01.12.2017

Uranmunition – eine Chronik

Der Artikel der NachDenkSeiten vom 16.11.2017 [o] über den Einsatz von Uranmunition im Irak, in Bosnien, im Kosovo und wiederum im Irak, in dem auch über den Arzt Horst-Siegwart Günther berichtet wurde, der als einer der ersten auf die Folgen hinwies, sowie eine Lesermail vom 25.11.2017 [o] über den Menschen Günther veranlassten mich, das Thema weiter zu recherchieren. Hier nun das Ergebnis – zu Anfang eine Chronologie zu Günthers Leben, vor allem aber eine ausführliche Chronik zum Thema Uranmunition.


Uranmunition rettet die eigenen Soldaten – denn sie verwandelt feindliche Panzer innerhalb von Sekunden in eine Feuerhölle. Aber diese Teufelswaffe setzt hochgiftiges Uranoxid frei, das sich im Körper ablagern kann und so zu Krebs und bei Geburten zu Missbildungen führen kann. Die Militärs und Regierungen spielen die Gefahr herunter, bis auf Einzelfälle sei angeblich nichts passiert – doch die ungezählten Fälle in den betroffenen Ländern dringen kaum an die Öffentlichkeit. Hier wird in allerstärkster Weise mit zweierlei Maß gemessen. Inzwischen schreiben Anweisungen stärkste Sicherheitsmaßnahmen vor, doch im Irak und im ehemaligen Jugoslawien liegen viele Tonnen von Uran. Als giftiges Uranoxid verteilt es sich ohnehin über die ganze Erde und wird Teil der „Hintergrundstrahlung“. Die Menschheit führt immer Krieg gegen sich selbst...

Günthers Werdegang


24.02.1925 – Geburt in Halle/Saale.

20.07.1944 – Bericht an die Résistancegruppe um General von Choltitz in Paris vom Stauffenberg-Attentat [o].

1945 – Studium der Humanmedizin in Jena.

1950 – Ende des Studiums, Beginn einer tropenmedizinischen Ausbildung in London und Liverpool.

1953 – Promotion [o].

1954 – Habilitation an der Ostberliner Humboldt-Universität [o].

1956 – In der DDR Berufung als Professor [o o] bzw. 1957 Ernennung zum Professor für Physiologie [o].

1956[57?] – Ruf an die Universität Kairo [o]. Dreijährige Lehr- und Forschungstätigkeit am Physiologischen Institut über weibliche Sterilität und die tropische Infektionskrankheit Bilharziose [o].

1957 – Mitglied der Akademie der Wissenschaften [o]. Lässt sich nicht verifizieren [o].

60er Jahre


1960 – Nach Ende seines Vertrages in Kairo Ruf an die Universität Damaskus, Professor für Pathophysiologie und Tropenmedizin bis 1963, irgendwann auch Annahme des BRD-Passes [o].

1963 bis 1965 – Auf Einladung Albert Schweitzer Arbeit in dessen Urwaldhospital in Lambaréné (Gabun) [o], Forschungsarbeiten über Lepra, Malaria und Elephantiasis [o].

1966 – Tätigkeit am Londoner Institut für Tropenmedizin, später in Glasgow [o], dazwischen auch in Liverpool [o].

70er Jahre


Anfang 70er – Erneute Tätigkeit in Kairo im Institut für Tropenmedizin, weitere Forschung über Bilharziose, Schreiben eines Fachbuches [o].

1979 – Auf dem Militärübungsplatz Aberdeen Proving Grounds bei Washington werden DU-Granatenschüsse genau vermessen. Eine 105-mm-Granate von 3,4 kg setzt über 70% Uran als Uranoxid frei. Eine Salve von 100 Granaten mit 20 kg DU führt zu 14 kg Giftstaub in der Luft [o].

1979 Leonard A. Dietz, seit 1955 Mitarbeiter von Knolls Atomic Power Laboratory (KAPL) in Schenectady, New York, misst in der Luft Spuren von DU von der 10 Meilen entfernten Fabrik NL Industries in Albany, die 30-mm-Munition für die Air Force herstellt. Später misst er DU-Kontamination noch in 26 Meilen Entfernung [o]. Die Fabrik wird 1980 geschlossen, weil sie regelmäßig die Strahlung von 150 Microcurie monatlich überschritt, was weniger als 400 g DU oder einem Projektil entspricht [o].

Ende 70er – Günther wird Chefarzt einer Dermatologischen Klinik in St. Peter-Ording (Schleswig-Holstein) [o].

80er Jahre


Anfang 80er – Nach erneuter Arbeit in Kairo und Sudan Ruf nach Israel [o], als Chefarzt an Behandlungszentrum für Psoriasis/Schuppenflechte der Universität Jerusalem am Toten Meer, sowie Gastprofessur für Dermatologie an der Universität New Jersey [o]. Wegen des Rufs nach Israel ist seine Familie in St. Peter-Ording brutalen neonazistischen Anfeindungen ausgesetzt, Schreiben bis hin zum Bundespräsidenten bleiben ohne Antwort. Während eines Urlaubs beendet Israel 1984 [o] die Zusammenarbeit wegen der Nazi-Familie, die Denunziation soll aus der Ärztekammer Schleswig-Holstein gekommen sein. Günther siedelt in die DDR über [o].

Sommer 1983 – Der 21-jährige Soldat Erich Schempp nimmt an Tests mit Uranmunition bei Munster teil. Zwei Jahre später erkrankt er an Krebs [o].

1987 – Günther wird in Wien ein Orden der Malteser-Ritter verliehen [o].

Mai 1987 – Arbeit als Badearzt in Bad Urach [o].

08.12.1988 – In Remscheid stürzt ein US-Kampfflugzeug Typ A-10 ab, das im Ernstfall Uran-Munition einsetzt [o].

Mitte August 1989 – Günther alarmiert das Bundesgesundheitsamt, da bei fast 30 % der Thermalpatienten schwerwiegende Nebenwirkungen aufträten. Auslöser könne eine zu hohe Radioaktivität sein, die laut BGA allerdings durchschnittlich sei [o].

Ende 80er – Günther kehrt in die DDR zurück [o]. Dort wohnt er sehr bescheiden in Berlin-Hellersdorf [o].

90er Jahre


1990


Okt. 1990 – Einladung des irakischen Ministeriums für Forschung und Ausbildung zu ärztlicher und Vorlesungstätigkeit. Von der deutschen Botschaft wird ihm klar bedeutet, dass seine Arbeit im Irak nicht in deutschem Interesse liege und schließlich Weisung zum Verlassen des Landes erteilt. Dennoch geht er immer wieder in den Irak [o]. Über Weihnachten ist er zuhause, dann folgen die Angriffe. Danach kehrt Günther in den Irak zurück [o].

Okt. 1990 – L. Dietz, der 1979 DU-Kontamination in der Luft durch die Fabrik NL Industries feststellte, warnt Les Aspin, chairman of the Committee on Armed Services of the US House of Representatives, zur Versicht bei DU-Testung [o o].

1991


16.01.1991 – Die US-geführte Koalition beginnt mit Angriffen auf den Irak [o]. Es werden 320-800 Tonnen DU-Munition verschossen [o].

1991 – Sara Flounders recherchiert für Ramsey Clarks Buch “Gulf War, The Fire This Time”, in dem der ehemalige US-Justizminister voraussagt: „the people of the Gulf region will have to face the effects of radiation poisoning for years to come.” [o].

1991 – Günther gründet angesichts der schrecklichen Lage insbesondere der Kinder im Irak die Hilfsorganisation „Gelbes Kreuz International“ [o].

März 1991 – Dietz fragt in einem Leserbrief an das Bulletin of Atomic Scientists: “If New York State authorities were concerned about the release each month of radiation equivalent to the particles from one or two uranium projectiles, why isn't the US government concerned about the effects of tens of thousands of projectiles being fired in a few days of war?” [o].

Anfang März – Günther findet auf einem Kampffeld ein zigarrenähnliches, sehr schweres Geschoss [o].

Oktober 1991 – Er sieht Kinder mit Geschosshülsen spielen, eines an Leukämie erkrankt und kurze Zeit später gestorben [o]. [oder erst März 1992?].

Ende 1991 – Als Professor der Universität Bagdad [o] diagnostiziert Günther eine bisher unbekannte Krankheit, die durch Funktionsstörungen der Nieren und Leber zu einem qualvollen Tod führt [o].

28.10.1991 – Wurden irakische Kinder Opfer von ABC-Kampfstoffen? (S.-H. Günther, Neues Deutschland). Erster Artikel: In Bagdad auffällige Zunahme von Leukämie und Tumorbildungen, in Bagdad und Mosul bei Kindern auch extreme Flüssigkeitsansammlungen der Körperhöhlen [o].

Dez. 1991 – Mordanschlag auf Günther in Jordanien [o].

1992


März 1992 – Günther sieht bei Basra Kinder mit Geschossen spielen, von denen eines an Leukämie erkrankt ist [o]. Er findet heraus, dass die erkrankten Kinder mit Munition oder in Panzerwracks gespielt hatten und fast alle Väter von missgebildeten Babys an den Panzerschlachten bei Basra teilgenommen hatten [o].

03.04.1992 – Kampfstoffe töten Kinder Iraks (S.-H. Günther, Neues Deutschland). Günther berichtet nach Hilfslieferung: „Bei der Zerstörung fast aller Industrieanlagen in der Umgebung von Bagdad, Basra und Mosul/Kirkuk könnten durchaus atomare, biologische oder chemische Kampfstoffe freigesetzt worden sein. Irakische Arzte äußerten demgegenüber, daß es sich möglicherweise um spezielle alliierte Bomben gehandelt haben könnte.“ [o].

16.07.1992 – Uran-„Zigarren“ bedrohen Iraks Kinder (Neues Deutschland). Günther nach neuer Hilfsmission: „Ich habe mehrere Kinder gesehen, die bis zu 12 solcher Geschosse als Spielzeug verwandten.“ [o].

Juli 1992 – Günther will in Berlin eine DU-Probe in der nuklearmedizinischen Abteilung des Klinikum Charlottenburg (Vorläufer des Rudolf-Virchow-Klinikum Wedding) bei Prof. Felix untersuchen lassen. Ein Polizeitrupp in Strahlenschutzkleidung besetzt das Labor und beschlagnahmt das Geschoss [o].

1993


03.01.1993 – Zweiter Mordanschlag in Deutschland [o].

15.01.1993 – Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten erlässt Strafbefehl und verurteilt Günther wegen nicht sachgemäßem Umgang mit radioaktiven Abfällen und „Freisetzung ionisierender Strahlung“ zu einer Geldstrafe von 3.000 DM [o].

29.01.1993 – Operation Desert Storm: Army Not Adequately Prepared to Deal With Depleted Uranium Contamination (GAO NSIAD-93-90, PDF 46 S.) [o].

28.03.1993 – Radiant Iraq: Assassination by Conventional Nukes (Henk van der Keur, Nuclear Monitor Issue). “In May 1991 radiation experts had already reported that the radio-active debris from high-tech munitions will be in the long-term responsible for the death of half a million residents in Iraq and Kuwait. These data are mentioned in a secret report from the British Atomic Energy Authority (UKAEA) and were revealed by the Independent on Sunday in November 1991.” – “A report by the Canadian-US organization Uranium Traffic from 1984 mentions that the US army used at least 6500 tons of DU in munitions and tank armor. It is highly likely that the amount has multiplied since that time. Last year the US Congress decided to double the amount of uranium in the tank amour of the new generation of Abram tanks.” [o].

20.07.1993 – Sterberate bei Kindern hat sich verdreifacht (Siegwart-Horst Günther, Neues Deutschland) [o].

1994


1994 – Das „Golfkriegssyndrom“ bekommt seinen Namen [o].

Juni 1994 – Summary report to Congress: Health and environmental consequences of depleted uranium use by the U.S. Army. Prepared by U.S. Army Environmental Policy Institute. “The Office of the Army Surgeon General believes that the long-term health effects of embedded DU fragments have not been well defined but are minimal. [...] It is unlikely that recovery and maintenance personnel working in and around vehicles impacted by DU penetrators received significant internal DU exposure.” [o].

05.08.1994 – US-Kampfflugzeuge verschießen zwischen 05.08.1994 und 22.09.1994 sowie zwischen 20.08.1995 und 14.09.1995 um Sarajevo und in ganz Bosnien rund drei Tonnen DU-Munition (10.800 Projektile) [o].

1995


22.06.1995 – Wenige Tage nach seiner Rückkehr aus dem Irak wird Günther verhaftet, kommt nach Husum, dann ins Zuchthaus Neumünster in eine völlig verdreckte Zelle, der Wärter war völlig betrunken, dann Zuchthaus Kiel. Dort muss er sich öffentlich nackt ausziehen. Der Anstaltsarzt schlägt ihn brutal zusammen. Wegen seiner Hilfsleistungen in den jüdischen Gemeinde im Irak wird er als „dreckige Judensau“ beschimpft [o]. Nach dreieinhalbwöchigem Hungerstreik kommt er auf Kaution frei, steht aber über ein Jahr unter Polizeiaufsicht [o].

28.06.1995 – Das Neue Deutschland berichtet über Günthers Inhaftierung [o].

30.06.1995 – Das Neue Deutschland berichtet über Günthers Hungerstreik, da ihm die Kontaktaufnahme zu seinem Arzt in Husum verweigert worden war, obwohl ihm seit mehreren Wochen die Zähne ausfallen [o].

06.07.1995 – Prof Günther weiter im Hungerstreik (Neues Deutschland). „Günther -1956 an der Berliner Humboldt-Universität zum Professor ernannt – war von einem Gericht wegen angeblich mißbräuchlicher Führung des Professor-Titels zu 100 Tagessätzen verurteilt worden. Nachdem er die Zahlung der Summe abgelehnt hatte, wurde er inhaftiert.“ [o].

14.07.1995 – Günther wird aus der Haft entlassen, nachdem er vorher aus Kiel ins Haftkrankenhaus Hamburg verlegt worden war [o].

1996


1996 – Der links-aufklärerische Ahriman-Verlag veröffentlicht Günthers Dokumentation „Uran-Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, mißgebildete Neugeborene, sterbende Kinder“ [o].

13.12.1996 – Depleted Uranium: A tragedy of the commons (Nuclear Monitor Issue #463-464) [o].

1997


28.03.1997 – Depleted Uranium: The Stone Unturned. A Report on Exposures of Persian Gulf War Veterans and Others to Depleted Uranium Contamination (Dan Fahey, NuclearFiles.org) [o].

Mai 1997 – Das International Action Center publiziert das Buch “Metal of Dishonor: Depleted Uranium: How the Pentagon Radiates Soldiers & Civilians with DU Weapons” [o].

04.06.1997 – Das deutsche Verteidigungsministerium beurteilt DU als „geringe Gefährdung“, nachdem bereits über drei Monate lang uranverseuchtes Militärgerät rund um Sarajevo geborgen wurde [o].

05.06.1997 – Eine große US-Studie weist keine erhöhten Missbildungen bei Kindern von Golfkriegsveteranen nach: „The Risk of Birth Defects among Children of Persian Gulf War Veterans“ (New England Journal of Medicine) [o o].

1997 – Der Nuklearmediziner Prof. Asaf Durakovic wird vom Pentagon entlassen. Seit 1988 wurde er als Experte zu Rate gezogen, im Ersten Golfkrieg war er Stabsarzt. Mitte der 90er Jahre untersuchte er als Leiter der Nuklearabteilung eines Armeekrankenhauses bei Washington Soldaten und fand DU und sogar Plutonium. Man legte ihm nahe, in andere Richtungen zu forschen, es verschwanden Krankenakten und Labortests [o]. Durakowitsch fand in DU-Proben Uran 236. Daraufhin wurde er zum Stillschweigen verpflichtet. Als er sich trotz einer angebotenen Schweigeprämie von über 1 Million Dollar nicht daran hielt, bekam er Morddrohungen, die ihn zur Auswanderung nach Kanada veranlassten, wo er in Toronto das Uranium Medical Research Centre (UMRC) gründete [o].  

1998


1998 – Günther wird zweiter Präsident der Albert Schweitzer Akademie in Warschau [o].

23.03.1998 – Strahlen in der Wüste (Der Spiegel 13/1998). Ein Bagdader Krankenhaus registriert mit 1050 Fällen fünfmal so viel Laukämiefälle bei Kindern wie früher, fast alle aus dem Südirak [o o].

06.07.1998 – Effect of the militarily-relevant heavy metals, depleted uranium and heavy metal tungsten-alloy on gene expression in human liver carcinoma cells (HepG2) (AC Miller et al., Molecular and Cellular Biochemistry 255:247–256, 2004). Die US-Studie zeigt, dass DU krebserregend ist [o].

Aug. 1998 – Transformation of human osteoblast cells to the tumorigenic phenotype by depleted uranium-uranyl chloride. (AC Miller et al., Environ Health Perspect. 1998 Aug;106(8):465-71.) „We report the ability of DU-uranyl chloride to transform immortalized human osteoblastic cells (HOS) to the tumorigenic phenotype.” [o].

1999


04.01.1999 – Günther wird vom Amtsgericht vorgeladen. Er müsse ggf. damit rechnen, zwangsweise in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt untergebracht zu werden. Post und Telefon werden überwacht [o].

10.01.1999 – Victims of a war they never saw (The Guardian). “In a Guardian investigation which has involved talking to doctors all over central and southern Iraq - inspecting maternity logs, birth defect registers and personal records taken by midwives and paediatricians - a terrifying pattern has emerged. There has been a clear increase in birth defects, ranging from thalidomide-type deformities to entire villages where the children of different families are being born blind or with internal congenital defects in the heart and lungs. The highest concentration is in the south of Iraq.” – “Twenty-five-year-old Dr Zenad Mohammed [...] in the Saddam Hussein Teaching Hospital in Basra [...] keeps her findings in a hard-backed grey notebook. [...] “August - we had three babies born with no head. Four had abnormally large heads. In September we had six with no heads, none with large heads and two with short limbs. In October, one with no head, four with big heads and four with deformed limbs or other types of deformities.” [o].

23.01.1999 – Die taz berichtet über Günther: Streiten mit Hunden und Schweinen (taz) [o].

19.02.1999 –  Auf der Insel Vieques vor Puerto Rico, Übungsplatz der US-Marine wird unautorisiert DU-Munition verschossen [o o].

24.03.1999 – Die NATO beginnt mit Bombardierungen im Kosovo-Krieg [o]. Offiziell werden ca. 10 Tonnen DU-Munition eingesetzt (31.000 Geschosse). Später stellen UNEP-Teams in fast jeder Bodenprobe Uran fest [o].

Mai 1999 – Depleted Uranium Weapons: Lessons from the 1991 Gulf War (Dan Fahey) [o].

01.07.1999 – Ein Dokument “hazard awareness” der Vereinigten US-Stabschefs warnt vor Kontakt mit DU-Munition und gibt detaillierte Vorsichtsmaßnahmen [o].

14.07.1999 – Schreiben des Amtsgerichts Husum: „Ich muss Sie... nochmals darauf hinweisen, dass von hier aus weder direkt eine Zahlung veranlasst werden kann, noch eine Einflussnahme auf die Rentenversicherungsanstalt möglich ist. In diesem Verfahren geht es ausschließlich um die Frage, ob Ihnen eine Person als Betreuer zur Seite gestellt werden kann oder muss... Sofern hier nicht bis zum 30.7.1999 eine Mitteilung über einen mit Herrn Dr. Platz [Leiter der Psychiatrie der Karl Bonhoeffer Klinik] abgesprochenen zeitnahen Untersuchungstermin eingeht, muss ich davon ausgehen, dass Sie nicht bereit sind, sich freiwillig zu einer Untersuchung zum Sachverständigen zu begeben. Für diesen Fall beabsichtige ich - wie schon anlässlich vom 7. 01.1999 erörtert - Ihre (geschlossene) Unterbringung und Beobachtung - zunächst für den Zeitraum von 10 Tagen - anzuordnen zur Vorbereitung des Gutachtens. Nach der Einschätzung des bei der Anhörung vom 07.01.1999 anwesenden Dr. Mulke besteht der Verdacht, dass bei Ihnen eine paranoide Entwicklung vorliegt, die die Kritikfähigkeit partiell einschränkt.“ [o].

Am Donnerstag vor der gewaltsamen Unterbringung am Montag erhält er ein Schreiben: „Urlaubsbedingt kann eine Untersuchung des Betroffenen in dem vorgesehenen Fachkrankenhaus nicht vor dem [Di] 02. November 1999 beginnen. Das Gericht hat dementsprechend auch die maximale Dauer der Unterbringung zur Untersuchung des Gesundheitszustandes auf den 10. November 1999 beschränkt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird zu überprüfen sein, ob eine weitere geschlossene Unterbringung zur Untersuchung des Geisteszustandes erforderlich ist.“
Günther schickt ein Fax an „Mütter gegen den Krieg“, die ihn auf einer Erfurter Tagung 1999 kennengelernt hatten. Bei seiner Abholung wurde er von fünf Vereinsmitgliedern und Prof. Schott begleitet [o].

21.07.1999 – Ein Schreiben des Bundesverteidigungsministeriums listet bereits ausführliche Schutzmaßnahmen gegenüber potentieller Gefährdung durch DU auf [o].

07.08.1999 – Tschernobyl am Tigris oder Das Golfkriegssyndrom (Peter Jacobs, Welt.de) [o]. „In der US-Armee wurden nach dem Golfkrieg von 1991 mehr als 39 000 GIs aus Gesundheitsgründen entlassen. Mehr als 2000 sollen, inoffiziellen Quellen zufolge, gestorben sein. In Großbritannien starben inzwischen 160 Teilnehmer des Golfkrieges von 1991, die meisten an Lungenkrebs.“ [o]

1999 – The Hazard Posed by Depleted Uranium Munitions (Steve Fetter & Frank N. von Hippel, from Science & Global Security, 1999, Volume 8:2, pp.125-161). Risiken ergeben sich beim Besteigen abgeschossener Panzer [o]. Das Risiko der Knocheneinlagerung wurde jedoch gar nicht untersucht [o].

2000-2009


2000


31.01.2000 – Der deutsche Soldat André Horn stirbt im Feldlazarett Prizren/Kosovo unter seltsamen Umständen. Später werden in seinen Haaren hohe Bleikonzentrationen gefunden [o].

2000 – Gulf War and Health: Volume 1. Depleted Uranium, Pyridostigmine Bromide, Sarin, and Vaccines (Carolyn E. Fulco et al., National Academy Press, 427 S.) [o].

2000 – Günther erhält den Special Award for Peace and Humanity der “International Association of Education for World Peace”, gegründet von Ex-UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali [o].

10.04.2000 – Günther hält einen Vortrag auf einer DFG-VK Veranstaltung in Flensburg [o].

Aug. 2000 – A-bomb survivors: factors that may lead to a re-assessment of the radiation hazard (Int J Epidemiol. 2000 Aug;29(4):708-14) [o].

Nov. 2000 – Radiation-induced genomic instability: a paradigm-breaking phenomenon and its relevance to environmentally induced cancer (K. Baverstock, Mutat Res 454(1-2): 89-109) [o]. Baverstock war jahrelang WHO-Strahlenexperte, eine Studie wurde jedoch unterdrückt [o].

20.12.2000 – „Mysteriöse Todesfälle nach Kontakt mit Uranmunition“ (Berliner Zeitung). Bericht über drei nach ihrem Dienst im Kosovo gestorbene italienische Soldaten [o].

2001

 

Januar

05.01.2001 – BBC berichtet über Kevin Rudland, der nach einem Bosnieneinsatz Anfang 1996 jetzt schwer erkrankt ist [o].

09.01.2001 – Uran-Munition in Deutschland: US-Armee räumt Unfälle ein (n-tv) [o].

09.01.2001 – 1999 U.S. Document Warned of Depleted Uranium in Kosovo (Marlise Simonsjan, NY Times). “A document called ''hazard awareness'' issued by the Joint Chiefs of Staff warned soldiers and civilians against touching spent ammunition or other contaminated materials. It said personnel handling the heads of anti-tank shells or entering wrecked vehicles should wear protective masks and cover exposed skin, and people involved in the more hazardous clearing tasks should undergo health assessments afterward. The document, dated July 1, 1999, was circulated among the militaries of the countries involved in the Kosovo campaign, and Germany, France and other countries passed along the warnings to their soldiers.
The Dutch defense ministry said it gave specific instructions about how troops were to confront the uranium problem before they went to Kosovo. ''Our troops were told to mark or cordon off contaminated areas, avoid any contact and call in special demolition units,'' a spokesman at the foreign ministry said.
A growing number of former peacekeepers from Europe and Canada have contracted cancer or cancerlike diseases. At least 15 have died of leukemia -- 6 in Italy, 5 in Belgium, 2 in the Netherlands and 1 each in Portugal and Spain.” [o].

10.01.2001 – Bundeswehr informiert über Uran (Die Welt). „Zum Vergleich: Ein Kilogramm DU führe in einer Distanz von einem Meter in einem Jahr zu einer Dosis, die nur ein Drittel dessen beträgt, was ein normaler Bürger aus natürlichen Strahlenquellen pro Jahr aufnimmt.“ [o]. Aber: Uranstrahlung hat gegenüber der natürlichen eine 20-fache biologische Schädlichkeit, und eingeatmeter Uranoxidstaub wird ohne Abstand in den Knochen abgelagert [o].

11.01.2001 – Doch Unfälle mit Uranmunition (Iby, Die Welt). In Grafenwöhr/Oberpfalz sei nun doch 1987 „einmal irrtümlich“ DU-Munition verschossen worden, 1988 sei „ein mit den uranhaltigen Geschossen beladener Panzer ausgebrannt“. 1987 „sei das verschossene Geschoss samt dem umliegenden Erdreich sofort entfernt worden“. Auch 1988 „sei keine Radioaktivität freigesetzt worden“ [o].

11.01.2001 – Das Uran-Syndrom (Gero von Randow, DIE ZEIT Nr. 3) [o]. Sarkasmus pur: „Die Welt enthüllte, dass auch in Deutschland mit Uran herumgeballert werde - als wenn das etwas Neues wäre. Seit 1978 sind US-Flugzeuge vom Typ A-10 auf Truppenübungsplätzen im Einsatz, und dass die Bordkanone auch urangehärtete Munition ausspuckt, war nie ein Geheimnis.“ [o]. Uranmunition war bis in die 80er der Friedensbewegung unbekannt! Von Randow spricht von nur 240 zusätzlichen Krebstoten nach Hiroshima und Nagasaki, verschweigt aber den Zeitraum. Zudem enthielt die Hiroshimabombe ,nur’ 60 kg Uran, im Kosovo wurden aber 8.500 kg verschossen [o].

15.01.2001 – Tödlicher Staub (Siegesmund von Ilsemann, Der Spiegel 3/2001). „Seit in Italien 7 Soldaten nach ihrem Einsatz auf dem Balkan an Krebs starben und weitere 23 erkrankt sind, überschlugen sich die Ereignisse: Weitere Nato-Partner meldeten Verdachtsfälle. Die Mehrzahl der europäischen Regierungen, die internationale Einheiten für die Friedenstruppe im Kosovo, Kfor, abgestellt haben, leiteten umfassende Untersuchungen ihrer Soldaten ein.“ [o].

15.01.2001 – „Verbrechen gegen die Menschheit“. Der Physiker und frühere US-Armee-Experte Doug Rokke über Uran-Munition (Der Spiegel 3/2001) [o]. Rokke erweist sich jedoch als absolut unglaubwürdig [o o].

17.01.2001 – Uran-Munition: Eine verräterische Substanz - Uran 236 entsteht in Atomreaktoren (Thomas de Padova, Tagesspiegel). Forscher fanden an acht von elf kontrollierten Orten im Kosovo Reste von DU-Munition, wobei diese Uran 236 in einer Konzentration von 0,0028% enthielt, das nur aus Atomanlagen stammen kann [o].

18.01.2001 – Verteidigungsminister Scharping setzt einen Arbeitsstab zur „Untersuchung des Umgang der Bundeswehr mit Gefahrstoffen“ ein, Leiter wird der langjährige ZEIT-Herausgeber Theo Sommer [o], der Jahre vorher bereits Leiter des Planungsstabes des Verteidigungsministeriums und später Mitglied der Wehrstrukturkommission der Bundesregierung gewesen war [o].

22.01.2001 – Waffen aus der Atomfabrik (Siegesmund von Ilsemann, Der Spiegel 4/2001). DU wurde bereits 1993 in Somalia verwendet. „Beim Aufprall der Geschosse auf das Ziel wird nicht nur giftiges, schwach strahlendes Uranoxid freigesetzt. Es ist nach der neuen Erkenntnis auch durchmischt von Plutoniumpartikeln, die fast schon den sicheren Tod bedeuten, wenn sie durch die Lunge oder offene Wunden in den menschlichen Körper gelangen.“ [o].

22.01.2001 „Hitzewelle im Körper“ (Der Spiegel 4/2001). Nach neuer Studie verursachen starke Radargeräte möglicherweise Krebs [o].

24.01.2001 – Nachhilfe für Scharping (Franz-Karl Hitze, Neues Deutschland) [o].

24.01.2001 – USA geben Verunreinigung mit Plutonium zu (FAZ.net). „[D]er Regierung sei seit 1999 bekannt, dass drei Munitionsfabriken radioaktiv verunreinigt gewesen seien.“, angeblich nur „durch kontaminierte Werkzeuge“ [o].

25.01.2001 – Depleted uranium: Bosnia tests start (Alix Kroeger, BBC). Ärzte berichten über stark angestiegene Krebsfälle bei Einwohnern des massiv mit DU beschossenen Dorfes von Hadzici bei Sarajevo, die jetzt überwiegend nach Bratunac evakuiert sind [o].

30.01.2001 – Uran-Munition: Gesundheitsrisiken können nicht ausgeschlossen werden. Soldaten fordern Aufklärung (Deutscher BundeswehrVerband (DBwV), Presseportal). „Die Strahlung, die von der Munition selbst ausgeht, gilt als unbedenklich. Da aber die Geschosse beim Aufprall auf ein Ziel in der Regel verdampfen und in Feinstaub in die nähere und fernere Umgebung gelangen können, kann Uran in den Körper gelangen.“ [o].

Feb-Dez

23.02.2001 – Die WHO bestreitet eine Unterordnung unter die IAEA bei Atom-Themen [o].

April 2001 – WHO-Report “Depleted uranium: sources, exposure and health effects” (221 S.) [o o].

Mai 2001 – Der belgische Augenarzt Dr. Edward de Sutter berichtet über seinen Besuch bei Dr. Mohammed Salman in Bagdad, der innerhalb von zwei Jahren auf neun augenlos geborene Kinder traf, deren Väter fast alle DU-Beschuss ausgesetzt waren [o o o].

22.05.2001 – The health hazards of depleted uranium munitions: Part I (Royal Society) [o]. Die Studie benennt als normal 585 Fälle von Lungenkrebs und 42 von Leukämie je 10.000 bei 75-jährigen Soldaten und zusätzliche Fälle durch „Level-I-Exposure to DU“ nur 12 bzw. 0,05 [o].

23.05.2001 – Chairman's Summary on the Ad Hoc Committee on Depleted Uranium (NATO information). “To date no nation has reported finding evidence of an increase in incidence of illness among peacekeepers in the Balkans” [o].

21.06.2001 – Die Bundeswehr und ihr Umgang mit Gefährdungen und Gefahrstoffen: Uranmunition, Radar, Asbest (Bericht des Arbeitsstabes Dr. Sommer) [o].

21.06.2001 – Uransyndrom: Die Blamage der Alarmisten (Gero von Randow, DIE ZEIT Nr. 26) [o]. Der Autor spricht von „kollektiver Psychose“ und zitiert aus der Studie der „Sommer-Kommission“: „Die von einem Gramm DU ausgehende Strahlung entspricht etwa der von zehn Litern Badewasser in heilkräftigen Kurorten“ [o].

23.08.2001 – The Pentagon’s Radioactive Bullet (Bill Mesler, The Nation). Das Pentagon hat DU-Munition bereits an Griechenland, Türkei, Israel, Bahrain, Kuwait, Saudi-Arabien, Thailand, Taiwan, Südkorea und weitere Länder, die es aufgrund der nationalen Sicherheit nicht bekannt gibt, verkauft.  – Eine Studie der “Operation Desert Shield/Desert Storm Association” fand, dass von 10,051 Soldaten, die über mysteriöse Erkrankungen berichteten, 82% feindliche Fahrzeuge betreten hatten [o].

24.11.2001 – Konferenz “Facts on Depleted Uranium” in Prag. Beiträge von Chris Busby, Dan Fahey u.a. [o].

2002


10.01.2002 – Verteidigungsminister Scharping verleiht Theo Sommer das Ehrenkreuz in Gold [o].

Feb. 2002 – Potential late health effects of depleted uranium and tungsten used in armor-piercing munitions: comparison of neoplastic transformation and genotoxicity with the known carcinogen nickel. (AC Miller et al., Mil Med. 2002 Feb;167(2 Suppl):120-2). “DU compounds can transform cells to the tumorigenic phenotype” [o].

12.03.2002 – The health hazards of depleted uranium munitions: Part II  (The Royal Society) [o]. “Under all likely exposure scenarios the extra lifetime risks of fatal leukaemia are predicted to be too small to be detectable.“ [o].

2002 – Frieder Wagner erhält vom WDR den Auftrag zu dem Dokumentarfilm „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ [o].

2002 – On Depleted Uranium: Gulf War and Balkan Syndrome (Asaf Durakovic, Croatian Medical Journal 2(2):130-134,2001) [o].

2002 – UMRC’s Preliminary findings from Afghanistan & Operation Enduring Freedom (UMRC) [o].

07.10.2002 – Ein US-Memento “Fact Sheet on the Health Effects of Depleted Uranium” bestreitet die Gefahr von DU [o].

2003


04.02.2003 – US-Soldat Ray Bristow berichtet über seine DU-Vergiftung (The Guardian) [o].

12.03.2003 – Science or Science Fiction? Facts, Myths and Propaganda In the Debate Over Depleted Uranium Weapons (Dan Fahey) [o].

20.03.2003 – Der Zweite Irakkrieg beginnt und dauert sechs Wochen. Es werden 100-1000 Tonnen DU-Munition verschossen [o].

März 2003 – Chromosome aberration analysis in peripheral lymphocytes of Gulf War and Balkans War veterans (Radiat Prot Dosimetry. 2003;103(3):211-9). 19 untersuchte Kriegsveteranen zeigen signifikant erhöhte Chromosomenveränderungen [o]. Ergebnis einer Untersuchung mit Blutproben von März 2001, für deren Testung Prof. Albrecht Schott einen Kredit von 45.000 Euro aufnahm, dessen Tilgung 30% seines Ruhegehalts verschlingt [o].

Nov. 2003 – Abu Khasib to Al Ah’qaf: Iraq Gulf War II Field Investigations Report (Uranium Medical Research Centre, PDF 18 S.). “Abu Khasib is the most radioactive battlefield identified by UMRC’s 13 days of radiation surveys. The larger diameter, tank armour penetration channels emit ionising radiation readings ~2,500 X’s the reference level. Some areas of Basra present background radioactivity ~20 X’s the reference level.” [o].

16.12.2003 – Das strahlende Vermächtnis der Alliierten (Markus Becker, Spiegel.de). Ein Team des Uranium Medical Research Centre (UMRC, Kanada) untersuchte zwei Wochen lang die Hauptschauplätze des letzten Irak-Kriegs. In der Umgebung der Stadt Abu Khasib, wo eine große Panzerschlacht stattfand, betrug die radioaktive Strahlung das 20-fache des Normalen, an einzelnen abgeschossenen Panzern das 2500-fache, teilweise spielten dort Kinder [o].

2003 – Günther besucht mit dem Dokumentarfilmer Frieder Wagner erneut den Irak, aber auch Serbien und Kosovo, woraus die beiden Filme von Wagner entstehen [o].

2004


2004 – Günther erhält die Friedensmedaille der Universität Nagasaki.

04.02.2004 – Kenny Duncan gewinnt aufgrund der Schott-Studie als erster US-Soldat einen Prozess wegen DU-Schäden [o o].

04.04.2004 – They served us in Iraq. Have they been poisoned by the uranium in our own ammunition? Shocking report reveals local troops may be victims of America's high-tech weapons (Juan Gonzalez, New York Daily News). Bei einem willkürlichen Test zeigten vier von neun US-Soldaten Uran in der Urinprobe [o].

26.04.2004 – Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra - Uranmunition und die Folgen (Frieder Wagner & Valentin Thurn, WDR, 44min) [o]. Im Herbst erhält der Film den Europäischen Fernsehpreis. Der Film wurde von der Rechtsabteilung des WDR gegengecheckt. Er wird jedoch nie wiederholt, und Wagner erhält danach nach 30 Jahren Zusammenarbeit keine Aufträge mehr [o].

26.06.2004 – Ein Gericht in Rom verurteilt das Verteidigungsministerium, der Familie des verstorbenen Balkan-Soldaten Stefano Melone 500.000 Euro zu zahlen. Weitere Entschädigungsurteile fallen 2008 (Florenz, Fall Marica), 2011 (Cagliari, Fall Melis) und Oktober 2012 (Rom, Andrea Antonci) [o].

2005


2005 – Günther veröffentlicht mit Gerald Götting: „Was heißt Ehrfurcht vor dem Leben? Begegnung mit Albert Schweitzer“. Götting hatte für KGB und MfS gearbeitet, war Vorsitzender der Ost-CDU, Vize-Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates und des Staatsrates der DDR, 1991 wurde er aus der CDU ausgeschlossen und vom Berliner Landgericht wegen Veruntreuung von Parteigeldern verurteilt [o].

2005 – Untersuchungen zur Gesundheitsgefährdung durch Munition mit abgereichertem Uran (DU) (Institut für Strahlenschutz, GSF-Bericht 03/05, 141 S.). „Die umfangreichen Untersuchungen [...] führen übereinstimmend zu dem Schluss, dass es bisher keinen wissenschaftlich belegten Fall einer DU-Ausscheidung im Urin gibt. [...] Das betrifft sowohl die ortsansässige Bevölkerung in diesen Gebieten als auch Angehörige internationaler Hilfskräfte.“ (S. 132).  Bezüglich Kosovo weiter: „Im wesentlichen kommt nur dem Ingestionspfad für ein mögliches Inkorporationsrisiko eine relevante Bedeutung zu. Der Inhalationspfad spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle (Kleines Kaliber der Projektile, geringer Anteil von Treffern auf "harte" Ziele).“ (S. 53) [o].

26.08.2005 – Teratogenicity of depleted uranium aerosols: A review from an epidemiological perspective (Rita Hindin, Doug Brugge & Bindu Panikkar, Environmental Health 2005 4:17). Auswertung verschiedener Studien und Berichte, oft keine klaren Ergebnisse [o].

2006


03.08.2006 – Ein britisches Memento “Depleted Uranium and Health” bestreitet die Gefahr von DU [o].

30.09.2006 – Günther erhält den Zivilcourage-Preis, Stifterin Anne Solbach-Freise hält die Laudatio [o].

2006 – Günthers Autobiografie „Zwischen den Grenzen, Mein Leben als Zeitzeuge“ erscheint. Mehrere Angaben erscheinen fragwürdig, so gibt es etwa den Orden „Royal Knight of Peace und Justice“ [o] nicht. Wissenschaftliche Veröffentlichungen oder Belege werden überhaupt nicht zitiert [o].

2006 – Dr. Paul Roth berichtet im Film „Deadly Dust“, wie das GSF (Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Institut für Strahlenschutz in Neuherberg bei München) bereits um 2000 in einer Studie im Auftrag des Verteidigungsministeriums klären sollte, wie sich eingeatmete DU-Nanopartikelchen in der Lunge verhalten. Dr. Paul Roth: „etwa die Hälfte bis zwei Drittel löst sich entweder nur sehr langsam oder vielleicht auch gar nicht auf.“ [o].

2007


2007 – Deadly Dust - Todesstaub (Frieder Wagner, Ochoa-Wagner Filmproduktion, 93min) [o].

2007 – Günther erhält in Salzburg den 10. „Nuclear Free Future Award“ in der Kategorie „Aufklärung“ [o].

09.10.2007 – Italiens Verteidigungsminister berichtet vor dem Senat in Rom, dass 255 Soldaten, die in den letzten zehn Jahren u.a. auf dem Balkan, in Irak und Afghanistan eingesetzt waren, an Tumoren erkrankten und 37 Soldaten bereits starben. Weitere 1.427 Soldaten erkrankten an Krebs, die nicht an Auslandsmissionen teilnahmen [o o].

2008


2008 – Die Arbeit einer 2005 unter Mitwirkung der IPPNW initiierten Studiengruppe an der Universität Basra zeigt 1990-2000 eine Zunahme von Missbildungen von 3,0 auf 17,6 je 1.000 Geburten, ebenso einen Anstieg der Leukämie-Neuerkrankungen [o].

07.04.2008 – Kleine Anfrage an die Bundesregierung „Lagerung und Einsatz von Uranmunition und die Auswirkungen für die Bevölkerung“ [o].

25.04.2008 – Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage [o].

19.05.2008 – Offener Brief an Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt (Frieder Wagner). Ausführliche Erwiderung auf die Darstellung der Bundesregierung bezüglich Uranmunition [o].

02.12.2008 – Auf der UN-Vollversammlung Antrag auf Ächtung von Uranmunition. 141 Nationen fordern ein Verbot, Frankreich, Großbritannien, Israel und USA stimmen mit ihrem Veto dagegen, Russland enthält sich, China bleibt fern [o].

2009


13.11.2009 – Huge rise in birth defects in Falluja (Martin Chulov, The Guardian). In Falludscha ist im Vergleich zum Vorjahr bei Geburten die Zahl der Fehlbildungen um das bis zu 15-fache gestiegen [o].

01.12.2009 – Iraq sees alarming rise in cancers, deformed babies (Suadad al-Salhy, Reuters). Eine Studie der Universität Basra fand, dass der Anteil der an Krebs sterbenden Kinder seit 1989 um 60-65 % gestiegen ist [o].

2010 bis heute


2010


Juni 2010 – Trends in Childhood Leukemia in Basrah, Iraq, 1993–2007 (Amy Hagopian et al., Am J Public Health. 2010 June; 100(6): 1081–1087). Leukämiefälle bei Kindern in Basra lagen 1993 bei 2,6 je 100.000, 2006 bei 12,2, 2007 bei 6,9 [o].

06.07.2010 – Cancer, Infant Mortality and Birth Sex-Ratio in Fallujah, Iraq 2005–2009 (Chris Busby et al., Int. J. Environ. Res. Public Health). Wissenschaftliche Studie zu erhöhten Krebsfällen und deutlich erniedrigtem Anteil männlicher Geburten im 2004 bombardierten Falludscha [o].

23.07.2010 – Toxic legacy of US assault on Fallujah 'worse than Hiroshima' (Patrick Cockburn, Independent). Bericht über die o.g. Umfrage in 711 Haushalten. Leukämie-Fälle sind um das 38-fache, Krebsraten bei Kindern um das 12-fache gestiegen [o].

2011


17.03.2011 – Libyenkrieg: Der UN-Sicherheitsrat autorisiert eine Flugverbotszone [o].

19.08.2011 – Das „Quirra – Syndrom“. Ermittlungen über einen Nato-Schießplatz auf Sardinien (Aureliana Sorento, Deutschlandfunk, 22 S.) [o].

2012


26.08.2012 – Sardiniens tödliches Geheimnis (Birgit Hermes, ZDF, 29min). Mit 130 qm ist das Sperrgebiet „Poligono Sperimentale Interforze del Salto di Quirra“ im Osten der Insel der größte Truppenübungsplatz der NATO in Europa. Seit Jahren beklagen die Hirten hier Missbildungen neugeborener Tiere, viele Zivilisten und Soldaten erkranken an Lymphomen und Leukämie. Bis 1999 enthielten hier getestete MILAN-Raketen aus deutsch-französischer Entwicklung Thorium [o o].

16.11.2012 – Die Geburtsklinik von Basra war ein Blick in die Hölle (Frieder Wagner im Interview, Regensburg digital). „Der Völkerrechtler Manfred Mohr und der Chemiker Albrecht Schott und ich waren 2008 und 2010 eingeladen ins Auswärtige Amt, jeweils zu eine Zwei-Stunden-Gespräch über Uranmunition. Unsere Gesprächspartner haben uns gesagt, dass wir sie sehr beeindruckt haben und auch der anwesende Spezialist vom Helmholtz-Institut für Strahlenschutz in Neuhersberg in München meinte, dass die DU-Munition verboten werden müsse – wenn auch nicht wegen der Radioaktivität, sondern wegen ihrer chemischen Giftigkeit. Der Moderator dieses zweiten Gespräches im Auswärtigen Amt hat zum Abschluss gesagt – und das bitte ich Sie wörtlich zu zitieren – unsere Faktensammlung sei beeindruckend bis beängstigend gewesen. Aber im Grunde genommen seien all unsere Argumente gegen diese Waffe doch nur humanitäre Argumente. Und mit humanitären Argumenten könnte man dem Pentagon nicht kommen.“ [o].

Dez. 2012 – Die gesundheitlichen Folgen von Uranmunition – Die gesellschaftliche Debatte um den Einsatz einer umstrittenen Waffe (IPPNW, PDF 60 S.) [o].

2013


03.02.2013 – Irak: Uranmunition – das strahlende Vermächtnis (ARD Weltspiegel, 8min). „„Vor 1990 hatten wir etwa 15 neue Leukämiefälle pro Jahr, diese Zahlen sind nach dem ersten Golfkrieg deutlich angestiegen, und nach dem Irakkrieg 2003 bis heute haben wir Rekordwerte von bis zu 200 neuen Fällen pro Jahr“, erklärt die Onkologin Dr. Jenan Ghalib Hassan.“ [o].

2014


09.07.2014 – Kleine Anfrage „Verdacht auf Tod durch Uran-Munition“ (Fall André Horn) [o]. Am 06.05.2014 hatte Vater Udo Horn vor dem Reichstag demonstriert [o].

31.10.2014 – Deutschland enthält sich überraschend der UN-Abstimmung zur aktualisierten Resolution über Uran-Waffen [o o]. IPPNW-Pressesprecherin Dr. Angelika Claußen: „Diese Position ist für uns Ärzte völlig unverständlich, da die Beweise für langfristige und schwerwiegende Gesundheitsschäden durch den Einsatz von Uranmunition inzwischen erdrückend sind.“ [o].

2015


16.01.2015 – Siegwart-Horst Günther stirbt in Husum [o].

01.04.2015 – Leiser Tod im Garten Eden: Die Folgen der Golfkriege I (Karin Leukefeld & Markus Matzel, BR, 45min). [o].

12.04.2015 – Leiser Tod im Garten Eden: Die Folgen der Golfkriege II (Karin Leukefeld & Markus Matzel, ARD, 45min) [o o o].

2016


Sep. 2016 – Targets of opportunity. Analysis of the use of depleted uranium by A-10s in the 2003 Iraq War (Wim Zwijnenburg (PAX) and Doug Weir (ICBUW), PDF 23 S.) [o].

05.10.2016 – US broke its own rules firing depleted uranium in Iraq (ICBUW). Die o.g. Studie analysiert die 1.116 DU-Beschüsse während des ersten Monats der Irak-Invasion 2003. Davon betrafen nur 33% Panzer, dagegen 36 % Soft targets, 17% Gebäude, 10% Artillerie und 4% Truppen [o].

01.12.2016 – Das Pentagon bestätigt den Einsatz von DU-Munition in Syrien. Am 18.11.2015 und 23.11.2015 seien 5100 Stück 30mm-Munition eingesetzt worden, was 1,52 Tonnen Uran entspricht [o].

2017


17.02.2017 – Sie nannten es „Balkan-Syndrom“ (Adelheid Wölfl, Frankfurter Rundschau). Die Organisation Osservatorio Militare, die Opfer von Uran-Vergiftungen vertritt, spricht von 331 nach internationalen Einsätzen verstorbenen und über 3700 erkrankten italienischen Soldaten [o].

15.09.2017 – Radiation exposure from depleted uranium: The radiation bystander effect (AC Miller et al., Toxicol Appl Pharmacol. 2017 Sep 15;331:135-141). Die Studie des US Armed Forces Radiobiology Research Institute zeigt, dass DU und Alpha-Strahlung auch den bisher wenig erforschten Bystander-Effekt hat, wonach auch ungeschädigte Zellen in Mitleidenschaft gezogen werden [o o].

27.09.2017 – Serbien will NATO wegen Einsatzes von Uranmunition verklagen (ICBUW). Laut dem serbischen Gesundheitsministerium ist die Krebsrate, insb. Leukämie, mit 33.000 Fällen pro Jahr fünfmal so hoch wie vor dem Angriff 1999 [o].