27.03.2018

Die Bienen und das Mädchen

Die Vorgeschichte

Insektengifte: Bienen und Hummeln harren ihrer Rettung 
[...] Ende Februar bestätigte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf Grundlage von 1500 ausgewerteten Studien das Risiko für Wild- und Honigbienen, das von diesen Insektiziden ausgeht. [...] An diesem Donnerstag tagt das Ständige Kommitee (SCAPAFF), das ein Verbot beschließen könnte. Doch stattdessen wird die Runde nur diskutieren und auf Vorschläge der Mitgliedstaaten warten. Showtime ist wohl erst beim nächsten Treffen des Kommitees im Mai.
Eine Schlüsselrolle kommt dabei Deutschland und seiner neuen Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) zu. Denn Deutschland hat den größten Stimmenanteil in der Abstimmung. Doch noch hält man sich im Ministerium bedeckt. Die EU-Kommission sei Herrin des Verfahrens, heißt es auf Anfrage. „Bislang hat die Kommission keine Vorschläge zum weiteren Verfahren unterbreitet“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Daher könne man zum „jetzigen Zeitpunkt leider keinen neuen Sachstand mitteilen“.
[...] Klöckners Vorgänger, Christian Schmidt (CSU), spielte auf Zeit. Erst erklärte er öffentlich, wenn die EFSA feststelle, dass die Stoffe schädlich seien, „dann müssen sie komplett verboten werden“. Doch nach dem EFSA-Gutachten klang es plötzlich anders. „Das Ergebnis dieser Prüfung wird in die deutsche Position für die entscheidungsrelevanten Sitzungen einfließen“, sagte Schmidt in den letzten Tagen seiner Amtszeit [...]
[...] Mit ihrem Antrag "Ja zum EU-Freilandverbot für bienengiftige Neonikotinoide" konnten sich die Grünen im Agrarausschuss des Bundestags aber nicht durchsetzen. Lediglich die Vertreter der Linken stimmten am Mittwoch vergangener Woche dem Antrag zu.
[...] Die Union erklärte, statt eines „vorschnellen Verbots“ sei zunächst die Zulassung von zielgerichteten neuen Wirkstoffen nötig, um mögliche entstehende Lücken zu schließen.
Insektengifte: Bienen und Hummeln harren ihrer Rettung (Tagesspiegel, 21.03.2018) [o].

Die Klage des Mädchens

Ihr Heuchler! Ihr Scheinheiligen! Ihr Mörder der Bienen und der Zukunft!

Ihr vernichtet die Zukunft, ohne mit der Wimper zu zucken; ohne es zu merken. Ihr schämt euch nicht einmal dafür!

Ihr steckt voller Angst – und merkt es noch nicht einmal. Angst. Vor eurer Reputation. Angst vor eurem Ruf. Angst vor euren Parteigenossen. Angst, Angst und Angst! Angst davor, einmal auf euer Herz zu hören. Angst davor, einmal das Richtige zu tun. Angst davor, ein einziges Mal eurem Gewissen zu folgen!

Davor habt ihr Angst! Aber nicht davor, Zukunft zu vernichten. Die Zukunft – denn es gibt nur eine.
Keine Angst davor, Leben zu vernichten, Liebe zu vernichten.

Ihr versteckt euch voreinander, hinter einander. Ihr versteckt euch gegenseitig, jeder schiebt die Verantwortung dem anderen zu – aber ihr habt sie. Ihr tut so, als hättet ihr sie nicht – und das Blut klebt an euren Händen. Ihr tut so, als wären Andere verantwortlich oder als würdet ihr sogar hoch verantwortungsvoll handeln – und die Hässlichkeit der Gewissenlosigkeit klebt an euren Herzen.

Ihr Heuchler! Ihr Meister der geheuchelten, wohlklingenden Worte! Ihr Mörder!

„Das Ergebnis wird in die Position einfließen“ – was heißt einfließen? Sprecht ihr von einem munteren Bächlein? Was heißt Position? Sprecht ihr von einem Schachspiel? Warum kleidet ihr alles in Worte, die am Ende steril nichts mehr von dem eigentlichen Geschehen erkennen lassen?

Da draußen, in dieser einen, einzigen Welt, die wir haben, sterben die Bienen von den Giften, die ihr zulasst! Und ihr sprecht von „Ergebnissen“, „Sitzungen“, „Positionen“ und „einfließen“!

Ihr tut so, als sei es eine gemeinsame Verantwortung, als müsste alles auf höherer Ebene entschieden werden, und ihr lehnt Entscheidungen aus eigener Verantwortung ab! Ihr lehnt sie wirklich ab, ihr stimmt dagegen.

Ihr sprecht von „vorschnellen Verboten“ nach jahrelanger Forschung, nach mehr als eintausend Studien! Ihr sprecht von „neuen Wirkstoffen“, um erst einmal „mögliche Lücken“  zu schließen. Merkt ihr noch, was ihr sagt? Da draußen, in dieser einen, einzigen Welt, die euch so unendlich unwichtig ist, reißen eure Gifte fortwährend Lücken, die keine möglichen, sondern wirkliche sind, die nie wieder zu schließen sind.

Ist euer Gewissen inzwischen so abgestumpft und verraten, dass ihr erst neue Gifte braucht, bevor ihr die alten abschaffen könnt? Ihr Heuchler! Ihr Mörder! Eure Welt besteht aus Giften und geheuchelter Verantwortung. Aus verantwortungslosem Morden und geheuchelter Unschuld.

Die Bienen sind euch vollkommen unwichtig. Das Einzige, was euch wichtig ist, ist euer eigenes Erstarrtsein, euer zu scheinbarer Wichtigkeit aufgeblähter Totstellreflex. „Wird einfließen“, „erst muss die EU entscheiden“. Ihr redet von „Verfahren“ und „Sachständen“ und schämt euch nicht, in der Haltung des unbeteiligten Mordens zu verharren!

Ihr Heuchler! Ihr seid schlimmer als die Schlangen – sie tragen ihr Gift ohne alle Scham öffentlich in sich, und alle Welt weiß, dass sie giftig sind. Ihr tut so, als seid ihr verantwortungsvoll. Dabei seid ihr verantwortungslos, aber ihr tragt die Verantwortung für das, was ihr tut, nämlich nichts – nichts gegen die Tonnen von Giften, die fortwährend das Leben vernichten!

Die Bienen bestäuben die Natur mit einer heiligen Treue, die einen schon für sich zum Weinen bringen kann! Aber es ist euch ja egal, was ihr vernichtet. Und doch sind sie das totale Gegenbild zu eurer Heuchelei. Was für ein heiliger Dienst, den die Bienen aller, aller Welt bringen – und was für eine tödliche Verantwortungslosigkeit, mit der ihr die Welt überzieht! Die Bienen sind die heiligen Dienerinnen dieser Welt – und ihr seid deren Mörder! Die Treue der Bienen ist der Glanz dieser Welt – und ihr seid der Mehltau, der sich tötend und alles erstickend darüber senkt, als behäbiges, selbstgefälliges, hässliches Schicksal. Heuchler seid ihr! Mörder mit gutem Gewissen, weil es längst abgestorben ist.

Beuys wusste, was das Geheimnis der Bienen ist – die Liebe! Die tiefe, selbstlose Liebe. Er wusste, dass dies einst auch das Geheimnis der Menschen sein sollte. Aber wie? Wie kann es das, wenn der Mensch, dieses hässliche Wesen, die Bienen umbringt, ohne dass es irgendetwas in ihm rührt?

Rührt sich bei euch noch etwas? Ihr Heuchler, die ihr angstvoll schaut, was die anderen sagen, was die Presse schreibt, was die Parteispitzen und die Mächtigen vorgeben? Ihr wisst genau, wo die Macht sitzt und was die Macht hören will. Ihr wisst genau, dass die gewünschten Ergebnisse immer „Tod“ lauten, niemals „Leben“. Ihr wisst genau, dass die Bienen unwichtiger sind als das Geld, das die Welt regiert. Hässliches Geld. Geld, an dem Blut klebt, immer. Ihr wisst genau, dass ihr dem Tod dient – und verdrängt es dennoch bis in die Gefühllosigkeit, weil ihr selbst Tote seid! Ihr seid Gestorbene, euer Gewissen ist gestorben, eure Erkenntnis, euer Gefühl. Ihr seid Verwalter des Todes. Ihr seid Mörder. Ihr seid heuchelnde Mörder.

Einst habt ihr uns mit den Bienen das Leben erklären wollen: „Die Bienen und die Blumen...“ Ihr habt euch geschämt, mit uns über die Liebe zu reden. Aber ihr kanntet sie schon damals nicht mehr. Ihr wart schon damals Heuchler. Heuchler, die den Kindern ihre Unschuld nicht nehmen wollten, die aber schon damals alle Welt um uns herum vernichtet haben. Ihr stoßt uns in eine Welt des Todes, des Mordens – und nennt das keine Vergewaltigung? Bei euch regt sich nichts angesichts eines brutalen Vernichtungs- und Unterwerfungsfeldzuges gegen alles Leben – und ihr wollt uns mit Bienen und Blumen das Leben erklären?

Ihr kennt das Leben doch überhaupt nicht! Ihr kennt weder die Blumen noch die Bienen! Ihr kennt weder die Liebe noch die Unschuld noch die Treue – ihr kennt nichts!

Damals wurde die Liebe von den Schriftgelehrten gekreuzigt. Heute wird sie von euch gekreuzigt. Die Verbrecher gebt ihr frei, und die Unschuld mordet ihr. Ihr seid die Mörder des Lebens. Ihr seid schlimmer als Pilatus – dieser wollte Christus freigeben. Ihr seid die Hohepriester der Lüge. Euer Gott ist noch immer der Mammon. Ist der Mammon gestört, muss das Leben dran glauben – das Leben ist nachrangig.

Ihr Heuchler! Was werdet ihr essen, wenn die Bienen nicht mehr sind? Wer wird euch die Liebe lehren, wenn es die Bienen nicht mehr gibt? O, ihr Mörder! Wie erstarrt sind eure Herzen! Wie tot sind eure Seelen!

Ihr seid keine Menschen. Die Bienen sind tausendmal menschlicher als ihr.

Ihr seid Heuchler!