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Erotic Innocence
James R. Kincaid: Erotic Innocence. The Culture of Child Molesting. Durham/London 1998. Im Folgenden Seitenangaben in hochgestellten eckigen Klammern. Übersetzungen H.N.
In einem ausführlichen Werk ging James Kincaid, Professor für englische Literatur an der University of Southern California in Los Angeles, 1998 auf die Erotisierung der Kindheit und ihre negativen Folgen ein.
Das Buch beginnt mit seinem Cover – einem der erotischsten Cover in Bezug auf die Parthenophilie überhaupt. Es zeigt auf einem getigerten Fell ein etwa elf-, zwölfjähriges Mädchen, auf dem Rücken liegend, scheinbar schlafend, das Gesicht dem Betrachter zugedreht, ein Bein angewinkelt. Perlenarmbänder liegen auf seinem Oberarm, als habe es damit gerade noch gespielt, sein zarter Leib ist nur mit durchscheinendem, geblümtem Gardinenstoff bedeckt... Jedes Detail ist verführerisch – gerade in seiner vollkommenen Unschuld.
Kincaid weist auf den ungeheuren Diskurs hin, den das Thema ,sexuelle Belästigung’ und ,Missbrauch’ von Kindern gerade in den USA erfährt, sodass niemand der ,Tatsache’ entgehen kann, dass dies ein außerordentliches Problem ist. Im weiteren problematisiert Kincaid aber gerade diese Diskurse und Storys – und hinterfragt, warum unsere Kultur gerade diese Diskurse pflegt und pusht und aufbläht. Könnte es sein, dass sie viel mehr damit zu tun hat, als sie sich den Anschein gibt? Könnte es sein, dass man alles für den ,Schutz des sexuell bedrohten Kindes’ tut und mit großem medialem Aufwand jede Drohung und jedes Verbrechen thematisiert, weil im Inneren auch der eigenen Seele etwas gerade fortwährend den Blick auf das sexualisierte Kind richten will?
Mit anderen Worten: Kincaid richtet den Blick nicht so sehr auf die Verbrechen, sondern auf unseren Umgang damit, auf unseren Blick darauf – und auf die Ursachen, die solche Verbrechen erst ermöglichen, weil die Kindheit längst vorher sexualisiert wurde. Mit jedem ausführlichem Diskurs über die ,Abscheulichkeit’ sexueller Belästigung eines einzelnen Kindes wird medial und umfassend die gesamte Kindheit von neuem sexualisiert. Man kommt nicht von dem Thema los, man konzentriert sich geradezu darauf. Immer in der Meinung, man selbst sei dabei auf der guten Seite – nicht merkend, dass selbst diese ,gute Seite’ nichts anderes tut, als sich mit dem sexualisierten Kind zu befassen...
Kindcaid konfrontiert unsere Kultur mit ihrer eigenen Doppelmoral und verdrängten, unbewussten Attraktion in Bezug auf das gerade nicht asexuelle, sondern hochsexualisierte Kind. Das Sich-Ereifern über die ,Perversen’, die minderjährige Kinder anziehend finden, ist der perfekte Schutz der eigenen Seele, sich davon abzugrenzen – und dennoch fortwährend diesem Thema zugewandt zu bleiben.[1]
Man kann es mit dem erotischen Kitzel jeglichen Voyeurismus’ vergleichen. Man denke an die alten Gladiatorenkämpfe, an die öffentlichen Hinrichtungen, an Boxkämpfe und anderes. All dies wäre nicht möglich, wenn nicht in jedem Menschen irgendwo auch die Lust an Macht und Vernichtung säße. Und so lebt auch in jeder Seele irgendwo die Lust nach der sexuellen Annäherung an das noch so unglaublich Unschuldige, aber doch bereits – und gerade dadurch – so unglaublich Anziehende. In jedem Menschen lebt – nicht der ,Kinderschänder’, darum geht es nicht –, sondern etwas, das sich von einer wahrnehmbaren Erotik sehr, sehr angezogen fühlen könnte...
Und indem man mit furioser Empörung gegenüber ,Kinderschändern’ vielleicht sogar die Todesstrafe, die chemische Kastration und anderes fordert, spricht man sich davon frei, auch nur den kleinsten Hauch derselben Anziehung zu spüren. Man wehrt in der Außenwelt ab, was man im Innersten ebenfalls abwehrt, verdrängt, unterdrückt.
Wenn es einem wirklich um das Kind ginge, würde man nicht nur das sexuelle Problem zu einem alles beherrschenden Moloch aufblasen, sondern auch körperliche Gewalt,[2] verbale Gewalt und Demütigungen, Armut, schwere soziale Diskriminierung durch die Spaltung der Gesellschaft und anderes thematisieren.[3] Dass man dies nicht oder sehr viel weniger tut, zeigt, wie sehr es gerade um diesen einen, den sexuellen Diskurs geht.
Hier liegt angeblich das größte Problem – während aber in Wirklichkeit viel mehr Kinder einfach so totgeschlagen, gequält und misshandelt werden, von ihren eigenen Eltern, als von irgendwem sexuell missbraucht werden. Dennoch haben die geschlagenen, von Gewalt sterbenden, bitterarmen oder täglich gedemütigten Kinder weitaus weniger öffentliche Anwälte als das sexualisierte Kind. Warum? Weil der Gesellschaft an diesem einen Diskurs liegt. Sie möchte sich fortwährend mit dem sexualisierten Kind beschäftigen – auch wenn sie dies abstreitet. Das ,sexuell gefährdete Kind’ ist mit Abstand das Thema, das am meisten Aufmeksamkeit und Interesse erregt. Weil es so unglaublich attraktiv ist – sonst wäre es nicht der alles beherrschende Diskurs.
Und Kincaid gibt auch eine Erklärung:[14]
Wir betrachten Kinder unter anderem als süß, unschuldig, leer (vacant), glatthäutig, spontan und schelmisch. Wir konstruieren das Begehrenswerte unter anderem als süß, unschuldig, leer, glatthäutig, spontan und schelmisch. Es gibt noch mehr, wie wir das Kind sehen, und mehr, wie wir dasjenige konstruieren, was sexuell begehrenswert ist – aber nicht viel mehr.
Auch er bringt dann das Glatte, Unberührte mit der Möglichkeit in Verbindung, alles in dieses hineinzuprojizieren, der eigenen Phantasie keinen Widerstand entgegenzusetzen:[17]
[...] begehrenswerte Gesichter müssen unbeschrieben sein, von Farbe entleert; große Augen, rund und ausdruckslos; Haare blond oder farblos; Taille, Hüften, Füße und Verstand klein.
Dies ist tatsächlich das perfekte ,Kindchenschema’, wie es in den japanischen Mangas seinen Höhepunkt erreicht. Und doch ist Kincaid hier zu widersprechen.
Es geht nicht um Projektion, sondern um die Unschuld. Natürlich kann auch in diese Unschuld alles hineinprojiziert werden – aber die Unschuld ist bereits da. Es muss gar nichts mehr projiziert werden, weil es um nichts anderes geht als um diese Unschuld.
Die Unschuld enthält auch die Hingabe. Sie nimmt die Wünsche des Anderen sanft auf. Projektion ist also gar nicht nötig, weil die Unschuld real jene Hingabe verwirklicht, die die Projektion sich nur wünscht. Dies ist das wahre Geheimnis der Unschuld – und alle Erklärungen gehen fehl, die diese nur als ,perfekte Projektionsfläche’ sehen.
Wenn etwas projiziert wird, dann die Unschuld in Wesen, die nicht unschuldig sind. Wo aber die Unschuld wirklich lebt, braucht nichts mehr hineinprojiziert zu werden, da die Unschuld selbst die Verwirklichung der innersten Wünsche bildet. Ein Mann wünscht sich ein unschuldiges Mädchen nicht als Projektionsfläche, sondern als originär-primäre Realität. Es geht um diese Unschuld – um nichts anderes.
Ein Mädchen mit großen, offenen Augen und mit sanfter Taille und auch sonst ganz und gar sanfter Gestalt ist unschuldig – und mehr ist nicht zu wünschen. Ihr Verstand wird immer groß genug sein, ihr Herz aber wird größer sein als das aller anderen, sogar noch größer als ihre Augen, die doch der Spiegel der Seele sind und daher gerade bei diesem Mädchen unendlich viel ausdrücken... Es geht um die Unschuld, nicht um Projektion. Diese selbst mag Projektion sein, wo sie nicht mehr existiert. Dort aber, wo sie real zur Erscheinung kommt, zieht sie stärker an als der erotischste Frauenkörper der Welt. Das Mädchen ist in seiner ganzen Unschuld erotischer, anziehender, als alles andere...
Die machtvollste Phantasie ist nicht die eines sexuell extrem begehrenswerten Frauenkörpers, sondern die eines unschuldigen Mädchens, das auch weiblich ist, aber viel, viel mehr besitzt, als es eine Frau je könnte...[4]
Und weil ein Mädchen diese Unschuld noch besitzt, ist das Schönheitsideal mädchenhaft. Es ist in seiner Tiefe kein ,Jugendkult’, sondern eine Anbetung des Unschuldigen. Kincaid zitiert das Ergebnis einer Studie von 1993:[18][5]
Die ideale 25-jährige Frau [...] hatte die vollen Lippen einer 14-Jährigen und das zarte Kinn einer 11-Jährigen.
Kincaid stellt fest, dass vierzehnjährige Mädchen Schönheitswettbewerbe gewinnen, die für Frauen gedacht sind, dass wir uns nun aber über sexuelle Belästigung Minderjähriger wundern.[20] In Bezug auf das heuchlerische Entsetzen findet er folgende Worte:[21]
Ein Land, das Kinder als erotisch betrachtet, zugleich aber eine erotische Antwort auf Kinder nicht nur als kriminell, sondern als kriminell unvorstellbar ansieht, hat ein Problem.
Und er fasst die Folgen dieses Diskurses in folgender Liste zusammen:[21]
1. Er lenkt unsere Aufmerksamkeit von viel drängenderen Übeln ab.
2. Er erlaubt uns, Kinder weiterhin zu erotisieren, während er absstreitet, dass wir genau dies tun.
3. Er erschafft das sexualisierte Kind, dessen ,Reinigung’ wir vorgeben.
4. Er projiziert auf andere eine ganze Menge von Versäumnissen, die wir als Eltern und als Kultur erleben können.
5. Er attackiert arbeitende Mütter höchst feindselig.
6. Er züchtet in Bezug auf Berührung solche Furcht, dass jede Form von Intimität als kaum des Risikos wert erscheinen kann.
7. Er gibt der Polizei und den Überwachungsbehörden gottgleiche Macht.
Kürzer gesagt: Der verewigte und ständig gesteigerte Missbrauchsdiskurs bringt das erotisierte Kind selbst hervor, er lenkt vom wirklichen Schutz von Kindern und den eigenen Versäumnissen ab, extremisiert das Strafrecht und die Überwachung und vernichtet Intimität und Zärtlichkeit.
So entsteht eine perverse Kultur widersprüchlicher Impulse. Einerseits sollen die Kinder dasjenige sein, was wir am meisten lieben – andererseits dürfen sie nicht einmal mehr berührt werden.[6]
Kincaid macht auch darauf aufmerksam, dass in der medialen Inszenierung die Rolle von ,Täter’ und ,Opfer’ immer schon klar ist – und konfrontiert diese Klarheit mit der realen Unklarheit vieler Fälle.[7]
Im zweiten Kapitel weist er darauf hin, dass im 18. Jahrhundert sowohl die Sexualität als auch die Kindheit ,erfunden’ wurde – sie sind also bereits gemeinsam entstanden.[8] Das Ergebnis dieses gemeinsamen Erscheinens wurde letztlich das erotisierte Kind...
Nach wie vor habe unsere Kultur jedoch ein Problem mit der Frage, wieviel Sexualität ein Kind tatsächlich besitzt oder nicht besitzt. Wir wissen sehr wohl von ganz frühen ,Doktorspielen’ und auch weiteren Erkundungen in den folgenden Jahren – und doch herrscht das Bild vom ,unschuldigen’ Kind, weil wir es so sehen wollen.
Diese Verwirrung hat auch seit Freud nicht nachgelassen, denn Freud hat einerseits die Sexualität des Kindes ,entdeckt’, zugleich aber dann von der langen ,Latenzphase’ zwischen früher Kindheit und Pubertät gesprochen. Wie ein ins Unterirdische gehender Fluss soll die Sexualität nach diesem ersten Kindesalter also wieder ins ,Verborgene’ verschwinden, um dann in der Pubertät ein zweites Mal, nun wirklich, hervorzukommen. Und dazwischen ist das Kind doch wieder rein und unschuldig, unberührt von den Wirrungen dieser Sexualität.
In Wirklichkeit ist hier überhaupt nichts festgefügt, nicht einmal bei Freud. Man lasse die folgende Stelle einmal tief auf sich wirken, die damit beginnt, dass das Kind schon sehr früh den andersgeschlechtlichen Elternteil begehrt:[9]
Alle Gefühle, welche das Kind für seine Eltern und Pflegepersonen empfindet, setzen sich ohne Schranke in die Wünsche fort, welche dem Sexualstreben des Kindes Ausdruck geben. Das Kind [...] verspricht, die Mutter oder Pflegerin zu heiraten, was immer es sich darunter vorstellen mag, setzt sich vor, dem Vater ein Kind zu gebären usw. Direkte Beobachtung sowie die nachträgliche analytische Durchleuchtung der Kindheitsreste lassen über das unmittelbare Zusammenfließen zärtlicher und eifersüchtiger Gefühle und sexueller Absichten keinen Zweifel und legen uns dar, in wie gründlicher Weise das Kind die geliebte Person zum Objekt aller seiner noch nicht richtig zentrierten Sexualbestrebungen macht. (Vgl. Sexualtheorie.)
Diese erste Liebesgestaltung des Kindes, die typisch dem Ödipuskomplex zugeordnet ist, erliegt dann, wie bekannt, vom Beginn der Latenzzeit an einem Verdrängungsschub. Was von ihr erübrigt, zeigt sich uns als rein zärtliche Gefühlsbindung, die denselben Personen gilt, aber nicht mehr als „sexuell“ bezeichnet werden soll. Die Psychoanalyse, welche die Tiefen des Seelenlebens durchleuchtet, hat es nicht schwer aufzuweisen, daß auch die sexuellen Bindungen der ersten Kinderjahre noch fortbestehen, aber verdrängt und unbewußt. Sie gibt uns den Mut zu behaupten, daß überall, wo wir ein zärtliches Gefühl begegnen, dies der Nachfolger einer voll-„sinnlichen“ Objektbindung an die betreffende Person oder ihr Vorbild (ihre Imago) ist. Sie kann uns freilich nicht ohne besondere Untersuchung verraten, ob diese vorgängige sexuelle Vollströmung in einem gegebenen Fall noch als verdrängt besteht oder ob sie bereits aufgezehrt ist. Um es noch schärfer zu fassen: es steht fest, daß sie als Form und Möglichkeit noch vorhanden ist und jederzeit wieder durch Regression besetzt, aktiviert werden kann; es fragt sich nur und ist nicht immer zu entscheiden, welche Besetzung und Wirksamkeit sie gegenwärtig noch hat. [...]
Der Psychologie, welche die Tiefe des Verdrängten nicht durchdringen will oder kann, stellen sich die zärtlichen Gefühlsbindungen jedenfalls als Ausdruck von Strebungen dar, die nicht nach dem Sexuellen zielen, wenngleich sie aus solchen, die danach gestrebt haben, hervorgegangen sind.
Nach den allerfrühesten Jahren empfinde das Kind also bis zur Pubertät auf einmal nur noch ,rein zärtliche Gefühlsbindungen’, diese seien jedoch aus ,sexuellen’ Strebungen hervorgegangen (,dem Vater ein Kind gebären’).
Wir können festhalten, dass das Kind noch nicht die genital zentrierte Sexualität des Erwachsenen kennt – und auch darin gerade seine Unschuld besteht –, dass es aber sehr wohl mit allem, was es als Kind zur Verfügung hat, lieben, begehren, auch Eifersucht empfinden, wünschen, hoffen, sehnen und sich hingeben kann. Und dass der Bereich der Sexualität davon nicht ausgenommen ist, sondern integraler Teil, auf unschuldige Art, auch schon des kindlichen Erlebens.
Auch das Kind empfindet Sehnsucht nach körperlicher Nähe, nach Zärtlichkeit, nach Berührung. Es kann, wenn es liebt, Sehnsucht nach sehr viel Berührung empfinden, sogar nach Erregung, nach etwas, was zunächst gar keine Grenzen kennt. Ein Kind kennt von sich aus kein Tabu – auch das ist Unschuld.
Zugleich kann man sagen, dass beim Kind Seele und Leib noch gar nicht so getrennt sind wie beim Erwachsenen. Ein Mann etwa könnte ohne seelische Anteilnahme körperliche Sexualakte vollführen. Ein Kind kann nicht seelisch lieben, ohne dass auch sein Körper beteiligt ist. Es liebt als ganzes. Es begehrt das Begehrte immer auch körperlich – aber selbst das Körperliche ist beim Kind noch ganz durchseelt. Es ist ein Ungetrenntes. Gerade dies bildet diese unbeschreibliche Hingabe eines Kindes – dass es immer mit allem, was es ist und hat, anwesend und engagiert ist. Die Sexualität ist von der Seele verborgen und eingehüllt, deshalb ganz und gar unschuldig, aber deshalb nicht weniger als leibliche Sphäre vorhanden.
Die ,Latenzphase’ besteht also in unschuldig-seelisch eingehüllter Sexualität. Sie besteht im Primat des Zarten, Zurückhaltenden gegenüber dem Lustvoll-Selbstbezogenen, dem Primat von Zärtlichkeit und Sehnsucht gegenüber ich-bezogener Gier und Aktivität. Im Primat des Unschuldig-Unbewussten gegenüber dem schuldig werdenden Ego-Impuls.
Das Kind sucht die Berührung noch nicht aus Lust, sondern aus Liebe und Zuneigung. Und deshalb reicht auch vollkommen die Zärtlichkeit, die der heiligste Ausdruck der Liebe ist. Es braucht keinerlei sexuelle Vereinigung, die immer auch getrieben von wachsender Lust ist, die das Kind so noch gar nicht kennt. Die ,Latenzphase’ besteht gerade in seiner Unschuld diesbezüglich. Sie besteht nicht in völlig fehlender Sexualität – aber in deren völliger Unschuld.
Kehren wir zu Kincaid zurück. Er führt den Wahnsinn des US-Strafrechts vor Augen – den wir in seinem ganzen Ausmaß im achten Band kennenlernen werden –, wie auch den Wahnsinn der Kampagnen insbesondere der religiösen Rechten[10] und die detaillierte Erziehung schon im Kindergarten (,gute und böse Berührungen’).[96]
Zugleich aber wird das ganze Land mit Schönheitswettbewerben überzogen – schon für unter Zwölfjährige, Grundschulkinder, ja Babys.[103] Und in der Mode reißen sich die Frauen darum, wie Schulmädchen auszusehen – mit Miniröckchen und beinlangen Strümpfen, ,thigh-highs’, die dann jenen schmalen Bereich der Haut betonen, der unmittelbar unter dem Rand des Rockes noch sichtbar ist...[11]
Und warum wirkt diese Kombination wie ein Schulmädchen? Weil sie nur bei dem jungen Mädchen ihre ganze übernatürliche Schönheit entfaltet. Eigentlich kann nur ein Mädchen so etwas tragen. Bei einer Frau wirkt es bereits gewollt, gekünstelt, auf der Jagd nach der verlorenen Jugend, nach dem längst nicht mehr anwesenden Mädchentum...
Sehr ausführlich widmet sich Kincaid im vierten Kapitel der Filmgeschichte, die wir an anderer Stelle behandeln.[12] ►6 Neben vielen Filmen, in denen die Freundschaft zwischen einem Mann und einem Jungen eine Rolle spielt, geht Kincaid natürlich auch auf ,Pretty Baby’ (1978) mit Brooke Shields ein, in der das spätere Schönheitsidol als in ein Bordell verschlepptes elfjähriges Mädchen einen zurückhaltenen Fotografen verführt: ,so die zentrale pädophile Phantasie unserer Kultur erfüllend: die bezaubernde Elfjährige bietet sich uns selbst an.’[126]
Im fünften Kapitel behandelt Kincaid die Antipathien gegenüber dem Kind und weist darauf hin, dass in Amerika durchaus noch eine Kultur des ,Spanking’ (den Hintern versohlen) herrscht – dessen erotischer Subtext leicht sichtbar ist.[13]
Mit viel Sarkasmus blickt er im sechsten Kapitel (,Myths, Legends, Folktales, and Lies’) dann auch auf den nationalen Kampf gegen die angeblich schon 1998 allgegenwärtige ,Kinderpornografie’:[168] ►8
Wir stellen uns vor, dass wir Grund haben zu glauben, dass irgendwo Gründe existieren, dass Belege zeigen, dass das FBI bestätigt, dass nur Kriminelle leugnen würden – dass Kiddie-Porn eine internationale Industrie gigantischer Ausmaße ist.
Kincaid bringt hier grandios zugespitzt zum Ausdruck, wie mit schwammigsten, nie nachprüfbaren Angaben die Öffentlichkeit fortwährend auf diesen ,Kampf’ konditioniert wird. Jeder Privatmann, bei dem irgendwelche Fotos gefunden werden, wird dann zum ,Kinderschänder-Ring’ aufgeblasen – aber um welche Fotos es sich eigentlich handelt, wird nie bekannt. Im Grunde könnte das Cover von Kincaids Buch auch schon dazugehören...
Er erwähnt dann, dass er 1990 ein Polizeiseminar an seiner Universität besuchte, bei dem stolz verkündet wurde, dass es außer der Regierung selbst (im Zuge von Sting-Operationen) keinerlei ,Kinderporno’-Produzenten mehr gebe![173] Mit anderen Worten: Die Regierung ist im Rahmen von Lockoperationen der einzige Anbieter – und dennoch wird von einem ,Milliardenmarkt’ gesprochen. Welche Lüge – und welcher massive Impuls, um den Diskurs immer wieder neu zu befeuern.
Die Wahnprozesse um Massenmissbrauch und ,Satanskulte’ in Kindertagesstätten sind ein weiteres Symptom dieses ausufernden Diskurses.►8 2001 glaubten bereits 68 Prozent der Amerikaner an die Existenz des Teufels – ein grandioser Erfolg der religiösen Rechten.[14]
Des Weiteren werden Entführungen mit größter Sensationslust auf die Frontseiten der Zeitungen gepeitscht, nicht aber die Tatsache als Gesellschaftskrise thematisiert, dass jährlich bis zu drei Millionen Jugendliche von zu Hause weglaufen, von denen ein Drittel über vorherigen sexuellen Missbrauch berichtet. Dabei sind obdachlose Mädchen dann weiterhin dem größten Risiko ausgesetzt – und berichten zu 80 Prozent über sexuellen oder physischen Missbrauch.[15] Eine solche Gesellschaft hat zweifelsohne ein Problem – das bereits in den Familien beginnt.
Kincaid geht auch auf ,False Memory’ ein – die Tatsache, dass man auch falsche Erinnerungen an einen angeblichen Missbrauch haben kann.►8 Sogar die beschuldigten ,Täter’ können dazu kommen, die Anschuldigungen zu glauben – das berühmte Beispiel hier ist Paul Ingram, ein Vater, der darauf vertraute, dass seine Töchter doch sicher wissen müssen, was sie behaupten, und der sich zu einem Missbrauch bekannte, den er nie begangen hatte – und schließlich selbst daran glaubte. Als er erneut zweifelte, war es zu spät – er musste vierzehn Jahre im Gefängnis verbringen.[254f][16]
Kincaid kommentiert, dass wahrscheinlich jeder Mensch dazu gebracht werden kann, Erinnerungen anzunehmen, die die jeweilige Kultur als allgegenwärtiges Narrativ bereithält.[255] Und in seiner spöttisch-plastischen Art fügt er hinzu:[257]
Ich kann mich erinnern, dass Sally Fox mich in der Highschool ihre Brüste berühren ließ, obwohl sie hübsch und cool war und kaum von Lust nach mir ergriffen – einfach nur aus Liebenswürdigkeit [...].
Doch der Kampf um Missbrauch oder Nicht-Missbrauch, um die Deutungshoheit in Bezug auf das Ausmaß eskalierte. Und es entstand eine ,Kinderschützer-Industrie’, die sich auf der Grundlage dieses ausufernden Diskurses eine Existenzgrundlage aufbaute und natürlich ein Interesse daran hatte, dass das Problem der führende Diskurs blieb. ,Kinderschützer’ wollen nicht unbedingt Kinder schützen – sie wollen leider nicht selten vor allem ,Fälle aufdecken’ und ihren Beruf und Lebensinhalt nicht verlieren. Falsche Aussagen, die bis zu Justizirrtümern führen, kümmern sie in der Regel wenig. Sie stehen ,auf Seiten der Kinder’, aber mehr noch auf dem Boden ihres eigenen Narrativs, dass der Missbrauch überall lauert.
Wem dies zu extrem formuliert erscheint, der lasse sich von einem Missbrauchsopfer selbst eines Besseren belehren. Louise Armstrong schrieb mit ,Kiss Daddy Goodnight’ eines der ersten Bücher, das den Inzest thematisierte.[17] Ein Jahrzehnt später schrieb sie ernüchtert:[277][18]
Aber es war nicht unsere Intention, eine lange Konversation anzufangen. Ebensowenig hatten wir beabsichtigt, einfach ein weiteres Thema für Talkshows oder eine weitere Plot-Option für Dramaserien zu liefern. Wir hofften, Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen. Wir hofften, eine Veränderung in Gang zu bringen. Was wir in Gang setzten, war, so scheint es, ein Diskurs. Und eine beträchtliche Problem-Management-Industrie. [...] Es war nicht in unserem Sinne [...] vor zehn Jahren, dass Inzest eine Karriereoption würde.
Eine Karriereoption. Keine gesellschaftlichen Änderungen, sondern bloß neue Berufsfelder... Nun, diese Sichtweise ist etwas einseitig. Selbstverständlich ist das Bewusstsein für die Problematik ungeheuer gewachsen – und neue Hilfsmögliclhkeiten sind nicht das Schlechteste, was entstanden ist. Aber die Kultur hat sich nicht geändert. Es sind nicht grundsätzlich neue Fragen gestellt worden. Man hat die Dinge nicht von grundauf hinterfragt. Man hat die Vielzahl als eine Summe von Einzelfällen gesehen und sich nicht gefragt, was stimmt mit der Gesellschaft nicht, wenn dies passiert?
Mit der Frage, was sich denn ändern könnte, schließt Kincaid in seinem elften Kapitel: ,Other Stories, Other Kids’.
Zunächst gilt es, der Wahrheit ins Auge zu sehen:[281]
Die Erotisierung von Kindern wird jemand anderem in die Schuhe geschoben, als wäre es etwas Zufälliges, Verrücktes, das wir auslöschen könnten, indem wir nur scheinheilig genug sind.
Dann gilt es, wieder zu empfinden, was eigentlich ein Kind ist – und was uns am meisten berührt. Kincaid kommt auf das lachende, sich freuende Kind – und auf das leidende Kind. Das erstere wird von Blake und Wordsworth besungen, das zweite von Dickens und Dostojewski der Welt vorgehalten.[281] Beides berührt das Herz. Durch seine unschuldige Hingabefähigkeit kann sich das Kind zutiefst freuen – und zugleich auch hilfloses Opfer trauriger Umstände werden.
Und obwohl gerade die Romantiker das Kind auch vielfach erotisiert haben, kommt Kincaid zu dem Schluss:[284]
Es ist nicht so, dass wir von den romantischen Bildern des Kindes gefangen wurden. Wir sind nicht annähernd romantisch genug gewesen.
Und dann kommt er zu folgenden rettenden Punkten:[285]
1. Hört auf, nach Monstern und ihren Opfern Ausschau zu halten. Wenn wir es tun, werden wir sie finden. Wenn wir es nicht tun, werden wir es nicht. Eine solche Aktivität scheint so viel zu versprechen, aber sie [...] ist wirklich eine Täuschung, die uns alle für nichts schwer bezahlen lässt.
2. Hört auf, auf einfältige Stories zu hören. Die meisten gothischen (Horror-)Geschichten verlangen, dass wir aufhören, zu denken, wenn wir zuhören, und sogar noch weniger denken, wenn wir sie wiederholen.
3. Hört auf, Aufrufe zu blindem Hass zu begrüßen. [...]
4. Hört auf, den Geist dafür zu verwenden, böse Motive zu finden, dunkle Ursachen für alle Effekte. Nicht jede Umarmung ist ein Begrapschen, nicht jedes Drücken Belästigung; nicht alle erotischen Gefühle sind schlecht, noch brauchen wir Regeln dafür, was eine erotische Grenzüberschreitung darstellt. [...]
Und so weiter. Hinzu kommt der Rat, nicht immer wieder in der Vergangenheit zu wühlen, sondern mehr in die noch unbestimmte Zukunft zu schauen. Und: ,Hört auf, Gesetze zu verabschieden’, denn die bisherigen Gesetze sind längst ausreichend. Immer neue Gesetze nähren nur den bequemen Irrglauben, Menschen würden allein durch genügend harte Strafen plötzlich zu perfekten Eltern oder sonst etwas.[286]
Dann macht Kincaid darauf aufmerksam, dass es mit neuen Narrativen überhaupt kein Problem mehr sein müsste, dass in unterschiedlichem Maße jeder unter anderem auch erotisch auf Kinder reagiert. Wenn man es nicht mehr scheinheilig von sich wiese, könnte es eine völlig normale Realität werden, die man einfach akzeptiert – als natürlich und unumgänglich.
Selbst die Autorinnen von ,The Courage to Heal’, einem Buch, das Missbrauchsopfern helfen will, müssen an einer Stelle die allgemeine Begierde von Kindern, ,Grenzen auszutesten, sowohl sexuell als auch auf anderen Gebieten’, wie auch die Tatsache, dass ,Eltern oft sinnliche Empfindungen gegenüber ihren Kindern haben’, erwähnen.[287][19] Und Kincaid fährt fort, dass Erotik ein weites Feld ist, in dem wir uns im Grunde fortwährend bewegen – und dass uns dies weder überrascht noch dazu führt, dasjenige, was uns ins Auge fällt, sofort zu überfallen. Und:[287f]
[...] dass nichts Entsetzliches an den Bedingungen erotischen Genusses ist, weder in seiner Erregung noch in der Antwort darauf; dass ein Teilnehmen am Erotischen weder kriminell noch schädlich ist. [...]
Die erotischen Empfindungen, die wir gegenüber Kindern haben, sind nicht in sich ein Problem – oder zumindest kein Problem, mit dem wir nicht umgehen könnten. Teil des Problems zu werden, ist die Lösung. Verleugnung tut niemandem etwas Gutes und treibt die Begierde in die Lüge, in das Sündenbock-Geschwätz, wo es gedeiht und furchtbare Schäden verursacht. Erotische Empfindungen sind nicht Vergewaltigung.
Deutlicher kann man es eigentlich nicht sagen. Kincaid ruft dann dazu auf, neue Storyteller zu finden – für Geschichten der Heilung und der Freude.[20] Und er fährt fort:[289]
In der Zwischenzeit sollten wir nicht aufhören, Kinder zu umarmen, Hoppereiter zu spielen, sie zu baden, und sie nackt auf einem Teppich zu fotografieren [...], genau wie wir es vorher taten, bevor wir vor Angst den Verstand verloren haben.
Kincaid ruft dazu auf, die Grenzen selbst zu empfinden – jeder spürt diese und kann dann aufhören.[21] Er plädiert für das Sensible, das Romantische und das Stoische[290] – das sich zurückhalten kann, wo es die Grenze empfindet. Auch dies kann man kaum besser sagen. Die Erotik braucht überhaupt nicht unterdrückt zu werden. Aber das Entscheidende ist die Empfindung für das, was das jüngere Wesen möchte – und nicht möchte.
Und noch einmal betont er, wie sehr die Sexualhysterie von den falschen Problemen ablenkt – die Dickens noch sah, denn bei ihm litt das Kind nicht unter Missbrauch, sondern unter Armut, Vernachlässigung und Tod.[290][22] Auch heute sind dies die wesentlichen Probleme, ,während wir unsere Energie in die Jagd nach Phantomentführern und schwierige Fälle von Daddies, die ihre Kinder in der Badewanne fotografieren, stecken.’[291] Und er konfrontiert uns mit den Folgen dieser Fehlentwicklung:[293f]
Auf der Suche nach einer Vision absoluten Schutzes haben wir schwer in den Traum von Sicherheit investiert: Wir sperren einen Rekordanteil unserer Bevölkerung ein, misstrauen jedermann, finden keine Berührung besser als eine zweifelhafte. Nicht berührt werden, nicht angesprochen werden, nicht angeschaut werden: was für ein Ziel ist das? [...]
Sind wir so sehr an den hinterhältigen Nervenkitzel gebunden, diese billige und üble Heuchelei, dieses läppische kleine Flattern, das wir bekommen, wenn wir über diese Dinge sprechen – entrüstet, feierlich und erregt?
Ist es uns egal, wer verletzt wird, solange wir unsere tägliche Dosis des Porno-Geschwätzes bekommen?
Denn zugrunde gehen die Zärtlichkeit und die Liebe selbst. Und Opfer sind all jene Mädchen (und überhaupt Kinder), die immer weniger die Zärtlichkeit bekommen, nach der sie sich sehnen – und die dann erst recht wirklichem Missbrauch zum Opfer fallen.
Kincaid hat ein wichtiges Buch geschrieben, das der Heuchelei und der fortschreitenden Überwachung und Beseitigung aufrichtigster Empfindungen und menschlicher Beziehungen den Spiegel vorhält.
Fußnoten
[1],We reject this monstrous activity with such automatic indignation that the indignation comes to seem almost like pleasure.’[7] Die ,Abwehr’ gegenüber den Nachrichten von Kindesmissbrauch und sexueller Belästigung kommt so reflexartig, dass sie selbst fast einer Lust gleicht...
[2] So sterben in den USA jährlich 2.000 Kinder an physischem Missbrauch und Vernachlässigung und 160.000 werden ernsthaft verletzt. National Research Council: Understanding Child Abuse and Neglect. Washington 1993, p. 38.[160]
[3] So leben in den USA geschätzt 900.000 jugendliche Prostituierte. California Office of Criminal Justice Planning: Confronting Sexual Exploitation of Homeless Youth. Sacramento 1991, p. 21-22.[161] Die Kinderarmut in den USA hat die höchste Rate der westlichen Welt. Michaela Haas: Armes Amerika. Magazin der Süddeutschen Zeitung, 26.5.2017.
[4] Daher ist es gerade eine Projektion, wenn man bei einem Mädchen von bloßer ,Projektionsfläche’ spricht und vom Ideal ,ausdrucksloser’ Augen etc. Ein unschuldiges Mädchen hat stets unglaublich viel Ausdruck in seinen Augen – und gerade der psychoanalytische ,Erklärungsversuch’ projiziert nur die angebliche unendliche ,Leere’ in diese unschuldigen Augen hinein. Unschuld ist eine eigene Qualität – und in gewisser Weise ist gerade die Seele (einschließlich ihres Blickes) buchstäblich sehr leer, die diese Unschuld verloren hat. Nicht umsonst sehnt sich die männliche Seele nach dem Mädchen – denn dieses besitzt gerade jene wahre Fülle...
[5] The Biology Of Beauty, www.newsweek.com, 2.6.1996; Newsweek, 3.6.1996, p. 64-65, übersetzt H.N. • Kincaid erwähnt in Anm. 21[311] eine weitere Studie, in der verschiedene Altersstufen Fotos von 7-jährigen Kindern, 17-jährigen Jugendlichen und Erwachsenen nach ihrem sexuellen Reiz beurteilen sollten. Jede Altersstufe nannte an erster Stelle jugendliche Mädchen. Aber selbst die Kinder wurden noch vor den Erwachsenen genannt. Jacqueline W. White et al.: Adolescent Sexual Aggression within Heterosexual Relationships, in: Howard E. Barbaree & William L. Marshall (Ed.): The Juvenile Sex Offender. New York 2008, p. 128-147, hier 147. • Kincaid fragt sich, wie man Fotos Zwölfjähriger beurteilt hätte.
[6],I believe most adults in our culture feel some measure of erotic attraction to children and the childlike; I do not know how it could be otherwise.’[25] • Kincaid spricht in diesem Zusammenhang auch vom ,double bind’, unauflöslich widersprüchlichen Signalen, und sagt, dass unsere Kultur nicht in dieser (heuchlerischen) Weise gestaltet sein müsste.
[7] Etwa am Beispiel einer ,Lehrerin des Jahres’, die von einem älteren Schüler verklagt wurde, wobei sich herausstellte, dass dieser selbst eine problematische Persönlichkeit hatte, für die Lehrerin schwärmte etc. Kincaid macht sehr deutlich, dass in jeder Gerichtsschlacht stets alle zutiefst verlieren, dass ganze Existenzen vernichtet werden, völlig unabhängig von der Schuldfrage.
[8]Für die Sexualität vergleiche das Werk Michel Foucaults, für die Kindheit das bahnbrechende Werk von Philippe Ariès: Geschichte der Kindheit. München/Wien 1975; sowie die Idealisierung der Kindheit im viktorianischen Zeitalter.
[9] Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse. Internationaler psychoanalytischer Verlag 1921, S. 128-130. Archive. org.
[10] Keuschheit bis zur Ehe: ,Do the right thing and wait for the ring!’, ,Pet your dog, not your date!’, ,Don’t be a louse, wait for your spouse!’ Michael Granberry: Backlash to Teaching Chastity: Course in public schools that proclaims safe-sex-is-no-sex draws fire. Los Angeles Times, 15.2.1994.[96]
[11] Martha Duffy: Getting a Leg Up. Time, 24.6.2001. • Kincaid zitiert dieselbe Zeitung, der Schulmädchen-Look strahle die ,ungeminderte Erotik einer Lolita’ aus. Time, 26.9.1994, p. 75..[104]
[12] Siehe den sechsten Band, auch zu Brooke Shields.
[13] So berichtete der ,Boston Globe’, 90 % der Eltern würden Kleinkinder mindestens dreimal pro Woche verhauen, und selbst über die Hälfte der Dreizehn- und Vierzehnjährigen würde in dieser Weise geschlagen. Barbara F. Metz, Boston Globe, 27.4.1995.[146] • Dies hat sich in den USA auch 2014 noch kaum geändert. In einer nationalen repräsentativen Umfrage bejahten 65 % der Frauen und 76 % der Männer, dass Kinder manchmal ein ,good hard spanking’ brauchen würden. Attitudes Toward Spanking. www.childtrends.org, November 2015. • Zu den problematischen Folgen vergleiche zum Beispiel Maguire-Jack K et al. (2012): Spanking and child development during the first five years of life. Child Development 83(6), 1960-1977.
[14] The Devil and the Demographic Details. news.gallup.com, 25.2.2003. • 1964 waren es erst 37 Prozent – immer noch weit mehr als in Europa. Lotto DJ (1994): On witches and witch hunts: Ritual and satanic cult abuse. The Journal of Psychohistory 21(4), 373-396.
[15] The Truth About Runaway Teens. www.pollyklaas.org, Februar 2013. • Polly Klaas war selbst ein zwölfjähriges Mädchen, das 1993 aus seinem Schlafzimmer entführt wurde.
[16] Wikipedia: Paul Ingram.
[17] Louise Armstrong: Kiss Daddy Goodnight. A Speakout on Incest New York 1978.
[18] Louise Armstrong: Kiss Daddy Goodnight. Ten Years Later. New York 1987, p. x, übersetzt H.N.
[19] Ellen Bass & Laura Davis: The Courage to Heal. A Guide for Women Survivors of Child Sexual Abuse. New York 1988, p. 277, übersetzt H.N.
[20] Einige Geschichten, die für das jugendliche Mädchen und sogar die tiefe erotische Liebe zu diesem – das gerade ist die Parthenophilie – ein neues Verständnis schaffen können, das letztlich die ganze Kultur bereichern würde, habe ich selbst geschrieben: ,Mädchenliebe’, ,Mädchenhüter’, ,Unmöglich, sagten sie’, ,Erinnerungen einer Volljährigen’, ,Wintermädchen’, ,Nur Maja’, ,Majas Magie’ und ,Sex Offender’.►10
[21] Wenn einen ein Impuls sehr bedränge, dann möge man sich dem Voyeurismus hingeben, der nur unter Zugrundelegung sehr elastischer Standards ,Kindesmissbrauch’ genannt werden könne – und der für viele Kinder mindestens ebenso lustig ist, wie er Grenzen überschreitet.[289] Mit anderen Worten: Kinder haben damit oft gar nicht das Problem, das Erwachsene daraus machen.
[22] Dies ist gleichsam auch die Antwort an Robson und ihre Behandlung des ,Raritätenladens’.