2024
Die Cover-Prüfung
Eine Antwort auf Urteile zu bestimmten Covern meiner Bücher.
Von einem Menschen, der meine Bücher bzw. das, was davon auf meinen Webseiten zu sehen ist, schon seit längerer Zeit aus der kritischen Distanz kommentiert, erhielt ich erneut eine Reaktion in Bezug auf das Cover des soeben erschienen Romans ,Schüchternes Leuchten’.
Er fragte, ob dieses Cover den männlichen Betrachter erregen solle. Ein sehr junges Mädchen, dessen zarte Brüste durch das dünne engelhafte Kleidchen fast schon ,durchschimmern’ würden – was das solle? Warum ,die’ (sic!) denn keinen normalen Pulli trage. Ständig würde ich betonen, meine heiligsten Intentionen würden missverstanden, und dann so ein Cover...
Meine Antwort lautete wie folgt.
Vielen Dank für Ihre Zeilen und Ihre Frage. Ich fürchte, ich werde den dahinterstehenden Deutungen bleibend ausgesetzt bleiben. Denn die Antwort wird Sie wahrscheinlich nicht befriedigen.
Meine Romane bewegen sich in dem Bereich des Dazwischen – Sie wissen ja, in ihnen verlieben sich männliche Wesen tatsächlich in Mädchen. Also sind sie vom Wesen und von der Erscheinung eines Mädchens angezogen.
Mit Ihrer Frage nun rufen Sie einseitig nur eine Sphäre des leiblich-seelischen Erlebnisbereiches auf: die unmittelbare Sexualsphäre. „Erregen“ – da denkt man an einschlägige Werbeplakate und noch weiter, bis hin zu Aktfotografie und Pornografie. Nein, meine Cover sollen nicht erregen.
Ebenso wenig sollen sie aber steril sein oder in jedem Fall der Political Correctness entsprechen. Ihre Frage, warum das Mädchen ,keinen normalen Pulli’ trägt, erinnert mich in diesem Moment an das Taliban-Regime. Dort würde man fragen, warum es keine Burka trägt.
Aber natürlich weiß ich, was Sie meinen. Das unschuldige Mädchen mit den Feenflügeln würde niemals wollen, dass man seine zarte Brust so deutlich wahrnimmt, es würde sich den Stoff einfach dichter wünschen und all das. Gleichzeitig steht so ein Cover in Bezug zum Märchen von den Sterntalern. Auch dieses Mädchen wagte, alles wegzugeben, bis auf sein dünnes Hemdchen, solange man es nicht sah.
Und um genau diese absolute Verletzlichkeit geht es mir.
Dann kommt man zu völlig anderen Kategorien als Sie sie mit Ihrer Frage berühren. Denn dann geht es um das Berührende dieses Verletzlichen. Was diese Cover zeigen sollen, ist gerade das tief Schutzlose.
Was der Leser dann daraus macht, ist seine (Zu-)Tat – und je nachdem, wie diese Tat gestaltet ist, spricht sie ihm selbst das Urteil. Oder aber ruft etwas in seiner Seele wach, was meistens oder sogar immer schläft, nämlich ein viel unschuldigeres Wahrnehmen, als es im Alltag jemals vorhanden ist.
Entweder man wird von der Unschuld berührt – oder man wird es nicht.
Das ist auch gerade eine Essenz meiner Romane überhaupt: Bleibt die Seele fortwährend bei sich selbst, in dem modernen Selbstbezug, der dann auch solche Phänomene wie ,Erregtwerden’ etc. kennt – denn die Seele, die bei sich bleibt und ein Cover nur konsumiert, kann natürlich von manchen Covern hervorragend erregt werden –, oder findet man zu einem völlig anderen Zustand des Berührtwerdens, der in der Seele alles umkehrt. Nicht mehr sie ist ,wichtig’, sondern ein anderes Wesen, für das auf einmal etwas Unendliches empfunden wird, während dieses Erleben einen lehrt, überhaupt von sich abzusehen und zu erfahren, was geschieht, wenn die Seele sich berühren lässt, von allem...
Meine Romane sind für den Leser eine tiefe Schule des Berührtwerdens. Und das gilt auch für die Cover. Vielleicht gelingt es vielen Seelen mit den Covern erst, nachdem sie sich wirklich auf die Romane eingelassen haben. So gesehen sind die Cover also buchstäblich eine Zu-mutung...
Ich kann es nicht ändern. Man braucht den Mut, sich allen möglichen Missverständnissen auszusetzen. Das Heiligste ist stets (!) in der Gefahr, verspottet zu werden, vergewaltigt zu werden, in völlig anderer Weise gedeutet zu werden etc.
Und genau das will ich auch zeigen, buchstäblich erlebbar machen. Auch in einem Cover.