen in eine innerlich verarmte, unmenschliche Welt, ist umgeben von anderen Seelen mit Traumata, hat die Sinnlosigkeit und die armselige Flucht ins private Ego und Genussleben in sich aufgenommen und verwirklicht nichts anderes als die ewige Nicht-Verwirklichung des Menschlichen. Das Menschliche ragt nur wie die Spitze eines Eisberges aus einem riesigen Meer hervor – und keine Seele empfindet das ganze, unendliche Mysterium des wahren Menschenwesens...
Auch die Frau hat diesen Sturz in die Materie mitgemacht. Frauen bestehen in der Männerwelt am besten da, wo sie sich an das Männliche anpassen – das heißt, es übernehmen. Und zudem sind heute Frauen und Männer von der Abstraktheit, von dem zunehmenden Verlust der inneren Verbindung zu dem wirklichen Seelisch-Geistigen betroffen. Dennoch war der Sturz des Mannes in die Leiblichkeit tiefer – und ist das Weibliche gerade das Seelischere, das noch etwas reiner seelisch Gebliebene. Man kann sagen: Beim Mann ist Seele und Leib wirklich fast eins geworden, bei der Frau lebt noch immer die Seele im Leib. Der Mann ist Leib geworden, die Frau hat einen Leib, aber sie ist noch immer auch Seele.
Eine weibliche Kultur wäre eine Kultur mit Seele. Beim Mann fehlt zwischen der Abstraktheit des Gehirndenkens und den Hormonen, dem männlich geprägten Handeln der Bereich dazwischen: das Herz, die Seele, der sanfte Atem... Das aber ist das Wesen der Frau. Und das würde einer weiblichen Kultur die Seele einprägen.
Eine weibliche Kultur wäre sanft, sie wäre behütend. Sie wäre empathisch und voller Verständnis. Sie wäre eine Kultur der Gegenseitigkeit, des Zusammenwirkens. Sie wäre erhaltend, bereichernd. Sie wäre schmückend, ehrend, liebend. Ich beschreibe hier etwas Ideales – aber all dies ruht viel stärker im Wesen der Frau als im Wesen des Mannes. Denn die Frau hat noch Herz, hat noch Seele und zartes Empfinden – etwas, was den Männern immer mehr völlig verlorengeht. Und unserer Kultur ist es schon nahezu völlig verlorengegangen.
Liebe. Das Wesen der im Herzen lebenden Kraft ist die Liebe. Sie ist der Quell all dieser Eigenschaften, die eine weibliche Kultur hätte. Es wäre eine Kultur der Liebe und des Lebens. Nicht eine Kultur des Hasses und des Todes. Erst stirbt das lebendige Empfinden der Seele im Menschen. Dann trägt der Mensch den Tod hinaus in die Welt – durch unzählige Handlungen, die das Menschliche ersterben lassen, weil sie es nicht mehr enthalten. Tod oder Leben. Kälte oder Wärme. Hass und Gleichgültigkeit oder Liebe. Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich daran, ob diese Menschheit zu einer weiblichen Kultur finden wird...
Das Menschliche
Im Grunde ist alles, was jetzt als weiblich geschildert wurde, das wahrhaft Menschliche – und Mann und Frau würden es auf verschiedene Weise gleichermaßen wahrmachen. Auch der Mann könnte ein Liebender werden, ein Behütender, ein Lebensbringer, ein Heilender. Aber man spürt unmittelbar, wie unendlich weit der Weg für den Mann ist. In der heutigen Zeit ist der Mann vor allem ein Träger der Todeskräfte und der ersterbenden Kräfte – noch viel mehr als die Frau. Auch in der Frau ersterben die seelischen Lebenskräfte immer mehr, aber noch hat sie sie. Der Mann erkennt mehr die Bedrohung der Schöpfung – die Frau empfindet sie viel stärker. Der Mann setzt sich vielleicht aus der Vernunft heraus für eine neue Ethik ein – die Frau aus dem Herzen heraus. Das ist ein wichtiger Unterschied. Die Herzenskräfte der Frau sind unmittelbarer und stärker. Sie aber sind es, die die Menschheit für ihre Zukunft unendlich stark braucht.
Die Menschheit braucht Wärme. Innere, tiefe Seelenwärme, die nichts anderes ist als Liebe, wirkliche Liebe. Diese Kraft lebt in den Frauen. Sie werden die Bringer einer wahrhaft menschlichen Kultur sein. Die Retterinnen der Herzenskräfte.
Das Zeitalter des Menschlichen hat noch nicht einmal begonnen. Und vielleicht wird das zumindest für Mitteleuropa durch Jahrzehnte hindurch friedliche Zeitalter zunächst ganz zu Ende gehen und die Menschheit durch eine immer dunklere Zeit hindurchgehen müssen, bis die Seelen beginnen, zu begreifen, was ihre tiefste Sehnsucht ist und dass sie noch ein ganz anderes Wesen haben als das immer oberflächlicher und ärmer und unmenschlicher werdende, das immer stärker offenbar wird.
Es wird einmal eine Zeit kommen, wo alles neu gedacht werden wird, alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens. Eine Zeit, in der die Dogmen fallen werden, weil das Menschliche im Inneren aufsteigen wird. Die Dogmen werden fallen, und die Menschen werden alles, was den Menschen betrifft, menschlich in die eigene Hand nehmen. Und diese Hand wird eine liebende Hand werden...
Die menschliche Kultur wird in ihrer ganzen Tiefe einer unendlich weiblichen Kultur ähneln – aus dem einzigen Grund, weil der Mann in der heutigen Welt sein Menschliches unendlich stark verleugnet. Die heutige Kultur ist männlich und unmenschlich zugleich. Der Mann verleugnet heute sein wahres Menschenwesen und treibt in der Welt sein Unwesen – und prägt dieses Un-Wesen der ganzen Welt auf. Retten kann ihn und die Welt nur noch das Weibliche. Das weibliche Element kann die Widersacher besiegen, die die Seele unmenschlich werden lassen. Denn im Mittelpunkt des weiblichen Elements lebt das Herz – und im Mittelpunkt des Herzens entströmt die Liebe...
Zum weiteren Empfinden...
BAP: Widderlich.
Cuirina: Stimme im Sturm.
Grips Theater, Linie 1: Mut zum Träumen.
Dota und die Stadtpiraten: Utopie.
Sarah Lesch: Testament.