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Vorwort zu diesem Band
In diesem Band sollen verschiedene Persönlichkeiten der menschlichen Geschichte vor das seelische Auge gestellt werden, die sich in Mädchen verliebt haben.
Von der einen oder anderen wird der Leser schon zuvor Entsprechendes gewusst haben. Dennoch wird das meiste und wird die Fülle des Materials für den normalen Leser den Blick sehr weiten – und sogar für Experten der Materie so manche Überraschung bieten.
Das Ganze soll bei weitem nicht nur ein anekdotischer Durchgang durch vor allem die letzten zwei, drei Jahrhunderte sein – dann wäre dieser Band nicht Teil einer Reihe mit so vielen weiteren Bänden. Wer ihn nur anekdotisch, möglicherweise nur sensationsgierig oder voyeuristisch ,durchgeht’, versündigt sich an dem Thema – denn das Thema ist die Mädchenliebe, ist das Mädchen selbst und sind auch jene Männer, die eine unbezwingbare Liebe für die Gestalt des Mädchens oder eines bestimmten Mädchens besaßen.
Das Mädchen heiligt also diesen Band, ebenso wie alle anderen Bände dieser Reihe. Und das Ziel gerade auch dieses Bandes ist es, erlebbar zu machen, wie es möglich ist, sich in ein Mädchen zu verlieben – und dass dies etwas völlig anderes ist als ein zu verurteilendes Geschehen. Wir begegnen in diesem Band großen Namen; Menschen, die Hervorragendes geleistet haben; Menschen, die zumeist nicht unmoralischer waren als andere – oft sogar im Gegenteil. Sie alle einte eines: Sie trugen in ihrem Herzen die Mädchenliebe. [1]
Vielleicht kann man durch all diese Biografien hindurch etwas von dem Geheimnis und Wunder des Mädchens empfinden. Das Mädchen ist niemals schuld, wenn es nicht nur Liebe und Begehren, sondern auch Lust anstachelt – es ist aber immer verantwortlich, wenn der das Mädchen Liebende durch diese Liebe ein noch besserer Mensch wird als vorher. Das mag nicht immer unmittelbar sichtbar sein, aber in der Seele der von dieser Liebe getroffenen Männer ist es eine Tatsache.
Andere Bände werden dieses Geheimnis weiter vertiefen.
In einer Zeit, in der die Liebe zu einem Mädchen mehr denn je als ,Tabu’, ,Skandal’ etc. gilt, mag man sich zu Beginn gerade dieses Bandes an ein Wort von C. G. Jung erinnert fühlen: [2]
Niemand macht Geschichte, der nicht wagt, seine Haut zu Markte zu tragen, indem er das Experiment, das eben sein Leben selber ist, bis zum Ende durchführt und damit sein Leben nicht als eine Fortsetzung, sondern als einen Anfang erklärt.
Das Mysterium der Liebe ist ein heiliges. Erst eine Zeit, die sich dessen bewusst werden wird, wird auch das eigentliche Geheimnis des Menschentums wahrmachen.
Fußnoten
[1] Im neunten Band finden sich weitergehende Betrachtungen der Biografien dieses Bandes in Bezug auf die Frage des Alters der Mädchen, des Altersunterschiedes und der Qualität der Beziehungen.
[2] C. G. Jung: Die Frau in Europa. Zürich 1929, S. 41.