2018
Der Kindesmissbrauch des Recep Erdogan
Gedanken und Empfindungen zu einem nur scheinbar kleinen Moment.
Inhalt
Erdogan als Diktator
Erdogan missbraucht ein Mädchen
Öffentliche Vergewaltigung
Erdogan als Diktator
Gegen jedes Völkerrecht führt der türkische Präsidenten-Diktator auf syrischem Staatsgebiet einen Angriffskrieg gegen die Kurden, die vor drei Jahren in aufopfernden Kämpfen die Stadt Kobane von der Terrorherrschaft des IS befreien konnten. Die angegriffene Stadt Afrin gehört zur kurdischen Autonomiezone Rojava, die sich durch demokratische Selbstverwaltungsstrukturen auszeichnet, unter denen säkulare Kurden, orientalische Christen und moderate Muslime friedlich zusammenleben (siehe „Die Kurden zwischen allen Mächten“, Tagesspiegel, 25.01.2018).
Wie sehr die ganze Region in der schmutzigen Interessen-, Macht- und Geopolitik versinkt, zeigt ein weiterer Absatz des eben genannten Artikels:
Denn wäre Ankara, wie Erdogan sagte, bloß besorgt, dass syrische Kurden die Türkei angreifen könnten, hätte er dem Vorschlag der USA zustimmen können, gemeinsam die Grenze zu sichern. Erdogan jedoch weiß, dass iranische und russische Truppen schon weite Gebiete im syrischen Kernland besetzt halten (mit Damaskus’ Segen). Und dass sich die Amerikaner aus den östlicheren Kurdengebieten wohl nicht vertreiben lassen. Um ebenfalls eine Besatzungszone zu bekommen, so Beobachter, näherte sich Ankara jetzt Moskau an. Das von Russland unterstützte syrische Regime rückt nun von Süden durch Gebiete vor, in denen bislang von der Türkei unterstützte Rebellen Widerstand leisten konnten. Dafür scheint Damaskus den Einmarsch der Türkei von Norden zu dulden.
„Die Kurden zwischen allen Mächten“, Tagesspiegel, 25.01.2018 [o].
Offenbar hatten, wie aus einem Bericht des „Focus“ hervorgeht, die Kurden mit der syrischen Zentralregierung um Unterstützung durch Regierungstruppen verhandelt. Die Türkei hatte Syrien vor einer solchen Entsendung gewarnt – und Putin hat Erdogan offenbar grünes Licht gegeben. So wird auf allen Seiten der Frieden dem „Recht des Stärkeren“ und dem sozialdarwinistischen Kampf um das größte Stück vom Kuchen geopfert. Die Kurden erweisen sich als bloße Verhandlungsmasse, die zwischen den Machtblöcken zerrieben wird.
Wie sehr die Türkei inzwischen einer Diktatur gleicht, dokumentiert ein Artikel der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Nicht nur steigt die Zahl entlassener Beamter und Richter, geschlossener Schulen und Universitäten, verhafteter Journalisten und einfacher Bürger noch immer fortwährend. Die Herausgeber der großen Medien wurden bei einem Treffen mit der Regierungsspitze offiziell gebrieft, über die Angriffe auf Afrin patriotisch zu berichten. Im ganzen Land macht sich ein nationalistischer Taumel breit, selbst vor Fußballspielen wird das offizielle „Feindbild“ beschworen. Sogar ein Friedensaufruf von 170 teilweise sehr bekannten Intellektuellen und Künstlern wird umgehend als „Front des Verrats“ tituliert.
Zu den Unterzeichnern gehört der bekannte und beliebte Theaterschauspieler Genco Erkal. Er war bereits bei den Gezi-Park-Protesten dabei, als im Mai/Juni 2013 schließlich landesweit Hunderttausende gegen die Regierung Erdogan protestierten. Aber ein Machtmensch kümmert sich nicht um solche Proteste – er lässt verhaften und bedient sich Orwellscher Sprach-Vergewaltigung.
Erdogan missbraucht ein Mädchen
Am Samstag nun hielt Erdogan auf einem Kongress seiner AKP-Partei eine Rede. Während dieser Rede entdeckt er unter dem Publikum ein Mädchen in Soldatenuniform [für das Folgende siehe hier].
Schon dies ist der erste Missbrauch – man fragt sich, wie das Mädchen in diese Uniform und auf diesen Kongress kommt. Es dürfte höchstens 11 Jahre alt sein. Es gibt in der Welt inzwischen die unhintergehbare Idee von der unverletzlichen Würde des Menschen. Dazu gehört das Recht auf körperliche Unversehrtheit, dazu gehört das Recht auf den eigenen Körper überhaupt. Wie kommt der Körper dieses Mädchens in die Soldatenuniform? Wie kommt er in den Raum dieses Kongresses? Wollte das Mädchen dies alles? Oder hat man es mit ihm und seinem Körper einfach gemacht?
Aber nun entdeckt Erdogan das Mädchen, und er unterbricht seine Rede: „Seht mal, was da ist. Kleines Mädchen, was machst du da?“ In einem Video, das die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“ in einen Artikel eingebettet hat, sieht man, wie das Mädchen während der Rede soldatisch die Hand an die Schläfe hielt und dabei aber ein Weinen kaum zurückhalten konnte. Allein dies offenbart, wie sehr das Mädchen zu dem, was hier geschieht, gezwungen wurde. Dann, offenbar nach Erdogans Unterbrechung, wird es von einem Mann hochgehoben und weint nun wirklich. Wenig später erscheint es auf der Bühne.
Erdogan legt seinen Arm um das Mädchen und seine Hand fest unter das Kinn und um das ganze Gesicht des Mädchens. Und er sagt: „Aber Bordo Bereliler [eine Spezialeinheit] weinen doch nicht.“ Ein elfjähriges Mädchen bei einer militärischen Spezialeinheit? Dem mit physisch-seelisch dominierenden Mitteln das Weinen verboten wird? In dem Video sieht man deutlich, wie unangenehm dem Mädchen diese ganze vereinnahmende Berührung ist – von der übrigen Situation völlig zu schweigen.
Erdogan küsst das Mädchen sogar auf das Gesicht. Er sieht die türkische Flagge in ihrer Brusttasche und sagt: „Und die türkische Fahne hat sie in der Tasche. Wenn sie fällt, dann wird man sie damit zudecken.“ Er beugt sich zu ihr hinunter: „Sie ist zu allem bereit. Nicht wahr?“ – Und das Mädchen sagt ja...
Öffentliche Vergewaltigung
Die in Deutschland geborene und arbeitende Journalistin Asli Sevindim kommentierte auf Twitter mit vollstem Recht: „Krank und widerlich“.
In unserer Gesellschaft werden Frauen und Kinder gegen sexuellen Missbrauch geschützt, indem rechtlich und öffentlich ganz klargestellt ist, dass ein „Nein“ wirklich ein „Nein“ ist. Erdogan dagegen demonstriert in voller Öffentlichkeit, wie man aus einem Mädchen ein „Ja“ herausbekommt, das vollkommen offensichtlich „Nein“ sagen möchte. Nicht auf die Worte kommt es an, sondern auf die ganze Gestik, Mimik, auf die Erkenntnis des Wesens, dessen, was das Kind wirklich will. Aber darüber sind Erwachsene schon immer hinweggegangen. Stattdessen spielen sie weiter ihr eigenes Spiel: Krieg, Mord, Vergewaltigung.
Erdogan hat demonstriert, wie man ein kleines Mädchen öffentlich vergewaltigen kann. Er ist in Leib und Seele des Mädchens eingedrungen und hat ihm in unglaublicher Art seine eigenen, das Wesen des Mädchens vollkommen missachtenden Interessen aufgezwungen. Kleine Mädchen an das Sterben zu gewöhnen, ihnen beizubringen, sich selbst als Kanonenfutter zu empfinden, und sie zu berühren, wo man will – das ist es, was der türkische Präsidenten-Diktator auf dem Kongress seiner Partei vorgeführt hat.
Man muss für den Missbrauch auf dieser Ebene tief empfindsam werden, um den ganzen Schrecken dieser Welt wirklich gewahr zu werden. Dieser Schrecken beginnt nicht erst bei den tatsächlich durch Bomben sterbenden ungezählten Kindern – er beginnt da, wo bereits in der Vorbereitung dieser Taten Kinder tief missbraucht werden, weil ihr Wesen, ihre Integrität, ihre unverletzliche Würde mit aller Macht getreten wird. Geistig, seelisch und leiblich. Tiefster Missbrauch auf jeder Ebene.
Diese Welt wird erst dann eine andere werden können, wenn man bereits diese „Anfänge“ in aller Tiefe empfinden kann – mit einem real empfundenen Ekel gegenüber der Abscheulichkeit, die sich hier vor aller Augen abspielt.