Bücher (Auszüge)
Hans Sterneder: Die Neugeburt der Ehe
Hans Sterneder [1931]: Die Neugeburt der Ehe. Baum-Verlag, 1964. | Zahlen bezeichnen den Seitenbeginn.
I. Sodom und Gomorra
[...] Hüte dich, Kain, der du die ganze Erde vergewaltigst, daß du nicht mitten in deinen Tücken von deiner unersättlichen Gier selber erschlagen wirst, denn das Maß deiner Schuld ist vollgerüttelt!
Immer größer wird die Trägheit und Kälte der Herzen dem Mitmenschen gegenüber.
Doch während alles um die neue, dreieinige Gottheit: Geld, Macht und Geschlechtslust tanzt – beginnt ringsum die Erde zu beben, auf der die Menschheit so sicher zu stehen meint.
Häufen sich die Zeichen, ballen sich, während die dunklen Tyrannen in unersättlicher Gier an unermeßliche Macht und Herrlichkeit denken, die sie bis hinein in die Tiefen des Weltenraumes dehnen möchten, die entfesselten Kräfte des geschändeten Atoms immer bedenklicher in der Atmosphäre zum kommenden Sintbrand zusammen.
Legen sich Angst, Gejagtheit, Verlust jeder Freiheit und Ersterben des Friedens der Seele wie eine stumpfe Verzweiflung um die Erde. Erlischt immer mehr das für das wahre Leben so notwendige Ruhen in sich, das erst den wirklichen Menschen formt.
Immer mehr werden die Menschen zu von der Managerkrankheit entwürdigten Robotern, zu Automaten.
Hetzen ist ihre Parole. [22]
Äußerlichkeit und Gepferch sind der Triumpf der Masse.
Millionen von Menschen stürmen dauernd, selbst bei Regen und Sturm, auf die Fußballplätze, verstarren sich bis zur Raserei in den fliegenden Lederball, den stoßenden Fuß.
Beten mit angehaltenem Atem die tobende, rohe Geschwindigkeit lebloser Motoren an, bringen johlend und brüllend ihrer Gottheit, dem muskelschwellenden Boxer ihren Tribut dar, beben tausend weibliche Leiber in fiebrig schwärmender Ekstase, wenn seine derbe Tatze den Gegner zu Boden schlägt.
Hängen Legionen junger Menschen an den geist- und gemüttötenden, übelste Geräusche auskreischenden Musikboxen. Verzerren sich Gliedmaßen und Gesichter in kläglichen Verrenkungen. Kauen hunderttausend Kiefer in gedankenträger Mechanik den importierten Kaugummi.
Alles Äußerlichkeit, ihr ganzes Leben eine einzige, seelenlose, furchtbare Äußerlichkeit!
Überall eine dauernde Flucht vor sich selbst!
Doch wie soll es auch anders sein?
Die Wissenschaft ist trotz all ihrem emsigen Gebaren blutleer, denn sie findet vom Trug nicht zur Wahrheit, geht vom vergänglichen, nur die Hülle darstellenden Stoff nicht zur unvergänglichen, geistigen Wesenheit. [...] [24]
So schändet der Großteil der Menschheit durch diese grob materielle Lebensführung dauernd die Erde und den Himmel.
Und die Erde wird immer unwilliger über dieses antigöttliche Tun, legt Dürre über große Landstriche, reißt Taifune und Stürme vom Himmel, gießt riesenhafte Überschwemmungen in die Weichbilder der Menschen, reißt sich den Leib auf und wirft das Feuer ihres Inneren unter sie, geißelt sie mit Hungersnöten, schickt Seuchen und mahnt sie eindringlich mit den immer mehr zunehmenden, atomaren Spannungen in der Atmosphäre. [25]
Doch die Kinder der Erde lesen diese dauernden Mahnungen kalten, teilnahmslosen Herzens in ihren Morgenblättern mit jenem kurzen, flüchtigen Blick, den sie zwischen Frühstück und ihrem ersten Geschäft übrig haben, und lassen diese Hiobsbotschaften als neugierigen Prickel über sich laufen, eh sie erneut hinabsinken in die finsteren Klüfte ihres monotonen, gejagten, materiellen Lebenstrottes. [...] [29]
II. Der Ruf oder der königliche Weg
Zu Dir aber, o Jugend, die du das neue Geschlecht bist, unser geliebtes, umsorgtes Blut, unsere Hoffnung, an die wir glauben und die du, von der Schuld noch ungeritzt, an die Last und die Sünde der Erde noch nicht gebunden bist, ihr Frischen, Starken, Unverbrauchten, – zu euch will ich reden!
Eure reinen Seelen müssen den Grabeszustand fühlen, in den die Menschheit gesunken ist und von dem der große russische Dichter und Seher Leo Tolstoj sagt, daß es ihm scheint, als ob lebende Leichname über die Erde gingen.
Eure unbefleckten Herzen müssen die Lichtferne, die innere Leere der Zeit spüren! [...] [31]
. . . Aber ihr sollt wissen, ihr Jungen, daß auch die Alten, die nun so schwer vom Stoff gefangen sind, einst in ihren jungen Jahren von der gleichen, hohen, lichten Sehnsucht erfüllt waren, ehe sie den tückischen, unsichtbaren Fangnetzen der Materie erlagen.
Das sollt ihr wissen – und mit großem Ernst bedenken!
Darum, o Jugend, blicke in dich! Und frage dich, wie das geschehen konnte, um dich dereinst zu bewahren vor dem gleichen Los. Denn mag der Wohlstand deiner Väter noch so groß sein, den wahren Wert des Menschen macht doch nur der Reichtum seiner Seele, die Größe seiner Ideale aus!
Blicke um dich!
Ist beschwingtes, friededurchströmtes Glück der tatsächliche und gesegnete Lebenszustand deines Volkes? . . .
Siehst du nicht überall Oberflächlichkeit?
Siehst du all das sinnlose, menschenunwürdige Gejage?
Siehst du die Liebeleerheit?
Siehst du die Lebenskühle?
Siehst du die Seichtheit der Lebensführung? Die flachen Wünsche und billigen Ziele der Masse? [32]
Siehst du all die Abgefeimtheit, Abgebrühtheit und Ichsucht?
Siehst du all die grausig lauen, frostigen Ehen?
Siehst du die große Not deines Volkes? . . .
Siehst du, wie alle im Bann der Materie liegen?
Willst du dich nicht fragen: „Was ist die Schuld an all dieser Trostlosigkeit?“
Willst du in dieser Enge der Seele, in dieser Öde deines Volkes weiterleben und stumpf werden?
Oder willst du, von all dieser Not umdreut, nicht aus gequälter Brust suchen und rufen:
„Ich will nicht, will nicht, will nicht! Ich will den Schatz meiner Jugend, den Hort jedes wahren Lebens nicht verlieren! Ich will die stete, unbeschwerte Lebendigkeit meiner Seele!“
Siehe – nun hast du das magische Zauberwort gesagt, mit dem du die Welt verwandeln kannst!
Damit dies aber wahr werden kann, damit deine Seele immer jung zu bleiben vermag, den Wert und die Bedeutung der Ideale: die Hingabe an die Natur, die Künste (die der wahre Born des Lebens sind), die tragende Kraft der Liebe und die Reinheit nie vergißt und aus dem allen die wahre, gottbewußte Frömmigkeit nie erstirbt – dazu ist notwendig, daß du das furchtbarste Übel alles Menschseins erkennst und ein Leben lang niederzwingst: die Trägheit des Herzens!
Ja, hüte dich vor der Trägheit des Herzens!
Und hüte dich vor dem Wahn, den der Stoff, die Dinge der Erde, der Besitz, das Geld, der Ehrgeiz und die Macht über jeden Menschen werfen und mit dem sie das Göttliche in dir, deine Seele, fangen, knechten und bezwingen, wie sie so bitter viele Erdenmenschen schon bezwungen haben. Sei wachsam, halte alle Kraft in dir stets zusammen, daß du allzeit innerlich lebendig bleibst – und frei!
Natürlich mußt du einen Brotberuf haben! Wie solltest du sonst leben.
Du mußt dich der Welt hingeben, dich mit den Dingen der Erde auseinandersetzen. Ja. Aber laß dich nicht fangen vom [33] Stoff! Werde nicht sein Knecht. Bleibe immer sein Herr! Geld ist notwendig, Besitz ist recht. Aber denke nicht n u r Geld!
Vergiß keinen Tag, keine Stunde deine Seele und deinen göttlichen Geist!
Ersticke die Seele nicht in den trockenen Sielen der Geschäfte!
Entehre und knechte nicht deinen Geist! Bedenke, daß er von Gott stammt und darum göttlich ist!
Laß beiden stets genug Gelegenheit, daß sie in sich selbst ruhen und mit den erhabenen Dingen des Lebens sich befassen können.
Denn was hülfe es dir, wenn du ein reicher Mann oder Machthaber der Erde würdest, innerlich aber leer und ohne Wärme des Gemütes und ohne Feuer des Geistes wärest!
Was hülfe es dir, wenn du alle Börsenkurse, alle Aktienwerte kenntest und Tausende von Arbeitern dirigiertest wenn dir aber der Schimmer und Duft einer Blüte, das Lied eines Vogels, das Säuseln des abendlichen Windes, das Ziehen einer goldumränderten Wolke, der Vers eines Dichters, der Satz einer Symphonie nicht das Innerste deines Wesens zu berühren vermöchte!
Siehe, wie arm wärest du dann!
Denn was ist ein Mensch ohne Gemüt, ohne Ehrfurcht vor den Idealen. Leo Tolstoj hat ihn als lebenden Leichnam bezeichnet.
Darum bleibe stets wachsam. [...] [66]
IV. „Liebet euch untereinander...“
Glauben und Beten, das ist kein nutzloser Altweiberkram, wie man es so oft spöttisch nennt. Sondern der wahre, bewußte [67] Glaube und das wahre Gebet sind höchste, kosmisch-geistige Naturwissenschaft!
Denn ihr müßt wissen, daß der Mensch dauernd zwischen den zwei Polen des Lebens steht:
zwischen Himmel und Erde,
zwischen Geist und Stoff,
zwischen Gott und Luzifer!
Beide harren. Aber so sehr der Eine Segen ist, ist der andere Unheil.
Und du mußt dir immer bewußt werden, daß Segen und Gefahr in gleicher Nähe um dich sind. Und daß es deine Aufgabe ist, immer wieder neu zu entscheiden, nach welchem Pol du streben und welcher Kraft du somit teilhaftig werden willst.
Aber wissen sollst du dieses: während Gott in grenzenloser Geduld wartet, bis du zu Ihm kommst – denn du bist frei! – nutzt Luzifer immerwährend dies Gesetz deiner Freiheit und drängt sich mit eifrigem Ungestüm an dich. [...] [77]
VI. Ruf an die Jugend: Das hohe Lied der Reinheit
Darum sucht vor der Ehe nur Eines zu ergründen:
die Seele!
Und darum lernt euch vor der Ehe kennen, ihr Jung-Männer und ihr Jung-Frauen, doch lernt euch aus der Weisheit und der Würde kennen!
Und lernt euch in der Reinheit kennen!
Seid euch Kameraden, seid euch gegenseitig Hüter – Helfer, die einander mit unbefleckter Seele die Wunder eures Mann- und Weibtums ahnen und erfühlen lassen.
Und die die Reinheit als das Höchste verehren.
Seid euch nie Beuteobjekte eurer Lüste und Triebe! [...] [78]
Da euch nun schon der Staat nicht Lehrer und Helfer sein kann, so geht zur großen, wissenden Mutter des Lebens, geht zur Mutter Natur, öffnet euer Herz, geht zu den Pflanzen, schaut ihren Wuchs und wie vollendet und rein ihr Wachstum gebaut wird von der Mutter Erde und dem Vater des Lichtes.
Schaut die Reinheit der Tiere des Waldes und der Flur!
Sehet die harrende Reinheit und wie sie trotz all ihrer Kraft demütig warten, bis die große Stunde ihrer Vereinigung gekommen ist.
Geht zu den Blumen, ihr jungen Mädchen mit den unbefleckten Schoßen und laßt euch von ihnen den Willen der Gottheit künden.
O geht zu den Vögeln und Tieren des Waldes, ihr Jünglinge, und laßt euch von ihnen weisen, daß Liebessehnen und Sinnesdrang von Gott all Seinen Kindern nicht gegeben ist zu billigem, eigensüchtigem Genuß und unverantwortlicher, voreiliger Verschwendung, sondern daß die heiligen Säfte des Lebens, die durchglüht sind von den Feuern des Verlangens, beide einzig nur eingesenkt sind in das Geschöpf, damit es dieselben bereit habe für die Stunde des hohen, heiligen Tempeldienstes der Forttragung des Lebens! [...] [79]
O hört dies Große und laßt euch durchschauern von dem hingebungsvollen Harren der fleckenlosen Kreatur, die obendrein die tiefen, göttlichen Bindungen der Seele nicht kennt!
Rein empfängt sie das Morgenlicht und das Abendlicht und ihre Nacht ist Demut!
So seid auch ihr demütig und greifet nicht mit begehrlichen Händen nach den Schalen des Weines, ehe der Ruf des Festes erschallt!
Bleibt rein und demütig harrend wie Pflanzen und Tiere,
damit, wenn Gott dereinst euren Schoß berührt mit Seiner lichten Gnadenhand, auf daß ihr forttragen möget das heilige Leben, euer Schoß makellos sei wie die Tempel der Gottheit.
O sagt, ihr jungen Mädchen und ihr Jünglinge, ahnt ihr nicht, was Gott für einen königlichen Schatz in euch gelegt hat?
Fühlt ihr nicht, daß Er euch alle auserkoren hat zum Tempelhüterdienst des heiligen Lebens?
Sagt, wollt ihr das Geschenk, das Gott euch gegeben, mißbrauchen?
Wollt ihr euch arm machen und leer vor der Zeit?
Welche Armut der heutigen Jugend! Wohl, ich weiß es: so wie der Baum und die Blume drängen und das Tier im Walde plötzlich zu spähen und zu rufen beginnt, so blüht in den werdenden Jünglingen und Jungfrauen derselbe Liebes- und Schöpferdrang, ganz dieselbe Sehnsucht auf, die durch die Kreatur pulst und flammt. [...] [80]
Und es ist uns überliefert, daß diese Gesetze der Keuschheit bei den Germanen so streng waren, daß ein Mädchen, das gegen dieses höchste Naturgesetz verstieß, lebendig begraben wurde.
Doch der Mensch hat sich im Laufe der Zeiten auch von diesen Gesetzen gelöst.
Der Tempel der Sittlichkeit ist längst zusammengefallen,
die ehernen Gesetzes-Tafeln sind zerbrochen,
das kosmische Wissen von der ungeheuren Verantwortung seinem eigenen und dem kommenden, gezeugten Leben gegenüber ist längst erloschen und entschwunden,
die rührend süße Scham hat ihre behütende Macht verloren,
die Schauder der Ehrfurcht und der bebenden Bangnis vor Gott sind längst verhaucht!
Damit aber ist im selben Maße bei dem größten Teil der Menschheit der gesunde Instinkt des Naturnotwendigen erstorben, die Vernunft verblaßt und die Seele mehr und mehr verschüttet worden.
Und auf diesem trostlosen Trümmerfeld wuchern heutigentags nur mehr zwei Giftplanzen: der kalthirnige, stoffgebundene Verstand, der furchtbare Mephisto, der jeden Menschen betört – und die Leidenschaft der Triebe! [...] [82]
Jugend, die nach dem Sommer verlangt in zarter, knospender Frühlingszeit und in leidenschaftlicher Sündigkeit dem Gesetz der weisen Entwicklung aller Natur vorgreift, wird in ihrer ungezügelten Triebhaftigkeit furchtbar von der heiligen, streng wachenden Mutter Natur bestraft!
Zürnend versengen und verbrennen die heißen Flammen, die für den Sommer des Lebens, die Zeit vom 21.–42. Lebensjahr, gehütet werden sollten, den süßen, zarten Knospenflaum, und auf ihre Gesichter legt sich unaufhaltbar das schlaffe Welk eines frühen Herbstes.
Doch das Furchtbarste ist, daß die Unzahl der stumpf sich ihren Leidenschaften hingebenden Jung-Menschen mit Entsetzen und peinvoller Not einmal erkennt, doch erkennt, wenn es zu spät ist, daß ihre Seelen alt geworden sind und ihre eheliche Glückseligkeit verbraucht worden ist, lang vor der Zeit!
Sie sehen mit Schaudern, daß sie Bettler geworden sind, denen das Leben nichts mehr schenken kann, da sie sich vorzeitig um das Köstlichste, Jauchzendste, Seligste gebracht haben: um das unbefangene, glückhafte Genießen des Jungseins, [83] um das wonnige, blutdurchrieselnde Beben vor einem Etwas, das man ahnt, das man fühlt, das den jungen Leib durchzittert wie den zarten Halm auf dem Felde und das man doch nicht bewußt erkennt.
Unberührte Jünglinge und Jungfrauen aber, die alle Kraft noch wohlgehütet tragen, sind wie eben aufgebrochene Blüten, die unsere Augen hell entzücken ob ihres ersten, unverbrauchten Schimmers; sind wie das leuchtende Blinken eines Waldquells, den der erste Sonnenstrahl traf. Ach Gott, und in diesem Ahnen und doch nicht Wissen, in diesem Drängen und dieser wohlbehüteten, reinen und frischen Unverbrauchtheit liegt ja die höchste Seligkeit des Jungseins, liegt überhaupt das Glück des ganzen Lebens!
Wissen, Erfüllung trägt immer schon irgendwie Erstarrung in sich; Träumen und Sehnen aber ist Drängen, ist Leben, pulsendes, treibendes Leben!
Jene andere Jugend aber weiß nimmer, daß Erfüllung nie so hoch ist wie Sehnsucht, Wirklichkeit nie so rein wie der Traum! Ihnen allen ist frühzeitig „das Kindsein von den Schultern gefallen, dieses sanfte, lichte Kleid“.
Sie haben es sich wild von den Schultern gerissen und stehen nun da: nackt und kühl. Sie haben mit diesem Zaubermantel, der sie umhüllte, das Köstlichste ihres Lebens weggeworfen, das er barg: das traumhafte, liebliche Knospen, Weben und Sehnen zum andern Geschlecht, dieses holdeste Spiel ihrer Seelen, das so wonnig ist wie das allmorgendliche, tastende Sich-Drehen aller Ranken und das bebende Auflockern der Kelche, wenn die leuchtende, flammende Sonne über den Horizont steigt; das Zittern, Hangen und Träumen, das namenlose Sich-Freuen, wenn ihre Herzen sich zueinander neigen, die bittere Süßigkeit all der tausend kleinen Nöte, die so töricht sind, daß der Reife darüber lächeln muß, lächeln mit Tränen in den Augen vor diesem großen, närrisch-seligen Kindlichsein der Menschenseele, das ihre huldreichste Gottesgabe ist!
Darum rufe, nein! schreie ich euch entgegen, ihr Jungen, [84] die ihr der köstlichste Schatz unseres Lebens, die ihr die Verklärung und der Glaube unserer alten Tage einst seid:
bleibt rein!, bleibt rein!, bleibt rein!
Laßt den lichten Mantel nicht von euren Schultern gleiten! Ich weiß, ihr bedrängt mich mit der ungestümen Frage:
„Was sollen wir tun gegen die Versuchung des fordernden Blutes, gegen den gewaltigen Ansturm der zeugungsfähig werdenden Säfte!“
So hört und laßt mein Wort tief und ernst in eure Seelen klingen:
Haltet als erstes eure G e d a n k e n w e l t rein!
Vermeidet es, begehrlich zu sein in eurem Träumen und gefährlich zu spielen mit Gedanken, die unrein sind!
Malt euch keine sinnlichen, erotisch erregenden Bilder im Geiste aus, versenkt euch nicht in sie! [...]
Ich sage euch das aus einem tieferen Grunde, den ihr nicht wißt und der unheimlichste Wahrheit ist:
. . . Gedanken sind Wesen!
Jeder eurer Gedanken ist ein geistiges Wesen, so lebendig und wirklich wie das dem Mutterleib entsprießende Kind, wie die dem Stock entschwirrende Biene oder die dem Haus entflatternde Taube!
Und diese Gedanken-Wesen umschweben euch dauernd wie die Bienen ihren Heimatstock!
Und das, meine jungen Freunde, ist es! Gedanken sind ungeheure Mächte!
Es ist darum nicht gleichgültig, was man mit seinem göttlichen Geiste für Wesenheiten zeugt und schafft, ob lichte oder dunkle, reine oder sündige, ob keusche oder sinnliche!
Denn diese Wesenheiten, die zu uns gehören wie unsere [85] Kinder, umgeben, umdrängen uns immerzu und beeinflussen uns, die reinen zum Guten, die sündigen zum Schlechten!
Denn da sie sich, genauso wie wir, nähren müssen, um am Leben zu bleiben, müssen wir uns vor den bösen hüten, denn sie fallen uns immer wieder an und reizen, versuchen und locken uns zu neuen sinnlichen Gedanken, leidenschaftlichen Vorstellungen – und Taten.
Denn sie leben von dem, was sie geschaffen hat!
Darum hütet eure Gedanken wohl, denkt nur Reines, Hohes, damit ihr nicht einen Schwarm versuchender Dämonen, sondern einen Hort wehrender, helfender, lichter Genien um euch habt.
So wird euer Leben gesegnet sein und zur höchstmöglichen Entfaltung reifen.
Und so groß, keusch und licht das Siebenjahr eurer Verwandlung, des Erblühens eures Geschlechtes sein wird, so licht, gesegnet und groß wird euer Eheleben dereinst sein, wenn ihr mit reinen und strahlenden Seelen euch öffnet und sehnend harrt und verlangt nach dem Gegenpol, der eures Lebens Erfüllung werden soll. [...] [86]
VII. Der Frevel verantwortungsloser Auslebung vor der Ehe
Die Seele ist tausendmal zarter als ein Blütenkelch, ein hauchdünner Schmetterlingsflügel, der so bitter rasch abgegriffen und um seinen Schimmer gebracht ist. Wohl ist auch ein abgegriffener Schmetterling seiner Form nach ein Schmetterling, aber sein Kostbarstes hat er für immer verloren: die Farben, die Unberührtheit, den Schmelz! [...] [87]
Haltet all eure Sehnsucht, all euer Drängen nach einem großen, geahnten Wunder, haltet all eure starke Kraft unbefleckt und unverschwendet beisammen!
Ihr ahnt nicht, was für eine bittere, nie, nie mehr zu heilende Wunde ihr euch sonst schlagt!
Denn wie der Rhythmus des Jahres nur einmal den Frühling hat mit all seiner quellenden Frische und seiner unaus-[88]sprechlichen Lust; wie jeder Blütenkelch nur einmal das Ur-Wunder des Knospenaufsprunges erlebt, bei dem der Strahl der Sonne das Gold seines Lebensherzens zum allererstenmal trifft, ebenso hat auch eure Seele n u r e i n m a l das unberührte, ungekannte Wunder der wahren Liebe zu vergeben!
Wer es vorzeitig und leichtfertig genießt, geht später einmal kühl, blasiert, ohne jedes Beben, jedes Wunderhoffen des Herzens in die Ehe.
Dieser Mensch kann nicht mehr das Glück genießen, das einzig nur in der Reinheit, im Unberührtsein, im Wunder liegt! [...]
Solche unberührte, reine Menschen sind wie eine makellose, beschneite Waldwiese, die noch von keinem Fuß berührt, von keiner Spur gezeichnet ist.
O fühlt, ihr Jungen, was für Schöpferwonnen euch bevorstehen, auf die blanke Marmortafel eurer Seelen dereinst die Zeichen eurer Liebe, die Zeichen eurer Ichheit zu graben!
Und ahnt ihr, wie groß und gewaltig eure Verantwortung ist, groß und gewaltig wie die eines Bildhauers, der seinen Block behaut, daß jede Linie, die ihr zieht, edel und vollkommen ist, weil sie unauslöschbar eingegraben ist in den tausendmal kostbareren Marmor eurer Seelen! [...] [89]
IX. Dein Körper ist das Anrecht deiner Kinder
Ich weiß, daß einem bedenklichen Teil der Jugend solche Worte nicht gefallen und sie dieselben geringschätzig, ja mit Spott ablehnen wird mit der billigen Bemerkung: „Das ist altmodisch, sind dumme, längst überholte und überwundene Ansichten. Die Welt hat sich seit diesen Großvätermeinungen gründlich geändert; wir sitzen nicht mehr beim Petroleum oder beim Gasstrumpflicht und fahren nicht mehr mit dem Landauer, wir leben im Zeitalter der rasend dahinstürmenden Technik, die diese Welt und die veralteten Meinungen längst in die Rumpelkammer verwiesen hat! Wir sitzen unter dem hellen Schein der elektrischen Birne und des Neonlichtes, wir schleichen nicht mehr, wir rasen durch die Welt mit Überschallgeschwindigkeit, wir sind Kinder der modernen Zeit! Wir sind eine moderne Jugend!“
Diese von der Jugend vorgebrachten Argumente erwecken im ersten Augenblick den Anschein, als ob sie mit ihnen wirklich recht hätte.
Und das Betrübliche ist, daß die Eltern, die Menschen überhaupt der Meinung sind, die Jugend habe recht, denn es sei wirklich eine so anders gewordene Zeit, eben die Zeit der rasenden Fortschritte!
Jugend und Erwachsene begehen aber einen unendlich tragischen Fehler, indem sie Technik mit Seele verwechseln.
Der Stoff, die Materie kann im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen erfahren: das Licht kann seinen Weg von der Kienspanfackel bis zur elektrischen Birne und wer weiß wohin noch nehmen.
Die S e e l e aber ist in a l l e r Z e i t u n v e r ä n d e r l i c h !
Die Werte des Gemütes, die aus ihr erblühen, wie zum Beispiel die Liebe, die Treue, die Wahrheit, die Reinheit, sind in Ewigkeit u n v e r ä n d e r b a r, ob die Menschen in Wäldern [113] oder Städten hausen und ob man irgendeine Zeit vor oder nach Christi Geburt schreibt!
Die Zeiten können mit den heiligen Werten des Lebens Schindluder treiben;
die Menschen können voll zu ihnen stehen oder sich von den heiligen Grundgesetzen der Seele entfernen und sie entehren,
die G r u n d g e s e t z e d e r S e e l e aber sind ewig g l e i c h und u n v e r r ü c k b a r
zum Gegensatz der Materie, die wandelbar ist in ihrer Entwicklung.
Wer sich diesen krassen Unterschied zwischen Materie und Seele vor Augen hält, der weiß, daß unsere technische Zeit, die Zeit der unerhörten und rasenden äußeren Verwandlung des Stoffes, auf dem Gebiete der Seele, des inneren Menschen, eine trostlose Zeit des V e r f a l l e s ist!
Ja, eine Zeit trostlosesten Verfalles, in welcher Treue, Ehrlichkeit, Liebe, Wahrheit, Güte, Keuschheit, Reinheit und Friedfertigkeit, kurz alle Grundkräfte der Seele umgewertet oder, besser gesagt, nahezu entwertet worden sind.
Das aber hat seinen Grund darin, weil die Hauptkraft, von der ich behauptet habe, daß sie Gottes Grundkraft wäre, aus der alle Seine anderen göttlichen Attribute sich ergeben: d i e R e i n h e i t in der heutigen Menschheit so sehr verloren gegangen ist!
Der Mensch, der seelisch rein ist, wird treu, wahr, ehrlich und voll Liebe sein.
Der Mensch, der die Reinheit verwirft oder sie gering und ohne wesentliche Bedeutung hält, hat die Türe aufgestoßen für alle dämonischen Kräfte des Verrates, der Lüge, der Falschheit, der Ichsucht, Unmoral und Chaotik.
Darum nimmt auch die Gewalttätigkeit, nehmen die Kriege kein Ende, die Spannungen, das Gehetztsein, die Not, die Angst, die Disharmonie.
Alles hat seine letzte, tiefste Wurzel im Verlust, ja geradezu im Verstoßen der Urkraft der Seele: der Reinheit. [...] [114]
Und wenn du dieses hörst, meine „moderne“ Jugend, wie steht es dann mit dir?
Da du dich „modern“ nennst und modern doch Fortschritt bedeutet – inwieweit bist du besser, also fortgeschrittener, tüchtiger als die Jugend früherer Zeiten auf dem Gebiet aller Gebiete: auf dem Gebiet der Hütung der Reinheit und der souveränen Bezwingung der menschlichen Triebe?
Welche kosmisch-biologischen Erkenntnisse hast du dir diesbezüglich errungen in deiner so grandios modernen Zeit? [115]
Welche ethischen Kräfte hast du geübt und zu meistern gelernt, daß du so selbstherrlich bewußt dem gewaltigsten Geschehen des Lebens gegenüber tust, dem Aufbruch des Geschlechts, der gewaltigsten Tat der Mutter Natur, in dir!
Wohl hat man mehr oder weniger alle Dinge in seiner Hand. Man kann fürchterlich modern sein und kann, statt besinnlich und andächtig durch die Wunder der Natur zu wandern, sich auf das Motorrad schwingen und knatternd und stinkend durch die Welt rasen, bis man irgendeinmal an einem Baumstamm klebt. Man kann die schöne, feierliche Besinnlichkeit, in der man sich in edle Künste versenkt, überwinden und sich auf Barstühlen räkeln, sich todschick vor den geistlosen modernen Plärrkästen, die man Musikboxen nennt, verrenken. [...]
Für das Mädchen hingegen ist es von besonderer Vorteilhaftigkeit und bringt den Liebreiz der Maientage des Lebens am holdesten und innigsten zum Ausdruck wie auch, daß man tatsächlich „modern“ ist und nahezu spielerisch über dem [116] Leben steht, (von welcher Sache die „Alten“ ein so komisches Getue zu machen wußten), indem man sich das Haar in die Stirne fetzt, das Höschen so prall und kurz wie möglich um das Gesäß spannt und den Busen, unterstützt durch die ebenfalls so fabelhaft modernen Büstenhalter, gleichsam auf dem Präsentierteller dem Publikum entgegenserviert.
Oh, es gibt so viele Arten todschicken und tollen Modernseins!
Man kann so sehr modern sein, daß man am Schluß gar nicht mehr bemerkt, wie man Stück um Stück vor lauter Modernsein seine Seele verliert! [...] [118]
So behaupte ich, und es ist die Tatsache, daß gerade du, die so großartig sich dünkende „moderne“ Jugend, unvorgeschrittener, hilfloser, ohnmächtiger und ärmer bist als jede frühere Jugend, zu deren Zeiten noch strengere Sittengesetze und höhere Moralbegriffe herrschten. Und wo die gewissenhafte Lebenshaltung der Eltern und der Gesellschaft als schützender Mantel und bergende Hilfe um die gefährdeten Entwicklungsjahre der Jugend lag!
Der heutigen Zeit aber fehlt diese Hilfe, denn ihr ist die Ehrfurcht und Scheu vor der Reinheit längst abhanden gekommen.
Das Geschlecht aber kann einzig und allein nur beherrscht [119] werden von dem Maß an Kräften der Reinheit, welche der junge Mensch in sich trägt und um sich fühlt! [...] [121]
Einem großen Teil der modernen Jugend ist mit der Seelenverflachung [...] die feine Empfindung für Schamhaftigkeit, Keuschheit, Makellosigkeit, Scheu und Reinheit verlorengegangen, und so gibt sich dieser Teil der Jugend skrupellos, unempfindlich und bedenkenlos dem Geschlechtsdrang hin.
Und dieser leider nur zu große Teil der heutigen Jugend empfindet nicht einmal mehr Bangnis und Reue, daß er sich unwiederbringlich des größten Glückes seines Lebens beraubt hat!
So ist das Ergebnis dieser haltlosen, leichtsinnigen Lebensführung dieses, daß die geschändete Reinheit sich am kommenden Leben dieser jungen Menschen rächt.
Leer, ausgebrannt, bar jeder seelischen Ekstase sind ihre späteren Ehen. Denn
die Wunder,
das große Staunen,
das seelische Verzücken und
die himmlischen Verklärungen,
welche der unverlierbare Schatz aller keusch und unberührt in die Ehe gehenden Menschen ist, die den Wein nicht vor dem Fest getrunken haben. Diesen Schatz des Lebens haben diese Unseligen, diese so großartig „Modernen“ vor der Zeit verschwendet und weggegeben.
Das, und nur das ist das Geheimnis der vielen nur zu bald auftretenden und in die Legion gehenden Ehebrüche und der unzähligen Scheidungen.
Sie sind der Fluch und die Rache des zu früh ausgekosteten, mißbrauchten Geschlechtslebens!
Sie sind die Strafe der geschändeten Reinheit. [...] [123]
Man kann Glühbirnen, Autoreifen, Radioapparate und Krawatten auswechseln, man kann die Marke von Lippenstiften und Nagellacken ändern, man kann vom Motorrad zum Auto übergehen. [124]
Das ist alles Materie, toter Stoff, das kann man durch „Besseres“ ersetzen.
Aber besudeltes Leben ist in Ewigkeit nicht durch ein unberührtes Leben zu ersetzen. Befleckte Reinheit, Keuschheit, Unschuld ist nicht auszuwechseln und durch eine neue, bessere, modernere, gesündere und glückbringendere Reinheit zu ersetzen! Das ist der Unterschied zwischen den toten Dingen der Technik und dem heiligen, lebendigen, von Gott gegebenen Leben!
Wer die Reinheit weggegeben hat, der hat sie für sein ganzes Leben verloren.
Und selbst wenn er sich durch leidvollste Reue in eine neue Reinheit hineinbrennen könnte, so würde dieser neuen Reinheit doch das Köstlichste und Süßeste fehlen: das Neuland der Unberührtheit und die Glückseligkeiten des Wunders und des atembenehmenden, in alle Himmel hebenden Geheimnisses. [...] [125]
Das Wunder des unberührten Sehnens und der großen, bebenden Frage. Und nach dem Eheschluß das Wunder der absoluten Zueinandergehörigkeit, der nicht einmal durch einen Gedanken an frühere Erlebnisse getrübten Einheit.
Wer sich vor der Zeit körperlich hingibt, der wird sich hernach in der Ehe arm sehen.
Im Festsaal seines Lebens, durch den eben noch die vibrierenden Klänge der Traummusik seiner Jugend fluteten, ist es totenstill geworden; die Kerzen sind niedergebrannt, und durch den abweisenden Raum weht der kalte Wind der Wirklichkeit. Und diese Menschen stehen starr, wie gebannt, im kühlen, dunklen Saal, denn der Wein ist verschüttet und ihre Hände sind leer für die hehre Krönungsfeier ihres Lebens. Sie sind wie die törichten Jungfrauen: sie haben kein Öl mehr in den Lampen, wenn ihr Fest naht. [...] [131]
X. Die wahrhaft glückliche Ehe
Statt auf die in ihrem Herzen immer wieder sprechen wollende Liebe Gottes zu lauschen und sich von ihr leiten zu lassen und auf die Eingebung, die Stimme der Vernunft, also auf die Vermählung der kosmisch wissenden Seele mit dem erdgebundenen Verstand zu hören, verfallen sie immer aufs [132] neue Luzifer, der sie, wie an jenem Paradies-Dämmerungstag, dauernd durch den stoffverblendeten Verstand in Versuchung und Irre führt!
Goethe hat diesen ewigen Widerstreit, diesen tragischen Kampf in jedem Menschen zwischen Vernunft und Verstand, Herz und Hirn, Tugend und Sünde, Liebe und Ichsucht, Himmel und Hölle in seinem Faust grandios gezeichnet:
Faust ist der Mensch, Gretchen sein himmlisches Gemüt, Mephisto der kalte, erdgebundene Verstand.
Und so wie Gretchen und Mephisto um Faust kämpfen, so kämpfen in jedem Menschen dauernd Herz und Hirn miteinander, aber das Ergebnis ist leider nur zu oft das gleiche wie bei Faust, der unter den bösen, kalten Einflüsterungen Mephistos das geliebte Gretchen in Elend, Not und Tod bringt: die heiligen, edlen Regungen des Herzens werden von der ichsüchtigen Kühle des Hirns verraten und erstickt!
Euer Leben ist so weit gekommen, daß der Verstand als Erstes und Oberstes in eurem Sein steht. Er ist sofort bei allem, was an euch herankommt, als Kritiker da, alles aus seinem ichsüchtigen, materiellen Gesichtsfeld erwägend, und stets bestrebt, dem Gemüt, der Seele, in den Arm zu fallen, um allein das Feld zu behaupten.
Ihr könnt aber nie das vollkommene Glück und die Gottesfreundschaft gewinnen, so ihr nicht auf euren edelsten Teil: die göttliche Vernunft hört, durch die Gott aus den Gehegen des Herzens zu euch spricht. Ja, auf die göttliche Vernunft, von der ich euch sagte, daß sie erst dadurch geboren wird, wenn der kalte Verstand sich mit der blutwarmen Seele vermählt; das kühle Denken mit dem warmen Fühlen sich verbindet.
Darum müßt ihr lernen, den Bezirk Luzifers auszuschalten und wieder die i n n e r e S t i m m e zu euch reden zu lassen und sie zu hören.
Das ist das Entscheidenste.
Diese Wende vom gebundenen Verstand zur göttlich-freien Vernunft müßt ihr vollziehen. [133]
Das ist das Wichtigste in eurem Leben für euren Segen und für den Segen der Welt.
Dann wird das k o s m i s c h e, gottgeistige W i s s e n um Schöpfung und Leben in euch erblühen.
Und aus dieser kosmo-biologischen Weisheit die Liebe, die allumfangende L i e b e.
Und aus dieser wissenden Liebe die R e i n h e i t.
Und die Reinheit wird euer ganzes Leben verwandeln!
Das bedenket, ihr Jungen, wenn Gott Seine Hand auf eure Herzen legt und in Seiner Gnade eure Seelen erglühen läßt!
Mit dieser Reinheit treten in den Garten der Liebe! [...] [140]
Wie gering ist die Zahl derer, die sagt: Du bist mein in Gott geliebter Mann, du bist meine in Gott geliebte Ehefrau, wir wollen uns rein und hoch halten, unser eheliches Liebesleben nicht von fleischlicher Lust allein, sondern von der Seele führen lassen. Wir wollen würdig leben, wir wollen uns lieben, wir wollen uns grenzenlos lieben, aber unser Liebesleben soll aus jenem Bereich erwachsen, in dem wir Menschen sind: aus unseren Seelen, aus unserem göttlichen Geiste!
Wir wollen uns verklären, wir wollen zusammen hinaufwachsen zum Licht, wir wollen uns hegen und uns freuen aneinander und miteinander.
Und in den Stunden, in den hohen Feierstunden, wo ihre Seelen-Gemeinsamkeit, ihre Wegkameradschaftslust auf glücklichster Höhe steht, werden sie aus tiefster Verschmelzung ihrer Seelen sich auch körperlich vereinen und diese körperliche Vereinigung wird wie eine Tempelfeier sein voll der Andacht, des Jubels und staunender Reinheit. Und voll letzter Harmonie. [...] [176]
XV. Das Welt-Mysterium der Ehe
Denkt doch, was ihr seid! Daß ihr – Menschen –, Gotteskinder seid!
Sagt nicht: ich bin zu schwach.
Fallt ruhig einmal, zehnmal . . . öfter. Es kommt nicht aufs Fallen an! . . . Es kommt auf den
unverdrossenen Mut, sich freudig immer wieder zu erheben und
auf den unermüdlichen Glauben an, daß man einmal endgültig die Reinheit und Festigkeit erringen wird!
Sünder sind wir alle und allzumal. Das ist es nicht!
Aber auf die Ehrfurcht vor Gott,
auf den Glauben an das Gute in der Welt und in euch kommt es an!
Sagt ruhig: gut, ich bin gefallen, aber das nächste Mal werde ich es besser machen! Wohl ist das Dunkle stark und hat viel Gewalt über mich,
aber ich will mehr und mehr zum Lichten, Göttlichen streben,
will Herr werden über mich selbst und alle Versuchungen! [177]
Ich weiß, allein mit meiner Kraft kann ich es schwer, aber ich glaube an Gottes Liebe, die ewig bereit ist, mir zu helfen . . . ihr will ich mich anvertrauen, an ihr will ich mich festhalten.
Ich will Gott bitten, und so werde ich der Schwächen Herr werden und eins werden mit Gottes Harmonie!
Und wenn ihr erkannt habt, daß ihr aus Gottes Herzen auf die Bahn des sich entwickelnden Lebens gestellt worden seid, mit der Bestimmung und dem Ziel
zu Ihm zurückzukehren,
daß ihr ein hoch über dem Tier stehendes, willensfreies Göttliches seid,
dann benehmt euch nie mehr, wie sich kein edles Tier benimmt!
Dann reißt euch aus den Tiefen in die lichten, reinen Höhen wahren Menschentums!