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Verrückt...

Holger Niederhausen: Verrückt... Roman. Niederhausen Verlag, 2023. Paperback, 496 Seiten, 21,90 Euro. ISBN 978-3-943492-76-7. 

► Wichtiger Hinweis: Wer meinen würde, ich schriebe nur 'Mädchen-Bücher', der irrte essenziell - diese Mädchen sind Botinnen des immer verschütteteren Wesens der menschlichen Seele überhaupt.

Erschienen am 21. Dezember 2023.              > Bestellen: Verlag | Amazon <              > Reaktionen und Rezensionen <

Inhalt


Der tief idealistische Mittdreißiger Bastian verliebt sich in einem ihn erschütternden Moment endgültig in die erst elfjährige Belle, Tochter seines Nachbarn. Er erlebt in ihr das Wesen des Seelen- und Menschheitsrettenden überhaupt – und will ihr helfen, zu bewahren, was er gesehen hat. Sie aber versteht seine Annäherungsversuche zunächst nicht – und seine Umwelt schon gar nicht. Als das Mädchen sich ihm schließlich doch annähert, stellen sich schwerwiegende Fragen... Ein erschütternder Roman über Vorurteile, heilige Empfindungen, tiefste Wahrheiten – und die Mysterien der Liebe.

Dieser Roman macht erlebbar, dass die Liebe zu einem Mädchen ein zutiefst heiliges, die ganze Seele ergreifendes Geschehen sein kann – das vom Mädchen selbst ausgeht, dessen Mysterium die Seele erfasst. Und wie durch ein hell erleuchtetes Fenster blickt die lesende Seele zugleich auf die ungeheure Sackgasse, in die die moderne Menschheitsentwicklung geraten ist – es ist ein seelischer Todesprozess und Todespol, und wer in diesen Roman eintaucht, wird die Zusammenhänge und Wirklichkeiten tief, sehr tief begreifen.

Dann wird vollends deutlich werden, wie diese Liebe zu einem Mädchen geradezu eine Notwendigkeit widerspiegelt, eine fast mystische Konsequenz – und vor diesem Hintergrund ist dieser Roman den großen Seelenbildern der Märchen zu vergleichen, jedoch ganz und gar in die irdische Realität versetzt … wo der Zusammenhang mit dem Heiligen, der absoluten Sphäre der Wahrheit, völlig verlorenzugehen droht. Und man kann sagen: Mann und Mädchen in ihrer Begegnung kämpfen darum, dass dies nicht geschieht. Denn dies wäre der Untergang des Menschen in seinem ganzen Wesen.

Über dieses Buch


Der Mittdreißiger Bastian trägt in seiner Seele ein tief idealistisches Welt- und Menschenbild, mit dem er aber sehr einsam ist. Die Menschen seines kleinen Bekanntenkreises können mit dieser Weltsicht nichts anfangen, sodass er in diesen Begegnungen eigentlich nur Entbehrung erlebt. Einzig mit einer seelenverwandten Geistesfreundin kann er immer wieder tiefste Gespräche führen, von denen diese sich immer wieder beschenkt fühlt.

Ansonsten berührt ihn noch zunehmend das Wesen des Nachbarmädchens Belle. Als sie elf Jahre alt ist, hat er schließlich ein ihn erschütterndes Erlebnis, woraufhin er sich endgültig in das Mädchen verliebt. Die Freundschaft mit Clara wird dadurch auf eine schwere Probe gestellt, weil sie schon diese Liebe an sich völlig abweisen muss, da sie in der Kindheit Missbrauchserlebnisse durch ihren eigenen Vater hatte. Sie kann sogar nicht anders, als den Kontakt zu Bastian zunächst abzubrechen.

Scheinbar vergeblich beteuert er ihr gegenüber die Aufrichtigkeit seiner Liebe. Er vermag es auch gar nicht, Belle irgendwie zu begegnen, denn diese wendet sich ratlos an ihren Vater, der Bastian dann auch unmittelbar damit konfrontiert, dass er sich dem Mädchen nicht direkt zu nähern habe. Für Bastian jedoch ist Belle das einzige wesentliche Gegenüber, und er schreibt ihr einen langen, erklärenden Brief – auch auf diesen weiß das Mädchen jedoch zunächst nicht zu reagieren.

Als Clara sich für ihre Überreaktion bei ihm entschuldigt und ihn zu ihrer Geburtstagsfeier einlädt, lernt er dort die junge Frau Alina kennen. Beide sind einander sehr sympathisch, und nach anfänglichen Konflikten werden sie innerhalb weniger Tage ein Paar. Die Beziehung ermöglicht Bastian, Belle, die er noch immer liebt, einen ,Abschiedsbrief’ zu schreiben, in dem er ihr noch einmal beschreibt, wie gern er mit ihr für die Schule gelernt, ihr die Natur gezeigt und sie vor den Handys bewahrt hätte.

Sein Nachbar konfrontiert ihn mit der erneuten Annäherung und teilt ihm mit, Belle wolle von ihm nichts wissen. Bastian ist daraufhin sehr verzweifelt, doch schnell zeigt sich, dass Belle sehr wohl mit ihm die Natur kennenlernen wollte. Als er daraufhin unmittelbar zu seinem Nachbarn geht, schlägt dieser ihn nieder – mit der abermaligen Forderung, das Mädchen in Ruhe zu lassen. Diese Erfahrung führt dazu, dass Belle ihn endgültig heimlich immer für wenige Minuten in seiner Wohnung aufsucht...

In ihren Gesprächen mit Bastian hat Alina Verständnis für seine zarte Liebe zu diesem Mädchen – und schließlich will auch Clara vermitteln, damit das Mädchen nicht unter der Last der Heimlichkeit zu leiden hat. Letztendlich gelingt dies sogar. Aber dann verliebt sich auch die inzwischen zwölfjährige Belle...

Mit ungeheurer Intensität führt dieser Roman tief hinein in verschiedene Erlebnisschichten. In einer kontinuierlich wachsenden Eindrücklichkeit erweist sich das Fatale des materialistischen Weltbildes, das das Menschenwesen völlig verliert. Erlebbar wird zunehmend, dass die menschliche Seele selbst sich radikal verliert. Insofern entfaltet dieser Roman in größter Dichte immer wieder ein spirituelles Menschenbild, das so für die lesende Seele mehr und mehr eine erlebte Realität zu werden vermag.

Daneben geht es natürlich um die Urteile, die einem Mann unmittelbar entgegenschlagen, der sich einem Mädchen nähert, sich in dieses vielleicht sogar verliebt hat. Immer mehr erweist sich das ganze Ausmaß der hieran sich knüpfenden reflexartigen Schlüsse und ihrer Dogmatik, die Ungeheuerlichkeit der ganzen damit verbundenen Einseitigkeit. Ebenso offenbaren sich die ganzen psychologischen Deutungsmuster der ,Liebe zu einem Mädchen’ in ihrer erschreckenden Haltlosigkeit da, wo sie absoluten Geltungsanspruch erheben.

Und im Kontrast dazu offenbart sich in diesem Roman in ebensolcher Tiefe, was am Wesen eines Mädchens wirklich erlebt werden kann – und wieso dies eine volle Wahrheit ist ... und wie überhaupt höhere Wirklichkeit und irdische Realität in Verbindung zu denken sind. Mit dem Wesen eines Mädchens wird eine spirituelle Menschenkunde unausweichlich – und offenbart sich das Ausmaß materialistischer Wahnvorstellungen und Denkfaulheiten, aber auch das Ausmaß der Seelendegeneration, wie sie durch Kapitalismus und Postmoderne vorangetrieben wird.

Am Ende erweist sich so, was eigentlich Idealismus ist – und wie dies der eigentliche, wahre Realismus sein kann. Ein Roman, der die Seele in ihre eigenen Wesenstiefen führen und von Seite zu Seite mehr berühren wird...

 

Leseprobe 1


Und wenn er dann wieder in das nüchterne Tagesbewusstsein zurückkehrte, war ihm völlig klar, dass er verrückt war – verrückt, zu glauben, auch nur etwas Ähnliches könne je Realität werden. Tagträume... Tagträume waren grenzenlos entfernt von jeder echten Realität.

Aber dann fragte er sich wieder: Was war eigentlich ,echt’? Was genau war echt? War die Belle, mit der er eben noch gesprochen hatte, nicht echt? War etwa nicht auch sie die wahre Belle? War nicht alles, was möglicherweise nicht geschah, nur die Folge unzähliger Einflüsse und Kräfte, die es einzig und allein verhinderten? Verhinderten, dass Märchen und Magie sich ereigneten? Eine volle Realität waren? Waren es nicht stets und immer die Menschen selbst, die verhinderten, dass dies je eintrat? Obwohl es in jedem Moment geschehen konnte? Weil es die eigentliche Wirklichkeit war? Die wahre?

Er wusste, dass es so war. Er wusste, dass die Menschen einfach in einer Nicht-Wirklichkeit lebten, weil sie ... sich schlicht dafür entschieden. Weil sie nicht den Mut zur wahren Wirklichkeit hatten – und selbstverständlich schloss er sich hier gar nicht aus, sondern ein. Auch er lebte ständig in einer Nicht-Wirklichkeit. Aber dieses Mädchen ... dieses Nachbarmädchen mit dem einzigartig schönen Namen, Belle ... sie hatte etwas in ihm verwandelt... Mit ihr wollte er diese Märchenwelt betreten, die die wahre war. Mit ihr wollte er aus der Nicht-Wirklichkeit heraustreten. Er liebte sie so geradezu verzweifelt, dass er einerseits unbedingt ihre Nähe ersehnte ... und andererseits ihr unbedingt zeigen wollte, was die wahre Wirklichkeit war... Niemand hatte sein ganzes Wesen je so erschüttert wie dieses Mädchen... Im Grunde hatte sie ihn in die Wirklichkeit gestoßen... Er wollte nichts anderes, als sie nach-zuholen...

Es klang wie ein Fantasy-Roman. Man gelangte zufällig in ein anderes Reich, eine Parallelwelt voller Fantasie und Magie – und versuchte, Anderen den Weg zu beschrieben, die aber gar nicht begriffen, wie man dort hinkam... Und so ähnlich war es auch. Aber nur so ähnlich. Denn beide Reiche waren ja eins. Nur lebte man fortwährend auf der toten Seite. Das war der Punkt. Belle hatte ihn auf die lebendige Seite gestoßen. Er hatte schon immer um beide Seiten gewusst – dank Rudolf Steiner, dank Novalis ... aber noch nie hatte er die Realität dessen so intensiv erlebt! Das tat er nur dank Belle... Und er wusste nur eines: Er musste Belle helfen, diese Seite auch zu finden... Er musste einfach. Es war seine Bestimmung.

Jetzt wusste er es: Belle hatte aus dem Zustand der Verzauberung heraus ihn um Hilfe gerufen. Sie wusste, dass er der Einzige war, der ihr helfen konnte. Deswegen hatte sie mit Macht ihn auf die rettende Seite gestoßen – damit er sie würde nachholen können... Dass dies auf der Ebene des gewöhnlichen Bewusstseins keinerlei Sinn machte, spielte keine Rolle. Was hier geschehen war, war nicht auf der Ebene des gewöhnlichen Bewusstseins geschehen. Es war Belles wahres Wesen, das hier gehandelt hatte. Dieses hatte um Hilfe gerufen ... weil es in der gewöhnlichen Welt unweigerlich zugrunde gehen würde... Und fast ... fast hätte er sie nicht einmal gesehen!

...

Leseprobe 2


Eben genau dies war das Problem jener Menschen, die die Liebe zu einem Mädchen als ,verrückt’ abqualifizierten – sie begriffen nicht, wie ernst, wie wahrhaftig, wie heilig einem etwas sein konnte. Sie hatten höchstwahrscheinlich nicht einmal Begriffe dafür – sie konnten es nicht einmal denken, weil es in ihrer eigenen Seele nie eine wirkliche Realität gewesen war. Sie konnten es schlicht nicht, hatten es nie erlebt – und würden es wahrscheinlich auch nie. Oder vielleicht ... wenn sie sich eines Tages in ein Mädchen verlieben würden ... wenn ein bestimmter Moment ihnen auf eine heilig-existenzielle Weise den Boden unter den Füßen wegziehen würde. Vielleicht würden sie dann begreifen, was das Heilige war. Das Reine.

Es war das, was auch aus aller Oberflächlichkeit herausführte – wieder in eine Tiefe hinein. Wie konnte man im Oberflächlichen bleiben, wenn es existenziell wurde? Wenn sich die Frage stellte, warum man einem Mädchen überhaupt etwas bedeuten sollte... Oder wenn die übersinnliche Bitte dieses Mädchens einen erreichte, wie die heiligste Verantwortung überhaupt – denn man liebte sie und würde alles für sie tun.

Wer hatte einen Begriff von diesem Heiligen? Dass man ein Mädchen in größter Aufrichtigkeit liebte und alles für sie tun würde, selbst wenn man vor der Welt als Narr gelten würde? Wer wusste, dass die Liebe zu einem Mädchen rein wie ein Kristall sein konnte – so rein wie das Mädchen selbst, das man in einem Augenblick gesehen hatte, der aus der Ewigkeit kam. Hatte man einen Begriff von diesem allen? Auch nur einen einzigen davon? Oder begriff man das alles nicht? Was hatte man mit seinem Leben dann überhaupt bisher gemacht? Wenn alles Wesentliche an einem vorübergegangen war wie ein Nichts ... während man sich so vielem Unwesentlichem zugewandt hatte.

Oh ja, die Liebe zu einem Mädchen konnte einen lehren, alles Wesentliche zu finden, was die Seele erst wahrhaft menschlich, wertvoll und tief werden ließ. Das Heilige. Das Reine. Das Unschuldige. Ein zartes, heiliges, reines Licht ... auch in der eigenen Seele. Die Liebe zu einem Mädchen würde einen all dies lehren können, weil die Liebe die Seele öffnen würde für das, was das Mädchen selbst lehrte...

Aber stimmte das? ,Lehrte’ Belle irgendetwas? Nicht offenkundig. Es bräuchte solche Momente, in denen man überwältigt wurde von dem Wesen eines Mädchens, weil es sich offenbarte. Spätestens dann lehrte das Mädchen etwas – weil es unverhüllt in Erscheinung trat. Im Alltag waren Mädchen einfach nur das, was jeder in ihnen sah: gewöhnliche Geschöpfe, unvernünftig, kindlich, verspielt, noch lange nicht erwachsen – und in alledem eben noch überhaupt nicht ernst zu nehmen. Eben bloße Mädchen. Mit Betonung auf ,bloß’!

Aber dieselben Geschöpfe konnten einen Unendliches lehren, wenn sie unverhüllt offenbarten, was die Ebene des Wesenhaften war. Dann verwandelte sich das scheinbar so Belanglose in das Tiefste überhaupt. Er musste an die Verwandlung von ,Aschenputtel’ denken. Hatte bei diesem Märchen vielleicht die übersinnliche Erkenntnis am Ursprung gestanden, was ein Mädchen wirklich war?

Das Gewöhnliche verwandelte sich in das Außergewöhnliche. Hier musste er an Novalis denken. Das Unvernünftige verwandelte sich in das Unschuldige, von der Ratio noch nicht Angefressene und Gelähmte, verwandelte sich in das Lebendige. Niemand war lebendiger als ein Mädchen! Vielleicht natürlich Christus, der Auferstandene. Aber ein Mädchen lehrte gleichsam Hand in Hand mit ihm, was das Leben war, überhaupt die Sphäre lebendiger Unschuld! Das Kindliche verwandelte sich in das Mysterium der Reinheit. Das Verspielte wurde zum wahren Wesen des Menschen – wie Schiller es erkannt hatte: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Schiller meinte die tiefe Sphäre der Freiheit – aber wer war freier als ein spielendes Mädchen? Und das ,noch lange nicht erwachsen’ wurde zu einem heiligen Gütesiegel – er musste an Michael Ende denken, die kindliche Kaiserin. Erwachsen – das war dann der Tod des Menschlichen. Im Erwachsenen erstarb der Mensch. Und das Mädchen offenbarte, was der Mensch eigentlich war.

Die Lehre des Mädchens, sobald es sich wirklich offenbarte, war umfassend. Sie war erschütternd, weltenumstürzend. Sie war umstürzlerisch, weil das Mädchen letztlich sämtliche vermeintlichen Gewissheiten untergrub, an denen sich Erwachsene so gerne festhielten. Und dass ein Mann, der ein Mädchen liebte, für ,verrückt’ gehalten wurde, war vielleicht nur die Mutprobe, die das Mädchen ihm aufgab, um herauszufinden, ob er ihrer würdig war. In jedem Fall aber war dieses Urteil der Welt selbst verrückt, denn es bewies, dass die Welt von keinem dieser Geheimnisse wusste – und sich darum auch gar nicht kümmerte, selbst also definitiv unwürdig war...

Er musste an die Minnesänger denken. Hatten diese nicht auch oft genug ein Mädchen geliebt? Waren Mädchen nicht seit jeher die Veredlerinnen der Seelen gewesen? Zusammen mit den Frauen – aber wehe, man vergaß die Mädchen! Veredlerinnen der Seele inmitten einer finstersten, rohesten Zeit. Und natürlich gab es genügend Raubritter, die ein Mädchen einfach verschleppten – und mit ihm dann taten, was sie wollten... Erinnerte das nicht an die moderne Missbrauchsdebatte? Aber wem wäre es vor achthundert Jahren eingefallen, Raubritter und Minnesänger zu verwechseln – oder gar zu behaupten, es gebe nur eine Sorte, nämlich den Raubritter?

Konnte es sein, dass das Niveau des Diskurses nach achthundert Jahren extrem gesunken war?! Die Verteufelung der Liebe eines Mannes zu einem Mädchen bedeutete doch nichts anderes, als wenn man früher gesagt hätte: Es gibt zu viele Raubritter, wir müssen daher auch den Minnesang verbieten. Welch ein Irrsinn wäre das denn? War doch der Minnesang gerade das Heilmittel gegen alles Grobe und noch völlig Ungeläuterte, was ringsherum tobte und dominierte...

Es war offensichtlich, dass ein Mädchen noch immer dasjenige Wesen war, das die Seele zu läutern vermochte. Konnte es sein, dass Kriege und Geopolitik, ja überhaupt der Kapitalismus insgesamt, nur deshalb noch immer dominierten, weil man nicht bereit war, vom Mädchen zu lernen? Aber das würde bedeuten, dass die Absolutheit des Missbrauchsdiskurses alles nur noch schlimmer machte – denn er riegelte das Mädchen hermetisch ab. Das Mädchen, das doch die heilige Lehrerin sein sollte! Was tat man also, indem man das Mädchen nur noch als Opfer stilisierte und auf diese ,Funktion’ reduzierte? Man verewigte buchstäblich das Raubrittertum! Man behauptete, die Welt würde sich nie ändern – und konnte so bequem nebenbei seine Geopolitik, seinen Kapitalismus und sein eigenes Raubrittertum fortführen.

Zum Beispiel auch das Raubrittertum der Smartphones, das Raubrittertum von YouTube, Instagram und TikTok, die ganzen Seelenfänger und Seelenmörder, die heute so gefeiert wurden, weil sie ja als ,Teil der Jugendkultur’ galten. Die Seelen der Mädchen starben reihenweise – und es kümmerte niemanden, weil man ja selbst auch tot war. Man hatte das Tote und Gewöhnliche längst zur Norm erklärt.

Wenn eine reine Seele starb und zur ganz gewöhnlichen Konsumentin von TikTok degeneriert war, ,juckte’ das niemanden, im Gegenteil, es war im kapitalistischen Drehbuch zwingend vorgeschrieben. Deswegen mussten jene für verrückt erklärt werden, die auch nur versuchen würden, Mädchen davor zu bewahren. Sie mussten als Ewiggestrige gebrandmarkt werden, weil jede erhaltene Unschuld den gesamten Kapitalismus zusammenbrechen lassen könnte, ja würde, denn unmittelbar würde seine Hässlichkeit, seine absolute Unmenschlichkeit, erkannt!

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