2019
Selbstmord einer Schülerin
Zur Pathologie von Schule und Gesellschaft – weit über Mobbing hinaus.
Inhalt
Tod durch Mobbing und die Rolle des Neusprech
Ein Leugnen der Realität
Das Problem der ,Vielfalt’ – kranke Subkulturen
Infiltration von Hass und Gewalt
Der westliche Materialismus
Der pathologische Zustand des Schulsystems
Der Ausweg
Tod durch Mobbing und die Rolle des Neusprech
Vor einer Woche hat sich ein elfjähriges Mädchen, das eine Berliner Grundschule besuchte, das Leben genommen. Es hat sich nach der Schule in seinem Zimmer so schwer verletzt, dass es im Krankenhaus starb. Das Mädchen hatte unter massivem Mobbing gelitten.[1]
Ein Elternvertreter sagte, auch sein Sohn habe seit Jahren von Prügeleien und Gewalt berichtet. Hätten jedoch Mitglieder der Gesamtelternvertretung das Problem angesprochen, sei dies immer verharmlost worden. Auch jetzt sagt die Schulleiterin, die Schule habe Probleme, aber alle Lehrer und sogar der Hausmeister seien immer ansprechbar und: „Bei uns kümmern sich alle“.[1]
Schon 2013 hatte jedoch die Schulinspektion gravierende pädagogische und soziale Probleme festgestellt: ,Die Lehrkräfte fühlen sich von der zunehmenden Vielfalt ihrer Schülerinnen und Schüler überfordert’. Auch würden sie bei auf dem Schulhof ausgetragenen Konflikten nicht in ausreichendem Maße eingreifen, die Kinder müssten sich vielmehr gegenseitig beschützen. Dennoch lehnte die Schule Hilfe von außen ab. 2015 fand eine neue Inspektion, dass die Schule ganze Gruppen von Schülern nicht in den Griff bekomme, worauf immerhin der Schulleiter ausgewechselt wurde.[2] Vorher soll er allerdings noch die Hilfe kompetenter Fachleute von ,pro Schul’, die die Schulverwaltung schicken wollte, ebenfalls abgelehnt haben.[4]
Das mag ein Ausnahmefall sein. Mobbing selbst jedoch ist an sehr vielen Schulen ein weitverbreitetes System. Deshalb heißt es in einem Meinungsartikel derselben Zeitungsausgabe mit Recht schon in der Überschrift: ,Das System ist erkrankt’. Darin heißt es:[3]
Ja, es gibt Schulpsychologen und Jugendsozialarbeiter, Krisenteams und Anti-Mobbing-Trainer. Es gibt polizeiliche Präventionsteams, Notfallpläne, Hausordnungen und engagierte Elternvertreter. Aber alle, die gegen den verheerenden Trend arbeiten, sind offenkundig überfordert mit einem Schulalltag, der Lehrer, Schüler und Eltern oft an die Grenzen treibt.
Worin liegt das Problem? Ein Problem liegt offensichtlich in der ,zunehmenden Vielfalt’ – ein Euphemismus für die Realität der aufeinandertreffenden Kulturen. In einem dritten Artikel zwei Seiten weiter aus dem Bericht der Schulinspektion von 2013 zitiert:
Viele Lehrerinnen und Lehrer sehen die Herausforderungen, die die zunehmende Vielfalt ihrer Schülerinnen und Schüler mit sich bringt, als extreme Belastung an. Dies betrifft sowohl Kinder, die im Lernprozess eine höhere Aufmerksamkeit und Unterstützung benötigen, als auch Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen. Besonders die Kinder der nicht zur Schule gehörenden Deutsch-Kleinklasse werden als problematisch empfunden.
Mit anderen Worten: Die angeblichen ,pädagogischen’ Probleme liegen ganz offensichtlich unter anderem darin begründet, dass die Lehrer mit ganzen Gruppen kaum beschulbarer und kaum der deutschen Sprache fähiger Kinder alleingelassen werden! Mit den Euphemismen ,höhere Aufmerksamkeit und Unterstützung benötigen’ wird erneut alles auf die Lehrer abgewälzt, ohne sich zu der Erkenntnis durchzuringen, dass irgendwann der Zustand der ,Unbeschulbarkeit’ einfach erreicht sein könnte – sei es, weil ein Lehrer sich einfach nicht um zwanzig oder dreißig Kinder kümmern kann, die alle ,eine höhere Aufmerksamkeit und Unterstützung’ benötigen, oder sei es, weil das System als solches absolut nicht mehr zeitgemäß ist. Kinder, die ,höhere Aufmerksamkeit und Unterstützung’ benötigen, sind in der Schule einfach fehl am Platz. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass Schule selbst fehl am Platz ist. Schule ist nicht mehr zeitgemäß. Nicht das System ist krank, sondern das System Schule hat ausgedient. Komplett.
Sich zu dieser Erkenntnis durchzuringen und einen radikalen Neuanfang zu wagen, indem man sich ehrlich fragen würde: Was jetzt? Was stattdessen? – das wäre der erste Beginn von Ehrlichkeit.
Ein Leugnen der Realität
In einer Zuschrift berichtet eine andere Mutter, deren Tochter sich vor knapp zwei Jahren mit sechzehn das Leben genommen hatte, wie diese als Jüngste in der Klasse von einigen Mitschülern permanent fertiggemacht wurde. Als sie als einziges Mädchen in der Klasse auch noch den Mut hatte, sich die Haare kurz zu schneiden, fand sie sich außerdem noch Diskussionen über ihre ,sexuelle Orientierung’ ausgesetzt. Ein Antrag auf Schulwechsel wurde ignoriert, und die Schulsekretärin meinte sogar nur lapidar, dass ,Mobbing ja kein Grund sei, die Schule zu wechseln’. Welcher Versäumnisse sich die Erwachsenenwelt schuldig macht, ahnt sie nicht einmal! Und in der Zuschrift heißt es weiter:[5]
Die Schulleitung hat sich uns Eltern gegenüber bis heute nicht geäußert. Allerdings hörte ich von einer Mitschülerin meiner Tochter, dass die Direktorin eingehend mit ihnen gesprochen hatte, um klarzustellen, dass der Tod meiner Tochter nichts mit der Schule zu tun hatte.
Es findet also sogar noch Gehirnwäsche der Jugendlichen statt, um die Weste der eigenen Institution selbst nach einem so tragischen Todesfall reinzuwaschen. Man geht sprichwörtlich über Leichen – und lässt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, hinter sich. ,Das? Ach so, ja, ein bedauerlicher Vorfall. Irgendetwas stimmte wohl mit dem Mädchen nicht. Mit uns hatte das nichts zu tun. Wie bitte? Mobbing? Ach so, ja, vereinzelt gibt es das natürlich an jeder Schule. Wir kümmern uns natürlich – um jeden Einzelfall. Wie bitte? Das Mädchen? Ich sagte doch, mit ihr stimmte an sich etwas nicht. Das hat nichts mit unserer Schule zu tun.’
Der Lüge ist es ganz egal, dass sie ein solches Mädchen ein zweites Mal zum Opfer macht. Es ist ja eh schon tot... Wie tief kann man ins Unmoralische eigentlich sinken, ohne es zu merken? Wie tief kann man seine Hände ins Blut halten und behaupten, sie seien rein?
Und die Schulen tun oft nichts anderes als Politiker, Firmen und überhaupt jeder, der ,Dreck am Stecken’ hat oder mit einer schwierigen Situation konfrontiert wird: ,Augen zu und durch’. Vogel-Strauß-Politik. Kopf in den Sand und hoffen, dass niemand was merkt. So werden zum Beispiel selbst Straftaten an Schulen oft nicht angezeigt, um keine ,negative Aufmerksamkeit’ zu bekommen. Mit anderen Worten: Man guckt absichtlich weg – und sorgt vor allem dafür, dass auch niemand anders hinguckt. Von da bis zur bewussten Verdrehung der Tatsachen und sogar Lüge ist es nur ein kleiner Schritt. Damit aber werden Missstände zementiert.
Anstatt zu sagen: ,Wir haben Probleme, bitte helft uns.’ – ,Wir haben immer noch Probleme, die Hilfe reicht nicht.’ – ,Wir haben noch immer Probleme, das System als Ganzes stimmt nicht mehr.’ – Das wäre die Wahrheit. Und erst, wenn jemand die Wahrheit ausspricht, kann sich etwas ändern. Natürlich ist zunächst zu erwarten, dass nun der Überbringer der schlechten Nachricht ... gemobbt wird.
Aber: Das System Schule ist am Ende. Jeder junge Mensch wird einem dies bestätigen können. Die jungen Menschen sind Experten in Sachen Schule – und es wird keinen geben, der sagen würde: Das System ist gesund. Die Kinder und Jugendlichen sehen ganz offensichtlich viel klarer und viel ehrlicher als die Erwachsenen. Sie wissen auch viel besser, wie radikal die Veränderung(en) sein müsste(n). Nur sind sie eben entmündigt – sie sind Objekt der Beschulung, nicht Subjekt dessen, was man Bildung nennen könnte, wenn es wirklich Bildung wäre. Es ist eben nicht Bildung, sondern Be-Schulung. Und dieses kranke System führt zu pathologischen Erscheinungen. Mobbing ist ein Symptom. Ein Symptom dafür, dass das System versagt und man sich endlich tief ehrlich fragen sollte: Was dann?
Das Problem der ,Vielfalt’ – kranke Subkulturen
Das kranke System steht sogar vor zwei Katastrophen.
Die erste ist die schon angedeutete ,Vielfalt’, die, wie wir gesehen haben, oft darin besteht, dass zu viele Kinder entweder gar nicht richtig deutsch sprechen – oder es auch nicht einmal wirklich lernen wollen. Das Problem setzt sich fort in Familien und regelrechten Subkulturen, die dies ebenfalls nicht wollen, sich auch nicht integrieren wollen, sondern vielmehr ihre eigene (Un-)Kultur des Machotums, der Frauen-Unterdrückung, eines abartigen ,Ehr-’Begriffs und einer Regelung von Konflikten durch Gewalt – die all dies in unsere Kultur, unsere Städte, Bezirke und Schulen hineintragen wollen und gar nicht daran denken, das aufzugeben. Integration kann nicht gelingen, wenn Machotum, weibliche Unterdrückung und Gewalt in das Alltagsleben integriert werden. Das ist das Gegenteil von Integration. Deswegen muss die Frage nach der kulturellen Vielfalt und der Integration, der ,Deutschlernklassen’ etc. etc. mit diesen Fragen konfrontiert und verknüpft werden. Es ist eine der Zukunftsfragen – gerade auch vor dem Hintergrund einer erstarkenden AfD und deren Wählerschaft.
Letztlich kommt insbesondere die muslimische Welt nicht darumherum, sich zu diesen Fragen eindeutig zu positionieren und zu äußern: Wie halten wir es mit der Rolle der Frau? Wie halten wir es mit der Gewalt? Wie stehen wir zu einer Kultur, die über Leichen gehen würde, sobald ,mein Bruder beleidigt’ oder ,meine Schwester falsch angeschaut’ wurde? Diese sogenannten ,Werte’ sind heute fehl am Platze – denn sie führen in eine Welt des Chaos, der brutalen Willkür. Sie haben auch nichts mit Religion zu tun, nicht einmal mit der muslimischen, sondern – das ist längst eindeutig bekannt – sind Relikte viel älterer patriarchalischer Kulturen. Nur: Wie lange lassen sich die Frauen das noch gefallen? Und wie lange soll die Unterdrückung der Frau weitergehen? Ferner die Erziehung der Jungen zu völliger Empfindungslosigkeit (da dies ja der Inbegriff der Coolness und des Machotums ist, übrig bleibt dann nur noch das völlig kranke ,Ehr’-Gefühl, also eine Karikatur und ein Rudiment alles Menschlichen, ein menschlicher Krüppel sozusagen).
Ich sah neulich zwei Menschen dieser Subkultur aus einem S-Bahnhof gehen, der eine älter, der andere jünger, vielleicht Vater und Sohn. Der jüngere etwa Anfang zwanzig. Von hinten sah man bereits den ganzen Gestus, Tendenz zu O-Beinen, cooler Gang, auch die Arme etwas vom Körper ab, in der linken Hand das Smartphone. Und was konnte man daran spüren? Nichts! Es war eine seelische Leere, ein absolutes Vakuum, fast physisch spürbar – denn alles ist auf diese Physis reduziert. Materialismus pur, das angeblich Religiöse allenfalls oben draufgesetzt. Das Seelische? Hart und leer, praktisch nicht vorhanden. Und der Vater? Kurzgeschorene Haare, Nackenwulst wie ein Türsteher. Auch hier nichts – nichts zu spüren an Seelenhaftigkeit, an Wärme, an Menschlichkeit.
Das macht die weit, weit vor-christliche Machokultur, die sich in unserer Zeit noch mit einem kalten und nackten Materialismus verbindet, aus den Menschen: Leere Hüllen, die die letzten Reste von Seelischem gleichsam mit Füßen niedertrampeln, weil ein falscher Ehr-Kodex es verbietet, irgendetwas Warmes, wahrhaft Seelisches zu empfinden, irgendetwas Zartes, etwas wahrhaft Menschliches. Das alles wäre ja das Gegenteil von ,männlich’ – von jenem falschen, ur-kranken, pathologischen Männlichkeitsbegriff, der hier ,kultiviert’ wird.
Eine Kultur ist krank, die glaubt, einen solchen Begriff integrieren zu können – oder Integration sei möglich, solange solche Begriffe möglich sind und alles prägen: Geist, Seele, Körper, wirklich bis in die Physis hinein... Ausdruckslose Körper, dumpf versunken in Machotum und Materialismus...
Infiltration von Hass und Gewalt
Eines sage ich ganz deutlich: Das ist nicht Ausländerfeindlichkeit, das ist ein leidenschaftliches Aufbegehren gegen die Menschen- und Seelen-Feindlichkeit bestimmter Subkulturen, die es bis heute geschafft haben, ihre Macht auszuüben – Macht über Seelen von Menschen, die dadurch vollkommen ruiniert werden. Die reduziert werden zu etwas kaum noch Beschreibbarem, zu einem Aschehäufchen – das aber unter Umständen schon im nächsten Moment jemandem brutal ins Gesicht schlagen kann, wenn es der Meinung ist, ,beleidigt’ worden zu sein. Dazu reicht es noch... (In derselben Zeitungsausgabe von oben ist weiterhin ein Artikel, der berichtet, dass sogar Feuerwehrleute und eine Notärztin bei einem Rettungseinsatz von Verwandten eines Patienten dieser Subkultur geschlagen wurden).[6]
Machotum, ,Familienehre’ und ,Blutsbande’, die zu nichts anderem in der Lage sind, als Hass und Gewalt zu säen, haben seit über zweitausend Jahren ausgedient. Und je länger sie sich in die Gegenwart hinüberretten, durch ein falsches Verständnis von ,Multikulturalität’ oder ,Integration’ akzeptiert werden oder sich sogar wieder neu ausbreiten (man denke auch an die Clan-Kriminalität in Berlin und anderen Großstädten), solange können sie nur Chaos und Verderben säen, den Impuls der Menschlichkeit angreifen, zu Boden treten und verhöhnen. In einer modernen Kultur haben diese Elemente längst überkommener Kulturen keinen Platz.
Sie haben nicht das Geringste mit irgendeiner Religion zu tun. Eine Religion, die in dem höchsten Gotteswesen etwas anderes sieht als Liebe und Weisheit, als Güte und Zusammenhang, wäre in der heutigen Zeit ebenfalls nichts anderes als die auf Gehirnwäsche zielende Illusion dunkler Gegenmächte, die nicht wollen, dass das Seele-Geist-Wesen Mensch die wahrhaft göttliche Welt findet, die mit ebenjenen anderen Kräften verbunden ist. Jede Religion, die heute Hass und Kampf sät oder begünstigt, ist Anti-Religion, ist Verführung der Seelen durch anti-göttliche Mächte. Sowohl der Islam als auch angeblich ,christliche’ Fanatiker (die religiöse Rechte in Amerika) müssen sich fragen lassen, wem sie eigentlich dienen. Wer ,Allah’ als einen Gott des Hasses und des Kampfes gegen alle ,Andersgläubigen’ sieht, der hat in Mitteleuropa nichts verloren – und möge dort bleiben, wo man diesen ,Allah’ verehrt, aus welchen Gründen auch immer. Er möge seine Heimat dort finden, wo der Pfeffer wächst und nicht die Heimat der Menschen zerstören, denen es nicht um Hass und Kampf geht. Die Hassenden auf aller Welt müssen sich entscheiden... Sich damit jedoch auf ,Gott’ zu berufen, ist eine tiefe Lüge.
Und dieser Hass infiltriert schon lange auch die Schulen. Damit ist nicht gesagt, dass er ausschließlich auf jene bestimmten Subkulturen zurückgeht – aber durchaus ganz wesentlich. Mobbing ist ein durchaus fast universales Phänomen, aber es geht auch um die Frage von Ausmaß, Qualität und Intensität. Mobbing gedeiht da, wo Individualität bekämpft und bestraft wird. Und nirgendwo ist dies so augenfällig wie in jenen Subkulturen, wo ,Clan’ und ,Familie’ noch das Ein und Alles sind. Auch wenn ein Mädchen schon gemobbt wird, weil es sich nur die Haare kurz schneidet, ist eine frauenverachtende Un-Kultur, die genau weiß, ,wie Frauen zu sein haben’, nicht weit. Ebenso liegt Mobbing stets nahe, wenn man von klein auf dazu erzogen wird, ,männlich’ zu sein – und auch Konflikte stets ,entsprechend’ zu ,lösen’.
Wo diese Aspekte zugelassen werden, kann eine Kultur nur zusammenbrechen – durch die Elemente der Un-Kultur, die in sie eindringen und sie von innen heraus zerstören (sich oftmals sogar noch ins Fäustchen lachend, wie blöd, dumm, ,tolerant’ und ,friedlich’ doch diese unterlegene westliche Kultur ist).
Man kann es auch anders formulieren: In jeder modernen Kultur hat ,der Staat’ als Hüter der Gesetze das Gewaltmonopol. Eine solche Kultur bricht zusammen, wenn dieses Monopol zerbricht. Man denke etwa an Amerika, wo jeder ,Idiot’ eine Waffe tragen darf, wodurch es zwangsläufig in regelmäßigen Abständen zu Amokläufen kommen muss. Man denke aber eben auch wiederum an jene Subkulturen, die die Gewalt von neuem als ,Normalität’ in die Gesellschaft hineintragen – Konflikte auf ,ihre Weise’ lösend, egal, wen es betrifft, Clan-Kriminalität, Blutrache, Hass-Botschaften und eben Mobbing, basierend auf dem Hass gegenüber allem, was anders ist, und auf der Lust an der Dominanz (Machotum, von klein auf dazu erzogen, sich wie ein Anführer zu verhalten – und was macht ein Anführer? Er macht andere nieder – allein schon, um seine Macht zu festigen).
Diese Subkulturen säen also Hass und Gewalt und können niemals integriert werden – es sei denn, sie selbst geben von Grund auf dieses falsche, kranke und pathologische Gehabe auf, um Menschlichkeit zu entwickeln. Das aber kann nicht erst Folge von Generationen sein, sondern muss mehr oder weniger sofort geschehen. Sonst geschieht es eben nicht. Denn wie man sieht, ist es heute sogar wieder auf dem Vormarsch. Und wenn die religiösen Führer des Islam nicht den Mut haben, endlich festzustellen, dass Machotum usw. mit dem Islam nichts zu tun hat, dann wird dies ewig Bestandteil dessen bleiben, denn warum sollte ein Macho das, womit er sich völlig identifiziert, je aufgeben? Er wird es auch an seinen Sohn weitergeben usw. – bis sich die Religion selbst völlig verlieren wird, oder sogar noch darüber hinaus, denn um das Religiöse geht es den meisten dieser Unruhestifter ja oftmals längst nicht mehr. Das ,Prähistorische’ dieser Subkulturen – das hält sich viel hartnäckiger als alles wahrhaft Religiöse. Es ist wie ein Ungeist, der sich geradezu festgebissen hat, um die Seelen auf ewig zu beherrschen...
Der westliche Materialismus
Der andere, der zweite Ungeist aber betrifft unsere eigene Kultur – die längst auch eine Unkultur geworden ist.
Der westliche Materialismus hat nicht solche ,inneren Leichen’ hervorgebracht wie die Subkulturen des materialistischen oder religiös-fanatischen Machotums, aber andere. Im Gegensatz zu jenen Subkulturen steht in unserer Kultur zumindest theoretisch das Individuum im Vordergrund (ihm gilt alles: Bildung, Konsum, Wohlstand, Freizeit, Werbung, Genuss...) – aber nur, um es hintenherum doch wieder nur zu einem bloßen Rad im Getriebe zu reduzieren.
Denn was ist der moderne Mensch anderes – als ,Arbeitnehmer’ mit zunehmend prekären Beschäftigungsverhältnissen, vielleicht sogar ausrangiert als ,Hartz-IV-Empfänger’, weil ein System, in dem immer mehr technisiert wird, schlichtweg immer weniger vernünftige Vollzeit-Arbeits-Plätze zur Verfügung stellen kann, wenn es nicht durch absoluten Irrwitz und endloses Wachstum den ganzen Planeten zerstört (und nicht in der Lage ist, die Profite der Profiteure so abzuschöpfen, dass wieder rein dienende Berufe wie in der Pflege, der Bildung und so weiter bezahlt werden können)? Was ist der moderne Mensch anderes als eingesponnen in ein entwürdigendes, materialistisch-kapitalistisches System, das den Menschen in letzter Konsequenz auf eine Ameise reduziert – und zwar schon von Kindheit an: Schulpflicht. Du musst zur Schule. Du musst in unser System. Und bist du nicht willig, so holt dich die Polizei und deine Eltern kommen ins Gefängnis.
Die Schulpflicht ist eines modernen Staates nicht würdig. Sie zielt unter anderem auch auf Integration, aber trägt so das Nicht-Integrierbare auch noch in die Schulen hinein. Wie gesagt: das ganze System ist krank. Es ist aber schon krank, Kinder zum Lernen zu zwingen. Da beginnt das Pathologische bereits – nicht im Kind, sondern im Schulsystem, beim Staat. Der Staat ist pathologisch, denn er zwingt das Individuum, dem er dienen sollte – nicht umgekehrt.
Schule hat ausgedient – sie richtet mehr Probleme an, als sie löst. Sie schafft desillusionierte junge Menschen, die überhaupt keine Lust mehr haben, sich irgendetwas anzueignen – und mit Recht, denn das kranke System wollte ihnen ja völlig falsche Dinge beibringen. Lernforscher und Hirnforscher weisen seit langer, langer Zeit darauf hin, wie pathologisch Zwang jeder Art ist. Da aber die Schulpflicht der allererste Zwang ist, liegt die Pathologie sozusagen schon im Grundgedanken verankert.
Es ist der Materialismus, der den Einzelnen auf ein funktionierendes Rädchen reduziert – mag er auch noch so lange etwas anderes behaupten. Solange die Schulpflicht nicht abgeschafft ist, bleibt das Gegenteil erwiesen: Der Einzelne muss gehorchen, und er muss Bestandteil der Maschinerie werden. Das ist die Wahrheit und alles andere wäre Lüge. Bereits ein Kind zählt und bedeutet nicht mehr als jeder beliebige Arbeitnehmer, der durch ,Rationalisierung’ überflüssig wird. Nominell ,kümmert man sich’ – aber wenn es einen dann erwischt, tja ... dann hat das Leben eben doch Pech gebracht...
Der pathologische Zustand des Schulsystems
Das Eine ist also die Schulpflicht. Das Andere ist die Schule selbst. In der DDR hat oft jeder das Gleiche gekriegt. In der Kantine gab es ein Essen, zu Hause auch, manchmal gab’s gar nichts – und das Ganze wurde dann noch idealisiert: als ,effektiv’, als regelrecht ,verbrüdernd’ und all diese Dinge. Euphemismen als Bemäntelung einer Katastrophe. Genau das Gleiche gilt für das Schulsystem. Welchen jungen Menschen interessiert heute noch Schiller? Oder Max Frisch? Oder die Zellteilung? Oder das Rechnen mit Gleichungen? Oder der Quintenzirkel? Oder das Periodensystem? Oder das Mittelalter? Was soll das alles?
Was ich damit sagen will, ist, dass dieses kranke System erst einmal den Beweis antreten müsste, dass die jungen Menschen das lernen sollten; dass es irgendeine Bedeutung hat; irgendeine wesentliche Bedeutung – und wenn ja: welche denn? Und zweitens: den Beweis antreten müsste, dass es nichts Wichtigeres zu lernen gibt, nichts Bedeutsameres, nichts Bildenderes, nichts Zukunftsentscheidenderes.
Erst den Beweis – dann Schule! Und nicht erst Schule und niemals, an keiner Stelle, nirgendwo irgendeine Rechtfertigung, warum man Tausende, Hunderttausende von Kindern und Jugendlichen in ein System zwingt, wo ihnen Inhalte auf- und eingezwungen werden, die sie zu lernen haben, die abgefragt werden, die benotet werden – und aus dem die Jugendlichen dann ,durchgedreht’ wieder ausgespuckt werden, ,fertig’ auf die eine oder andere Art. Wie lange will man sich dieses hochpathologische Vorgehen noch leisten?
Wenn irgendeiner der oben angedeuteten Inhalte – und noch dutzende und hunderte andere mehr – irgendeine Bedeutung für einen heutigen jungen Menschen haben soll, dann müsste das erst einmal bewiesen werden, und zwar sowohl allgemein als auch gegenüber den jungen Menschen selbst. Denn vor allem müssten die jungen Menschen erleben, dass es sinnvoll ist (wenn es so wäre). Und erst dann müssten sie es lernen müssen – aber von ,müssen’ bräuchte ja gar keine Rede mehr zu sein, denn dann würden sie es ja wollen, weil sie einsehen. Oder vielleicht ist es nur bedingt sinnvoll – und man sollte und müsste die Wahl haben, was man eigentlich lernen will und was nicht. In jedem Fall hängt hiervon die Zukunft ab: Sich nach den jungen Menschen selbst zu richten – und nicht etwas in sie hineinzutrichtern. Hier kann man jeden beliebigen Lernforscher fragen – um auch von ihm endlich einmal etwas zu lernen.
Aber die wesentlichste Frage ist: Was brauchen wir in Zukunft überhaupt? Wenn die ganze planetarische Existenz auf dem Spiel steht, brauchen wir nicht mehr zu wissen, was im Mittelalter war oder was der Quintenzirkel ist. Was die Kinder heute lernen wollen, ist, wie man die Welt retten könnte. Und dass dieser Satz bereits im Konjunktiv steht, zeigt den dramatischen Ernst der Situation – aber auch die dramatische Resignation einer einzigen Generation, nämlich der jetzigen. Vielleicht die meisten derjenigen Kinder und Jugendlichen, die heute jung sind, glauben gar nicht mehr daran, dass man die Welt wirklich noch retten könnte. So schlimm stets es bereits! Aber das stumpfsinnige System presst sie weiter in die Schule und dort müssen sie weiter das lernen, was schon alle immer schon gelernt haben: Schiller. Max Frisch. Zellteilung. Rechnen mit Gleichungen. Quintenzirkel. Periodensystem. Mittelalter. Nichts von Weltrettung. Nichts von Frieden. Nichts von Naturschutz. Nichts von irgendeiner Rettung. Ja nicht einmal von irgendeiner Bedrohung! Es ist, als existierte die Bedrohung gar nicht. So pathologisch ist unser System.
Der Ausweg
Der einzige Ausweg – der rettende – wäre die völlige Befreiung des Schulsystems. Abschaffung der Schulpflicht. Abschaffung der Lehrpläne. Abschaffung der Prüfungen. Schule ist – Freiheit. Schule ist – Neuland. Schule ist – Ausflug ins Offene. Schule ist – Raum für die Zukunft. Schule ist – Aufbruch.
Das wäre die Rettung – die einzige.
Kein Staat, der die Schule zur Pflicht erklärt. Kein Staat, der die Schulpflicht durchsetzt. Kein Staat, der die Inhalte bestimmt. Kein Staat, der Prüfungen fordert, vorgibt und durchführt. Überhaupt kein Staat – nicht im Schulwesen. Das Schulwesen ist völlig frei. Es verwaltet ... sich ganz allein selbst.
Nicht Anarchie wäre die Folge, sondern – Gesundung. Endlich langsame Gesundung.
Denn was würde geschehen? Schule würde nur noch durch freie Initiativen stattfinden. Eltern würden Schule organisieren – mit Menschen, die bereit und begeistert sind, als Lehrer zu arbeiten. Und Schule würde so stattfinden, wie diese Menschen, die Pädagogen sein wollen, es selbst für richtig halten. Von der Methodik, von der Didaktik, von den Inhalten. Wirkliche Pädagogen suchen immer nach den besten Wegen, jungen Menschen etwas nahezubringen. Und genau das würde geschehen. Endlich befreit von Vorgaben, endlich befreit von Zwängen, von Prüfungen, von Lehrplänen, von Kontrollen. Endlich nur noch Pädagogik. Endlich wirkliche Pädagogik.
Die Zeit für diesen Mut wird kommen. Zunächst wird man diesen Mut noch nicht haben, sich vor der angeblichen Anarchie fürchten und sich weiter an das Pathologische klammern. Während wertvolle Zeit verrinnt. Während die Zeiger auf Zwölf zu rücken. Während die Jugend weiter verzweifelt. Während auch weiter gemobbt wird. Während sich weitere Mädchen umbringen. Und während der Planet nach Zukunft schreit – die aber in den Schulen und außerhalb nicht zu finden ist. Nicht in der jetzigen Form. Die Welt muss in ihren Fundamenten neu gegründet werden. Dieser Satz ist ein Satz Rudolf Steiners. Er rief ihn einst den jungen Menschen zu. Und er hat nichts von seiner Bedeutung eingebüßt.
Die Welt muss in ihren Fundamenten neu gegründet werden – sonst wird sie nicht mehr lange bestehen. Eines ihrer jetzigen Fundamente ist ,Schule’. Dieses Fundament ist verfault bis ins Innerste, es trägt nur noch Krankheitskeime in sich. Mobbing ist nur die Spitze des Eisberges. Depression und Sinnlosigkeit, Vernichtung von Interesse und Lernfreude. Brechen des individuellen Willens. Verhinderung von Zukunft. Das ist Schule heute. Sogar für die meisten Lehrer.
Wann kann die Zukunft beginnen? Wann lasst ihr die Kinder entscheiden? Wann hört ihr endlich auf die Weisheit der Jugend?
Quellen:
[1] Furchtbarer Verdacht. Der Tagesspiegel, 4.2.2019, S. 2 [Werner van Behrer & Stephan Haselberger].
[2] Mobbing an Berliner Schule war seit 2013 bekannt. Der Tagesspiegel, 5.2.2019, S. 1 [S. Dassler, S. Vieth-Entus & U. Zawatka-Gerlach].
[3] Das System ist erkrankt. Der Tagesspiegel, 5.2.2019, S. 6 [Ulrich Zawatka-Gerlach].
[4] Probleme erkannt – und weggeschaut. Der Tagesspiegel, 5.2.2019, S. 8 [Sandra Dassler].
[5] „Mitschüler machten unsere Tochter permanent fertig“. Der Tagesspiegel, 5.2.2019, S. 8 [Leserzuschriften].
[6] Retter müssen sich in Rettungswagen retten. Der Tagesspiegel, 5.2.2019, S. 7 [Helena Piontek].