24.06.2024

Von der Schönheit der Seele

Gedanken zu einem tief berührenden Roman der Liebe und Wandlung.


Inhalt
Schicksalsmoment
Wandlungsgeschehen
Hässlichkeiten
Schönheit
Mitten ins Herz
In das Mysterium


Schicksalsmoment

Ein Mann, der sich in ein Mädchen verliebt – und von dieser Liebe und diesem Mädchen bis ins Innerste verwandelt wird.

Können wir uns diesem Mysterium überhaupt verstehend nähern?

Denn die Vorurteile – der Gegenpol – liegen ja geradezu auf der Hand. Aber ich bin es leid, darauf einzugehen, denn Tatsache ist, dass die Vorurteile nicht ansatzweise auf die Wahrheit eingehen – aber um diese geht es gerade.

Wer nicht unterscheiden kann zwischen Liebe und Begehren, wird das Mysterium der Liebe nie verstehen – er kennt es gar nicht. Damit aber wird er auch nie die Wandlungskraft der Liebe begreifen können … und so selbst auch unverwandelt bleiben.

In diesem Roman geht es aber gerade um das Geheimnis einer tiefen, inneren Verwandlung.

Daniel, um die vierzig, Vater zweier Kinder im Alter von zwölf und dreizehn Jahren, ist zunächst mehr oder weniger ein ganz gewöhnlicher Mann: gewöhnlicher Job, gewöhnliches Wochenend-Hobby, gewöhnliche Gedanken, gewöhnliches Weltbild. Er lebt vor sich hin und hat keine tieferen Fragen.

Dann aber begegnet er einem Mädchen… Eine Klasse über seinem Sohn, wirbt es auf Elternabenden für Spenden für ein Tierschutzprojekt. Es ist nicht zu leugnen, dass sich Daniel auch in ihr Äußeres verliebt, aber das ihn zutiefst Ergreifende ist die tiefe innere Schönheit dieses Mädchens. Frei und bedingungslos folgt es seinem Impuls, Tiere ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken…

Wandlungsgeschehen

Wie kann eine Seele überhaupt verwandelt werden? Es gibt vor allem drei große Impulse – innere Schulung, Leid und Liebe. Schnell erweist sich in dieser Schicksalsbegegnung, dass alle drei Impulse hier sogar zusammenkommen.

Deshalb kann die Liebe eines Mannes zu einem Mädchen derart läuternd und verwandelnd sein wie nichts sonst. Das Mädchen wehrt ihn zunächst völlig ab – weil es keine Begegnung sucht. Und so gehen für Daniel unmittelbar Liebe und Leid eine engste Verbindung ein, steigern sich gegenseitig. Die Tiefe seiner Liebe führt zu einer ungeheuren Sehnsucht, dieses Mädchen kennenzulernen zu dürfen, jede Abwehr von ihr bedeutet tiefstes Leid.

Und unmittelbar ist ihm klar, dass er jeglicher Begegnung mit diesem Mädchen überhaupt nur würdig sein wird, wenn er seine Aufrichtigkeit bis ins Letzte vertieft – und schon sind wir mitten im Aspekt der ,inneren Schulung’. Daniels Seele begibt sich gleichsam wie von selbst auf den Weg innerer Wandlung, weil sie, getrieben von Sehnsucht, Leid und tiefer Liebe zu diesem Mädchen, gar nicht anders kann.

Sie muss sich ändern, weil sie auf einmal nichts anders mehr will. Die Aufrichtigkeit seiner Liebe, die wirklich zu innerer Hingabe wird, erkennt unmittelbar, dass jede Nicht-Hingabe nichts weiter als Unaufrichtigkeit wäre. Und damit taucht Daniels Seele mitten hinein in das Mysterium der Wandlung – und diese Wandlung besteht in tiefster Hinsicht aus der tiefen Hingabe an die Schönheit dieses Mädchens und seines Wesens.

Indem die Liebe in Daniels Seele bis zu einer Hingabe wird, löst sich das Hindernis jeder Wandlung regelrecht auf: der Selbstbezug, der so bleiben will, wie er ist, weil er sich selbst längst ,großartig’ genug findet und sich im Zeitalter des Individualismus gerade so behaupten will, wie er ist. Daniels Impuls wird genau der Umgekehrte: Er will so werden, dass dieses innerlich wunderschöne Mädchen ihn ,mögen’ kann, zumindest aber nicht mehr abwehren muss, weil auch sie seine Aufrichtigkeit zu empfinden beginnt…

Aber er will es auch um dieser Verwandlung selbst willen – auch schon in dem direkten Bewusstsein, dass er wirklich nicht bleiben kann, wie er ist, wenn er dieses Mädchen und dessen Wesen liebt…

Hässlichkeiten

Wer sich ein einziges Mal tief besinnen würde, wo die Welt steht, müsste unglaublich erschrecken. Es gibt in der Welt so viel Sinnlosigkeit, Gleichgültigkeit, Routine, Stress, Streit, Konflikte, Unversöhnlichkeit, Härte, Konkurrenz, ganz zu schweigen von Gewalt, Krieg, Brutalität, und dann wiederum Oberflächlichkeit, Leere, erneut Gleichgültigkeit, Zerstörung … es nimmt kein Ende.

Die Welt geht schleichend zugrunde, während die Menschheit auch sich selbst das Leben zur Hölle macht. Würde man dies nur einmal besinnen…!

Das ganze Menschengeschlecht, aber eben auch jede einzelne Seele hat noch so einen ungeheuren Weg vor sich – allein schon, damit die Menschheit überhaupt überleben kann, aber auch, damit sie dies nicht in ungeheurer Leere oder Oberflächlichkeit tut, sondern mit einem Bewusstsein von dem Heiligtum der Seele… Die äußere Wirklichkeit aber zerschlägt dieses Bewusstsein Tag für Tag mit ungeheurer Wucht: Es geht um Konsum, um Unterhaltung, und damit um einen Gegen-Impuls, der die Seele eigentlich fortwährend verschüttet.

Und niemand macht sich das Ausmaß klar, und dies ist bereits Teil der Selbstbezüglichkeit, die heute längst die Normalität geworden ist.

Würde man wirklich mit der Seele erlebend begreifen, wie hässlich die menschliche Seele ist, die all dies täglich zu einer Wirklichkeit macht, so würde man verstehen, wie tief die Wandlung sein muss.

Und so im Angesicht der Wahrheit stehend, würde man auch begreifen können, wie die Begegnung eines Mannes mit einem Mädchen eine regelrechte Rettung sein kann. Eine Erlösung – der männlichen Seele aus einer tiefen, tiefen Gefangenschaft.

Schönheit

Dieser Mann, Daniel, will diesem Mädchen begegnen – dürfen, verzweifelt will er nichts anderes als dies: dieses Mädchen kennenlernen dürfen. Warum? Weil ihr Wesen ihn bis ins Innerste berührt, ja erschüttert hat. Er liebt sie seitdem hilflos.

Und hilflos ist buchstäblich zu nehmen. Er hat keinerlei Macht, er kann dieses Mädchen nicht ,manipulieren’, würde dies auch nie tun können, die Liebe vermag dies nicht. Und wer bei einer Liebe, die auf diese Weise Hingabe wird, noch immer meint, den Begriff ,Machtungleichgewicht’ fallen lassen zu müssen, der weiß einfach nicht, wovon er redet. Es gibt hier nur ein Machtungleichgewicht zwischen Mann und Mädchen: Das Mädchen hat alle Macht, der Mann gar keine – er ist buchstäblich hilf-los.

Genau hier beginnt die Schönheit der männlichen Seele. Das Mädchen hat diesen Mann durch die Schönheit ihrer Seele ergriffen – bedingungsloses, freies Sich-Einsetzen für die Tiere, mit einer inneren Selbstverständlichkeit, die einem den Atem nimmt, weil die moralische Substanz dieser Seele so unmittelbar spürbar wird. Der Mann versteht noch nicht, warum Tiere so wichtig sein können – aber er hat das Wesen dieses Mädchens wahrgenommen, und dies hat ihn ergriffen, bevor er versteht, warum.

Seine Schönheit aber ist, dass er sich in tiefster Aufrichtigkeit darin verlieben kann. Dass er hilflos werden kann – den Mut dazu hat, sich hilflos zu machen, wirklich in diesen Zustand hineinzugehen. Hilflose, aufrichtige Liebe, die zur Hingabe wird – einer abgrundtiefen Bereitschaft, die eigene Seele verwandeln zu lassen … durch das, was sie so erschüttert hat. Durch das Mädchen…

Und einen anderen Weg gibt es gar nicht. Denn natürlich könnte man abstrakt sagen: Dieser Mann könnte die Notwendigkeit ,innerer Veränderungen’ auch abstrakt begreifen und sich auf den Weg machen. Doch wie ewig lang soll dieser Weg sein, bis er ihn vielleicht dahin bringen könnte, wo er jetzt ist? Denn mit gedanklichen Wegen ist es nicht getan, die Wege müssen im Herzen ankommen. Und wie soll das je möglich sein, bei einer durchschnittlichen männlichen Seele? Selbst spirituelle Wege bleiben bei der Mehrheit der Seelen irgendwo im noch immer Intellektuellen stecken.

Mitten ins Herz

Dieser Mann aber tritt, ohne es zu wissen, eine Reise mitten ins Zentrum so vieler spiritueller Strömungen an. Diese Reise führt ihn in das eigene Herz. Durch die Begegnung mit diesem Mädchen lernt dieser Mann, tiefer als je zuvor zu lieben. Er liebt zunächst dieses Mädchen – aber weil er nicht einmal weiß, ob er ihr begegnen darf, oder wie lange, wird seine Seele unmittelbar in die Erfahrung einer sehr, sehr selbstlosen Liebe geworfen. Und in der Begegnung mit diesem Mädchen begibt sich seine Seele aus den gleichen Gründen in jene hilflose Hingabe, die nur der kennt, der keinerlei Sicherheit mehr hat…

Selbstlosigkeit und Hingabe – wir sind damit im innersten Heiligtum spiritueller Wege. Gerade weil sie nichts hoffen darf, ist die Sehnsucht, diesem Mädchen einfach nur begegnen zu dürfen, umso größer.

Und so wird die Bereitschaft der Seele, von dem geliebten Mädchen zu lernen und sich zu wandeln, absolut. Und obwohl die Beharrungskräfte der Seele enorm sind, geschieht diese Wandlung, denn die Liebe dieses Mannes zu diesem Mädchen ist noch größer. Und dadurch beginnen seine Hingabekräfte die eigenen Beharrungskräfte zu überwinden. Die Verwandlung beginnt buchstäblich in jedem Moment, in dem er diesem Mädchen nahe sein, ihr begegnen darf. So ist das Mädchen selbst die Verwandlerin – und seine Liebe zu ihr, beides ist nicht mehr trennbar. Alles wird eins, denn tatsächlich möchte er so werden wie sie, eins mit ihrem Wesen. Das ist das Mysterium der Wandlung. Die Liebe möchte werden wie das Geliebte – da, wo sie hilflos ergriffen wurde, will sie nichts anderes mehr.

Und so haben wir in dieser Liebe regelrecht Elemente der Mystik – oder aber auch des Minnesangs in seiner aufrichtigsten Ausprägung. Die Hingabe wird abgrundtief, und die minnende Seele wird von ihrer ,Dame’ zutiefst verwandelt. Nur dass in diesem Fall das Verwandelnde ein Mädchen ist. Ein Mädchen mit einer Bedingungslosigkeit und Unmittelbarkeit in Bezug auf den moralischen Impuls, wie sie tatsächlich nur ein Mädchen haben kann.

Ein Mädchen, das unmittelbar und fortwährend aus dem Herzen handelt. Und aus einer tiefen, jungen Freiheit heraus. Und um diese Geheimnisse geht es in aller menschlichen Entwicklung. Um das Geheimnis der Liebe und das der Freiheit.

Und dieser Mann, Daniel, macht dank diesem Mädchen und durch seine Liebe zu ihr, tiefe, mutige Schritte in diese ganz neue Welt... Eine Welt, die schlechthin heilige Zukunft ist.

In das Mysterium

Und auch das Mädchen wird von dieser Begegnung verwandelt. Damit wird auch die Begegnung selbst zu einem heiligen Mysterium – und berührenden Vorbild für Begegnung überhaupt und was sie sein könnte, sein will, in einer heiligen Zukunft…

Was sind ihre Elemente? Das Mysterium selbst. Grenzenlos guter Wille, und sei er zunächst verborgen unter der Oberfläche. Die Liebe dieses Mädchens zu den Tieren wäre nicht wahr, wenn es nicht überhaupt ein gutes Herz hätte. Dass sie kein Interesse an einer ,Begegnung mit einem Mann’ hat, ist eines. Als sie aber erkennen muss, wie aufrichtig dieser Mann empfindet und sie bittet, ist die Antwort nicht mehr so einfach. Wenn sie auf seine hilflose Bitte eingeht, ist dies auch bei ihr erneut eine berührende Selbstlosigkeit.

Und auf Seiten des Mannes? Seine Selbstlosigkeit, die in der Hingabe gründet, in dem Wissen, nicht das Geringste je erwarten zu können, haben wir bereits kennengelernt. Dankbar für jede einzelne Begegnung, lebt dieser Mann in so einer zarten, wahren Hingabe, dass ihm dadurch jeder Moment mit diesem Mädchen zum ,Sakrament’ wird – wie Rudolf Steiner einmal das Zukunftsideal jeder Begegnung andeutete. Jeder Moment mit diesem Mädchen ist für die Seele dieses Mannes ein Heiligtum.

Nichts in der äußeren Welt hat diese Begegnung nahegelegt – oder unterstützt sie auch nur, im Gegenteil. Sie findet also gegen jede Wahrscheinlichkeit statt, selbst das Mädchen wehrt sie zunächst ab. Als sie sich dann aber trotzdem ereignet, ist nichts daran ,normal’ und ,gewöhnlich’, auf geheimnisvolle Weise befinden sich beide Seelen von Anfang an auf heiligem Boden – ob sie es wissen oder nicht. Ihre Begegnung ist ein Mysterium. Und das spürt man, sobald man Anteil nimmt.

Diese Begegnung ist außer-gewöhnlich, weit jenseits von allem Gewöhnlichen. Deshalb kann sie beide Seelen letztlich nur beschenken, denn beide bringen das Allerbeste mit, was sie haben. Und auch das muss man spüren. Und sich davon berühren lassen. Denn es ist das Mysterium der Zukunft.