Parthenophilie

Reale Fallbeispiele


Bevor wir Fälle aus Deutschland kennenlernen werden, wollen wir mit einem Beispiel aus den USA beginnen.[1]

Die dreizehnjährige ,Amber’ hatte ein schlimmes Elternhaus: Alkohol, Drogen, Streit. Dennoch konnte sie auf eigene Faust in der Schule relativ gut mitkommen. Sie lernt im Zusammenhang mit ihrer Pferdeliebe den achtzehnjährigen Terry kennen, dem sie sagt, sie sei sechzehn, was auch ihrer körperlichen Entwicklung entspricht. Nach acht Monaten gibt eine Lehrerin der Polizei einen Hinweis, und der Junge wird zu Gefängnis verurteilt.

Als sie selbst achtzehn ist, bittet sie den Betreiber der Webseite ,Consenting Juveniles’ um Hilfe, weil man damals die Tatsachen völlig verdreht habe: ,[...] it was definitely all blown out of proportion and twisted around to make it look like Terry abused me, or took advantage of me. Yes, I was young, but everything that I felt was real.’ Es gelingt, den Kontakt wiederherzustellen, die enge Bindung ist beidseits noch immer da, und das Mädchen versucht nun alles, um nach dessen Haftstrafe mit ihm zusammenleben zu können.

Schon dieses Beispiel zeigt, wie willkürlich die Altersgrenze ist – und wie sehr sie zu tiefem Unrecht wird. ,To make it look like’ – vor Gericht zählt nur noch eine völlig abstrakte Tatsache, es wird alles aus dem Kontext gerissen und auf dem Erleben und den Empfindungen des Mädchen herumgetrampelt.

Noch schlimmer ist es, wenn schon die Ermittlungsbehörden, die Polizei, böswillig vorgeht und dem Mädchen sogar Aussagen abpressen will – die bis zur völligen Unwahrheit gehen. Auch dafür gibt es genügend Beispiele.[2] Vielfach werden Männer verurteilt, die die engste Vertrauensperson eines Mädchens sind.[3]

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Im Frühjahr 2015 fahndete die Polizei fünf Wochen nach der noch vierzehnjährigen Josephine aus Schildow/Brandenburg, die mit ihrem 47-jährigen Onkel Gerrit, einem Berliner Architekten, spurlos verschwunden war, bis sie in Südfrankreich ,aufgegriffen’ wurden. Bei der Vernehmung erklärte sie, dass sie ,freiwillig mit dem Onkel gereist sei, weil sie mit ihm eine Liebesbeziehung habe’.[4] Sie gestand ihm erstmals 2014 ihre Liebe, als sie ihn heimlich nach dessen Fahrradunfall im Krankenhaus besuchte. Die Eltern stellten ihr ein Ultimatum, den Namen des Mannes herauszugeben. Beide flohen, um sich ein neues Leben aufzubauen – aber aufgrund der Fahndung wurde sie ihren ,Erzeugern wieder ausgeliefert, so nenne ich das’.[5] Die Eltern veranlassten im Juli 2015 ein Kontaktverbot und versuchten, Josephine für schizophren erklären zu lassen, so dass sie im Spätsommer für vier Wochen geschlossen untergebracht war. Das Kontaktverbot wurde erst im März 2016 wieder aufgehoben.[6] Seitdem können die beiden endlich ihre Liebe leben – denn Josephine war anfangs vierzehn.[7]

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Ein einunddreißigjähriger Schweizer und ein dreizehnjähriges Mädchen aus München hatten 2014 im Internet-Chat gegenseitige Sympathien füreinander entwickelt, wobei das Alter beidseits von Anfang an klar gewesen war. Nach einigen Monaten hatte das Mädchen ein Treffen vorgeschlagen, und als Treffpunkt wurde ein Hotel vereinbart. Das inzwischen fast vierzehnjährige Mädchen hatte sich verliebt, und sie war es, die im Hotel Sex mit ihrem neuen Freund haben wollte und ihn verführte, während er Bedenken hatte und auch von der Strafbarkeit wusste. Nach zwei Jahren dieser Liebesbeziehung flog sie auf, weil sich die beiden Liebenden immer nur treffen konnten, indem das Mädchen heimlich die Schule schwänzte. Für das Landgericht München spielte es keinerlei Rolle, dass die inzwischen Sechzehnjährige voll zu dem Mann hielt, mit ihm zusammenbleiben wollte und für ihn bat – er wurde wegen ,schweren sexuellen Missbrauchs’ verurteilt.[8]

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In Hessen kam es im Sommer 2017 in einem kleinen Ort zwischen einem dreizehnjährigen Mädchen und einem zweiundzwanzigjährigen jungen Mann bei einer Gelegenheit, wo auch die Freundinnen des Mädchens anwesend waren, unter einer Decke zu Zärtlichkeiten zwischen den beiden. Der Mann umarmte das Mädchen und berührte ihre Brust unter dem BH. Ein zweites Mal besuchte sie ihn zu Hause, und sie hörten Musik und schauten Filme, später dann hatten sie Geschlechtsverkehr – und auf die Frage des jungen Mannes, ob sie das wirklich wolle, hatte das Mädchen ganz klar bejaht. Vor Gericht war die erste Zärtlichkeit bereits ,sexueller Missbrauch’, die tiefe zweite Intimität sogar ,schwerer sexueller Missbrauch’. Der Mann wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 1.500 Euro Strafe verurteilt.[9]

Wie verlogen diese Gerichtsprozesse ablaufen, zeigt sich allein schon daran, dass die ,gnädige’ Bewährungsstrafe vor allem dem Umstand zu verdanken war, dass sich der junge Mann ,reuig’ gezeigt habe.[10] Geradezu abscheulich offenbart sich die ganze Gerichtsatmosphäre in folgendem Satz: ,Unsicher und zittrig sank der junge Mann auf seinem Stuhl zusammen, den Blick nach unten gerichtet.’ Was auch sonst – das Gericht hätte das Leben des jungen Mannes auch völlig vernichten können! Der Artikel erwähnt, dass die Mutter das Mädchen als ,schwieriges Kind’ bezeichne, das ,nicht auf sie höre’. Nach den ,Vorfällen’ lebte das Mädchen sogar ein Jahr in einer Pflegefamilie. Das zeigt offenbar sehr klar, dass es längst seinen eigenen Weg gehen wollte und zu der Mutter ganz offensichtlich kein gutes Verhältnis hatte! Das Gericht interessiert das kein bisschen. Aber eben dies:[11]

Als begünstigende Faktoren wurden dem Angeklagten seine Schuldeinsicht und Reue angerechnet. Außerdem habe der unreif wirkende Mann „kein böses Netz um das Mädchen gespannt, um sie zu verletzen“, sie habe den Kontakt zu ihm hergestellt und sei auf ihn zugegangen, so das Gericht.

Mein Gott – welch eine ,Gnade’ und welch grandiose mildernde ,Erkenntnis’! Aber anstatt einfach nur von Zärtlichkeiten und Liebe zwischen zwei Menschen zu sprechen, muss das Gericht heuchlerische Konstrukte schaffen, was der Mann alles nicht getan habe – um deutlich zu machen, dass er dann ja ,mit einer noch weit schlimmeren Strafe’ hätte rechnen müssen. Verlogen wird so verdeckt, dass allein schon der starre Gesetzestext ein Armutszeugnis ist, weil er dem individuellen Fall nicht gerecht wird, sondern geradezu ins Gesicht schlägt! Dem individuellen Fall: dem jungen, schüchternen Mann und dem reifen, aber noch immer entmündigten Mädchen. Diese Erkenntnis will man eben nicht fassen und bemäntelt sie um jeden Preis, weil der Gesetzestext nun einmal brutal und pauschal anders lautet.

Die gnädig vom starren, harten und allmächtigen Richterhimmel sich herabsenkende Formulierung, dass der schüchterne Mann ja ,kein böses Netz um das Mädchen gespannt [habe], um sie zu verletzen’, ist so rührend naiv wie abstoßend heuchlerisch. Der junge Mann hat dem Mädchen nicht das Geringste getan – nur eben laut Gesetz auf einmal doch! Weil die beiden zärtlich miteinander waren – etwas, was sie eben einfach nicht durften! Das allein hat der junge Mann dem Mädchen ,getan’ – und sie ihm. Aber das Gesetz schlägt brutal dazwischen und impft beiden ein absolutes Trauma ein. Denn man wird nicht behaupten können, dass die Erfahrung der gerichtlichen Vergewaltigung für beide Beteiligten nicht traumatisch gewesen wäre! Das war sie – und es war das einzige Trauma. Denn mit absoluter Sicherheit haben sowohl der junge Mann wie auch das Mädchen die gesamten Prozesse rund um die Gerichtsverhandlung wie ein lähmendes, sich zusammenziehendes und verletzendes Netz empfunden! Das genau ist die Realität in ganz vielen Fällen, auf die das Gesetz einfach bis heute keine menschliche Antwort hat!

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Ein noch nicht vierzehnjähriges Mädchen aus Niedersachsen wollte 2011 mit ihrem neunzehnjährigen Freund zum ersten Mal schlafen, und das Paar tat dies. Die Eltern bekamen dies heraus und zeigten den jungen Mann an. Durch die Polizei erfolgte eine ,Gefährdungsansprache’ mit der Forderung, den Kontakt zu dem Mädchen absolut abzubrechen, was dieser aber nicht tat, worauf er verhaftet wurde – und letztlich noch nach Jugendrecht zu einem Jahr Jugendstrafe mit Bewährung und vierhundert Euro Geldbuße verurteilt wurde.[12]

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Ein dreizehnjähriges Mädchen aus Nürnberg konnte 2011 nichts gegen die Verurteilung ihres vierundzwanzigjährigen Freundes zu zweieinhalb Jahren Haft tun, mit dem sie innerhalb mehrerer Monate mindestens sechsmal Sex gehabt hatte:[13]

Das Mädchen hatte während des Prozesses wiederholt beteuert, sie habe den sexuellen Kontakt mit ihrem elf Jahre älteren Freund ausdrücklich gewünscht. [...] | [...] Bei der Urteilsverkündigung brach die [...] 13-Jährige in Tränen aus.

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Das Amtsgericht Hechingen in Baden-Württemberg verurteilte im Herbst 2012 einen Zwanzigjährigen noch nach Jugendrecht zu ,nur’ siebzig Arbeitsstunden, weil er im Frühjahr mehrmals mit seiner damals noch dreizehnjährigen Freundin geschlafen hatte.[14] Beide hatten sich in der gemeinsamen Freundesclique kennengelernt. Der Vater des Mädchens drohte dann mit einer Anzeige – worauf der junge Mann sich offenbar verängstigt zurückzog. Nun aber setzte das Mädchen alles daran, die Beziehung aufrechtzuerhalten, schlich sich nachts aus dem Haus, und schließlich schliefen beide mindestens sechsmal miteinander. Ganz klar sagte es aus: ,Er war zärtlich und es war sehr schön.’

Dennoch verwies die Staatsanwältin den schließlich (offenbar aufgrund des Vaters) Angeklagten, dass das Erwachsenenstrafrecht für diesen angeblich ,schweren sexuellen Missbrauch von Kindern’ Strafen zwischen zwei und fünfzehn Jahren Haft vorsehe – ,um dem Angeklagten zu verdeutlichen, wie weit er sich auf kriminelles Terrain gewagt hatte’. Welche unglaubliche Heuchelei – dieses ,Terrain’ existiert nur, weil auch Liebe kriminalisiert wird; wie ist dies möglich! Und dann noch festzustellen: ,Erkennbaren psychischen oder physischen Schaden habe das Mädchen durch die sexuellen Handlungen nicht erlitten.’ Wie sollte etwas, was vom Mädchen als sehr schön empfunden wird, jemals Schaden verursachen? Wer so etwas auch nur denken kann, muss selbst geschädigt sein... Aber auch hier werden Mädchen und junger Mann nach dem Gerichtsverfahren mit einem tiefen Trauma zurückbleiben...

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In Coburg begannen 2014 ebenfalls ein vierundzwanzigjähriger junger Mann und ein noch dreizehnjähriges Mädchen eine Beziehung, die von dessen Mutter toleriert wurde. Nach acht Monaten wurde der Mann dennoch wegen ,schweren sexuellen Missbrauchs’ in ,minderschwerem Fall’[15] zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung und fünfhundert Euro Geldstrafe verurteilt, weil der erste gemeinsame, beidseits gewollte Geschlechtsverkehr kurz vor dem vierzehnten Geburtstag des Mädchens stattgefunden hatte.[16]

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Ein weiteres dreizehnjähriges Mädchen aus Bayern hatte im Sommer 2011 auf einem Fest einen sechzehnjährigen Jungen kennengelernt und sich in ihn verliebt, ein halbes Jahr später vertraute sie ihrer Mutter an, sie sei bereit, mit ihrem Freund zu schlafen. Die Mutter versuchte, sie zum Warten zu überreden, bekam aber Angst, sie zu verlieren, und ging mit ihr zur Frauenärztin, die dem Mädchen die Pille verschrieb. Als das Mädchen in einem Prozess als Zeugin aussagte, wurde der Fall bekannt – und nun musste sich plötzlich auch die Mutter vor Gericht verantworten. Da die Mutter nicht wusste, dass sie sich strafbar mache, wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage von dreitausend Euro (!) eingestellt. Der berichtende Zeitungsartikel sagt es endlich einmal mit wünschenswerter Deutlichkeit:[17]

Ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung haben Jugendliche [...] erst ab 14 Jahren.

Der Rechtsanwalt der Mutter spricht von gewaltigem Glück, normalerweise hätte den Eltern wegen ,Beihilfe zum sexuellen Missbrauch’ (!) eine Mindesthaftstrafe von sechs Monaten gedroht – und natürlich müssten auch der Freund des Mädchens und die Ärztin ,mit rechtlichen Konsequenzen rechnen’.[18]

Absurd, sinnlos, mittelalterlich...! Und nicht einmal die Anwälte oder andere Juristen haben mehr die Courage, auf diese Realitäten hinzuweisen! Auf Realitäten, die zur Zeit der Großen Strafrechtsreform noch ganz offen diskutiert und berücksichtigt wurden.

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Nachdem ein Vierzehnjähriger den Hals seiner noch dreizehnjährigen Klassenkameradin geküsst und ihr mehrfach an den bekleideten Intimbereich gefasst hatte, kam er im Herbst 2011 wegen ,Kindesmissbrauchs’ vor Gericht. Aus seiner Sicht habe sich der Vorgang ,aus gegenseitiger Zuneigung abgespielt’. Die Jugendrichter vom Amtsgericht Arnstadt erlegten ihm sechzig Sozialstunden gemeinnütziger Arbeit auf und veranlassten einen Eintrag ins Erziehungsregister. Das Amtsgericht Erfurt wiederum ordnete eine DNA-Probe an, die beim Bundeskriminalamt zu hinterlegen sei. Das Landgericht wies eine Beschwerde zurück – erst das Bundesverfassungsgericht verbot die Probe per einstweiliger Anordnung.[19]

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In Potsdam hatte Ende 2013 ein Heimerzieher mehrmals mit einem fünfzehnjährigen Mädchen geschlafen, selbst die Richter mussten von einer ,Art Liebesverhältnis’ sprechen – und folgten dennoch der Staatsanwaltschaft mit eineinhalb Jahren Haft und eintausend Euro Geldstrafe. Die Heuchelei dieses Falles hat es besonders in sich, denn einmal mehr wird hier offenbar, dass Liebe und Zärtlichkeit massivst stärker kriminalisiert werden als Brutalität und ganz klare Körperverletzung.[20]

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2012 wird in Erfurt ein siebenundzwanzigjähriger Mann zu vier Jahren Haft verurteilt, der ein elfjähriges Mädchen über eine Internetseite kennengelernt hatte, sich in sie verliebt hatte und viermal jeweils vierhundert Kilometer fuhr, um sie zu sehen. Von den Zärtlichkeiten, die dann geschehen, heißt es in der Anklage, viermal habe der Mann das Mädchen missbraucht – das Mädchen dagegen sagte aus, es habe diese Zärtlichkeiten genossen und sich gefreut, wenn er zu ihr kam.[21]

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Wenden wir uns einem weiteren Fall genauer zu. Im Herbst 2017 lernt ein zwölfjähriges Mädchen aus Herford (Nordrhein-Westfalen) über eine Dating-App einen Zwanzigjährigen kennen, schon bald treffen sie sich, empfinden sich als Paar, und es kommt auch zum einvernehmlichen Sex. Das Mädchen sagte zunächst stets, sie sei schon sechzehn, gesteht dann aber kurz vor Jahresende ihr wahres Alter. Im Januar erstatten die Eltern Anzeige. Im Februar kommt es erneut dreimal zum Geschlechtsverkehr. Wegen geringer Schuld stellt das Jugendschöffengericht das Verfahren ein und erhob nur eine Auflage von sechshundert Euro.[22]

Der Artikel zitiert die Richterin, die sich an die inzwischen Vierzehnjährige[23] mit den Worten wendet: ,Eigentlich ist das doch was für Erwachsene.’ Eben nicht! Genau solche suggestiven, patronisierenden Bemerkungen wie diese einer Richterin (!) sind es, die das Reden von ,sexueller Selbstbestimmung’ mit Recht wie einen Hohn erscheinen lassen. Selbst laut Gesetz kann ein Mädchen mit vierzehn sexuell tun und lassen, was es will – aber eine Richterin stellt sich hin und moralisiert etwas von: ,Eigentlich ist das doch was für Erwachsene’! Wie heuchlerisch, ängstlich, belehrend, verbietend und repressiv will man denn mit diesem Feld der Sexualität und Intimität denn noch umgehen!? Man male sich die ganze Gerichtsszene aus und lasse dann folgenden Absatz auf sich wirken:[24]

„Das hat sich alles so entwickelt“, sagte die 14-Jährige mit Blick auf die Beziehung zu D. kleinlaut vor Gericht. Laut ihrem Bekunden soll es Liebe gewesen sein. Beide würdigten sich im Gerichtssaal keines Blickes.

Wie kann man eine solche Szene lesen? Das Mädchen spricht von Liebe. Trotzdem sind beide so eingeschüchtert – denn der junge Mann wurde ja angeklagt und wird bestraft werden, und das Mädchen ist daran ,schuld’ –, dass man unmittelbar nachempfinden kann, wenn sie jetzt nicht einmal mehr wagen, einander anzuschauen. Das ist aber kein Beweis für die Haltlosigkeit dieses Liebesverhältnisses, sondern ein Beweis für die Vergewaltigung von Menschen vor Gericht. Für die Tatsache, was so ein Prozess mit einem Mädchen und ihrem Freund macht! Der ganze Prozess ist heuchlerisch und verlogen, weil er die Gefühle des Mädchens in keiner Weise berücksichtigt – ja das Mädchen noch zu belehren versucht und ihren Freund, wäre er nicht noch nach Jugendrecht verurteilt worden, rücksichtslos hinter Gitter gebracht hätte. Das ist das heutige Strafrecht!

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Ehrlich ist endlich einmal ein Zeitungsartikel, der 2009 darüber berichtete, wie in Hessen ein junger Mann verurteilt wurde, der im Herbst 2008 mit neunzehn in einer gemeinsamen Clique ein zwölfjähriges Mädchen kennenlernte.[25] Beide verstanden sich so gut, dass sie im März 2009 beschlossen, ,miteinander zu gehen’. Nach einem Ausflug der Clique sagte ihm das Mädchen, sie könne heute bei ihm bleiben – sie schauen einen Film, und als er eine Zigarette geraucht hatte, lag das Mädchen plötzlich im Bett. Sie schliefen miteinander und kuschelten danach – bis die Polizei kam. Denn das Mädchen hatte zu Hause nicht Bescheid gesagt. Und nun zitiere ich den endlich einmal relativ aufrichtigen Untertitel des Artikels:

Als der Gesetzgeber das Strafmaß für „schweren sexuellen Missbrauch an Kindern“ auf zwei Jahre Freiheitsstrafe aufwärts festlegte, hat er an ganz andere Fälle gedacht als jenen, der nun vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht verhandelt wurde.

Und ich zitiere weiter:

„Anschließend haben wir gekuschelt, bis die Polizei kam“. Als sein Anwalt später diesen Satz aus der polizeilichen Vernehmung zitierte, waren wohl alle im Gerichtssaal ein wenig gerührt und hatten vielleicht sogar Mitleid mit dem jungen Mann, der seine erste Liebesnacht auf einem Polizeirevier verbringen und sich nun wegen „schweren sexuellen Missbrauchs an einem Kind“ verantworten musste. Wobei auch klar wurde, dass das Mädchen wohl reifer ist[,] als es sein Alter vermuten lässt.

Gerade dies ist eben der unglaubliche Skandal des noch immer geltenden Sexualstrafrechts: Dass es jegliche Individualisierung geradezu ausschließt, mit Absicht. Es will die generelle Strafe – egal wieviel Liebe im Spiel ist. Dieser Skandal ist unüberbrückbar.

Und selbst der genannte Artikel entgeht dem heuchlerischen Gehorsam nicht. Rührselig erwähnt er, dass Mädchen und junger Mann nach wie vor ein Paar seien und er sogar ,in eine kleine Wohnung in der Nähe seiner Freundin gezogen’ sei, sich gut mit ihren Eltern verstehe und inzwischen einen Ausbildungsplatz habe: ,Gute Voraussetzungen, das Leben zu meistern, waren sich alle Beteiligten einig – vor allem, wenn man die schwere Kindheit des jungen Mann betrachtet. Der Vater ist früh gestorben, die Mutter war überfordert mit vielen Kindern, so dass ihr Ältester ins Heim musste.’ All dies kann die Absurdität des Strafrechts doch nur steigern! Aber pflichtschuldigst und heuchlerisch heißt es weiter:

Staatsanwalt und Verteidiger waren sich einig, dass hier Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen müsse. Um eine Verurteilung wegen schweren Missbrauchs an einem Kind kam der inzwischen 20-Jährige aber nicht herum. Das Strafmaß: 400 Euro Geldbuße, zu zahlen an das Frauenhaus Schweinfurt, 40 Stunden gemeinnützige Arbeit und die Auflage, mindestens ein Jahr lang den Ausbildungsplatz nicht zu kündigen und keinen Anlass dazu zu geben. Der Jugendrichter gab ihm noch eindringlich mit auf den Weg, unbedingt zu warten, bis die Freundin 14 ist. Auch in einer Liebesbeziehung sei es verboten, mit einem Mädchen zu schlafen, das noch keine 14 ist.

,Was Recht ist, muss Recht bleiben’ ... selbst wenn es absurdestes Unrecht wird... Die Bestrafung ist abstoßend genug – die abschließende Bevormundung zweier liebender Menschen ist geradezu widerlich... Und alles nur, weil die Begriffe in Orwellscher Art völlig aus dem Ruder geraten sind: ,schwerer Missbrauch an einem Kind’. Wie kann gegenseitige Liebe je überhaupt Missbrauch sein? Und wie kann ein Mädchen, das ganz und gar und völlig offensichtlich reif genug für zärtliche Liebeserlebnisse ist, noch ein ,Kind’ genannt werden?[26] Der Gesetzgeber kann dies alles nicht erklären. Aber strafen auf dieser Grundlage – das kann er. Welche inhumane, abscheuliche Leistung!

Das rührselige Theater, das immerhin noch um den Neunzehnjährigen gemacht wird, dem trotz seiner ,schweren Straftat’ (!) ,gute Voraussetzungen’ bescheinigt werden, ,das Leben zu meistern’, findet natürlich sofort ein Ende, wenn der sogenannte ,Täter’ älter als Mitte, Ende zwanzig sein sollte.

Anstatt journalistisch ein ,Rührstück’ zu fabrizieren (,Als der Gesetzgeber ... hat er an ganz andere Fälle gedacht’, , waren wohl alle ... ein wenig gerührt’), wäre es journalistische Pflicht gewesen, klarzustellen, dass der Gesetzgeber selbstverständlich sämtliche möglichen Fälle im Blick haben muss und auch Vorkehrungen zu treffen hat, dass selbst der Einzelfall gerecht beurteilt werden kann – hier aber hat der Gesetzgeber dies gerade verhindert, indem er derartige Verschärfungen schuf, die selbst eine Verfahrenseinstellung unmöglich machen! So wird der oben genannte Untertitel zuletzt doch völlig unaufrichtig. Und die ach so billige ,Rührung’ im Gesichtssaal ist natürlich billige Münze, um sich freizukaufen von der Verpflichtung, sich als Berufsbetroffene dafür einzusetzen, dass diese Absurditäten durch Regelungen für offensichtliche Liebesbeziehungen künftig unmöglich werden – indem endlich der Wille, die Reife und die Empfindungen des Mädchens Eingang in die Gesetzgebung finden.

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Angeblich wurde 2019 in Potsdam selbst der Fall eines Einunddreißigjährigen noch vor dem Jugendschöffengericht abgeurteilt.[27] Jedenfalls hatte sich hier ein bereits sehr reifes dreizehnjähriges Mädchen aus Brandenburg an der Havel eindeutig in ihren Nachbarn verliebt. Und wieder muss wie mit dem Vorschlaghammer betont werden, dass sie aber noch ein ,Kind’ sei:

Er weiß, wie jung die Nachbarin ist, die deutlich älter aussieht und wirkt. Trotzdem lässt er sich auf die Annäherungsversuche der jungen Frau ein, die rechtlich noch ein Kind ist. | An einem Tag im Juli 2017 schläft er das erste Mal in seiner Wohnung mit der Schülerin, Alkohol enthemmt ihn. An fünf weiteren Tagen bis Ende September mündet die ungleiche Beziehung erneut in Geschlechtsverkehr. Die treibende Kraft ist dabei wiederholt das frühreife Kind, wie ein Gericht später feststellen wird.

Absurd ist hier, wie die Begriffe ,Kind’ und ,junge Frau’ (!) geradezu munter durcheinanderpurzeln – aber der Begriff Mädchen in diesem Absatz regelrecht vermieden wird. Und natürlich konnotiert ,Schülerin’ erneut das ,Tabu’, entsprechend muss auch Alkohol ,enthemmend’ im Spiel sein, denn das Tabu ist unantastbar. Besonders kryptisch ist dann der nächste Absatz:

Im folgenden Oktober beendet der Erwachsene die Beziehung, die das Mädchen damals trotz seines „Verknalltseins“ als belastend empfindet. „Aus Liebeskummer“ ritzt sie sich.

Weder wird erklärt, warum das Mädchen die Beziehung als ,belastend’ empfindet, noch, warum der junge Mann sie beendet. Offensichtlich aber ist, dass das Mädchen heftigen Liebeskummer hat! Könnte es vielleicht sein, dass der Mann die Beziehung nur aus Angst vor dem inhumanen Strafrecht beendet? Und dass diese Angst des Mannes auch für das Mädchen das tief ,Belastende’ gewesen ist? Spätestens dann hätte nicht der Mann, sondern das geltende Strafrecht es auf dem Gewissen, dass das Mädchen sich in selbstverletzender Weise geritzt hat...
Die Mutter wiederum erfuhr von der sexuellen Beziehung offenbar durch dieses Ritzen, jedenfalls erstattet sie Anzeige, und wieder einmal ermittelt die Polizei wegen ,schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes’ – und gnädig berücksichtigen die Potsdamer Richter, dass das Mädchen bereits fast vierzehn war, ,also an der Schwelle stand, nicht mehr Kind zu sein, sondern schon Jugendliche’. Wie schön! Aber leider nur fast – es war eben noch für wenige Wochen ,Staatseigentum’ und hatte noch keinerlei sexuelle Selbstbestimmung. Und einmal mehr vermeidet der Artikel in absurder Wortwahl die Bezeichnung Mädchen und springt von ,Kind’ zu ,Frau’:

Zudem erkennen die Richter an, dass die heranreifende Frau in den Angeklagten verliebt war, ständig seine Nähe gesucht und ihn nachts auch heimlich aufgesucht hat. Sie wollte die sexuellen Handlungen, mochte seine Erfahrenheit, warf sich ihm in ihrer Unerfahrenheit[28] an den Hals.
Das Mädchen wollte den Erwachsenen als Partner, war so verliebt, dass sie alle Treffen und sexuellen Erfahrungen ihrem Handy anvertraute, um die angenehme Erinnerung zu bewahren. Offenbar ahnte sie, dass diese Liaison nicht ewig währen würde. Verletzt und traurig war sie trotzdem, als ihr Geliebter den Schlussstrich zog.[29]
In der rechtlichen Bewertung seiner schweren Straftaten sprach zu seinen Gunsten, dass er nie Druck auf das Kind ausgeübt hat, nie grob wurde und der so viel jüngeren Partnerin keine Schmerzen zugefügt hat. [...]
Das inzwischen 15-jährige Mädchen hat die Taten gut verarbeitet, ihre Entwicklung wurde nicht beeinträchtigt, so heißt es im Urteil.

Hier wird die Absurdität erneut völlig offensichtlich: Man klammert sich an das lügenhafte ,Trauma-Dogma’, man klammert sich an den Begriff ,Taten’ – weil ja sonst kein ,Unrecht’ vorläge –, obwohl man gezwungen ist, zuzugeben, dass das Mädchen angenehme Erinnerungen hatte. Und erneut muss man fragen: wie auch sonst? Wenn ein Mann zärtlich ist und ein Mädchen alles, was geschieht, selbst will, kann es schlicht nicht anders sein.

Aber statt dies endlich zuzugeben, wird es zu einem Akt der Gnade hochstilisiert, dass der ,Angeklagte’ bei seiner ,schweren Straftat’ ,nie Druck’ ausübte, ,nie grob wurde’ und der ,so viel jüngeren Partnerin keine Schmerzen zugefügt hat’. Wie erbärmlich theatralisch will man es denn noch machen!? Es ist abscheulich, wie hier etwas, was nie den Weg zum Gericht finden dürfte, zu einer ,minder schweren’ schweren Straftat ,herabgemildert’ wird! Ich zitiere:

Dem Angeklagten hielten die Richter zugute, dass er ein Geständnis ablegte. Mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren [auf Bewährung] ist das Jugendschöffengericht an der unteren Grenze der Strafzumessung geblieben.
Der schwere sexuelle Missbrauch eines Kindes ist zwar eindeutig, doch die Richter ließen Milde walten, was nur in minderschweren Fällen solcher Verbrechen möglich ist.[30]

Mit anderen Worten: Der Gesetzgeber selbst hat sich in eine hoffnungslose Lage hineinmanövriert – aber sogar das wird als eine unglaubliche Gnade hingestellt und mehrfach betont. Wie im Mittelalter. Gnadenlose Ausbeutung und selbstherrliche Selbstdarstellung der ach so milden Schreckensherrschaft... Und die Presse verkauft es der Bevölkerung, getarnt als ,objektive’ Berichterstattung, in Wirklichkeit mit einem erschreckenden Gehorsam und ohne auch nur einen Ansatz von Kritik oder nur Frage. Denn bei ,schwerem Missbrauch von Kindern’ hört ja aller Spaß auf, nicht wahr...[31]

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Gerichtsprozesse bringen selten die Wahrheit ans Licht – oft sind es nur noch Schlammschlachten, in denen Gerechtigkeit, Weisheit und Menschenliebe als erste sterben. Eine solche Schlammschlacht betraf auch den Fall der sehr sympathischen amerikanischen Lehrerin Brittany Zamora, die, nachdem sie beidseits gewollten Sex mit einem dreizehnjährigen Schüler gehabt hatte, plötzlich als ,Monster’ tituliert wurde und – für das US-Strafrecht bereits ,ermäßigt’ – 2019 zu zwanzig Jahren (!) Haft verurteilt wurde.[32]

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Dass die sogenannten ,Kinder’ die Erfahrung der gemeinsamen Sexualität ebenso wollen, ja die treibende Kraft sein können, zeigt die Erinnerung der holländischen Journalistin und Feministin Karin Spaink, die sich erinnert, wie sie 1971 dreizehn Jahre alt war:[33]

I lost my virginity when I was thirteen years old; the man who “took” it was twenty, or twenty-one. Years later, I wasn’t too sure whether my decision to have sex with him was sound, but I am damned sure that it was my decision at the time. What’s more: I was hell-bent on having sex with him. Weeks in advance, I had restless dreams, tossing and turning at night.
I was much more ready than I myself could handle. Did I throw myself at him? Yes. Did he take advantage of me? Yes. [...] Do I regret the experience? No. Could my first sexual encounter have been better, in retrospect? Yes, definitely. Do I regret it? No. The experience taught me that I could own my sexuality – even as a kid.
Children are not asexual, and thus, not necessarily ‘innocents’. We’d all be better off once we realize that. Only when we acknowledge that (some) children actually – positively, and sometimes even aggressively – crave for sex, we can hope to enable them to distinguish between ‘yes’ and ‘no’. Assuming that ‘no’ is the only possible answer that children could give is not helping them at all.

Der reine Missbrauchsdiskurs geht von einem absolut falschen Konstrukt aus. Er konstruiert das asexuelle Kind – mit Hilfe einer bequemen, völlig abstrakten Altersgrenze, die noch dazu jenseits der Geschlechtsreife liegt:[34]

Child sexual abuse (CSA) discourses frame age as a universalizing and immutable category that denies the possibility of conscious and especially of chosen and erotically focused participation [...]. There is no room in the CSA discourse for the consideration of reciprocity in inter-generational sexual encounters.

Und genau das ist die Lüge, die Unwahrheit, das bloße Konstrukt, die Ideologisierung.

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Wir haben bis heute nicht begriffen, dass Sexualität mit Intimität verbunden ist und deshalb sämtliche Bereiche berühren kann: von tiefster Liebe bis zu tiefster Demütigung. Von Ausnutzung und tiefer Enttäuschung bis hin zu tiefstem Glück, Geborgenheit und Wunder. Entscheidend sind die Empfindungen der Beteiligten – ihr Konsens und mehr noch: ihr Wunsch, ihr Wille, ihre Liebe. Mädchen dies abzusprechen, indem sie durch das Gesetz als Kinder definiert werden, ist völlig realitätsfern.

Und nur so kann geschehen, was bereits zuvor angedeutet wurde: Dass Liebesverhältnisse und zärtliche Handlungen schwerer bestraft werden als Hass und körperliche Gewalt! Es ist ein Zustand entstanden, der einer Orwell’schen Welt würdig wäre – nicht aber einer humanen Gesellschaft im 21. Jahrhundert.

Diese Orwell’sche Welt des 21. Jahrhunderts definiert Zärtlichkeiten mit einem dreizehnjährigen Mädchen als ,Missbrauch’, und wenn es zur liebevollen geschlechtlichen Vereinigung kommt, als ,schweren Missbrauch’.

Nur so ist es möglich, dass das Folgende als völlig abstrakte, lebensfremde, Unrecht schaffende Setzung Realität sein kann:[35]

§ 176 Sexualisierte Gewalt gegen Kinder
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt [...].

Für ,Wiederholungstäter’ gelten mindestens zwei Jahre Haft.

§ 176c Schwere sexualisierte Gewalt gegen Kinder
(2) [...] nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn [] eine Person [...] mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen [...] vornimmt [...], die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind [...].

Dies betrifft die gegenseitige Liebe. Jetzt kommt die Gewalt:

§ 223 Körperverletzung
(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wir haben also als Mindeststrafen:

                                               Liebe                Gewalt
     Sexuelle Handlung             ein Jahr
     Sexuelle Vereinigung         zwei Jahre
     Körperverletzung                                        Geldstrafe

Dass sich angesichts dieser Realitäten das Rechtssystem noch nicht völlig diskreditiert hat, liegt nur an der gewaltsamen (!) Fiktion, dass ein dreizehnjähriges Mädchen noch nicht (wirklich, gültig) lieben könne und dürfe und noch keinen freien Willen habe – es wird damit völlig entmenschlicht, und man erklärt dies zum ,Kinderschutz’, egal, was das Mädchen sagt, was es empfindet und was seine Realität ist: diese zählt nicht.
 

Fußnoten


[1] Consenting Juveniles. A Voice for the Silenced. www.consentingjuveniles.com, Cases, Girl with Older Male.

[2] Siehe etwa ebenda, Fall ,Jennifer’. • Dieses fast achtzehnjährige Mädchen bat die Webseite um Hilfe mit den Worten, dass ihr ehemals 34-jähriger Freund im Gefängnis sei: ,He was accused of molesting me for a year and a half when I was 15 to 16 years old. The cops took me in a room and wouldn’t let me go until I made up a story about having oral sex with him. Please tell me what to do. He was nothing more than my friend.’ Auch sie hatte eine schlimme Kindheit mit drogenabhängigen Eltern und geriet schon früh in die Cybersex-Szene. Dieser Mann war ihr erster echter Freund, mit dem sie eine tief emotionale Beziehung hatte, während die Polizisten ihr eine offensichtliche Lüge abpressten, deren bewusst eingebaute Inkonsistenzen vor Gericht überhaupt nicht interessierten! Ebd.

[3] Was sogar in inzestuösen Beziehungen der Fall sein kann: ,Neunzehneinhalbjährige Probandin, mit der der [...] Stiefvater während fünf Jahren Inzestbeziehungen unterhielt. Zeitweise entwickelte sich – nicht ohne Initiative des Opfers – ein regelrechtes Liebesverhältnis (Tatzeitraum 11. bis 17. Lebensjahr). [...] Von ihrer Mutter wurde sie lieblos, bisweilen brutal behandelt (Treten, Beißen, Schlagen). Ihr Stiefvater, eine labile, weiche und wenig durchsetzungsfähige Persönlichkeit, brachte ihr erstmals im Leben eine freundliche und fürsorgliche Haltung entgegen. Sie bezeichente ihn schon bald als ihren „Schutzengel“ gegenüber der harten Mutter.’ Herbert Maisch: Inzest. Reinbek bei Hamburg 1968, S. 117f. • Offenbar identisch mit jenem Fall, der ein zweijähriges Vorstadium mit Küssen und Petting erwähnt. Ebd., S. 146.

[4]14-jährige Josephine folgte Onkel aus Liebe. Stuttgarter Zeitung, 20.4.2015. • Josephine mit Onkel in Frankreich gefasst. www.svz.de, 8.4.2015.

[5] Verbotene Liebe. ,Talk Zürich’, www.telezueri.ch, Erstausstrahlung 26.2.2018. Hier die gesamte, sehr eindrückliche Sendung (22 min). • Josephine berichtet von einer heuchlerischen Fassaden-Familie, in der es ihr sehr schlecht ging (4:00 min). Das ,Ultimatum’ ab 6:25 min, das Zitat 10:30 min. • Gerrit lebte schon seit Anfang 2015 von seiner Frau mehr oder weniger getrennt.

[6] Kindeswohlgefährdung: Kontakt- und Näherungsverbot gegenüber dem 47-jährigen Beziehungspartner einer Jugendlichen. www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de, 9 UF 132/15, 24.3.2016. • Hier ausführliche Darstellung des ganzen Falles. • Siehe auch Finn Rütten: Wie die Eltern Josephine in die Psychiatrie steckten, um sie von ihrem Onkel fernzuhalten. Stern.de, 19.1.2018.

[7] Nicht so harmonisch war die jahrelange Flucht der anfangs dreizehnjährigen Maria Henselmann mit dem 53-jährigen Bernhard Hasse. Erst nach über fünf Jahren, vor allem in Sizilien, tauchte sie Ende 2018 wieder auf. Siehe unter anderem: Maria Henselmann: Meine fünf Jahre mit dem Entführer. RTL.de, 10.7.2019. • Marias zwei Halbschwestern äußerten sich allerdings auch eindeutig negativ über die Mutter. 13-Jährige soll von Mutter gequält worden sein. Welt.de, 28.1.2014.

[8] Haftstrafe für Einunddreißigjährigen wegen Liebesbeziehung mit Dreizehnjähriger. www.strafrechtsberatung.de, 28.5.2017.

[9] Sexueller Missbrauch an einer 13-Jährigen: Zwei Jahre Haft für den Täter. HNA, 18.10.2018.

[10] So etwas schafft es dann bis in die Zwischenüberschriften: ,22-Jähriger zeigt Reue’, ,22-Jähriger zeigt sich einsichtig’ – welche journalistische Meisterleistung, die der Bevölkerung einbleuen soll, dass ein Mädchen dieses Alters noch kein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung hat! • In Übereinstimmung damit war bei diesem Artikel die Kommentarfunktion durch die Zeitung komplett abgeschaltet.

[11] Ebd.

[12] Wilhelmshaven: Strafe für Sex mit 13-jähriger Freundin. Nordwest Zeitung, 20.10.2011.

[13] dpa: Sex mit 13-Jähriger: Zweieinhalb Jahre Knast. Merkur.de, 15.8.2011.

[14]20-Jähriger wegen Sex mit 13-Jähriger verurteilt. www.swp.de, 5.9.2012.

[15] Schon all diese Begrifflichkeiten offenbaren die Absurdität. Etwas wird pauschal zu einem ,schweren Missbrauch’ definiert – und kann dann gnädig wieder als ,minderschwerer schwerer Missbrauch’ abgeurteilt werden, definitionsgemäß immer noch ,schwerer’ als selbst schwerster bloßer Missbrauch (etwa monate- oder gar jahrelange Übergriffe auf ein Mädchen ohne Penetration). Es ist alles so absurd... Dass der Wille und das ganze Erleben des Mädchens so brutal ignoriert werden, ist und bleibt das ungeheuerliche Armutszeugnis jedes sich selbst ,modern’ nennenden Strafrechts im 21. Jahrhundert.

[16]25-Jähriger aus dem Kreis Coburg wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. www.infranken.de, 1.3.2016. • Die Absurditäten des Artikels sind zahlreich. Allein schon der Untertitel: ,Liebe schützt vor Strafe nicht. Geschlechtsverkehr mit Personen unter 14 Jahren ist verboten. Das bekam nun ein 25-Jähriger zu spüren.’ • Der Artikel bezeichnet das Mädchen sogar als ,junge Frau’! Selbst der Staatsanwalt muss gestehen: ,Es war einvernehmlich’ – und dass die beiden Liebenden immer noch zusammen seien. • Ferner gab der Staatsanwalt zu, dass ,die junge Frau einen reifen Eindruck mache’ – und der Verteidiger sprach sogar von einem ,Persönlichkeitsvorsprung’. Die Richterin dagegen pervertierte all dies ganz und gar: ,Ich mag es nicht, wenn man von ,äußerlich schon stark entwickelt‘ spricht [], weil man die innere Reife betrachten muss.’ Genau das hatte der Verteidiger getan! • ,Gnädig’ urteilte sie dann, es handle sich um einen minderschweren Fall, und da der junge Mann nicht vorbestraft sei, gehe sie davon aus, dass ,das nicht mehr vorkommt’! • Absurdes Sexualstrafrecht im 21. Jahrhundert! Immer wieder klammert man sich an Dogmen, anstatt an der Realität zu erkennen, wie unhaltbar der Buchstabe des Gesetzes geworden ist!

[17] Katrin Woitsch: 13-Jährige hatte Sex: Eltern vor Gericht. Merkur.de, 5.2.2014.

[18] Ebd.

[19] Christoph Fröhlich: Warum ein Knutschfleck das Verfassungsgericht beschäftigt. Stern.de, 7.2.2013.

[20] Erzieher wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Spiegel.de, 20.1.2015. • Die Anzeige hatte die Mutter erstattet, die von einem ,Vertrauensmissbrauch’ sprach. ,Die Tochter habe dadurch Vorteile genossen, etwa im Heim rauchen zu dürfen.’ Was soll dieser Satz, der scheinbar eine Art ,Begründung’ darstellen soll!? Und was muss das für ein Verhältnis zwischen Mutter und Tochter gewesen sein, wenn die Tochter im Heim leben muss? • Der Fall gewinnt noch wesentlich mehr Brisanz, wenn man erfährt, dass die ,Haasenburg-Heime’ zu dem Zeitpunkt bereits geschlossen waren und rund fünfzig Verfahren wegen Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen liefen! Möglicherweise war die Liebesbeziehung für das Mädchen ja gerade ein Licht in der Finsternis des übrigen Heim-Horrors. Und man kann sich fragen, mit welchen Strafen die wirklichen Täter davonkamen. • Die Antwort ist: Nahezu alle Verfahren gegen insgesamt 85 Betreuer wurden später eingestellt. Der einzige Fall, der überhaupt vor Gericht kam, endete mit einem Freispruch. Soviel zum Stellenwert des Wohles von Mädchen und Jungen in Deutschland heute. Kaija Kutter: 1.500 Euro für ein kaputtes Gelenk. taz.de, 22.3.2018.

[21] Gerichtsbericht: Vier Jahre Haft für sexuellen Missbrauch. www.thueringer-allgemeine.de, 22.11.2012.

[22] Bernd Bexte: Sex mit Zwölfjähriger bleibt straffrei. Westfalen-Blatt, 8.7.2019. Auch für das Folgende.

[23] Diese war übrigens schon zuvor auch mehrmals von zu Hause weggelaufen und befand sich auch in psychiatrischer Behandlung. Ebd. Dies alles ist in diesem Zusammenhang jedoch unwesentlich.

[24] Ebd.

[25] Liebesnacht endete bei der Polizei. www.mainpost.de, 29.7.2009. Auch für das Folgende.

[26] Gerade an diesem Fall wird die desolate Entmündigung des Mädchens und seiner sexuellen Selbstbestimmung eklatant sichtbar!

[27] Verbotene Liebe mit 13-Jähriger: Bewährungsstrafe für 31 Jahre alten Mann. www.maz-online.de, 4.7.2019. Auch für das Folgende.

[28] Auch mit solchen Begriffen wird die Entmündigung, die absolute Versagung der sexuellen Selbstbestimmung wieder in Orwellsche Sprache gekleidet. Denn erst der Begriff ,Unerfahrenheit’ schafft ja die Voraussetzung, dass Mädchen entmündigt werden dürfen! Würde man sie nicht als ,unerfahren’ definieren, müsste man ihnen ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ja real zugestehen – und nicht nur Gesetzesabschnitte so betiteln. • Dass hier ein absoluter Zirkelschluss vorliegt, beweist die Tatsache, dass mit dem ,unerfahren’ nur gemeint sein kann, dass das Mädchen (a) noch keine sexuelle Erfahrungen hat (was es gesetzlich auch nicht darf) und (b) dass es noch nicht weiß, dass Sexualität in diesem jungen Alter ,schlecht’, ,schädlich’, ,böse’ und ,verboten’ ist und einem ,Ausgenutztwerden’ entspricht. Letztendlich soll sich das Mädchen einfach der Brutalität der Gesetzeslage unterwerfen – mehr nicht. Das allein rechtfertigt den Begriff ,unerfahren’. Denn der übrige Artikel wimmelt nur so von Begriffen wie ,junge Frau’, ,frühreif’, der Initiative des Mädchens und so weiter. • ,Unerfahren’ bedeutet also: ,uneinsichtig’, ,ungehorsam’, das Mädchen hat sich noch nicht unterworfen... Es handelt sich um einen klassischen Double bind: Wenn das Mädchen sexuell noch keine Erfahrungen hat, ist es ,unerfahren’, wenn es sie aber macht, ist es ebenfalls ,unerfahren’, weil es noch nicht begreift, wie ,böse’ und ,verwerflich’ dies alles ist... • Man kann also kategorisch von ,Unerfahrenheit’ sprechen und dem Artikel so seinen ekelhaften ,Spin’ verleihen, der mit heuchlerischstem Gehorsam die Gesetzeslage vertritt, wie ein guter Soldat und Untertan... Verlogener und realitätsferner war auch die Propagandamaschinerie des real existierenden ,Sozialismus’ nicht.

[29] Auch diese ganze ,Psychologisierung’ ist unerträglich. • Selbstverständlich ,ahnt’ das Mädchen etwas – es weiß ja schließlich selbst um das (vom Gesetzgeber) Verbotene. Die gesamte Umwelt trichtert es einem ja fortwährend ein. Dennoch ist es auch hier wieder widerlich, dem Mädchen gleich dieses belehrende Motiv unterzuschieben, wenn es nichts anderes tut, als seine schönen Erfahrungen seinem Handy anzuvertrauen! • Und dann der letzte Satz: ,Verletzt und traurig war sie trotzdem...’ Hier wird die Liebesfähigkeit eines Mädchens grundsätzlich geleugnet. Zum einen wird es auch durch diesen Satz wieder so hingestellt, als sei es (fast) bloß eine ,Liaison’ gewesen – obwohl zuvor ausdrücklich schwerer Liebeskummer erwähnt war! Zum anderen schwingt mit, dass es ja für den Mann selbstverständlich nur eine ,Liaison’ gewesen sein könne – und das Mädchen auch das gewusst haben müsse. Und zuletzt schwingt mit, dass ein so ,unerfahrenes Kind’ ja fast über Nacht so eine Beziehung vergesse und die nächste Freundschaft schließe. Welche bevormundenden Deutungen hier fortwährend transportiert werden – und auch den erwachsenen Leser fortwährend entmündigen und bevormunden –, ist kaum in Worte zu fassen. • Man könnte überhaupt jeden einzelnen Satz seitenlang analysieren. Allein schon der Satz ,Das Mädchen wollte den Erwachsenen als Partner’ suggeriert machtvoller als jede rhetorische Frage, dass ein ,Erwachsener’ für ein ,Mädchen’ natürlich nie als Partner in Frage komme, es sich also nur um eine rührend naive Illusion des ,Kindes’ handle. Es entgeht einem völlig, dass hier vielmehr die sexuelle Selbstbestimmung des Mädchens offen zutage tritt: Ja, sie wollte den jungen Mann als Partner! Und wer will ihr denn das Recht absprechen? Nur ein inhumanes Gesetz, das ein fast vierzehnjähriges Mädchen als grundsätzlich entscheidungsunfähig hinstellt. Welch eine Vergewaltigung der Tatsachen...

[30] Allein schon in diesem Absatz liegt eine ungeheuerliche Infantilisierung der Leserschaft – und eine Selbstvergewisserung des eigenen perfekten Gehorsams. Der ,schwere Missbrauch’ sei zwar ,eindeutig’ – ja, weil er als solcher definiert wurde, unabhängig von jedem Kontext. Die Richter ließen aber ,Milde walten’, was ,nur in minderschweren Fällen solcher Verbrechen möglich ist’. Würde sich auch nur ein einziger Mensch fragen, was ,Milde’ in nicht minderschweren Fällen schweren Missbrauchs überhaupt zu suchen hätte? Für wie debil wird der Leser hier gehalten? Kein Wort jedoch davon, warum das zärtliche Schlafen mit einem Mädchen überhaupt ein Verbrechen sein soll – oder dass ,Milde’ (oder mehr noch: gesunder Menschenverstand) gerade bedeuten würde, es im Einzelfall gar nicht als Verbrechen zu betrachten. Warum? Weil auch das Mädchen es nicht einmal im Ansatz tut!

[31] Man beachte auch noch den letzten Absatz: ,Die Bewährung auf seine zweijährige Haftstrafe verdankt der inzwischen 33 Jahre alte Mann der positiven Sozialprognose seiner Richter. Denn er ist nicht vorbestraft, geht einer geregelten Arbeit nach und lebt in geordneten sozialen Verhältnissen. Mittlerweile mit einer Frau in seinem Alter.’ • Das heißt, nach endlosen Betonungen der absoluten Milde des Urteils und der ansonsten braven Unbescholtenheit des Mannes schließt der Artikel mit dem allerletzten Hieb: ,Mittlerweile mit einer Frau in seinem Alter.’ Der Subtext: Auch dieser Fast- (nein: Kurzzeit-)Schwerverbrecher hat also wieder Vernunft angenommen. Und erneut macht sich niemand klar, welche Entwürdigung allein dieser eine Satz für das Mädchen und für Mädchen generell bedeutet. Sie werden belächelt, nicht ernst genommen, als ,Opfer’ instrumentalisiert, aber mehr auch nicht. Man veritefe sich einmal wirklich in diesen letzten Satz! Er hat eine brutale Abwertung an sich, die ihresgleichen sucht.

[32] Jill Sederstrom: Brittany Zamora’s Lawyer Suggests Her Teen Sex Abuse Victim Was To Blame, Calls Him ‘Very Aggressive’. www.oxygen.com, 19.7.2019. • Völlig verlogen wird ganz und gar schwammig behauptet, der Junge habe sich auf einmal ,irgendwie zum Schlechteren’ verändert: ,experiencing behavior issues that he did not have before that are a result of all of this.’ ,The boy’s mom claims that he has changed.’ ,The mother "can feel the difference in him and the way he treats [her] but she cannot read his mind and she cannot make him well again."’ Gina Tron: ‘They Wouldn’t Wish This On Anyone Else’: Family Of Brittany Zamora’s Victim Just Trying To Move On. www.oxygen.com, 17.7.2019. • Kann es sein, dass der Junge anders wäre, wenn die Eltern nicht Klage erhoben hätten? Sie haben Lehrerin und Schuldistrikt sogar auf 2,5 Millionen Dollar Schadensersatz verklagt! Ebd. • Man kann über das Verhältnis zwischen Zamora und dem Jungen denken, wie man will. Der Prozess und die Strafe und alles drumherum sind völlig absurd.

[33] What’s innocence? www.spaink.net, 16.12.1996. • Spaink weist darauf hin, dass selbst negative Meldungen wie ,Vergewaltigungsversuche’ Elfjähriger an jüngeren Kindern beweisen, wie wenig Kinder asexuelle Wesen sind. Ebd.

[34] Hawkes G & Egan RD (2008): Landscapes of Erotophobia: The sexual(ized) child in the postmodern Anglophone West. Sexuality & Culture 12(4), 193-203, hier 197.

[35] dejure.org, auch für das Folgende.