Die Unschuld stirbt zuerst
Holger Niederhausen: Die Unschuld stirbt zuerst. Die moderne Anbetung des Seelentodes - und die Rettung. Books on Demand, 2023. Paperback, 84 Seiten, 9,90 Euro. ISBN 978-3-7583-1308-0.
► Wichtiger Hinweis: Wer meinen würde, ich schriebe nur 'Mädchen-Bücher', der irrte essenziell - diese Mädchen sind Botinnen des immer verschütteteren Wesens der menschlichen Seele überhaupt.
Erschienen am 3. Dezember 2023. > Bestellen: Books on Demand | Amazon < > Reaktionen und Rezensionen <
Inhalt
Dieses Büchlein macht schonungslos den tiefen Krankheitszustand der modernen Seele erlebbar, die immer mehr in ihrem eigenen Selbst ertrinkt und das Wesen des Menschlichen längst radikal verliert.
Die wahren Tiefen der Seele sind noch nicht ganz verschüttet – doch immer mehr begreift man sie überhaupt nur noch durch ein Eintauchen in echte Urbilder. Es braucht nur den Mut dazu...
Über dieses Buch
Die Menschheit geht auf ungeheure Abgründe zu – und kümmert sich nicht um die Gründe. Der wahre Grund ist die völlige Ignoranz in Bezug auf das Wesen der Seele. Der Mensch ist ein übersinnliches Wesen, und Geist und Seele sind eine absolute Realität. Aber diese eigentlich heilige Realität verwahrlost völlig. Weil sie nicht ernst genommen wird, nimmt man alles, was sich ereignet, wie ,Naturereignisse’ hin, als sei es ohne Alternative.
In Wirklichkeit aber überlassen sich die Seelen jener Entwicklung, die in den immer stärkeren Selbstbezug führt, und genießen diesen geradezu. Immer stärker trennt sich die im Selbstbezug versinkende Seele von allem anderen ab und merkt die Katastrophe nicht, weil sie ihren jeweiligen Zustand stets als ,normal’ empfindet. Die wirkliche, die tiefere Verbindung der Seele zu allem übrigen ist völlig verschwunden und reißt immer mehr ab.
Dieser ungeheure Entfremdungsvorgang, der außerdem mit einer wachsenden Oberflächlichkeit, Konsummentalität und inneren Anspruchshaltung einhergeht, kann nur in einer Katastrophe enden. Und ohne dass die Seele ihre Krankheit bemerkt, ist diese nicht heilbar.
Erst ein solches Bemerken könnte vor der Katastrophe retten, in die wir im Grunde längst eingetreten sind. Und doch könnte sich die Seele jeden Tag auf die wahre Wirklichkeit besinnen – und umkehren. Neu anfangen. Sich wieder mit ihren heiligen Tiefen zu verbinden suchen und hier eine Heilung von dem tiefsitzenden Gift finden. Aber es kommt alles darauf an, dass die Seele die ungeheuerliche, die erschütternde Diskrepanz empfindet zwischen dem, wo sie und mit ihr die ganze Menschheit steht – und was der heilige Boden wäre, auf dem sie stehen könnte, weil hier erst ihr wahres Wesen lebt... Zu leben beginnen würde.
Leseprobe 1
Die Lüge ist so groß, dass wir immer noch behaupten, wir würden die Unschuld lieben. Ein oberflächlicher Teil der Seele tut dies noch – aber so unaufrichtig und so schizophren, dass wir sie gleichzeitig zerstören.
Wir ,lieben’ angeblich die wenig berührte Natur – aber wir erobern sie mit Vollausrüstung-Mountainbiking und so weiter. Die Ausstattung ist uns viel näher und wichtiger, auch hier kommen wir gar nicht von uns los. Der Berggipfel wird mit einem Mehrkornriegel gefeiert – und mit dem Höhenmesser und Schrittzähler wird abgeglichen, ob alles stimmt. Die Bergkrähe neben uns – wird kaum wahrgenommen, man muss ja das Panorama ablichten, wenn man nicht sogar mit einem Selfie beginnt.
Und dies sind nur die ganz gewöhnlichen Spitzen seelischer Eisberge und Erstarrungen in einem immer ungeheuerlicheren Selbstbezug.
Das natürliche Staunen, das noch vor ein, zwei Generationen zumindest viele Seelen beim Weg in die Natur begleitet hat, ist längst einem ,Tripping’ gewichen, das sich nicht viel vom PC-Blick unterscheidet.
Die Welt wird zum Kino, zum bloßen Gesprächsstoff. Die Seele wird von der Natur nicht mehr berührt (allenfalls noch bis zum Snapshot) – sie trägt sich völlig unverwandelt in die Natur hinein und kann selbst mitten in ihr noch vom Internet quatschen – halt in toller Kulisse.
Die Entheiligung der Seele und damit von allem kennt keine Grenzen.
Wir ,lieben’ angeblich die unschuldigen Kinder – aber wir drücken bereits den Kleinsten seelenloses Plastik und sogar Bildschirme in die Hand.
Wir haben keinerlei Empfindung mehr, unser Empfinden ist total degeneriert, es ist an einem Nullpunkt angelangt. Aber wir ,lieben’ die Kinder! So sehr wie uns selbst – unsere Seele haben wir zuerst degenerieren lassen.
Wir ,lieben’ unsere Kinder, aber stecken sie in seelenlose Schulen, lassen zu, dass sie mit elf, zehn, neun in dem Kosmos der Handys versinken und mit zwölf stundenlang am PC sitzen. Aber wir ,lieben’ sie!
Wir sind so armselig, dass wir vor dem Nichts stehen – aber bilden uns mächtig was ein, wie modern wir sind. Die Selbstlüge kennt keine Grenzen.
Wir lieben junge Haut, aber tätowieren sie bis zur Unkenntlichkeit. Wir lieben unschuldige Mädchen, aber erzählen ihnen, sie müssten frech und wehrhaft werden. Wir lieben den Frieden, aber schalten nach den Kriegsnachrichten zur nächsten Serie.
Wir lieben uns selbst – und das ist die einzige wahre Liebe, die wir kennen. Unsere Liebe zur Unschuld dagegen ist eine einzige große Selbstlüge, geschaffen, um nicht zu erkennen, wie weitgehend wir die innersten Ideale des wahren Menschen bereits verraten haben...
...
Leseprobe 2
Sie begegneten einander unverhofft an einem kleinen Bach, wo das Mädchen Wasser holte, und es erschrak.
Aber der Mann war von ihr bereits vom ersten Moment an berührt, gefesselt, ihrem Anblick verfallen.
„Was machst du hier?“, fragte er, hingerissen von dem, was seine Augen sahen.
Das Mädchen sah sich noch einmal scheu nach einer Fluchtmöglichkeit um, aber es hatte ja keine...
„Ich lebe hier...“
Der Mann war sprachlos vor Liebe, sah das Mädchen nur immerfort an.
Sie wagte nicht, sich zu bewegen, erwiderte nur seinen Blick.
Hilflos suchte der Mann nur eine Verbindung zu ihr, hoffte allein, dass sie nicht fliehen würde, seine Anwesenheit dulden, zumindest für ganz kurze Zeit...
Er deutete auf den Bach.
„Wolltest du Wasser holen?“
„Ja...“
„Soll ich dir helfen ... soll ich es tragen?“
„Lieber nicht...“
Der Mann sah sie hilflos an.
„Bitte...“
Auch das Mädchen sah ihn nun hilflos an, schien nachzusinnen.
Unsicher schöpfte sie dann Wasser, erhob sich zart wieder und sah ihn erneut an.
„Aber warum...?“
„Weil ich dich bitte...“, sagte der Mann leise.
Er fühlte sich so leer.
„Ich habe nichts anderes. Nur diese Bitte...“
Sie sah ihn an und nickte zart.
Unendlich dankbar folgte er ihr. Als er sie erreicht hatte, sagte er:
„Gib ihn mir...“
Sie zögerte und ging weiter. Schließlich aber gab sie ihm den Krug.
Der Mann war selig. Er ging neben diesem Mädchen, mit ihr, und war so selig wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Zum ersten Mal liebte er mit einer Hingabe, die alles in ihm erfüllte.
Der Weg zog sich hin, und das Mädchen schwieg.
Verstohlen blickte er immer wieder zur Seite, sah ihre junge Gestalt, ihre ganze Schönheit, ihre Anmut, ihre Unschuld ... und seine Sehnsucht nach einer Verbindung zu ihr war grenzenlos...
„Warum wollen Sie mir helfen?“, fragte sie schließlich, und die Frage überfiel ihn in seiner ganzen Hilflosigkeit.
Gegenüber diesem Mädchen konnte seine ganze Seele nur wahrhaftig sein.
„Weil ich dich liebe...“, stammelte er.
Er hatte große Angst, dass das Mädchen den Krug zurückforderte und weglaufen würde, aber es sah ihn nicht einmal an.
„Das sagen alle...“, erwiderte sie leise.
Er war wie vor den Kopf geschlagen.
„Alle?“, wiederholte er fast töricht.
„Alle, die es schon gesagt haben.“
Er schwieg betroffen. Er fühlte keine Eifersucht, vielmehr fühlte er sich selbst nicht würdig.
...