Parthenophilie

18. Jahrhundert


Mary Astell (1666-1731), die vielfach als ,erste englische Feministin’ gilt,[1] forderte ab 1694[2] die Gleichberechtigung in den Bildungschancen und in der Ehe. In ihren Schriften klagt sie die patriarchalen Macht- und Unterdrückungsmechanismen erstmals umfassend an:[3]

Die Heilige Schrift ist nicht immer auf der Seite derer, die sie für sich in Anspruch nehmen und sich mit ihr brüsten und denen es wegen ihrer Geschicklichkeit im Umgang mit der Sprache und unter Anwendung scholastischer Winkelzüge gelingt, sie nach eigenem Gutdünken ihres ursprünglichen Sinnes zu berauben ... Weil Frauen, denen ohne eigene Schuld die Kenntnis des Originals der Schriften vorenthalten wird, die erforderlichen Sprachkenntnisse und andere Voraussetzungen [...] fehlen, wissen sie daher nur das, was Männer in ihre Übersetzungen aufnehmen.

In ihrem Buch über die Ehe (1700) beschreibt sie die Mechanismen, mit denen Mädchen von Bildung ferngehalten werden:[4]

Laughter and Ridicule, that never-failing Scare-Crow, is set up to drive them from the Tree of Knowledge. But if, in spite of all Difficulties Nature prevails, and they can’t be kept so ignorant as their Masters would have them, they are star’d upon as Monsters, censur’d, envied, and every way discouraged [...].

Und sie stellt die Kernfrage:[5]

If all Man are born Free, how is it that all Women are born Slaves?

1700 unterstützte die hoch gebildete Königin von Preußen, Sophie Charlotte, den freundschaftlich eng mit ihr verbundenen Leibniz wesentlich bei der Gründung der Akademie der Wissenschaften in Berlin.[6]

1701 schildert das Gedicht ,The Ladies’ Defence’ von Lady Mary Chudleigh (1656-1710) die Taktik der Männer, die die Frauen dumm halten, weil sie Angst haben, sonst überflüssig zu werden:[7]

Had you[8] the Learning you so much desire,
You, sure, wou’d nothing, but your selves admire [...]
Then blame us not if we our Interest Mind,
And would have Knowledge to our selves confin’d,
Since that alone Pre-eminence does give,
And rob’d of it we should unvalu’d live.
While You are ignorant, We are secure [...].

In ihrem Gedicht ,To the Ladies’ (1703) ruft sie die Frauen auf, die Sklavenherrschaft abzuwerfen, sich selbst zu achten und die Männer zu verachten:[9]

Wife and servant are the same,
But only differ in the name: [...]
Like mutes she signs alone must make,
And never any freedom take:
But still be governed by a nod,
And fear her husband as a God:
Him still must serve, him still obey,
And nothing act, and nothing say,
But what her haughty lord thinks fit,
Who with the power, has all the wit.
Then shun, oh! shun that wretched state [...]
Value your selves, and men despise,
You must be proud, if you’ll be wise.

1706 stellt der schlesische Pastor Johann Caspar Eberti in einem Werk gelehrte Frauen des Abendlandes vor.[10]

Joseph Addison schrieb in der von ihm 1711 mit Richard Steele gegründeten Londoner Tageszeitung ,The Spectator’:[11]

Der große Ehrenpunkt bei Männern ist Mut, bei Frauen Keuschheit. [...] Hätten die Männer selbst gewählt [...], so möchte ich glauben, die Wahl wäre auf Weisheit oder Tugend gefallen; oder hätten Frauen selbst ihren Ehrenpunkt bestimmt, so hätte wahrscheinlich Geist oder Warmherzigkeit [...] gewonnen.’

1715 veröffentlicht der Dichter Lehms ein Lexikon deutscher Poetinnen.[12] Hanstein kommentiert:[13]

So sehen wir denn das achtzehnte Jahrhundert seine Augen aufschlagen unter dem Zeichen eines unendlich regen Geisteslebens der Frauen, aber es hat sie wieder geschlossen[,] ohne geregelte Bahnen für die Wissensdurstigen dieses Geschlechtes gefunden zu haben.

Der Protestantismus ermutigte als Religion der Schrift die Alphabetisierung. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Armenschulen für Töchter ehrlicher Familien.[14]

Anfang des Jahrhunderts hatte sich ferner insbesondere in England und Holland durch den Übersee-Handel eine echte Mittelklasse gebildet. Nun entwickelte sich auch eine neue Literaturgattung des Individualismus: der Roman.[15]

Daniel Defoe (1661-1731) schuf nicht nur ,Robinson’ (1719), sondern in ,Moll Flanders’ (1722)[16] und insbesondere ,Roxana’ (1724) auch ebenso individuelle und starke, autonome Frauengestalten.[17] Frauen zählten zu seinen wichtigen Lesern und er trat sehr für die Bildung der Frau und für die Liebesheirat ein.[18] Am Ende des Jahrhunderts gab es dann bereits mehr Romanschreiberinnen als -schreiber.[19]

Generell jedoch war das Ideal der Mittelklasse gegen den libertären Adel die keusche, dienende Ehefrau:[20]

The image of the good middle-class wife of the eighteenth century would prepare the way for the fainting, sexless Victorian maidens of the nineteenth. [...] [...] misogynists have either condemned women for being sexually insatiable or denied they had any sexual desires at all.

1722 entstanden die späteren ,Herrnhuter’, als Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760) Flüchtlinge der Böhmischen Bruderkirche aufnahm. In seiner Brüdergemeinde hatten die Frauen eine sehr gleichberechtigte Stellung – so gab es nicht nur Älteste, sondern auch ,Ältestinnen’, und Zinzendorf sprach lieber von der ,Geistin’ als vom Heiligen Geist.[21]

In den 1720er und 30er Jahren erobern in England Männer das traditionell weibliche Hebammen-Gebiet der Geburtshilfe, nachdem bereits im 17. Jahrhundert die Anatomie an Bedeutung gewonnen hatte und die Lehrbücher immer technischer geworden waren.[22]

Bernard Mandeville verteidigt 1724 in ,A Modest Defence of Public Stews’ Bordelle zum Schutz der tugendhaften Frau und zur Kontrolle der Geschlechtskrankheiten und schreibt der Hure übermäßiges Verlangen zu.[23]

1723 gründet Christiana Mariana von Ziegler (1695-1760) in Leipzig einen der ersten literarisch-musikalischen Salons in Deutschland, in dem auch Bach und Gottsched verkehren.[24]

Johann Christoph Gottsched (1700-1766) tritt noch als Frühaufklärer für die Bildung der Frau ein. In ,Die Vernünftigen Tadlerinnen’ (anonym, zuerst Halle 1725), der ersten deutschen Frauenzeitung, heißt es: ,Wir haben die Kräfte, so die Mannspersonen besitzen, ja eben die Fähigkeiten, in der Gelehrsamkeit etwas zu thun.’[25]

1724 begegnet Gottsched der Schauspielerin Friederike Caroline Neuber (die ,Neuberin’) und beide zusammen verbinden Literatur und Bühne. Mit seiner Hilfe reformiert sie wenige Jahre später das deutsche Theater durch Einführung von Themen des Bürgertums in deutscher Hochsprache.[26]

1730 wurde die Zieglerin das erste und einzige weibliche Mitglied in Gottscheds ,Deutscher Gesellschaft’, zweimal erhielt sie deren jährlichen Poesie-Preis und 1733 von der Universität Wittenberg die Dichterkrone einer ,Poeta laureata’.[27]

In der 1729 auf einen Schlag berühmt werdenden Dichtung ,Die Alpen’ des späteren Universalgelehrten Albrecht von Haller, zeigt sich der erste Vorbote der ,Empfindsamkeit’, ebenso auch in seinem Liebesgedicht ,Doris’ (1730).[28]

1732 besteht Laura Bassi in Bologna eine öffentliche Doktorprüfung[29] und wird ein Jahr später europaweit erste Professorin – für Philosophie und 1776, zwei Jahre vor ihrem Tod, auch für Physik.[30]

In Preußen wird um 1735 das Schulwesen für die Jungen entwickelt.[31]

In seiner postum erschienenen einflussreichen Schrift ,Historia Placitorum Coronæ. The History of the Pleas of the Crown’ (1736) erzählt der Richter Sir Matthew Hale (1609-1676) Geschichten zahlreicher Frauen, die unschuldige Männer fälschlich der Vergewaltigung beschuldigt hätten, und schreibt:[32]

[...] man darf nicht vergessen, dass es eine leicht zu erhebende und schwer zu beweisende Beschuldigung ist, und noch schwerer ist die Verteidigung des Angeklagten, sei er auch noch so unschuldig.

1736/37 verfasst Voltaire zusammen mit seiner Geliebten Marquise Émilie du Châtelet (1706-1749) die ,Elemente der Philosophie Newtons’ und bereitet so auch im von Descartes beherrschten Frankreich den Boden für die Newtonsche Physik.[33] 1740 erweist sich die Marquise mit ihrer umfassenden Darstellung ,Institutions de Physique’ als völlig eigenständige Denkerin.[34] Ihre Übersetzung von Newtons ,Principia’ (1759) ist bis heute die einzige französische.[35]

1738 erscheint der Gedichtband von Sidonia Hedwig Zäunemann, die angstlos bei jedem Wetter ausritt,[36] sogar mühselig in das Bergwerk Ilmenau einfuhr[37] und die Vorherrschaft der Männer radikal angriff:[38]

Was vor ein toller Wurm hat euren Kopf durchfressen,
Daß ihr euch nur allein dieß Recht sucht beyzumessen?
Der Schöpfer hat uns ja mit gleichen Geist bedacht,
Und gleiche Seelen=Kraft und Triebe beygebracht.

In den 40er Jahren unterstützt Gottscheds Frau (die ,Gottschedin’, geb. Kulmus) ihren Mann tatkräftig. Kaiserin Maria Theresia nannte sie 1747 bei einer Audienz in Wien die gelehrteste Frau Deutschlands.[39] Beides eifrige Verstandesmenschen, begründen sie mit Übersetzungen die deutsche Bühne – bis sie bereit ist für die Generation der ,Empfindsamkeit’ wie Milton, Gellert und Klopstock.[40]

Den größten Freiraum für Frauen im 18. Jahrhundert[41] boten die Salons. Dennoch klagte Lady Montagu (1689-1762): ,There is hardly a character in the world more despicable, or more liable to universal ridicule, than that of a learned woman’.[42] Ihr Londoner Salon wurde um 1750 als ,bluestockings’ (Blaustrümpfe) bekannt,[43] was bald ein Schimpfwort wurde.[44] Sie selbst, Gattin des Gesandten in Konstantinopel, beobachtete 1717 in der Türkei eine Pockenimpfung, kann die Prinzessin von Wales dafür interessieren, und die Praxis verbreitet sich trotz starker Opposition der Schulmedizin und der Kirche.[45]

Lady Montagu hatte 1737 kurzzeitig auch eine Wochenschrift gegründet und dort anonym das ernsthafte Frauenstudium propagiert und die häufige Trivialität weiblichen Verhaltens beklagt. 1744 bis 1746 publizierte dann Eliza Haywood (1693-1756) den ,Female Spectator’ und trieb die Debatte weiter voran.[46]

1740 erscheint der erfolgreiche Briefroman ,Pamela’ von Samuel Richardson, in dem sich der adlige Mr. B. in das unschuldige, fünfzehnjährige Dienstmädchen seiner verstorbenen Mutter verliebt, sie entführt und vergeblich zu verführen und vergewaltigen versucht. Schließlich verliebt sie sich auch in ihn, und er heiratet sie trotz des Standesunterschiedes.[47] Der Roman entzieht dem auf der Bühne oft propagierten Bild der lüsternen, intriganten Frau den Boden.[48] – Die Jungfrau wurde erneut idealisiert – und die Bleichsucht sogar eine erstrebenswerte ,Mode-Krankheit’.[49]

In Österreich, Ungarn und Böhmen führt Maria Theresia von 1740 bis 1780 in aufgeklärter Regentschaft die Habsburgermonarchie.[50]

Alexander Pope schreibt in seinem Gedicht ,To A Lady’ (1743): ,Men, some to bus’ness, some to pleasure take; But ev’ry woman is at heart a rake’.[51]

1747 gründet der unter anderem von Francke geprägte Theologe Johann Julius Hecker in Berlin die erste praxisorientierte Realschule. Diese hat auch eine Mädchenabteilung.[52]

Eine Schrift von 1746 schreibt in Bezug auf die notwendige Keuschheit der (Ehe-)Frau:[53]

Chastity is a Suppression of all irregular Desires, voluntary Pollutions, sinful Concupiscence, and of an immoderate Use of all sensual, or carnal Pleasures. Its Purity consists in Abstinence or Continence. The first is properly attributed to Virgnis and Widows, the other to married Women. It is the proper Office of this Virtue, to resist all impure and unclean Thoughts; to mortify all unchaste Longings, and to avoid all alluring Objects. [...] Chastity is so essential and natural to your Sex, that every Declination from it is a proportionable receding from Womanhood. An immodest Woman is a kind of Monster [...].

Die Keuschheit war lebenslang um so wichtiger, wo das Erbrecht sich nicht mehr nur auf den Erstgeborenen beschränkte. Mit dem Siegeszug der bürgerlichen Familie und dem Untergang der Familie als ,Produktionseinheit’ wurde die Frau zudem an den Herd gebannt und für die ,Heimeligkeit’ des Heims verantwortlich (siehe Seite 46). Draußen trieben sich gleichsam nur die buchstäblichen ,Straßenmädchen’ herum...[54]

In den Romanen dieser Zeit ist die Keuschheit der jungen Frau heftig umkämpft. ,Fanny Hill’ (1749) von John Cleland ist gleichsam das pornografische Gegenstück zu ,Pamela’.►3

1753 regelt in England ein Ehegesetz erstmals die Eheschließungen außerhalb des bloß kanonischen Rechts.[55] Das mittlere Heiratsalter lag bei etwa sechsundzwanzig, um 1800 dann bei etwa dreiundzwanzig.[56]

1754 wird Dorothea Christiane Erxleben (1715-1762) die erste promovierte deutsche Ärztin.[57]

Nach 1750 entwickelt sich unter Karoline Luise von Hessen-Darmstadt die badische Residenz Karlsruhe zu einem geistigen Zentrum des Reiches. Sie ist glühende Verehrerin Voltaires und zu ihren Gästen gehören auch Herder, Goethe, Klopstock und andere.[58]

1755 führt der große Dichter und Dramatiker Lessing mit ,Miss Sara Sampson’, dem ersten bürgerlichen Trauerspiel der neueren deutschen Literatur, lebensvolle Frauengestalten auf der Bühne ein.[59]

Um 1760 knüpfen erste deutsche Übersetzungen zur Mädchenerziehung an die Frühaufklärung an.[60] ►4

1761 erscheint Rousseaus Erfolgsroman ,Julie oder Die neue Heloise’, der sein polares Geschlechterbild bereits vorprägt.

Im selben Jahr formuliert die Bernerin Julie Bondeli in einem kleinen Aufsatz, dass der ,moralische Sinn’ bei Frauen viel feiner ausgeprägt sei,[61] ►2 und die Dichterin Anna Louisa Karsch (,Karschin’) wird von Gleim zur ,deutschen Sappho’ erklärt.[62]

1762 vertritt Rousseau (1712-1778) in seinem weltberühmten Werk ,Émile’ folgenden Gedanken über die Bestimmung der Frau:[63]

[...] soll sich die ganze Erziehung der Frauen um die Männer drehen. Ihnen Gefallen einzuflößen und zu nützen, sich bei ihnen beliebt zu machen und in Ehren zu stehen, sie in der Jugend zu erziehen, und wenn sie herangewachsen sind, für sie zu sorgen, ihnen mit Trost und Rat beizustehen, das Leben zu verschönern und zu versüßen: das sind die Pflichten der Frauen zu allen Zeiten, auf die man sie von Kindheit an aufmerksam machen soll.[64]

Auch er vertrat die bedingungslose Keuschheit der Frau, da nur so der Mann wisse, dass ihre Kinder auch die seinen sind.[65] Was bisher Gottes Gebot war, wurde nun zu den Regeln der ,Natur’.[66]

Dem tritt unter anderem Jean Henri Samuel Formey, viele Jahre führendes Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften,[67] mit einem ,Anti-Émil’ entgegen. Bereits 1761 schrieb er gegen eine entsprechende Passage in der ,Julie’:[68]

Es ist wahr: die Seelen haben kein Geschlecht unter sich. Sie sind zu einerlei Erkenntnis gemachet, und zu einerlei Tugenden Ausübung berufen. ihr Unterschied ist zufällig. Er kömmt von der Erziehung und den Gebräuchen her. Allein ein Frauenzimmer, das Einsicht hat und urteilen kann, verbindet die beiden Geschlechtern wesentlichen Tugenden mit dem Wohl[an]stand des seinigen.

1762 lässt sich in Russland nach einem Staatsstreich Katharina zur Zarin ausrufen.[69]

Im 18. Jahrhundert bildete sich das Bürgertum heraus und begründete endgültig die Trennung von Mann/Beruf und Frau/Haushalt:[70]

Für die Frau wurde das Familienleben zum zentralen Inhalt ihres Daseins, für den Mann war es ein Lebensinhalt unter mehreren und wurde zudem primär unter der Perspektive des Refugiums vor den Anforderungen im Beruf wahrgenommen. [...]
[...] Der traditionelle Abstand zwischen den Positionen von Frau und Mann blieb erhalten, vergrößerte sich vermutlich sogar.[71]

Die sich nun ergebenden Unterschiede wurden ebenfalls zu ,natürlichen’ erklärt:[72]

Dem aus dem Haus herausgetretenen Mann wurden jene Wesensmerkmale zugeschrieben, die exakt den von ihm im Beruf verlangten Fähigkeiten entsprachen: Aktivität und Rationalität. Zum „Wesen“ der Frau wurde hingegen die für ihre Arbeit als Erzieherin notwendige und wünschenswerte Emotionalität stilisiert, zusätzlich noch Passivität. [...] vermutlich aus dem Bedarf an einem „Gegenbild“. Es bot zugleich eine Begründung für den Ausschluß der Frau von Betätigung in der Öffentlichkeit [...].

Die Mädchen und Frauen der Arbeiterschicht wurden besonders ausgebeutet – auch sexuell:[73]

Sexuelle Attacken von Vätern oder Schlafburschen auf die Töchter werden berichtet. Nicht nur der frühe Zeitpunkt, sondern insbesondere auch die Gewaltsamkeit war für die sexuelle Erfahrung vieler Mädchen prägend.
Am Arbeitsplatz waren sexuelle Verhaltensweisen und Vorgänge das Dauerthema. [...] Die Fabrik war jedoch in Sonderheit auch ein Ort sexueller Verführung. Sexuelle Attacken von Vorgesetzten auf die Arbeiterinnen bzw. deren Versuch, durch Gunstbezeugungen einen guten Lohn zu erhalten, waren üblich. Auch hier dominierte die Erfahrung von Sexualität in ihrer gewalttätigen Form, in Zusammenhang mit Machtgefälle.

1771 trägt Sophie La Roche (1730-1807) mit der ,Geschichte des Fräuleins von Sternheim’, zunächst anonym von ihrem Cousin und einstigen Verlobten Wieland veröffentlicht, zur Begründung des Frauenromans bei. Sie beeinflusst auch wesentlich die Epoche der Empfindsamkeit (1740-1790)[74] und wird die erste finanziell unabhängige deutsche Berufsschriftstellerin.[75]

Goethe schafft ab 1770 in seinem ,Urfaust’ die Polarität zwischen dem unschuldigen, frommen Mädchen Gretchen und Faust, der sein ganzes ,Gelehrtenwissen’ als tot erkennen muss.

1772 begeistert die erst vierzehnjährige Charlotte Ackermann in Hamburg bei der Uraufführung von Lessings ,Emilia Galotti’ in der Titelrolle. Als sie bereits drei Jahre später stirbt, wird die Börse ausgesetzt, das Theater für mehrere Tage schwarz behangen, das Publikum erschien in Trauerkleidung, und ihrem Sarg folgen schließlich rund viertausend Menschen.[76]

Unter dem Einfluss von Rousseaus Frauenbild fehlen 1773 in der dritten Auflage des ,Frauenzimmerlexikon’ bereits die meisten Namen einst gefeierter Dichterinnen und weiblicher Gelehrter.[77] ►2

1773 heiratet Herder die ihn bewundernde Karoline Flachsland und schreibt ihr später, nach einer Begegnung mit einer ,gelehrten Frau’:[78]

Eigentliche Gelehrsamkeit ist dem Charakter eines Menschen, eines Mannes schon, so unnatürlich, daß wir ihr nur aus Noth uns unterziehen müssen, und dabei doch schon immer verlieren; in dem Leben, in der Liebe, in dem Mund eines Frauenzimmers aber, die noch die einzigen wahren menschlichen Geschöpfe auf dem politischen und Exercier-Platz unserer Welt sind, ist diese Unnatur so tausendmal fühlbarer.

Im Anschluss an Rousseau und die Aufklärer werden die ,Philanthropen’ wirksam: 1770 erscheint Basedows ,Methodenbuch’, 1774 sein ,Elementarwerk’, und er gründet sein ,Philanthropinum’ in Dessau. Im Gegensatz zu Rousseau vertritt er die Mädchenbildung, allein schon deshalb, weil viele Frauen gar keinen Mann finden. In den nächsten Jahren kommen die Pädagogen Campe, Salzmann, Trapp und andere hinzu.►4

1775 fordern die ,Patriotischen Phantasien’ des Juristen und Staatsmannes Möser Lebensweisheit statt Bücherwissen für die Frauen.►2

Goethes Erstfassung des Schauspiels ,Stella’ (1775), inspiriert von der thüringischen Sage um den Ritter von Gleichen, der auf einem Kreuzzug von einer in ihn verliebten Sultanstochter befreit wurde und sich vom Papst eine Doppelehe legitimieren ließ,[79] behagt dem sittenstrengeren Publikum nicht[80] – in einer späteren Fassung (1806) sterben alle drei Personen.

In den USA schrieb Abigail Adams, die Frau des späteren zweiten US-Präsidenten, ihm noch während des Unabhängigkeitskrieges 1776, die Frauen seien zur Rebellion bereit, wenn sie nicht berücksichtigt würden:[81]

Remember, all men would be tyrants if they could. If particular care and attention is not paid to the ladies, we are determined to foment a rebellion, and will not hold ourselves bound by any laws in which we have no voice or representation.

Dies wurde von Adams völlig abgetan.[82] In der Unabhängigkeitserklärung hieß es, alle Menschen seien gleich geschaffen. Doch in den Südstaaten gab es die Sklaverei. Frauen hatten auf beiden Seiten kein Wahlrecht, und darüber wurde nicht einmal debattiert.[83]

1779 zeigt die Uraufführung von Goethes ,Iphigenie auf Tauris’ die Heldin als klassisches Humanitätsideal.[84] Zuvor wurde Goethe bereits vier Jahre lang durch die Beziehung zu Charlotte von Stein geprägt.[85]

1781 entdeckt Wilhelm Herschel eher zufällig den Uranus. In den folgenden Jahrzehnten wird seine Schwester Caroline mit ihm sehr aktiv und ebenfalls eine herausragende Astronomin.[86]

In den Jahren 1781 bis 1787 erscheint der vierbändige Roman ,Lienhard und Gertrud’ von Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827), in dem dieser Gertrud inmitten aller Not als eine fromme Mutter mit einem für die ganze Umgebung unendlich segensreichen Herzen zeichnet.[87]

1784 gründet Christian Gotthilf Salzmann in Schnepfenthal sein ,Philanthropin’, in dem auch Mädchen lernen und seine Frau und Töchter mitarbeiten.[88] Als einer der Wenigen in Deutschland wird er 1792 die Schrift von Mary Wollstonecraft begrüßen und sogar ihre Übersetzung organisieren.[89]

Der Roman ,Julchen Grünthal’ von Helene Unger geißelt sowohl die ,französische’ Erziehung als auch die ,Empfindsamkeit’.[90]

1787 tritt der Thüringer Pädagoge Johann Daniel Hensel für die weibliche Erziehung und Bildung ein.[91]

Schillers satirisches Gedicht ,Die berühmte Frau’ (1788) geißelt eine Situation, wo der Mann nur noch ,Anhängsel’ seiner Frau ist.[92]

1789 beschreibt Joachim Heinrich Campe in seinem ,Väterlichen Rath’ detailliert, wie ein Mädchen zu werden habe, um seine ,Bestimmung’ als Gattin, Mutter und tüchtige Hausfrau zu erfüllen.[93] ►2

Im Paris des 18. Jahrhunderts war für jede dreizehnte Frau die Prostitution eine oder die Einnahmequelle.[94]

Die Französische Revolution 1789 besserte die Stellung der Frau nur kurzzeitig.[95]

1790 stellte Judith Sargent Murray in einem Essay den Sündenfall in einer leidenschaftlichen Passage anders dar als das Patriarchat:[96]

Es ist wahr, daß einige Ignoranten uns absurderweise erklärt haben, daß die Wunderschöne des Paradieses von ihrem Gehorsam durch einen bösen Dämon in Gestalt einer hinterlistigen Schlange abgebracht wurde; aber wir, die wir besser informiert sind, wissen, daß der gefallene Geist selbst [Luzifer = Lichtträger, H.N.] sich ihr zeigte, noch immer ein strahlender Engel; denn so, sagen die des Hebräischen kundigen Kritiker, sollte das Wort zu verstehen sein. Laßt uns ihr Motiv ergründen ... Es scheint nicht so, als wäre sie von irgendeinem sinnlichen Appetit beherrscht worden; wohl aber von dem Wunsch, ihren Geist erstrahlen zu lassen; ein lobenswertes Streben war entbrannt in ihrer Seele, und Wissensdurst ließ sie eine Wahl treffen, deren Konsequenzen so fatal sein sollten.’

Murray geißelt die Unterdrückung der Frau durch Verhindern von Bildung. Schon ein zweijähriges Mädchen sei in der Regel verständiger als ein Junge, dann aber werde das Mädchen von aller Bildung ferngehalten, die komplexer sei als ,der Mechanismus eines Puddings’. Dann aber könne man ihr auch gleich den Eintritt in den Himmel verwehren.[97]

Rahel Varnhagen (1771-1833) führte ab 1790 ihren berühmten Salon in Berlin. Nach ihrem Tod gab ihr Mann ihre sechstausend Briefe heraus. Ellen Key und Hannah Arendt schrieben Biografien über sie.[98] Bereits ab 1780 gab es den Salon von Henriette Herz. Beide Salons wurden unter anderem von Jean Paul, Schleiermacher, Friedrich Schlegel und den Brüdern Humboldt besucht.[99]

Der Pariser Salon der Madame de Staël (1766-1817) war ein Treffpunkt der gemäßigten Revolutionäre, und große Teile der ersten Verfassung von 1791 entstanden unter ihren Augen.[100]

Einer der wenigen, die nach der Verkündung der ,Menschenrechte’ diese vehement auch für die Frauen forderten, war Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet.[101] Und 1791 veröffentlichte Olympe de Gouges (1748-1793) ihre kämpferische, das Patriarchat entlarvende Schrift ,Die Rechte der Frau’, bevor sie 1793 unter Robespierre hingerichtet wird:[102]

Artikel 01: Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Manne gleich in allen Rechten. [...]
Artikel 04: Freiheit und Gerechtigkeit beruhen darauf, dass dem anderen abgegolten wird, was ihm zusteht. So stößt die Frau bei der Wahrnehmung ihrer natürlichen Rechte nur an die ihr von der Tyrannei des Mannes gesetzten Grenzen; diese müssen [...] neu gezogen werden. …
Artikel 10: Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen. …
Artikel 16: Eine Verfassung aber, an deren Ausarbeitung nicht die Mehrheit der Bevölkerung [die Frauen] mitgewirkt hat, … wird null und nichtig.

Schon im gleichnamigen Vorwort rechnet sie scharf mit dem Patriarchat ab:[103]

Mann, bist du fähig, gerecht zu sein? Es ist eine Frau, die dir diese Frage stellt, zumindest dieses Recht nimmst du ihr nicht. Sag mir, wer hat dir die unumschränkte Herrschaft verliehen, mein Geschlecht zu unterdrücken? [...] *
Forsche bei den Tieren nach, befrage die Elemente, untersuche die Pflanzen [...]. [...]
Nur der Mann hat sich einen davon abweichenden Grundsatz geschustert. Absonderlich, verblendet, wissenschaftlich aufgeblasen und degeneriert will er in diesem Jahrhundert der Aufklärung und des Scharfsinns in gröbster Unwissenheit als Despot über ein Geschlecht befehlen, das alle intellektuellen Fähigkeiten besitzt; er beabsichtigt, in den Genuss der Revolution zu kommen und seine Rechte auf Gleichheit einzufordern, um darüber hinaus nichts zu sagen.
* Von Paris bis Peru und von Rom bis nach Japan – ist das allerdümmste Tier, meiner Meinung nach, der Mann.

Der Marquis de Condorcet erstellte 1791/92 im Auftrag der Legislative ein Programm zur nationalen Erziehung und forderte hier die umfassende Gleichberechtigung der Frau, wurde mit dem Sturz der Girondisten 1793 aber ebenfalls verfolgt.[104]

Bereits zuvor hatte Talleyrand seinen Bericht ,Sur les principes et l’organisation de l’instruction publique’ vorgelegt, und von diesem angeregt forderte 1792 in Frankreich auch die Engländerin Mary Wollstonecraft (1759-1797), die viel zu früh kurz nach der Geburt ihrer Tochter, der späteren Mary Shelley, starb, mit ihrer berühmten Schrift ,A Vindication of the Rights of Woman’ die Gleichberechtigung, beginnend mit gleicher Schulbildung für Mädchen.[105] Sie legte keinen Wert auf ihr Äußeres und konfrontierte auch hier die dominierende Moral:[106]

,Women are told from their infancy, and taught by the example of their mothers, that a little knowledge of human weakness, justly termed cunning, softness of temper, outward obedience, and a scrupulous attention to a puerile kind of propriety, will obtain for them the protection of man; and should they be beautiful, every thing else is needless, for, at least, twenty years of their lives. [...]
Consequently, the most perfect education, in my opinion, is such an exercise of the understanding as is best calculated to strengthen the body and form the heart; or, in other words, to enable the individual to attain such habits of virtue as will render it independent. In fact, it is a farce to call any being virtuous whose virtues do not result from the exercise of its own reason. This was Rousseau's opinion respecting men: I extend it to women, and confidently assert that they have been drawn out of their sphere by false refinement, and not by an endeavour to acquire masculine qualities. [...] [...] and if then women do not resign the arbitrary power of beauty – they will prove that they have less mind than man.

In Preußen fordert Theodor Gottlieb von Hippel, Polizeidirektor in Königsberg, in ,Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber’ (Berlin 1792) die volle Freiheit der Frau, wodurch auch der Mann erst seine volle Menschlichkeit erreiche.[107] ►2

Das Allgemeine Landrecht (ALR) Preußens bestimmt 1794:[108]

§ 184. Der Mann ist das Haupt der ehelichen Gesellschaft; und sein Entschluß giebt in gemeinschaftlichen Angelegenheiten den Ausschlag.
§ 189. In der Regel kann [...] die Frau, ohne [...] Einwilligung des Mannes, [...] keine Prozeße führen.
§ 194. Sie ist schuldig, dem Hauswesen des Mannes nach dessen Stande und Range vorzustehn.
§ 195. Wider den Willen des Mannes darf sie für sich selbst kein besonderes Gewerbe treiben.
§ 205. Durch die Vollziehung der Ehe geht das Vermögen der Frau in die Verwaltung des Mannes über, in so fern diese Verwaltung der Frau durch Gesetze oder Verträge nicht ausdrücklich vorbehalten worden.

Der junge Wilhelm von Humboldt (1767-1835) behandelte 1794/95 in drei Aufsätzen aus dem Geiste des Deutschen Idealismus heraus ausführlich und differenziert die sich ergänzende Polarität der Geschlechter.[109] ►2 Er formte das nach ihm benannte Bildungsideal und initiierte später (1809/10) die Neuorganisation des Bildungswesens im Geiste des Neuhumanismus.[110]

Vollkommenster Repräsentant der Romantik und leidenschaftlicher Vertreter des ,magischen Idealismus’ ist Novalis, der ein Mädchen liebte und sich 1795 mit ihm verlobte, das aber viel zu früh starb.[111] Die Romantik bringt an dieser Jahrhundertwende ein völlig neues Menschenbild. Sie vertrat eine tiefgreifende Idealisierung der menschlichen Verhältnisse und eine Art ,zärtlicher Gleichberechtigung’ zwischen den Geschlechtern.

Fichte sieht in seiner ,Deduction der Ehe’ (1796) in der Frau keinerlei Begehren, sondern das Prinzip der Hingabe und Liebe verkörpert.[112] ►2

Die ,Juliette’ (1797) des Marquis de Sade zeichnet eine lasterhafte, grausame Prostituierte, die es in völligem Gegensatz zur tugendhaften, gepeinigten Justine zu Reichtum und Glück bringt.[113]

Der junge Theologe Schleiermacher, enger Freund Schlegels, formuliert 1798 im Umkreis der Romantiker einen revolutionären weiblichen Katechismus:[114] ►2

9) Du sollst nicht falsch Zeugniß ablegen für die Männer; du sollst ihre Barbarey nicht beschönigen mit Worten und Werken. 10) Laß dich gelüsten nach der Männer Bildung, Kunst, Weisheit und Ehre.

Der Braunschweiger Hofrat Pockels zeichnet in diesem Jahr statt der tüchtigen Hausfrau die Bestimmung der lieblichen, den Mann umsorgenden Gattin, das bürgerliche Idyll.[115] ►2

Im selben Jahr weist Elisabeth Eleonore Bernhardi anonym darauf hin, dass immer mehr Frauen ungewollt unverheiratet bleiben und die ,Bestimmung’ Gattin, Mutter und Hausfrau all diese Frauen verfehlt – und diese weibliche Berufe ergreifen dürfen müssen.[116]

In Frankreich verschlechtert sich die Stellung der Frau wieder deutlich.[117]

1799 verfasst Friedrich Schlegel seine .Lucinde’, ein vielfach gefeiertes Werk, das das Ideal sanfter Männlichkeit und unabhängiger Weiblichkeit entfaltet.[118] Es vertritt die Idee gleichberechtigter Liebe und auch der Verbindung von Leidenschaft und Ehe – kann sie aber nicht einlösen, da der männliche Protagonist allzu selbstverliebt erscheint.►2 In einem Text desselben Jahres spricht Schlegel jedoch einen wegweisenden Gedanken der Romantiker mit folgenden Worten aus:[119]

Nur sanfte Männlichkeit, nur selbstständige Weiblichkeit sey die rechte, die wahre und schöne.

Die wichtigsten Salons von Frauen leiteten zu dieser Zeit Sophie Mereau und Caroline Schlegel in Jena sowie Henriette Herz und Rahel Varnhagen in Berlin. In Jena trafen sich Fichte, Tieck, Novalis, Carolines Mann August und sein Bruder Friedrich Wilhelm Schlegel und dessen Geliebte Dorothea.
 

Fußnoten


[1],Defoe, Richardson und Steele nehmen auf sie Bezug oder zitieren sie, und sie sicherte sich die ([...] wahrscheinlich finanzielle) Unterstützung einiger namhafter gelehrter Aristokratinnen wie Lady Chudleigh und Lady [...] Montagu. Ihr Aufruf an die Frauen, sich zu vernetzen, verhallte insofern nicht ungehört.’ Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 597.

[2],A Serious Proposal to the Ladies, for the Advancement of Their True and Greatest Interest’. • Hier schlägt sie vor, eine Art klösterliche Institution für Frauen zu errichten, um diesen religiöse und säkulare Erziehung und Bildung zu ermöglichen. ,Astell wollte, dass alle Frauen die gleichen Möglichkeiten wie Männer besitzen sollten, ihr Leben mit Gott zu verbringen [...]. Der Nonnen-Stil der Ausbildung [...] sollte Frauen dazu verhelfen, in einer geschützten Atmosphäre ohne die Einflüsse der externen patriarchalen Gesellschaft zu leben. Ihr Vorschlag wurde nie umgesetzt, weil Kritiker es für die englische Gesellschaft als „zu katholisch“ empfanden.’ Wikipedia: Mary Astell.

[3] Lerner, a.a.O., S. 191f.

[4] Mary Astell: Some Reflections Upon Marriage. London 4.1730, p. 72. Archive.org.

[5] Ebd., p. 150. • Und an anderer Stelle: ,For a Man ought no more to value himfelf upon being Wiser than a Woman, if he owe his Advantage to a better Education, and greater means of Information, then [= than, H.N.] he ought to boast of his Courage, for beating a Man, when his Hands were bound.’ An Essay in Defence of the Female Sex. London 1696, p. 20. Archive.org.

[6] Wikipedia: Sophie Charlotte von Hannover. Ihrer Erinnerung galt der Name der Stadt Charlottenburg, seit 1920 ein Berliner Bezirk. Ebd. • Das Königreich Preußen entstand, als sich Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1701 zum ,König in Preußen’ gekrönt hatte. Wikipedia: Königreich Preußen.

[7] The Ladies Defence, digital.library.upenn.edu.

[8] Die Männer sprechen hier zu den Frauen.

[9] To the Ladies, www.poetryfoundation.org.

[10],Eröffnetes Cabinet Deß Gelehrten Frauen=Zimmers’. Nachdruck siehe www.iudicium.de. • Im selben Jahr erscheint von dem Theologen Johann Gerhard Meuschen: ,Courieuse Schau-Bühne Durchläuchtigst-Gelahrter Dames...’ enzyklothek.de.

[11] The Spectator, 23.6.1711, zitiert nach Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 600. • Die Zeitung existierte nur bis 1712 und nochmals 1714, die heutige Wochenzeitung gleichen Namens wurde erst 1828 gegründet. Wikipedia: The Spectator (Zeitschrift).

[12] Georg Christian Lehms: Teutschlands Galante Poetinnen. Siehe auf Wikisource. • Vielfach greift er hier auf ,Das hoch- und wohl-gelahrte Teutsche Frauen-Zimmer’ (1705) des Universalgelehrten Christian Franz Paullini zurück. Und er schreibt scharf: ,Die bei ihrer gerühmten Weisheit ganz unweisen Philosophi Demokritos, Euripides, Aristoteles und dergleichen ungewaschene Mäuler mehr, haben so ridikule Urteile von diesem liebenswürdigen Geschlecht gemacht [...].’ Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Erstes Buch. Leipzig o. J. (1899), S. 64 & 65.

[13] Ebd., S. 71.

[14] Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 570.

[15] Jack Holland: A Brief History of Misogyny. London 2006, p. 155.

[16] Moll Flanders wird sogar Prostituierte, und Defoe lässt sie sagen: ,[...] the Vice came in always at the Door of Necessity, not at the Door of Inclination’ (Das Laster kam immer durch die Tür der Not, nicht durch die Tür der Neigung). Ausgabe Oxford 2011, p. 108.

[17] Jack Holland: A Brief History of Misogyny. London 2006, p. 155. • Roxana weist eine Heirat selbst dann zurück, als sie schwanger ist, etwas nie Dagewesenes, wie der namenlose (!) ,Dutch merchant’ erkennt: ,for certainly it was never known that any woman refused to marry a man that had first lain with her, much less a man that had gotten her with child; [...] and though you reason upon it so strongly that a man knows hardly what to answer, yet I must own there is something in it shocking to nature [...].’ The Fortunate Mistress. London 1840, p. 51. • Roxana sagt: ,I knew no state of matrimony, but what was, at best, a state of inferiority, if not bondage; that I had no notion of it; that I lived a life of absolute liberty now; was as free as I was born, and [...] I did not understand what coherence the words honour and obey had with the liberty of a free woman.’ Ebd., p. 56. • Am Ende heiratet sie, als die Unabhängigkeit ihres Vermögens gesichert ist. Holland, p. 158.

[18] Ebd. p. 136 & 156f. • ,To say love is not essential to the form of a marriage is true; but to say that it is not essential to the felicity of the married state [...] is not true.’ Daniel Defoe: Treatise concerning the use and abuse of the marriage bed. London 1727, Kap. 4, p. 33.

[19] Holland, a.a.O., p. 156.

[20] Ebd., p. 159.

[21] www.heiligenlexikon.de. Dieser weibliche Aspekt entspricht der Weisheit Gottes, Sophia. Nach Zinzendorfs Tod wurden Frauen aus leitenden Positionen ausgeschlossen. Lerner, a.a.O., S. 125.

[22] Corrinne Harol: Enlightened Virginity in Eighteenth-Century Literature. New York 2006, p. 75.

[23] Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 434f.

[24] Wikipedia: Christiana Mariana von Ziegler.

[25] Leipzig/Hamburg 2.1738, S. 46, Th. 1, 6. Stück. • Er ,ermunterte die Frauen zum Schreiben und gab ihre Werke heraus, er schlug sie für Ehrungen durch Universitäten oder als Mitglieder von Akademien vor, und er gab Biografien gelehrter Frauen heraus’. Dagmar Grenz: Mädchenliteratur. Stuttgart 1981, S. 7.

[26] Wikipedia: Friederike Caroline Neuber. • Bis 1733 hatte sie ein festes Privileg in Leipzig, 1740 wurde sie Hofschauspielerin am Hofe der Zarin, die aber bereits ein Jahr später starb. Dazwischen hatte sie schwere Jahre, der Beruf war noch sehr verachtet, und sie starb in bitterer Armut. Ebd.

[27] Wikipedia: Christiana Mariana von Ziegler.

[28] Doris. Zeno.org. • Ein Jahr später heiratete er seine damit gemeinte Geliebte Marianne Wyss. Ebd.

[29] Schon damals äußerte der Rektor des Quedlinburger Gymnasiums, Tobias Eckhard, gegenüber seiner sehr begabten siebzehnjährigen Schülerin Dorothea Leporin (später Erxleben) die Hoffnung und Zuversicht, auch sie werde später einmal den Doktortitel erlangen. Kornelia Steffi Gabriele Markau: Dorothea Christiana Erxleben (1715 – 1762): Die erste promovierte Ärztin Deutschlands. Halle 2006 (Diss.), S. 14f.

[30] Wikipedia: Laura Bassi.

[31] Ab 1698 entstanden mit Unterstützung des brandenburgisch-preußischen Staates in Halle die Franckeschen Anstalten. Aus diesem pietistischen Umfeld kamen die Erzieher des Adels, auch einer 1732 von Wilhelm I. eingesetzten Kirchen- und Schulkommission gehörten vor allem Pietisten an. 1735 gründete der Pietist Schienmeyer in Stettin das erste preußische Lehrerseminar, der Pietist Schultz ist Hauptverfasser des Generalschulplans von 1736, der von Ostpreußen aus auch auf andere Provinenz übertragen wurde. Lange Zeit blieb die Situation zahlloser Schulen jedoch traurig. Wolfgang Dreßen: Die pädagogische Maschine. Zur Geschichte des industrialisierten Bewusstseins in Preußen/Deutschland. Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1982, S. 121f, 125.

[32] Band 1. Philadelphia 1847, p. 633, zitiert nach Anke Bernau: Mythos Jungfrau. Die Kulturgeschichte weiblicher Unschuld. Berlin 2007, S. 161. • Bernau problematisiert, dass Hale folgende Aspekte als ,ein starkes Indiz dafür’ bezeichnet, dass eine Aussage ,falsch oder erfunden’ sei: wenn die Zeugin ,den Schaden einige Zeit [...] verborgen hat, wenn der Ort, an dem die Tat angeblich begangen wurde, in der Nähe von bewohnten Häusern oder [...] Reiserouten lag, und sie nicht schrie [...], wenn und wo es wahrscheinlich ist, dass sie von anderen gehört werden könnte’. Ebd., S. 162. • Hale ließ auch ,meineidige, vom Hörensagen überlieferte Aussagen’ zu, um Hexen zu ,überführen’. Florence Rush: Das bestgehütete Geheimnis: Sexueller Kindesmißbrauch. Berlin 2.1984, S. 231, hier zitiert Russel Hope Robbins: The Encyclopedia of Witchcraft and Demonolgy. New York 1974, p. 240f.

[33] Wikipedia: Émilie du Châtelet. • Voltaire hatte sich unter ihrem Einfluss der Physik zugewandt und in der Erstausgabe 1738 bestätigt, dass ,Lady Newtons’ Beitrag der größere gewesen sei. Margaret Alic: Hypatias Töchter. Der verleugnete Anteil der Frauen an der Naturwissenschaft. Zürich 1987, S. 160f. • An Friedrich den Großen schreibt er am 15.10.1749: ,J’ai perdu un ami de vingt-cinq années, un grand homme, qui n’avait défaut que d’être femme [...].’ Oeuvres complètes de Voltaire. Correspondence avec le roi de Prusse, Band 3. Brüssel 1828, S. 213.

[34] Ihr Mathematiklehrer Johann Samuel König behauptete in Paris dann in infamer Weise, er habe ihr das Werk diktiert! Alic, a.a.O., S. 163.

[35] Wikipedia: Émilie du Châtelet. • Ihr Kommentarteil verbesserte die ,Elemente’ wesentlich. Da sie Angst hatte, die Geburt ihres Kindes nicht zu überleben (sie starb tatsächlich), arbeitete sie die letzten Monate quasi rund um die Uhr mit nur wenigen Stunden Schlaf. Alic, a.a.O., S. 165.

[36],Wenn mich ein Regen-Guß den ganzen Weg geführet, / Daß ich kein trocknes Fleck an Kleid und Leib verspühret; / Wenn mich der Sturm gedreht, so hab ich doch gelacht; [...] Der finstre Tannen-Wald hat mich gar nicht erschrecket, / Vielmehr sein sanft Geräusch die größte Lust erwecket. / Versuchts, es reiset sich des Nachts in Wäldern schön; / Ich habs erst nicht geglaubt; nun hab ich es gesehn.’ Andächtige Feld- und Pfingst-Gedanken. Zeno.org, dort zitiert: Poetische Rosen in Knospen, Erfurt 1738, S. 117-127, hier 117. • Leider starb die Dichterin 1740 bei einem Ritt über eine vom Hochwasser beschädigte Brücke.

[37] Wikipedia: Sidonia Hedwig Zäunemann. • Siehe das eindrückliche Gedicht ,Das Ilmenauische Bergwerk’. Projekt Gutenberg. • Auch den verheerenden Brand ihrer Heimatstadt Erfurt hat sie dichterisch festgehalten: Das unter Gluth und Flammen ächzende ERFURT. Den 21.ten Oct. 1736. www.hs-augsburg.de.

[38],Die von denen Faunen gepeitschte Laster’, Vers 287-290. www.hs-augsburg.de. • Davor geht sie auf Hass, Neid und Lästerei ein, wenn auch Frauen philosophische oder dichterische Begabung zeigen (Vers 244-262), und auf die Behauptung, für Frauen seien nur Nadel und Herd, nicht aber Kiel und Schwert, Buch, Kunst und Feder (Vers 263-286). Das ganze Gedicht hat über dreitausend Zeilen!

[39] Wikipedia: Luise Adelgunde Victorie Gottsched.

[40] Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Erstes Buch. Leipzig o. J. (1899), S. 140-150. • Mit den Schweizern Bodmer und Breitinger schwelte bezüglich der bloßen Verstandesbetonung seit 1730 ein jahrelanger Streit. Wikipedia: Johann Christoph Gottsched. • 1677 erschien Miltons ,Paradise’ Lost. 1745 beginnt Klopstock seine ,Messias’-Dichtung, die 1773 erscheint. Wikipedia. • Nach dem Theologiestudium lebte er ab 1748 zwei Jahre in Langensalza um seiner siebzehnjährigen Cousine nahe zu sein, die er leidenschaftlich, aber unerwidert, liebte, und die die ,Fanny’, ,Daphne’ und ,Laura’ seiner schönsten frühen Oden ist. Bad Langensalza. www.literaturland-thueringen.de.

[41] In Frankreich schon im 17. Jahrhundert, siehe Seite 46.

[42] Mary Wortley Montagu: The Letters and Works, Band 1. Paris 1837, S. 116.

[43] Wikipedia englisch: Blue Stockings Society. • Nach einer Anekdote soll der Botaniker und Herausgeber Benjamin Stillingfleet aus Geldmangel immer nur blaue Socken getragen haben. Ebd.

[44] Wikipedia: Blaustrumpf. • So veröffentlichte die satirische Zeitschrift ,Le Charivari’ 1884 unter dem Titel ,Les bas-bleus’ (Die Blaustrümpfe) vierzig Karikaturen von Honoré Daumier. Schreibende, lesende oder nachdenkende Frauen sind hier als pflichtvergessen, geschlechtslos und abstoßend, der Anspruch, ,männliches’ Talent zu besitzen, als lächerliche Illusion dargestellt. Lerner, a.a.O., S. 278.

[45] Margaret Alic: Hypatias Töchter. Der verleugnete Anteil der Frauen an der Naturwissenschaft. Zürich 1987, S. 103f. • Auf Wikipedia ist dies unter ,Mary Wortley Montagu’ kurz erwähnt, unter ,Pockenimpfstoff’ jedoch mit keinem Wort.

[46] Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 601. • Tochter eines kleinen Ladenbesitzers, verlässt sie 1721 ihren Mann, einen Geistlichen, ohne dessen Einwilligung, tritt in einem selbstverfassten Theaterstück auf, stand im Ruf, Mätresse mehrerer Männer zu sein und behandelt in ihren Werken die Verletzlichkeit verliebter Frauen. Später werden ihre Romane moralisch, und sie verfasste auch Anstandsbücher. Ebd., S. 603. • ,Exploring the conflict between social expectations and individual desires, Haywood's novel illustrates how female desire is silenced by public norms.’ Wikipedia englisch: Love in Excess; or, The Fatal Enquiry. | Ihr erster, erfolgreicher Roman (1720).

[47] Wikipedia: Pamela (Roman).

[48] Hufton, Frauenleben, a.a.O., S. 606.

[49] Corrinne Harol: Enlightened Virginity in Eighteenth-Century Literature. New York 2006, p. 63.

[50] Wikipedia: Maria Theresia.

[51] Epistles to Several Persons: Epistle II: To a Lady on the Characters of Women. www.poetryfoundation.org. • Als eine Übersetzung findet sich: ,Vertheilt ist Scherz und Ernst in Männerbrust, / Doch jede Frau im Herzen fröhnt der Lust.’

[52] Wikipedia: Johann Julius Hecker.

[53] Wetenhall Wilkes: A Letter of Genteel and Moral Advice to a Young Lady: Being a System of Rules and Informations [...] to Qualify the Fair Sex to be Useful, and Happy in Every Scene of Life. London 1746, p. 102f.

[54] Anke Bernau: Mythos Jungfrau. Die Kulturgeschichte weiblicher Unschuld. Berlin 2007, S. 142, 149.

[55] Wikipedia englisch: Marriage Act 1753. • Zuvor ,konnte ein Vierzehnjähriger eine Zwölfjährige in einem Wirtshaus vor zwei Freunden heiraten.’ Ronald Pearsall: Sex im Viktorianischen Zeitalter. Sittengeschichte. o. J. [ca. 1971/74], S. 165. • Dies ist nicht richtig, denn die Eheschließung durch einen anglikanischen Geistlichen war immer erforderlich. Wikipedia, ebd.

[56] Der Mann war im Mittel zwei Jahre älter als die Frau. Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 190.

[57] Wikipedia: Dorothea Christiane Erxleben. • Als ihr trotz ihres vom Vater vermittelten breiten medizinischen Wissens der Zugang zur Universität verwehrt blieb, wandte sie sich an Friedrich den Großen, der 1741 die Universität Halle anwies, sie zur Promotion zuzulassen. Dies nahm sie später in Anspruch, als männliche Ärzte ihr nach Übernahme der väterlichen Praxis in Quedlinburg ,Pfuscherei’ vorwarfen. Ebd.

[58] Wikipedia: Karoline Luise von Hessen-Darmstadt.

[59] Wikipedia: Miss Sara Sampson. • Später folgen ,Minna von Barnhelm’ (1767) und ,Emilia Galotti’ (1772). Wikipedia: Gotthold Ephraim Lessing.

[60]1760 ,Lehrreiches Magazin für … junge Frauenzimmer’ von Leprince de Beaumont; 1761 ,Die Hofmeisterinn’ von Sarah Fielding etc.

[61] Sur le sens moral et l’esprit d’observation, in: Eduard Bodemann (Hg.): Julie von Bondeli und ihr Freundeskreis. Hannover 1874, S. 201-206.

[62] Wikipedia: Anna Louisa Karsch. • Durch ihre Gedichte war sie sogar zu Wohlstand gekommen, durfte aber als (von ihrem trinkenden, gewalttätigen Mann) getrennt lebende Frau nach damaligem Recht nicht auf ihr Geld zugreifen. Ebd. • Auch Sulzer schrieb am 24.3.1761 an Bodmer: ,Ich zweifle daran, ob jemals ein Mensch die Sprache und den Reim so sehr in seiner Gewalt gehabt hat, als diese Frau.’ Hanstein, Geistesleben I, a.a.O., S. 331.

[63] Jean-Jacques Rousseau: Emil oder Über die Erziehung, Band 2. Leipzig o. J., S. 340, Fünftes Buch. Zeno.org. • Original: Émile ou De l'éducation. Paris 1762. Originaltext siehe classiques.uqac.ca.

[64] Zugleich schreibt er direkt danach, dass angeblich (gleichsam von Natur aus) ,jede Frau von dem Wunsche beseelt ist, den Männern zu gefallen, und auch beseelt sein soll’. Ebd. • Eine Seite später spricht er gar von ,gefallsüchtig’.

[65],Die Strenge der gegenseitigen Pflichten beider Geschlechter ist und kann nicht dieselbe sein. Wenn sich die Frau über diese Ungleichheit zwischen sich und dem Manne beklagt, als ob ihr dadurch eine Ungerechtigkeit zugefügt würde, so begeht sie ein Unrecht.’ Ebd., S. 332. • Auch würde es schlicht zum Untergang beider Geschlechter führen, wenn auch die Frau ihrem ,schrankenlosen Verlangen’ folgte: ,Man darf eben nicht übersehen, daß [...] der Untergang beider erfolgen würde, wenn nicht die Zurückhaltung dem einen die Mäßigkeit auferlegte, welche die Natur dem anderen auferlegt.’ Ebd., S. 327.

[66] Jack Holland: A Brief History of Misogyny. London 2006, p. 163.

[67] Wikipedia: Jean Henri Samuel Formey.

[68] Kern scharfsinniger Gedanken der Julie zum Besten des gesellschaftlichen Lebens und insonderheit der Jugend. Berlin 1762, zitiert nach Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Zweites Buch. Leipzig o. J. (1900), S. 200f. • Der Übersetzer von Formeys Werk war Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr, der Witwer der ,Zieglerin’. Ebd., S. 200.

[69] Wikipedia: Katharina II.

[70] Heidi Rosenbaum: Formen der Familie. Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 51990, S. 289f. • Hinzu kam, dass die Frau oft noch sehr jung war, unter niederländischen Bildungsbürgern betrug der Altersunterschied im Mittel zehn Jahre. Ebd., S. 288.

[71] So schreibt Schopenhauers Mutter Johanna, neunzehn Jahre jünger als ihr Mann, den sie mit achtzehn Jahren geheiratet hatte: ,[...] er konnte doch seine Zufriedenheit mit meinem Betragen mir nicht verbergen, und diese mir zu erhalten, konnte und mußte vernünftigerweise das einzige Ziel sein, das ich nie aus dem Auge verlor … Ich fühlte, daß unser beider jetziges und künftiges Glück nur von seiner fortgesetzten Zufriedenheit mit mir abhängig war, und ehrte und liebte ihn genug, um alles daran zu setzen, mir diese zu erhalten…’ Ebd., S. 291, dort ztiert Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Danzig 1884, S. 122.

[72] Rosenbaum, a.a.O., S. 293.

[73] Ebd., S. 425. • Dennoch gab es unter den Arbeiterinnen auch ein anderes Selbstbewusstsein als bei der bürgerlichen ,Hausfrau’: ,[Marie, H.N.] Bernays glaubt, aufgrund ihrer Erfahrungen von einer zwar generell ungezügelten, aber „gesunden“ Sinnlichkeit der Arbeiterinnen sprechen zu können. [...] In Sachsen hatten die Arbeiterinnen von 16 Jahren an einen „Schatz“.’ Ebd., S. 426. • Aber auch in der Arbeiterschaft führten Kinder meist zu einer Ehe. Ebd., S. 427.

[74] Wikipedia: Geschichte des Fräuleins von Sternheim.

[75] Wikipedia: Sophie von La Roche.

[76] Wikipedia: Charlotte Ackermann. • Der Senat verbot schließlich bereits zwei Tage nach der Beerdigung ein Denkmal, für das bereits gesammelt wurde, und sogar Zeitungsartikel. Ebd. • Mit flammender Leidenschaft ging sie in jeder Rolle auf, in nur fünf Jahren spielte sie 116 Rollen, in den letzten fünf Monaten lernte sie 35 davon ganz neu. Zugleich war sie der liebearmen Mutter ergeben und in rührender Weise selbstlos und hilfsbereit. Hanstein, Geistesleben II, a.a.O., S. 90f.

[77] Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Zweites Buch. Leipzig o. J. (1900), S. 216ff.

[78] Erinnerungen aus dem Leben Joh. Gottfrieds von Herder. Gesammelt und beschrieben von Maria Carolina von Herder, geb. Flachsland. Herausgegegeben durch Johann Georg Müller. Erster Theil. Tübingen 1820, S. 164f.

[79] Ein Leichenstein im Erfurter Dom, der einen Ritter mit je einer Gemahlin zu beiden Seiten und mehrere dreischläfrige Betten zeigt, spricht für einen wahren Kern. Wikipedia: Der Graf von Gleichen (Sage). • Auch der Dichter Bürger ersehnte eine solche Möglichkeit. 1774 hatte er Dorothea Leonart geheiratet, kurz darauf verliebte er sich in ihre Schwester Molly – die er, als seine Frau an den Folgen einer Geburt starb, 1785 heiratete (siehe sein Gedicht ,Das hohe Lied von der Einzigen’), 1786 aber starb Molly ebenso. Wikipedia: Gottfried August Bürger.

[80] Cäcilia erzählt die Sage und endet: ,An ihrem Halse rief das treue Weib, in tausend Tränen rief sie: „Nimm alles, was ich dir geben kann! Nimm die Hälfte dteines, der ganz dein gehört – Nimm ihn ganz! Laß mir ihn ganz! Jede soll ihn haben, ohne der andern was zu rauben – Und“, rief sie an seinem Halse, zu seinen Füßen, „wir sind dein!“ – – Sie faßten seine Hände, hingen an ihm – Und Gott im Himmel freute sich der Liebe, und sein heiliger Statthalter sprach seinen Segen dazu. Und ihr Glück und ihre Liebe faßte selig Eine Wohnung, Ein Bett, und Ein Grab.’ Stella, 5. Akt. Zeno.org.

[81] Brief vom 31.3.1776. Wikipedia: Abigail Adams.

[82],Was Deinen ungewöhnlichen Gesetzentwurf angeht, so kann ich nur lachen’. In Wahrheit seien doch die Männer ,die Untergebenen. Nur dem Namen nach sind wir die Herren.’ Und: ,Du kannst Dich darauf verlassen, daß es uns nicht einfällt, unsere maskuline Ordnung abzuschaffen.' Brief vom 14.4.1776. Gerda Lerner: Entstehung des feministischen Bewusstseins. München 1998, S. 24f, dort zitiert nach L. H. Butterfield u.a. (Hg.): The Book of Abigail and John. Selected Letters of the Adams Family 1762-1784. Cambridge 1975, p. 123. • Hier ist die Heuchelei völlig offensichtlich. Er spricht ganz offen von einer bedingungslos verteidigten ,maskulinen Ordnung’ – aber eigentlich seien ja die Männer die Untergebenen!

[83] Im Falle der Sklaven ging es wenigstens noch um ihre Zählung. Die Südstaatler wollten die Sklaven als Menschen voll gezählt haben, das Wahlrecht aber von ihren Besitzern ausüben lassen, die Nordstaaten wollten diese Sklaven als bloßen Besitz nicht mitzählen, um den Einfluss der Südstaatler zu begrenzen. Letztlich zählte ein Sklave bei der Festlegung des Stimmrechts als Dreifünftel eines Mannes. Gerda Lerner: Entstehung des feministischen Bewusstseins. München 1998, S. 18.

[84] Wikipedia: Iphigenie auf Tauris.

[85],Ja, niemals vorher und niemals nachher hat Goethe so rein und heilig die unentweihte Weiblichkeit verehrt, als in dieser Zeit, wo Frau von Stein ihn selbst zu einem Verhältnis reiner Freundschaft erzog.’ Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Zweites Buch. Leipzig o. J. (1900), S. 435. • Unter ihrer beständigen Teilnahme entstehen auch ,Wilhelm Meisters Lehrjahre’, ihr ist wie jeder Vers dieser Zeit das Fragment ,Die Geheimnisse’ gewidmet, und auch in dem Gedicht ,Zueignung’ kann man hinter dem ,göttlichen Weib’ der Wahrheit zugleich Frau von Stein sehen. Ebd., S. 438f.

[86] Wikipedia: Caroline Herschel. • 1835 wurden sie und die schottische Astronomin und Mathematikerin Mary Somerville (1780-1872) als erste Frauen in die ,Royal Astronomical Society’ aufgenommen.

[87] Elisabeth Blochmann: Das „Frauenzimmer“ und die „Gelehrsamkeit“. Eine Studie über die Anfänge des Mädchenschulwesens in Deutschland. Heidelberg 1966, S. 47.

[88] Ebd., S. 89. • Siehe auch Christian Carl André: Bildung der Töchter in Schnepfenthal. Göttingen 1789. • In einer Zuschrift heißt es dort: ,Wie sehr wünsche ich [...] Ihr Unternehmen befördern zu können [...] in einem Lande [...], dessen weibliche Bewohner, Putz und Coquetterie abgerechnet, noch in dem Zustande der rohesten Natur sich befinden und wahrhaft weiter nichts als Zuchthennen sind.’ (S. XXX). • André, mit der jungen Schwägerin Salzmanns verheiratet, leitete mit dieser die ab 1786 eigene Mädchenabteilung. 1790 wurde diese nach Gotha verlegt, offenbar wegen Differenzen mit Salzmann, da André mehr am traditionellen Gehorsam und Dienen der Mädchen festhielt. Ebd., S. 90.

[89] Ebd., S. 90.

[90] Adalbert von Hanstein: Die Frauen in der Geschichte des Deutschen Geisteslebens des 18. und 19. Jahrhunderts, Zweites Buch. Leipzig o. J. (1900), S. 300-308.

[91] Johann Daniel Hensel: System der weiblichen Erziehung, besonders für den mittlern und höhern Stand; ein Versuch. Erster Theil. Halle 1787. | System der weiblichen Erziehung. Zweiter Theil. Nebst einem Anhange über die Schaamhaftigkeit. Halle 1788. • 1792 errichtete er in Hirschberg ein Erziehungsinstitut für Mädchen. Wikipedia: Johann Daniel Hensel.

[92] Die berühmte Frau. Zeno.org.

[93] Joachim Heinrich Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter. Ein Gegenstück zum Theophron. Der weiblichen Jugend gewidmet. Braunschweig 4.1791 [erstmals Frankfurt/Leipzig 1789].

[94] Olwen Hufton: Frauenleben: Eine europäische Geschichte. 1500-1800. Frankfurt am Main 2002, S. 444, dort nach Erica-Marie Bénabou: La prostitution et la police des moeurs au XVIIIe siècle. Paris 1987. • Die meisten Frauen kamen aus den extrem schlecht entlohnten Handarbeitsberufen (Schneiderin etc.). Ebd., S. 446. • Vor der Revolution wurden jährlich rund 700 Frauen verhaftet, für meist kurze Strafen in der Salpêtrière, zwei Drittel waren nicht in Paris geboren, die meisten Straßenmädchen, die mit fortschreitendem Jahrhundert immer jünger wurden (unter zwanzig). Ebd., S. 447. • Auch in London kamen grob geschätzt 60 % aller Prostituierten aus dem armen Norden. Ebd., S. 443. • In Amsterdam ließ die Verfolgung bereits ab 1710 nach und war um 1690 am höchsten, vielleicht gab es hier einen Anstieg vor und während des Spanischen Erbfolgekrieges oder mit Einführung der Straßenbeleuchtung. Ebd., S. 448. • Ironischerweise wollte man sowohl im ,Spinhuis’ als auch im Londoner Magdalenen-Hospiz die Frauen zu jener Handarbeitstätigkeit bringen, deren elende Entlohnung sie erst in die Prostituion getrieben hatte. Ebd., S. 449f.

[95] Ein Gesetz vom 28.8.1792 entließ Frauen und Männer mit 21 Jahren aus der väterlichen Gewalt und bestimmte die Zeugnisfähigkeit der Frau. Das Erbrecht vom 4.6.1793 berücksichtigte Kinder beiderlei Geschlechts. Die Rechtsstellung der Frauen vor und während der Revolution. www.univie.ac.at. • Die Alphabetisierungsrate in Frankreich stieg im 18. Jahrhundert bei Männern von 29 auf 47 %, bei Frauen von 14 auf 27 %. Lerner, a.a.O., S. 59.

[96] On the Equality of Sexes. Lerner, a.a.O., S. 192.

[97] Wikipedia englisch: On the Equality of the Sexes.

[98] Wikipedia: Rahel Varnhagen von Ense.

[99] Ebd. & Wikipedia: Henriette Herz.

[100] Wikipedia: Germaine de Staël.

[101] In seinem Essay ,Sur l’admission des femmes au droit de cité’ (1790) forderte er das Frauenwahlrecht. Ebenso trat er für die Abschaffung der Sklaverei und die Gleichberechtigung der Schwarzen ein. Er starb unter ungeklärten Umständen kurz nach seiner Verhaftung durch die Jakobiner. Wikipedia: Marie Jean Antoine Nicolas Caritat. | Siehe auch unten.

[102] Wikipedia: Olympe de Gouges.

[103] Olympe-de-gouges.info. Französische Version als Link bei Wikipedia.

[104] Dagmar Grenz: Mädchenliteratur. Stuttgart 1981, S. 15.

[105] Wikipedia: Mary Wollstonecraft & A Vindication... • Shelley wurde die Autorin von ,Frankenstein’. • Wollstonecrafts Roman ,Mary’ behandelt das Schicksal einer Frau, die einen Mann heiraten musste, den sie vorher nicht einmal kannte – und klagt so auch hier die Unterdrückung der Frau an. Wikipedia englisch: Mary: A fiction. • Als ihr Mann nach ihrem Tod eine Lebensbeschreibung und Briefsammlung veröffentlichte, aus der ihre zwei außerehelichen Beziehungen mit einer außerehelichen Tochter hervorgingen, war ihr Ruf ein Jahrhundert lang zerstört, und die Angriffe reichten bis in die 1950er Jahre. Gerda Lerner: Entstehung des feministischen Bewusstseins. München 1998, S. 217.

[106] Wikisource englisch: A Vindication of the Rights of Woman. Chapter 2: The prevailing opinion of a sexual character discussed. • Ihre Schrift ist Talleyrand gewidmet. Ebd.

[107] So fordert er gleiche Erziehung für Mädchen und die Öffnung aller Bereiche und Berufe für Frauen. Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin 1792, S. 132f & 207. Dagmar Grenz: Mädchenliteratur. Stuttgart 1981, S. 16f.

[108] Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (01.06.1794), Zweyter Theil. opinioiuris.de.

[109],Ueber den Geschlechtsunterschied und dessen Einfluss auf die organische Natur’ (1794), ,Ueber die männliche und weibliche Form’ (1795) und ,Plan einer vergleichenden Anthropologie’ (1795).

[110] Wikipedia: Wilhelm von Humboldt.

[111] Sophie von Kühn (1782-1797). • 1798 verlobte er sich mit Julie von Charpentier, starb aber 1801.

[112] Johann Gottlieb Fichte: Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre. Zweiter Theil oder Angewandtes Naturrecht. Jena/Leipzig 1797. Grundriss des Familienrechts (als erster Anhang des Naturrechts), Erster Abschnitt: Deduction der Ehe, hier S. 158-173. Archive.org. • Die Hingabe verkörpere die Frau schon rein anatomisch gesehen, die Liebe deshalb, weil sie sich sonst für ihre passive Hingabe verachten müsste.

[113] Wikipedia: Juliette (de Sade).

[114],Idee zu einem Katechismus der Vernunft für edle Frauen’. Athenaeum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel. Ersten Bandes Erstes Stück. Berlin 1798, S. 109-111, hier 110.

[115] Carl Friedrich Pockels: Versuch einer Charakteristik des weiblichen Geschlechts. Ein Sittengemählde des Menschen, des Zeitalters und des geselligen Lebens, Band 1. Hannover 1797. Band 2. Hannover 1798.

[116] Anonym [= Elisabeth Eleonore Bernhardi]: Ein Wort zu seiner Zeit: Für verständige Mütter und erwachsene Töchter. In Briefen einer Mutter, hg. Karl Gottlob Sonntag. Freyberg 1798. • Siehe Elisabeth Blochmann: Das „Frauenzimmer“ und die „Gelehrsamkeit“. Eine Studie über die Anfänge des Mädchenschulwesens in Deutschland. Heidelberg 1966, S. 76f.

[117]1799 wird ihre Geschäftsfähigkeit beschränkt, erneut ihre Prozeßunfähigkeit festgelegt und die gemeinsame Verwaltung ehelichen Vermögens rückgängig gemacht. Die Rechtsstellung der Frauen vor und während der Revolution. www.univie.ac.at.

[118] Gerda Lerner: Entstehung des feministischen Bewusstseins. München 1998, S. 280. • Diese freie Haltung zeigte sich in vielem: Caroline Schlegel-Schelling (1763-1809) hatte ein uneheliches Kind. Sophie Mereau (1770-1806) lebte nach ihrer Scheidung einige Jahre alleinstehend mit Kind und gab dann erst dem Werben des jüngeren Clemens Brentano (1778-1842) nach. Die geschiedene Dorothea Veit (1764-1839) lebte mehrere Jahre mit dem jüngeren Friedrich Schlegel (1772-1829) zusammen, bevor sie heirateten. Rahel Levin (1771-1833) heiratete mit vierzig den viel jüngeren Karl Varnhagen von Ense (1785-1858). Bettina Brentano und Rahel Varnhagen hatten leidenschaftliche Beziehungen zu anderen Frauen. Ebd., S. 281. • Caroline Schlegel liebte ihren Mann August nicht, hatte ihn aber geheiratet, weil er sie liebte und die Ehe sie nach abenteuerlicher Lebensgeschichte vor Ächtung und Armut rettete. 1799 stieß Schelling (1775-1854) zum Kreis dazu. Er bemühte sich um eine Freundschaft zu Caroline und verliebte sich in deren vierzehnjährige Tochter Auguste (1785-1800), die ihm zur Braut bestimmt wurde, jedoch bald an Ruhr starb. Die enge Verbindung von Caroline und Schelling mündete 1803 in ihrer Heirat. Ebd., S. 281-283.

[119],Ueber die Philosophie, An Dorothea’. Athenaeum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel, Zweiten Bandes Erstes Stück. Berlin 1799, S. 1-39, hier 9.