23.05.2021

Ächtet den Profit!

Vom Pfingstgeist.


Inhalt
Was ist das Fest der Liebe?
Vom Pfingstgeist
Vom Wesen des Profits
Freiheit, Gleichheit und...?
Beuys und das wahre Menschentum


Was ist das Fest der Liebe?

Weihnachten gilt als das Fest der Liebe. Aber es ist das Fest der Liebe des Göttlichen zur Menschheit – das Fest der Geburt, des Kindes, jenes Kindes, das einst als Menschensohn eins werden wird mit dem Sohnesgott, dem Logos, Christus. Dieser Christus wies dann hin auf die Tatsache: ,Mein Reich ist nicht von dieser Welt.’ (Joh 18,36).

Die Welt dagegen, sie steht unter der Herrschaft eines anderen ,Fürsten’ (Joh 14,30). Und unter der Herrschaft des mit ihm verbundenen Mammon (Mt 6,24). Mammon ist der schnöde irdische Besitz – und die ganze Macht seiner Verführungskraft. Aber: ,Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.’ (ebd.).

Es ist also sehr deutlich ausgesprochen: Wer sich mit dem irdischen Besitz und Reichtum verbindet, wer seine Seele daran bindet und damit verknüpft, der dient bereits dem Mammon und dem ,Fürsten dieser Welt’. Damit aber kann er nicht mehr dem Christus, dem Göttlichen, dem Geiste dienen. Oder es kommen lauter Halbheiten heraus, Halbherzigkeiten, Inkonsequenzen, Unaufrichtigkeiten. Und die Seele weiß dies.

Das Christentum gilt heute vielen nicht mehr viel. Der Hauptgrund, der im Grunde einzige Grund, ist, dass es nicht mehr verstanden wird. Sein Verständnis wurde zugrundegerichtet auf von Kirchen, die es nicht mehr verstanden haben oder nichts für ein geistiges, wahrhaftes Verständnis getan haben. Die Lehren der Kirchen sind erstarrt. Sie haben den heutigen Menschen nicht mehr viel zu sagen, immer mehr Menschen immer mehr gar nichts. Weil die Kirchen nicht vom Geist sprechen. Oder nur so vom Geist sprechen, dass dieser vom Menschen ganz abgetrennt ist. Aber das ist die völlige Unwahrheit – und damit eine Irr-Lehre. Die Menschen werden verführt zu einem falschen Glauben, zu einem Nicht-Wissen. Das ist die große Schuld der Kirchen.

Dagegen die Anthroposophie: Sie verkündet den Christus in seiner wahren, leuchtenden, für das gegenwärtige Bewusstsein in unendlicher Tiefe verstehbaren, erkennbaren, erlebbaren Gestalt und Wesenheit. Sie verkündet Ihn als das Mittelpunktswesen der Erdenentwicklung – und es ist verstehbar. Ja, mehr noch, es entfaltet größte geistige Perspektiven. Ja, mehr noch: Es ist eine Menschen-Weihe. Denn der Mensch offenbart sich ebenfalls – und wird von Christus offenbart – in seiner ganzen unendlich tiefen Gestalt. Siehe – der Mensch!

Wer sich auf die Anthroposophie wirklich einlässt, wird von neuem geboren, ,von oben herab’, wirklich neu geboren aus dem Geiste, wie es Jesus Nikodemus verkündete (Joh 3,3). Wer sich nicht auf die Anthroposophie einlässt, sondern sie bekämpft, aus armseligen Schein-Gründen, der verleugnet den Geist – und wem er dann dient, das beantwortet die geistige Welt selbst. Auch hier kann die Seele die Antwort wissen, wenn sie aufrichtig genug empfindet.

Die wahre Liebe ist nicht irdisch, denn sie sprengt alle irdischen Grenzen, alle Grenzen des Irdischen. Was also ist dann das wahre Fest der Liebe? Es ist jenes Fest, das zugleich das Fest des Geistes ist. Und was ist das Fest des Geistes? Wahrscheinlich wissen nicht einmal viele Christen, was Pfingsten nun eigentlich wirklich ist – denn es spielt in den großen Kirchen keine große Rolle, es ist eben auch ein Fest, und man erzählt dann eben in den evangelischen Kirchen zum Beispiel von den ,Flammen’, die über den Köpfen der Apostel erschienen, die da plötzlich in allen Sprachen sprachen oder jedenfalls für jeden verstehbar waren. All das sind altgewordene, vielleicht noch rührende, aber nicht mehr ernstgenommene Bilder.

Vom Pfingstgeist

Niemand aber versteht Pfingsten wirklich, der es nicht aus dem Geiste versteht. Es ist kein seltsames Wunderwerk, und die Flämmchen oder Flammen sind nicht irdisch zu verstehen – und das ganze Schlimme dieses nicht mehr vorhandenen Verständnisses ist auch wiederum nur ein tiefstes Symptom für das Versinken des menschlichen Bewusstseins im bloß noch Irdisch-Sinnlichen. Wer die Flamme nicht verstehen und nicht geistig sehen, erleben kann, der ist bereits versunken. Und seine erste und einzige Aufgabe wäre, sich wieder erwecken zu lassen – und, ja: sich entflammen zu lassen.

Einer der vielen meditativ-essenziellen Sprüche, die Rudolf Steiner gestaltete, beginnt mit den Worten:

     Ich möchte jeden Menschen
     Aus des Kosmos’ Geist entzünden,
     Dass er Flamme werde
     Und feurig seines Wesens
     Wesen entfalte. –

Steiner schrieb diese Worte kurz vor seinem Tod in ein Notizbuch (GA 40, S. 165). Sie sind also ein lebendiges Vermächtnis dieses großen Geisteslehrers. Steiner war tief verbunden mit dem Pfingstgeist.

Pfingsten ist das Fest des Geistes. Der Auferstandene, der Sohnesgott, der dem Blick der Jünger entschwand, als er sich mit der Lebenssphäre der ganzen Erde verband – ein erschütterndes Ereignis, das nur völlig unzureichend und heute ganz irreführend mit ,Himmelfahrt’ bezeichnet wird –, dieses Logos-Wesen sandte dann den Jüngern und Aposteln den Heilenden Geist, aber, wie die Christen wissen, ist auch dieser eins mit Christus und mit dem göttlichen Vatergrund. Der Heilende Geist – nun also war und ist er den Menschen gesandt. Die Tore des Geistes, des Himmelreiches, sie stehen wieder offen: sperrangelweit, kann man sagen, wartend, hoffend, sehnend ... dass Menschen auch sich öffnen, ihr Herz, ihre Seele, ihren Geist, um Ihm Wohnung zu geben – Ihm, dem Heiler.

Pfingsten ist das Fest des Geistes, des Heilenden – denn der wahre Geist heilt immer. Und er ist das Einzige, was heilen kann. GEIST = HEILUNG.

In der Menschenweihehandlung der Christengemeinschaft heißt es zu Pfingsten, als bekräftigendes Segnungswort zu Beginn, die heilige Handlung geschehe, möge geschehen:

     In dem Lichte
     Des Geistes
     Der da heilet,
     Was krank sich erweiset
     Im Erdensein.

Und an einer späteren Stelle:

     Schauet die Flammen
     Sie sind des Geistes Offenbarung.
     Es flamme das Wort [...]
     Es flamme die Tat [...].
     Die Flammen [...]
      [...] erstrahlen aus Menschenherzen,
     Die erfüllt von Christus
     Ihr Wesen entzünden [...]
     Dass geistgeheilt
     Menschen-Seelen
     Gesund sich halten
     Durch alle Erden-Zeitenkreise.

Es gibt für den Menschen, der ein geistiges Wesen ist, nur eine Gesundheit: das Verbundensein mit dem Geistigen. Und es gibt nur eine Krankheit, die zugleich Grund für alle anderen ist: ein Verlieren dieser Verbindung. Und die wahre Religion kann nur in dieser Verbindung und Wiederverbindung (re-ligio) liegen.

Der Geist aber, der göttliche Geist, was ist Er? Er ist zugleich immer Liebes-Geist. Gott ist die Liebe – und wer in der Liebe bleibet, der bleibt in Gott, und Gott in ihm (1 Joh 4,16).

Damit ist es für jeden Menschen – nicht nur für jeden Christen, sondern jeden Menschen im tiefsten Sinne – die Aufgabe, diesen Pfingstgeist, der erst der wahre Geist sein wird, zu suchen, in sich, für sich, für das eigene Wesen, um wahrhaft Mensch zu werden.

Pfingsten ist das Fest der Liebe – denn es ist das Fest der Menschwerdung: Hier erst findet der Mensch den geistleuchtenden, den geistflammenden Beginn seiner Bestimmung – als Mensch. Er soll werden, er soll sein, ein Geist-Wesen, das sich des Geistes voll bewusst ist, und das wie eine Flamme, als Flamme, in die Welt hinausleuchtet – um auch andere Menschen zu ihrem wahren Sein entflammen zu helfen.

Pfingsten ist das Fest der Liebe, denn flammender Geist und Geist der Liebe sind untrennbar. Pfingsten ist das Fest der Brüderlichkeit. Heute sagen wir: der Geschwisterlichkeit. Es ist das Fest jenes Geist-Bewusstseins, das in jedem Nächsten den Bruder, die Schwester sehen kann, weil endlich die Geist-Augen offen sind und wirklich gesehen wird. Das ist Pfingsten. Es ist das Bewusstsein der Philadelphia (Brüderlichkeit, von: philia Liebe, adelphos Bruder), das Bewusstsein einer zukünftigen Liebe, die immer stärker und stärker werden wird, weil sie die heilig-wundersame Bestimmung des Menschen ist.

Einst wird der Mensch keine größere Liebe in sich tragen als die, diese Liebe, diese Philadelphia-Liebe, in sich immer stärker machen zu wollen. Es wird seine größte Sehnsucht und sein größtes Streben sein. Dann wird das Zeitalter der Geschwisterlichkeit anbrechen. Aber wir sind schon mittendrin, denn die ,Zeitenkreise’ durchdringen sich, und die Wegbereiter des Zukünftigen, das heißt der Liebe, sind schon mitten unter uns. Schon heute leben Seelen – und brauchen wir diese Seelen – die diese Zukunft vorbereiten, durch ihr Sein.

Vom Wesen des Profits

Wir müssen heute auf die schwerwiegendsten Krankheitssymptome unseres sozialen Organismus aufmerksam werden – sie mit flammenden Geistesaugen unmittelbar sehen, tief im Herzen erleben. Die Menschheit ist tief geschwisterlich miteinander verbunden, aber sie weiß es nicht, sie macht es nicht wahr und sie handelt dem entgegen – obwohl jeder Einzelne es tief innerlich dennoch besser weiß. Die Stimme des Gewissens schweigt in niemandem, aber viele überhören sie trotzdem.

Und ein allertiefstes Krankheitssymptom unserer Zeit ist der Profit – der Gedanke, der Begriff, der Wunsch und die Tatsache des Profits.

Der Profit ist dasjenige, was aus einem Geschäft wundersamerweise ,herauskommt’ und was der Profiteur ,einstreichen’ kann. Jede Seele weiß unmittelbar, dass dies Unrecht ist – und trotzdem basiert unser krankes Wirtschaftssystem auf nichts anderem als eben genau darauf. Auf eklatantem Unrecht, wo einer den anderen übervorteilt und den Profit einstreicht: Von ,Geiz ist geil’ über ,Personaleinsparungen’, ,Kaputtsanierungen’, Spekulation, Aktienhandel etc. etc. Unsere Welt ist wie ein Krebsgeschwür samt Metastasen durchsetzt von diesem kranken Gebaren.

Jede Seele weiß, dass Profit nur da entstehen kann – und immer da entsteht –, wo einem Anderen etwas weggenommen oder vorenthalten wird. Wo ein Anderer ausgenutzt, ausgebeutet, übervorteilt oder in anderer Weise um das gebracht wird, was ihm zustünde, nicht mir. So ein zutiefst verachtenswertes Verhalten ist nur möglich, wo der Andere nicht als Bruder, als Schwester, als zutiefst mein Nächster gesehen, empfunden, erlebt, erkannt wird. Und es ist nur möglich, wo Strukturen walten, die meinen Nächsten als genau diesen unsichtbar machen – sei es durch Anomyität, sei es durch Verheimlichung konkreter Zahlen und so weiter.

Aber es beginnt schon da, wo Unternehmen nur einem einzigen Profiteur oder einer kleinen Gruppe von ,Anteilsinhabern’ oder ,Aktienbesitzern’ gehört – und nicht jenen, die den täglichen Umsatz wirklich und tatsächlich erwirtschaften, die das Unternehmen lebendig halten, die es täglich mit Leben füllen, mit ihrem Herzblut, mit ihrem Einsatz, mit ihrer Liebe. Die Liebe wird gerade als erste ausgerottet, wo Menschen subtil oder ganz offen ausgebeutet werden und im Grunde nur noch bessere Sklavendienste leisten – denn sie sind nur ,angestellt’, und auch dies nur, um Profit machen zu können, letztlich auf ihrem Rücken.

Der Gedanke des Profits ist im Grunde die Ur-Sünde und die Ur-Schuld einer Menschheit, die sich selbst verkennt, die die Liebe verrät und den Egoismus wählt. Profit ist nichts anderes als Brudermord – und schon der erste Brudermord Kains an seinem Bruder Abel war im Grunde Profitdenken: ,Wenn Abel aus dem Weg geschafft ist, wird Gott mich wieder mögen’.

Wo es Profit gibt, kann es keine Liebe geben, denn er ist Beraubung meines Bruders. Und wo es Liebe gibt, kann es keinen Profit geben. Der einzige Profit kann nur die Liebe selbst sein: Sie ist der wahre Lohn und das wahre Geschenk, sie ist unerschöpflich und wird sogar größer, wo immer man teilt. Das Gegenteil tut der Profiteur: Er vereinzelt und vereint auf sich, privatisiert (lat. privare = berauben!), was allen zustünde, die an einem gemeinsamen Ertrag mitgewirkt haben.

Freiheit, Gleichheit und...?

Es war Rudolf Steiners großes Verdienst, erkannt und gezeigt zu haben, dass die drei großen Ideale der Französischen Revolution die essenziellen Prinzipien drei verschiedener, gegenseitig sich durchdringender gesellschaftlicher Sphären sind und sein sollten: Freiheit – das Prinzip des Geisteslebens. Der Geist weht, wo er will, er darf nicht durch geistlähmende Vorgaben korrumpiert und kontrolliert werden. Das bedeutet unter anderem: freie Schulen, keine Diktatur durch ,Bildungsbehörden’. Dann: Gleichheit – das Prinzip im Rechtsleben. Jeder Mensch hat eine unveräußerliche Menschenwürde, die sich in einer Vielzahl von Rechtsverhältnissen niederschlägt, die auch ein Konzern nicht mit Füßen treten kann, sondern voll anerkennen muss. Der Ursprung allen Rechts aber ist immer das Erleben des anderen Menschen als zutiefst gleich in Bezug auf mich. Wer dieses Erleben kennt und hat, der braucht im Grunde gar kein äußeres Recht, weil er es bereits innerlich ganz und gar in sich trägt.

Und schließlich: Brüderlichkeit – das Prinzip des Wirtschaftslebens! Was für einen Sinn soll die Wirtschaftssphäre denn haben, wenn nicht die Erfüllung menschlicher Bedürfnisse, seien sie materiell (Grundbedürfnisse wie Nahrung, Obdach, aber auch alle darüber hinaus gehenden Bedürfnisse), seien sie geistig (kulturell, religiös etc.). Da, wo es um die Bedürfnissphäre geht, ist, geistig gesehen ,Wirtschaftssphäre’: Menschen erfüllen füreinander die Bedürfnisse des anderen, der anderen. Das ist Wirtschaftsleben. Es ist im Grunde: gegenseitige Liebe. Mit anderen Worten: Brüderlichkeit ist ihr Prinzip. Eine Wirtschaft, die nicht brüderlich ist und sich nicht als brüderlich versteht, verrät ihr eigenes Prinzip, insofern sie menschlich sein wollen würde.

Nur jene Wirtschaft ist menschlich, die brüderlich ist – wie nur jene Rechtssphäre menschlich ist, in der die Menschen wahrhaft gleich sind, und wie nur jenes Geistesleben menschlich ist, das wahrhaft frei ist. Das sind die wirklichen Wahrheiten in Bezug auf die Herausforderung der bewussten Gestaltung unserer gesellschaftlichen Verhältnisse.

Der Ausnahmekünstler Joseph Beuys, dessen hundertster Geburtstag vor wenigen Tagen gewesen war und und in diesem ganzen Jahr gefeiert wird, hat versucht, diese Wahrheiten immer wieder in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Er erkannte, dass der Kunstbegriff erweitert werden müsse – und prägte die flammenden Worte: Jeder Mensch ist ein Künstler. Jeder Mensch! Denn der erweiterte Kunstbegriff erweckt das Bewusstsein zu der Erkenntnis, dass die Ur-Kunst, das Prinzip der Kunst überhaupt, das schöpferische Element im einzelnen Menschen ist – das individuelle Schöpfertum. Jeder Mensch ist ein Künstler, ist ein Schöpfer – ist auf der Welt, um dasjenige schöpferisch zu verwirklichen und zu bringen, was nur er bringen kann; wofür er gekommen ist, nur er.

Beuys und das wahre Menschentum

Beuys machte ernst mit einem spirituellen Menschen- und Weltbild, indem er zutiefst ernsthaft und aufrichtig an Rudolf Steiner anknüpfte, auf seine ureigene, individuelle Weise. Beuys stellte sich mitten hinein in die Welt – er provozierte die Menschen, aber er provozierte sie zum Nachdenken. Er stellte sie vor Rätsel. Vor Aktionen, deren Sinn zunächst überhaupt nicht ersichtlich schien, die aber stets viel mehr beinhalteten, als der erste Blick erwies. Mit alledem wollte Beuys Menschen aufrütteln, auch zu eigener innerer Tätigkeit anregen – denkend, neues Land erschließend, schöpferisch werdend, mit anderen Worten: Mensch werdend.

,Jeder Mensch ist ein Künstler’ – allein schon diese Worte sind Beuys’ bleibendes Vermächtnis, sein Flammenwort an die Gegenwart.

Der Profit tut das Gegenteil. Er beutet andere Menschen aus, macht sie zu bloßen ,Konsumenten’ oder aber bloßen ,Angestellten’, gar bloßen ,Personalkosten’. Wo ,Profit’ ist, kann es kein geschwisterliches, schöpferisches, liebevolles Zusammenwirken geben – Profit tötet all diese wahrhaft menschlichen Impulse, die dennoch Zukunftsimpulse sind, während die Tage des Profits längst gezählt sind und er wie ein greiser, grausamer Herrscher sich nur noch über Macht, über Angst und Schrecken an der von Anfang an illegitimen Herrschaft hält.

Der Profit ist eine wandelnde Leiche. Die Idee ist in sich selbst unmenschlich und hat sich längst überlebt. Der Profit ist der moderne Zombie. Der Vampir, der durch die Welt geht und die Seelen aussaugt – ihnen die Liebe, das schöpferische Potenzial, ihr Menschsein nimmt.

Beuys prägte auch die Gleichung: KUNST = KAPITAL. Damit drückte er aus, dass das eigentliche (und einzige) Kapital der Menschheit das Kreativ-Schöpferische ist. Da aber jeder Mensch ein Künstler ist, ist das einzige Kapitel der Menschheit der Mensch selbst, jeder Einzelne. Wie sie ihr wahres Kapital heute behandelt, sieht man...

Wir können also zu folgenden Gleichungen kommen:

KUNST = KAPITAL.
KUNST = MENSCH.
PROFIT = MENSCHENTOD.
GEIST = HEILUNG.

Profit ist Anti-Kunst, ist Ent-menschlichung und ist geistiger Tod, Verleugnung des Geistes, Anti-Geistigkeit. Profit ist das moderne Krebsgeschwür der Menschheit.

Da, wo Profit ausgeschlossen wird aus dem Denken und Handeln, als bloße Möglichkeit, da beginnt das wahrhaft Menschliche zart zu wirken: in gemeinnützigen Initiativen, in Non-Profit-Organisationen, in Stiftungsmodellen und anderen Impulsen, die erkannt haben und umsetzen, was jede einzelne Seele weiß: Profit ist geistiger und seelischer, ja manchmal sogar physischer Mord an meinem Nächsten, meinem Menschenbruder, meiner Menschenschwester.

Wenn die Welt beginnen wird, zu erkennen, dass Profit geradezu ein Anti-Begriff ist, ein Begriff, der das menschliche Denken mit seinem eigenen Gegenteil in Berührung bringt, mit dem zutiefst Nicht-Menschlichen – wenn die Welt dies zu erkennen beginnt, dann wird die Pfingstzeit der Menschen langsam anbrechen:

Das Zeitalter der Philadelphia, der Geschwisterlichkeit, das Zeitalter des Geistes, der Liebe, des Liebes-Geistes.