18.11.2020

Die Degradierung des Menschen zur Ware

Die ,WirtschaftsWoche’ und die Anbetung des Tieres der Apokalypse.

 

Inhalt
Das radikale Schwinden des Verstehens
Die einst gewusste Wahrheit
Der Christus-Impuls als Gegensatz zum Kapitalismus
Der seelentötende Wahnsinn…
…und die Anthroposophie
Die ,WirtschaftsWoche’ und die Anbetung des Tieres
Das offene Gelächter Satans


Das radikale Schwinden des Verstehens

Lange habe ich nichts mehr auf diesen Seiten geschrieben, weil ich Bücher schreibe, in die die Seele noch viel tiefer eintauchen kann als in einen bloßen Aufsatz am Bildschirm. Wir leben in einer Zeit, wo die Seele des Menschen verlorengeht, weil niemand mehr weiß, was die Seele eigentlich ist, und weil sie immer weniger ,zählt’.

Wer in Job, abendlicher Netflix-Serie, Corona-Empörung und die Lücken füllendem Allgemein-Stress aufgeht, der hat seine Seele bereits gründlichst verraten und verkauft. Er hat sie Mächten ausgeliefert, an die er nicht glaubt – und es ist ihm egal, weil er an seine Seele ebensowenig glaubt. Man lebt postmodern in dem Allgemeinwissen, dass jeder Mensch eine ,Psyche’ hat, und das war’s. Man hält sich für modern und vernünftig, aber man lebt vor sich hin und hat keine einzige Ahnung mehr von dem Menschen.

Und damit meine ich ein heiliges Wissen von dem eigentlichen Wesen des Menschen. Selbst all diese Begriffe sind in den Ohren der meisten heute nur wie ein ,tönernes Erz’ – sie können damit schlicht nichts mehr anfangen. Der Verlust der Seele offenbart sich auch in einem Verlust heiligen Wissens, das Menschen jahrhundertelang gehabt hatten. Begriffe im Sinne eines Verstehens, eines Erkennens, gehen verloren, die essenziell sind für das Menschliche überhaupt. Denn man mag die offiziellen ,Menschenrechte’ rauf- und runtersagen können und doch nicht mehr wissen, was eigentlich ein Mensch ist. ,Intellektuelles Verständnis mit Gefühlsbeteiligung’, wie ich es einmal nennen will, ist noch nicht einmal ansatzweise genug dafür.

Wie groß die ganze Frage ist und was es eigentlich bedeutet, hier von ,heilig’ zu sprechen, begreift man erst mit einem ,höheren Erkennen’, in dem das Menschenwesen sich zum allerersten Mal selbst ergreift, eine heilige Stufe der Selbsterkenntnis – jenseits von Alltag, alltäglich verbreiteten Dogmen, postmoderner Konditionierung. Dieses Wissen ist jenseits von allem Zwang und aller Unruhe. Mit diesem Wissen entsteht ein völlig verändertes Menschenbild, es offenbart sich – und man erkennt, dass man ... bis dahin nichts erkannt hat. Aber wie sollte man auch, wenn der Blick in der Moderne radikal weggelenkt wird von eigentlichen Fragen? Und auch immer brutaler weggelenkt wird?

Wir leben in einer Zeit des Materialismus, und das bedeutet, das Wesen des Menschen wird geleugnet. Diese Leugnung beginnt schon da, wo man meint, es sei nicht schlimm, dass alles so läuft, wie es läuft – und wo man sich um das Wesen der Seele weniger kümmert als um den täglichen Einkauf und die abendliche Serie. Diese Ignoranz ist schlimm – denn sie offenbart, dass der Materialismus und die Anpassung an die Gleichgültigkeit gegenüber den spirituellen Wahrheitsfragen und den damit erst einhergehenden Erkenntnisprozessen auf ganzer Linie gesiegt haben.

Kein einziger Mensch, dem die Frage der Seele unwesentlich ist oder der sie noch nicht einmal als wesentlich erkannt hat, kann von der Erkenntnis ergriffen werden. Er verbleibt in den Niederungen der Ignoranz und fristet hier ein Leben an dem Wesen des Menschen vorbei. Sein Leben lang wird er dieses Wesen nicht wahrmachen, weil dieses Wahrmachen erst da beginnt, wo der Mensch sein eigenes Wesen zu begreifen beginnt. Vorher lebt er daran vorbei. Und wenn er mutwillig beginnt, die Wichtigkeit dieser Frage zu ignorieren, verrät er es sogar. Und da, wo er andere mit zu überzeugen versucht, dass ganz andere Dinge wichtig seien, versündigt er sich nicht nur gegen sich selbst, sondern lädt Menschheitsschuld auf sich.

Das Wesen des Menschen ist etwas unendlich Heiliges – und solange nicht einmal im Ansatz gefühlt wird, warum dieser Satz eine unendliche Berechtigung und Wahrheit hat und was hier in aller Tiefe und Weite mit ,heilig’ gemeint ist, steht die Seele noch vor ihrem Erwachen, ist vielleicht noch völlig blind. Erblindet durch die pausenlose Konditionierung ihrer Umwelt und durch eigene Faulheit und eigenen Unwillen.

Die einst gewusste Wahrheit

Die Erkenntnis der Wahrheit des spirituellen Menschenbildes aber wirft sofort ein helles Licht auf alles Übrige. Denn zu dieser Erkenntnis kommt man nur, wenn die Seele zu sich selbst erwacht, und die Erkenntnis gibt dieses Erwachen, es ist beides miteinander vereint. Die Erkenntnis der nicht-materialistischen Wirklichkeit ist keine abstrakte, sie ist unmittelbar auch tiefste Selbsterkenntnis. Das ganze Weltbild verändert sich vollkommen und von Grund auf.

Von der wahren Erkenntnis des Menschenwesens ausgehend, von der absoluten Realität von Seele und Geist ausgehend, die nur durch das Inkarnationsgeheimnis auch eine leibliche Offenbarung haben, erlebt man die Wirklichkeit nicht mehr materialistisch, sondern spirituell; das aber heißt auch: nicht mehr dumpf-unmittelbar, sondern in höherem Sinne erwacht, erkennend, begreifend. Das aber heißt auch: Nicht mehr selbstbezogen, utilitaristisch, pragmatisch, dumpf-,realistisch’, sondern in ihrem wahren Licht, im Licht der Ewigkeit, der Wahrheit. Und in diesem Licht offenbart sich der Kapitalismus als eine völlige Unterwerfung des Menschenwesens unter die Macht der Blindheit und Verleugnung. Als ein großer, ungeheurer Impuls, den Menschen in ewige Blindheit zu drängen und auf ewig auf die Verleugnung seines wahren Wesens zu konditionieren.

Wer jenes Bewusstsein, in dem die Seele und der Geist sich selbst und damit auch das Wesen des Menschen ergreifen und zu ergreifen beginnen, noch nicht hat, für den ist es schwer, wirklich zu begreifen, wovon hier die Rede ist. Genauer gesagt, ist es unmöglich, da ja das Begreifen erst geschieht, wenn … dieses Begreifen erwacht. Und doch gibt es davor bereits ein Ahnen, denn das Wissen  um das Wesen des Menschen kann nicht ganz verloren, sondern nur tief verschüttet sein, da man dieses Wesen ist – selbst da, wo man im Grunde immer mehr nur noch im Prozess der Verschüttung lebt... Selbst das blindeste und verlorenste Bewusstsein hätte im einem tiefsten Winkel seines Wesens noch die reale Erinnerung an ... die Wahrheit dieses seines Wesens. Ein Aufwachen, ein Sich-Erinnern und eine Umkehr – sie können nicht grundsätzlich verhindert werden, sie können jedoch immer unmöglicher gemacht werden, je massiver dasjenige geschieht, gelebt und gepflegt, verkündet und verbreitet und zur (scheinbar) alleinigen ,Wirklichkeit’ gemacht wird, was dieses Wesen leugnet, verschüttet, unsichtbar macht, verspottet, seine Nicht-Existenz lehrt und so weiter und so fort.

Zu allen Zeiten hatte die Menschheit ein Wissen von einem übersinnlichen Wesen des Menschen – wie auch immer dieses zunächst vorgestellt wurde. Aber bereits die alten Inder erkannten etwas von diesem Wesen, tauchten sogar tief in die Welt des Geistes ein. Der Christus-Impuls brachte dann endgültig die überwältigende Erkenntnis von der Bedeutung der Individualität, von dem heiligen Geheimnis des Ich, das niemals verwechselt werden darf mit dem anderen Phänomen des Selbstbezuges, der bis in das Ego degeneriert. Das Ich-Geheimnis ist ein zutiefst heiliges, die Realität des Ego ist ein ganz anderes Geheimnis, das eines traurigen Verrats und Falles vor Mächten, die das Menschenwesen wirklich zu Fall bringen wollen. Mit dem Ich-Geheimnis ist in Wirklichkeit das der Liebe verbunden, und gerade hier liegt das Zentrum des Christus-Impulses: in der Offenbarung, dass diese beiden Geheimnisse in letzter Hinsicht eines sind. Sein Geheimnis.

Alles, was hiervon wegführt – vom wahren Ich und von der Liebe – ist bereits eine perfide Verkehrung des Christus-Impulses. Das entstehende ,Christentum’ ist schon sehr früh jener Gegenmacht zum Opfer gefallen, die nicht mit der Macht der Liebe wirkt, sondern mit der bloßen Macht selbst. Die Liebe nämlich hat keine andere Macht als ihr eigenes Wesen. Wo nicht die Liebe wirkt, da wirkt etwas anderes. Und wo der Machtimpuls wirkt, da wird der Christus-Impuls verraten. Dies war bereits der Fall, als das Christentum zur Staatsreligion gemacht wurde und sich mit dem römischen Machtimpuls verband. Und es war überall da der Fall, wo Menschen zu etwas gezwungen wurden – oder gar wegen eines anderen Glaubens getötet wurden. All dies ist mit dem Christus-Impuls nicht vereinbar. Es ist der Verrat an diesem.

Der Christus-Impuls als Gegensatz zum Kapitalismus

Der Christus-Impuls zielte auf eine allertiefste Heiligung des Menschen – und auf tiefste, höchste Erkenntnis. Das Christuswesen ist verbunden mit dem, was der ,Heilige Geist’ genannt wird. Jedes Erwachen der menschlichen Seele zu ihrem eigenen, höheren, ihrem wahren Wesen, ist mit diesem Geheimnis heiligen Geistes verbunden – und zugleich mit Christus selbst. Diese Wahrheiten muss man nicht ,annehmen’, man kann sie leise und allmählich selbst erkennen, wie sie sich in diesem heiligen Prozess des Erkennens, selbst offenbaren. Das Allerwesentlichste aber ist es, überhaupt von der höheren Wahrheit des Menschenwesens zu wissen, um diese zu suchen und der eigenen leisen Ahnung zu folgen, statt ihr fortwährend, sie geradezu durch Ignoranz lästernd, aus dem Wege zu gehen, sie zu vernachlässigen, sie mit Füßen zu treten, sie für wertlos zu erklären. Das Allerwesentlichste ist es, überhaupt wieder einen Begriff von ,heilig’ zu bekommen – der sich dann sanft und unaufhaltsam mit dem still wachsenden Begriff des Menschen verbindet, wobei beide einander fortwährend weiter heilig vertiefen und befruchten...

Aus dieser heiligen, christlichen Erkenntnis heraus ist unmittelbar deutlich, dass der Mensch nicht dazu berufen ist, seinen Nächsten – seinen Mitbruder, seine Mitschwester – auszubeuten, sondern zu lieben. Der Kapitalismus also ist von Anfang an eine Lüge, ein Verrat, eine Konditionierung des Menschen auf das Nicht-Christliche und damit auf seine innere Entfernung von seinem eigenen tiefsten Wesen.

Der Kapitalismus steht dem Christus-Impuls diametral gegenüber, denn seine Grundidee ist Konkurrenz, Kampf, Egoismus und Ausbeutung, Überleben des Stärksten, Untergang der Schwächsten. Das frühe Christentum wusste dies noch alles – und jahrhundertelang galt zum Beispiel ein Zinsverbot. Man wusste, dass das Ziel der Menschheit die Liebe ist, und wehrte sich gegen alles, was einen ganz anderen Impuls bedeutete (Profitmaximierung, Ausbeutung, sich selbst vermehrendes Geld, Missachtung der Nöte des Nächsten etc.). Nur ein sich selbst verratendes ,Christentum’ hat sich mehr und mehr angepasst – wie es ja auch dazu kommen konnte, dass Kanonen ,gesegnet’ wurden und anderes mehr, was Christus gleichsam unmittelbar ins Gesicht gespien hat und ihm erneut die Dornenkrone aufsetzte, als sei sein Wesen noch der sanfte, wahre Herrscher der Seele. Längst war es die Gegenmacht.

Und doch wusste man noch jahrhundertelang, nachdem sich das Christentum mit dem aufkommenden Kapitalismus ,arrangiert’ hatte und man mehr und mehr ,Kompromisse’ schloss, dass hier eigentlich ein Verrat stattfand und das Wesen des Menschen erst in Brüderlichkeit, Geschwisterlichkeit, in Nächstenliebe und gegenseitiger Hilfe wahrgemacht und erkannt wird. Indem aber die grundlegende Einstellung verraten und das Gegenteil akzeptiert wurde, verriet man das Ganze – den christlichen Impuls selbst. Es war dann ein Leichtes, die perfide Logik der Profitmaximierung und Selbstbereicherung immer weiter in den Köpfen und schließlich sogar in den Herzen (!) zu verankern. Der immer blindere Kampf aller gegen alle, die permanente Erhöhung des Renditedruckes (denn immer mehr überlebte eben tatsächlich nur der Stärkste) taten und tun nach wie vor Tag für Tag das Übrige, um das christlich-spirituelle Menschenbild völlig zu verdunkeln.

Der seelentötende Wahnsinn…

Der brutale Kampf um das Überleben des Stärksten, des an Profitlogik und Heuchelei Angepasstesten, der perfektesten Selbstausbeutung und Selbstanpreisung hat zu einem beispiellosen Aufstieg materiellen Reichtums geführt. Dieser Reichtum kommt irgendwo fast allen zugute, den meisten jedoch nur aufgrund täglichen Kampfes und eines immer falscheren Lebens. Eines Lebens, das immer weiter in den Materialismus hineinsaugt, je nach ,Job’ immer weiter in die Selbstverleugnung, außerdem in den Kampf gegen steigende Mieten etc., die wieder zusätzliches Arbeiten nötig machen, zusätzliches Sich-Verkaufen und Sich-Verraten – und so hört dies nie auf. Die Menschheit ist mit dem Kapitalismus, der notwendigerweise immer wieder nur einigen Wenigen massiv ,zugute’ kommt, in eine antichristliche Spirale geraten. Halbherzig versuchen Politiker bisweilen, hier ein wenig ,nachzusteuern’, verhindern so das völlige Verhungern, ein wenig Lastenausgleich hier, ein wenig steuerliche Umverteilung da – aber der große Wahnsinn wird niemals hinterfragt. Dass das ganze System auf Egoismus um Kampf gegeneinander beruht, wird nie hinterfragt. Dass immer mehr Menschen ,Jobs’ haben, die einfach nur noch sinnlos sind und sie sich versklaven müssen, um eben ein Dach über dem Kopf zu haben, wird nie hinterfragt.

Gewinner ist, wer Profit macht – nach dem Sinn des Ganzen wird nicht mehr gefragt. Angeblich beweist er sich selbst, denn was gekauft wird, ist auch ,sinnvoll’. Dass man mit brutaler Werbung bereits degenerierten Seelen letztlich alles aufschwatzen kann – und die gesellschaftliche Degeneration letztlich auch fast alles gutheißt bzw. ihm indifferent gegenübersteht, von Plastikkitsch bis zur virtuellen (Sint-)Flut –, wird nicht gesehen bzw. eben auch nur noch achselzuckend hingenommen. Immer mehr kommt der Kapitalismus an den Höhepunkt perverser Sinnlosigkeiten – und die Seelen wenden sich diesen zu, weil sie immer mehr nur noch willenlose Konsumenten sind, die irgendein höheres Wesen des Menschen und das Wissen darum längst wie einen Einwegartikel ,entsorgt’ haben.

Kapitalismus bedeutet also: Tagsüber verkauft man sich zu armseligsten Bedingungen an den, der als Arbeitgeber eben Herr über einen ist – und abends überlässt man sich dem seelenertötenden Strom der Netflix-Berieselung, um am nächsten Morgen wieder aufzustehen, denn das Dach über dem Kopf will man nicht auch noch verlieren...

Möglicherweise finden sich die meisten Menschen in dieser Beschreibung (noch) nicht wieder. Aber das Schlimme – und das Wesentliche – ist: Eine Gesellschaft, die sich christlich oder auch nur menschlich nennen dürfen wollte, dürfte diese Realität nicht einmal für einen Bruchteil ihrer Mitglieder zulassen. Wer aber leugnet, dass diese Realität eine Vielfache ist, die sich täglich weiter ausbreitet, der ist entweder blind oder bösartig ignorant. Er will gar nicht mehr sehen. Der Kapitalismus ist der Mörder des Menschlichen. Und wer ihn befürwortet, hat Teil an dem täglichen Morden des Menschlichen. Der Kapitalismus ist die Negation und Bekämpfung des Christlichen, des Christus-Impulses selbst, des Christuswesens selbst. Der Kapitalismus hat Teil am anti-christlichen Prinzip.

…und die Anthroposophie

Man könnte jetzt unendlich viel schreiben über die Bemühungen, noch den letzten Bereich des menschlichen Lebens zu monetarisieren und der kapitalistischen Profitmacherei zu öffnen. Altenheime als profitorientierte Unternehmen, in denen die menschliche (?) Interaktion im Minutenmodus geregelt und bezahlt wird. Krankenhäuser als Profitunternehmen, die ihre Pflegekräfte als Kostenfaktor betrachten und die Arbeit soweit verdichten und unterbezahlen, dass man schon vor Corona von ,Pflegenotstand’ sprach. Wie kann es sein, dass eine zivilisierte Kultur im 21. Jahrhundert, im dritten Jahrtausend nach Christus auf solche ,Lösungen’ kommt? Welcher Teufel reitet die menschliche Seele hier? Wie kann es sein, dass Profit inzwischen (und eben schon längst, schon sehr lange, aber immer noch zunehmend) mehr zählt als der Mensch selbst? Wie kann es sein, dass man sich einer wirklich teuflischen Logik unterwerft – und sogar noch sehenden Auges?

Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie – oder Geistes-Wissenschaft – wies mit seinem grandiosen Dreigliederungsimpuls vor einhundert Jahren (1919/20) darauf hin, dass alles menschliche Wirtschaften der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dient. Sie dient eben nicht dem Profit, sondern menschlichen Bedürfnissen. Da, wo der Profit selbst zu einem neuen, pervertierten Bedürfnis wird, ist die menschliche Seele und die Gesellschaft als Ganzes bereits ernsthaft krank. Das Bereich des Wirtschaftens dient den Bedürfnissen. Ein Mensch arbeitet für den anderen. Das ist der hohe, heilige Sinn alles Wirtschaftens. Von den drei Idealen der Französischen Revolution entspricht dieser Sphäre menschlichen Zusammenlebens die Brüderlichkeit. Schon hieran sieht man, dass der Kapitalismus ein antichristlicher Impuls ist.

Und Steiner lehrte die Menschen anders, nämlich menschlich zu denken. Denn der Fall ins Unmenschliche beginnt bereits mit den Gedanken, schon das Denken ist krank. Denn nicht bekommt ein Mensch einen Lohn nach getaner Arbeit, sondern er bekommt die Sicherung seines Lebensunterhaltes, damit er die Arbeit tun kann, die seinem Nächsten hilft. Die Geldfrage nicht als Gehalt-Frage, sondern als Ermöglichungs-Frage. Eine solche Anschauung verändert alles. Erst wenn ich ein Dach über dem Kopf habe und meine Familie ernähren kann, kann ich auch für meinen Nächsten arbeiten. Und zwar mit Liebe und aus ganzem Herzen. Dagegen wird die gesamte Seele und alles menschliche Miteinander zerfressen, wenn der Einzelne um einen ,Job’ kämpfen muss und sich in Gedanken darüber zerquält, wie er ihn behalten kann, wie sehr er sich dabei täglich verraten muss etc. Aber es beginnt eben auch schon damit, dass der Lohngedanke Einzug erhält: ,Ich arbeite für mein Geld, das mir zusteht, weil ich Leistung erbracht und meine Arbeitskraft verkauft habe.’ Schon dieser Gedanke macht egoistisch, und dieser Egoismus färbt dann alles andere. Der Gedanke dagegen, den Steiner in die Wirklichkeit bringen wollte, öffnet die Seele für alles andere, sie macht das Arbeiten füreinander wirklich zu einem Liebesdienst, zu einer inneren Verpflichtung, weil bereits vorher für einen gesorgt wurde und man nun für die anderen sorgen kann...

Solche umwälzenden Gedanken findet man bei Rudolf Steiner in Hülle und Fülle. Und erst sie befreien das menschliche Denken von dem Zwang, der Niedrigkeit und der Degeneration, in die es durch die antichristliche Begriffswelt des Kapitalismus und der mit ihr einhergehenden, sich zersplitternden Postmoderne fortwährend hineingezwungen wird. Die spirituelle Geistes-Welt der Anthroposophie führt die Seele überall hinein in das wahrhaft Menschliche, und die Seele atmet buchstäblich tief durch und fühlt eine unsägliche Erlösung von all dem Unwahren, das sonst fortwährend auf sie einstürzt...

Die ,WirtschaftsWoche’ und die Anbetung des Tieres

Zu dem Lügenhaftesten und Perversesten, zu einer ganz direkt teuflischen Gehirnwäsche gehört es, den Menschen ganz offensichtlich zu einem bloßen Sklaven der Materie und des Profits zu machen.

Inzwischen muss sich offenbar niemand mehr schämen, das heilige Bild des Menschen auf dieses Niveau herunterzudrücken: Der Mensch als Sklave seines Herrn – der Materie, des Profits und der damit verbundenen, verborgenen (übermenschlichen) Macht. Die ,WirtschaftsWoche’ veröffentlichte im heutigen ,Tagesspiegel’ folgende Beilage – das sogar nur ,wiederverwertete’ Cover entstammt ihrer Ausgabe vom 11. September:

Jedem mit der Bibel vertrauten Menschen wird hier sogleich jenes erschütternde Kapitel aus der Johannes-Offenbarung in den Sinn kommen:

Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Häuptern lästerliche Namen. [...] Und ich sah eines seiner Häupter, als wäre es tödlich verwundet, und seine tödliche Wunde wurde heil. Und die ganze Erde wunderte sich über das Tier, und sie beteten [...] das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich und wer kann mit ihm kämpfen? Und es wurde ihm ein Maul gegeben, zu reden große Dinge und Lästerungen, und ihm wurde Macht gegeben [...]. Und es tat sein Maul auf zur Lästerung gegen Gott [...]. Und es wurde ihm gegeben, zu kämpfen mit den Heiligen und sie zu überwinden; und es wurde ihm gegeben Macht über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen. Und alle, die auf Erden wohnen, werden ihn anbeten, alle, deren Namen nicht vom Anfang der Welt an geschrieben stehen in dem Lebensbuch des Lammes, das geschlachtet ist. Hat jemand Ohren, der höre! [...]

Und ich sah ein zweites Tier aufsteigen aus der Erde; das hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache. Und es übt alle Macht des ersten Tieres aus vor seinen Augen und es macht, dass die Erde und die darauf wohnen, das erste Tier anbeten [...]. Und es tut große Zeichen [...]; und es verführt, die auf Erden wohnen, durch die Zeichen, die zu tun vor den Augen des Tieres ihm Macht gegeben ist; und sagt denen, die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. Und es wurde ihm gegeben, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres, damit das Bild des Tieres reden und machen könne, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten, getötet würden.

Und es macht, dass sie allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die Freien und Sklaven, sich ein Zeichen machen an ihre rechte Hand oder an ihre Stirn und dass niemand kaufen oder verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen hat, nämlich den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens.

(Apokalypse, Kapitel 13)

Das offene Gelächter Satans

Was sehen wir auf dem teuflischen Bild der ,Wirtschafts-Woche’? Wir lesen die jedem ins Gesicht peitschende Frage: ,Wie hoch ist Ihr Marktwert?’ Damit wird nicht nur als zutiefst perfide Selbstverständlichkeit etabliert, dass heute jeder Mensch seine Arbeitskraft zu Markte tragen und verkaufen muss – sich regelrecht prostituieren, um irgendeinen ,Job’ zu bekommen (man denke dagegen an Rudolf Steiners tief-christlichen Gedanken!). Nein, mehr noch – es wird ausgesprochen, dass jeder Mensch nur einen Marktwert hat. Kapitalistisch gesehen erschöpft sich sein Wert damit. Ist er profitabler, so ist sein Marktwert höher, ist er weniger profitabel, so ist auch sein Marktwert gering. Der Mensch als Zahl. Der Mensch als bloße Profitziffer.

Diese Realität ist heute schon so normal, dass die wenigsten Seelen bei dieser Frage überhaupt noch tief erschrecken. Auch damit hat man sich längst arrangiert, die Tatsache ,geschluckt’, und man verinnerlicht diese Gedanken, steigert eben ständig seinen Marktwert durch Fortbildungen etc., oder hält ihn zumindest möglichst aufrecht. Seinen Marktwert! Seinen in Zahlen ausdrückbaren Wert in den Augen des Mammon. In den Augen der allmächtigen Maschinerie und des Monstrums dem man unterworfen ist und das sich ,Markt’ nennt – aber der ,Markt’ ist ja nur das Instrumentarium, das sich der Kapitalismus geschaffen hat. Die Frage ist also: Wie hoch ist ihr Wert für jene Macht, die die teuflische Inspiration zum antichristlichen Kapitalismus gegeben hat und noch immer tagtäglich in die Seelen senkt? Es ist ein Wert, der sich kalt-emotionslos in Zahlen ausdrücken lässt. Und er dient immer nur einem – dem Profit. Das ist heute ... der ,Marktwert’ eines Menschen.

Aber nicht genug mit dieser diabolischen Frage. In der heutigen Zeit, wo mehr und mehr alles über die Botschaft der Bilder läuft, muss auch ein Bild her – der Marktwert auf der Stirn zweier Menschen, eines Mannes und einer Frau. Die Stirn war einst der Ort, der für eine allerheiligste Fähigkeit des Menschen stand: für sein Denken. Die christlich-abendländische Philosophie wusste noch, dass das menschliche Denken einen Zusammenhang mit dem ganzen Kosmos hat – mit der Weisheit, in der die Planeten kreisen, die Pflanzen wachsen, die Sonne aufgeht und den Wechsel der Jahreszeiten vollbringt, die unendliche Weisheitsfülle einer in ihrer Tiefe gar nicht erfassbaren Schöpfung. Das menschliche Denken hat einen tiefen Zusammenhang mit alledem! Das wusste man – und die Stirn, jener heilige Teil des überhaupt heiligen Antlitzes des Menschen, war der Ort, an dem man diesen Zusammenhang sich offenbaren sah. Weisheit...

Wenn der Teufel einen Ort finden sollte, dem er stattdessen sein Zeichen aufdrücken sollte, könnte er keinen besseren finden. Indem er der menschlichen Stirn sein Zeichen aufprägt, löscht er alles wahrhaft Menschliche aus und macht deutlich: Von nun an richtet sich euer Denken nicht mehr nach göttlicher Weisheit, nach christlicher Liebesoffenbarung oder nach brüderlichem Füreinander, sondern nur noch nach meinem Willen, den ich kalt inspirierend euch eingeben werde. Nicht mehr euch selbst gehört ihr – sondern mir!

Und in einer perversen Weise wird dieses satanische Bild verharmlost, indem die beiden abgebildeten Menschen ganz normal tun. Sie lächeln, in perfekt angepasster, sympathischer Weise, und sie gucken in die Richtung des Preisschildes des jeweils anderen, wie um kundzutun, dass dieses Brandmal des Tieres ganz in der Ordnung sei – dass nichts weiter dabei sei, dass dies ja nun einmal so ist, und dass es sogar gut ist, dass jeder seinen Preis habe, und dass man gerne danach strebt, einen Marktwert zu haben, ihn zu pflegen und sich in die Folter des Tieres einspannen zu lassen.

Noch einmal: Perfekt angepasst ist es für diese dargestellten Menschen normal geworden, auf offensichtlichste Weise der Herrschaft des Tieres unterworfen worden zu sein und sein Mal auf der Stirn zu tragen. Es ist keine menschenverachtendere Darstellung denkbar. Denn die ganz, heilige, spirituelle Würde des Menschen wird hier nicht nur mit Füßen getreten, sie wird geradezu zermalmt – und zwar gerade durch das so absolut normale, regelrecht zufriedene Lächeln der beiden dargestellten Menschen. Es sind nicht zwei Menschen, die unter der Last der Herrschaft ächzen, die gefoltert und zerbrochen werden – nein, es sind zwei Menschen, die das Mal des Tieres tragen und zufrieden verkünden: Seht, wie leicht es ist, das Menschentum zu versklaven und zu zertrümmern! Seht wie gern wir das Mal tragen und völlig normale Menschen sind ,wie du und ich’. Seht, wie angenehm die Herrschaft des Tieres zu tragen ist. Unterwerft euch und frohlocket – auch ihr gehört zur Schar des Tieres...

Spirituell gesehen ist diese Titelseite das offene Gelächter Satans über seinen Sieg... Wie hoch ist Ihr Marktwert...?`

Wo Christus die Dornenkrone trug, um der Rettung des Menschentums willen, da ist hier der Besitzstempel des Tieres hingesetzt. Ganz offen. Ohne jede Scham. In postmoderner Selbstverständlichkeit. Dies ist nicht einmal mehr eine antichristliche Karikatur, es ist ganz ernst gemeint. Es ist die Banalität des Bösen. Das Antichristliche darf inzwischen ganz offen auftreten.