Parthenophilie

Vorwort zu diesem Band


In diesem Band geht es um die Frage der Sexualität – ganz allgemein. Die Frage der Sexualität mit einem Mädchen ist zwei anderen Bänden (Recht, Studien) dieser Reihe vorbehalten.

Warum dann aber ein eigener Band zur Sexualität? Diese Frage ist sehr einfach zu beantworten. In Wirklichkeit ist das Thema der Sexualität noch immer umfassend tabuisiert. Selbst Ehepaare vermeiden das Thema noch, weil es so intim ist. Das bedeutet aber gleichzeitig, die meisten Menschen werden zwar mit sexuellen Botschaften bombardiert, aber haben kein umfassendes Wissen über diesen Bereich.

Ich meine damit nicht die grundlegende Aufklärung, die heute jeder Mensch hat. Ich meine etwas viel Grundsätzlicheres, auf dessen Basis zum Beispiel so etwas wie die allgemeine Anerkennung der Homosexualität überhaupt möglich wäre. Ein solches Vertrautsein mit der Frage der Sexualität, dass eine echte Toleranz und mehr noch: Akzeptanz möglich wird. Zwar haben wir inzwischen durch jahrzehntelange Aufklärung in diesem Punkt inzwischen eine zunehmende Akzeptanz erreicht – aber das meint bei weitem nicht dasjenige, was ich meine.

Was durch fortwährende Botschaften erreicht wird, ist keineswegs auch nur ansatzweise dasselbe, was man innerlich erringt, wenn man sich selbst mit dem gesamten Feld der Sexualität und seiner historischen Entwicklung befasst.

Allein schon die Geschichte der Sexualwissenschaft ist unglaublich spannend. Und es ist geradezu erschütternd, wie die gerade in Deutschland geborene Sexualwissenschaft unter den Nazis völlig vernichtet wurde – und wie es auch nach 1945 nicht gelang, eine solche wieder aufzubauen. Als würde es die Relevanz nicht geben! Aber, wie der begnadete Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch mehrfach aussprach: Es lässt sich damit offenbar kein Profit machen. Und Grundlagenforschung ist nach der zunehmenden Amerikanisierung unseres Bildungssystem offenbar gerade auf diesem Gebiet von keinerlei Interesse mehr. Es ist ein absolutes Armutszeugnis, dass Siguschs Institut nach seiner Emeritierung 2006 schlicht geschlossen wurde – und die von ihm etablierte Sexualmedizin bis auf eine absolute Formalisierung im Grunde aufgehört hat zu existieren.

Sexualmedizinisch stehen wir nach wie vor nicht nur vor einer völligen Pioniersituation, sondern fast in einer Wüste. Allein schon deshalb wäre ein Band wie dieser absolut notwendig. Es geht nicht um ein feuilletonistisches Aufwerfen der Frage ,Wie gut sind die Deutschen im Bett?’ alle paar Monate – oder sonstige Idiotien dieser Art. Es ginge um ein tiefes Ernstnehmen sexualpsychologischer Fragestellungen, von patriarchalen Ideologien über die Unterschiede zwischen Ost und West, wie es sie gab und noch immer gibt, über die Frage heutiger Tabus und verkrampfter Enttabuisierung und ihrer Folgen, bis hin zur Frage der Folgen der Pornoindustrie, der Sexualisierung und Ent-Sexualisierung und vielem anderen mehr.

Ein Thema, das für die meisten Menschen derart relevant ist, darf nicht nur anekdotisch oder voyeuristisch behandelt werden. Die ganzen Dimensionen dieser Frage, werden – wie bei jeder Frage – überhaupt erst durch die Vertiefung deutlich werden.