26.03.2022

Ein Filmjuwel

Filmbesprechung: Der Schneeleopard. Marie Amiguet (Regie), F 2022, 92 min. | Trailer.


Ein wunderbarer Naturfilm. Ein Film über die Natur. Und mehr als das: Ein Film, der neu sehen lehrt. Und mehr als das: Ein Film, der neu denken, fühlen, wollen lehren kann. Der berührt und berührend in die Tiefen des Seins führt. Ein Film wie eine Meditation, die mitten in das Wunder führen kann.

Wir leben in einer Welt der Zerstörung – und die moderne Menschheit ist diese Zerstörung. Der weltberühmte Naturfotograf Vincent Munier erlebt dies seit langem – und er dokumentiert das völlige Gegenteil: Das Wunder dieses Planeten. In allem Einzelnen. Aber dieser Film ist nicht im Geringsten eine der ,üblichen’ Natur-Dokus. Er führt zugleich in die Seele. Munier, begleitet von dem Schriftsteller Sylvain Tesson, verkörpert eine tief aufrichtige Seinsweise. Es geht ihm nicht um das perfekte Bild – es geht ihm um die Natur selbst. Eine Natur, zu der er in einer tiefen Harmonie steht.

Munier verkörpert eine tiefe Liebe und Ehrfurcht gegenüber der Natur. Er leidet darunter, dass im Grunde innerhalb einer einzigen Generation diese Verbundenheit verschwand, wie die Hecken in der Landschaft. Die Ahnung einer intuitiven Einheit, ein Sich-verbunden-Fühlen. Die erschütternde Entfremdung der Menschen bringt der wunderbaren Schöpfung den Tod. Munier aber macht das Wunder wieder sichtbar. Die letzten unberührten Paradiese des Planeten – und sei es die unwirtliche Landschaft Tibets, die geheimnisvolle Heimat des Schneeleoparden, von dem nicht einmal sicher ist, ob es ihn noch gibt.

Munier aber weiß, dass es ihn noch gibt. Und er weiß, dass der Mensch, lange bevor er ein Beobachter wird, selbst der Beobachtete ist. Das lernt im Laufe des Films auch Tesson. Auch er begreift, wie sehr der moderne Mensch blind und dumpf durch die Welt geht und reist – blind für alles, während die gesamte Natur ihn bemerkt, beobachtet, beäugt ... und flieht.

Der Film ,Der Schneeleopard’ ist ein Juwel. Er führt mitten hinein in eine Stille, in der die Seele mit sich allein ist. Und doch ist sie gerade hier umgeben von Schönheit, einem Meer von Schönheit. Von dem Wunder des Lebens, dem wirklichen Wunder.