Parthenophilie

...und der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle)


Daneben gibt es noch die Selbstkontrolle der Computerspielehersteller (,Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle’, USK). Spielehersteller können ihre Produkte bei der USK gegen Gebühr einstufen lassen – mit einer Altersfreigabe ohne Einschränkung, ab sechs, zwölf, sechzehn oder achtzehn Jahren. Seit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes 2003 sind diese Einstufungen keine Empfehlungen mehr, sondern verpflichtend und müssen deutlich erkennbar sein. Umgekehrt kann ein Spiel, das ein Kennzeichen erhalten hat, seitdem nicht mehr von der ,Bundesprüfstelle’ indiziert werden.[1]

In einem Artikel heißt es ,Knappe Kleidung, Schulmädchen und Tentakelsex – Eroge-Spiele[2] bereiten Jugendschützern enorme Kopfschmerzen’.[3] Das im Manga-Stil gestaltete Spiel ,Gal Gun: Double Peace’ ist erst ab sechzehn freigegeben.[4] Interessant ist, dass eine Altersfreigabe ab vierzehn überhaupt nicht existiert – dass also junge Menschen ab vierzehn Sex jeder Art haben, aber nicht mit diesen erkennbar rein virtuellen Darstellungen in Berührung kommen dürfen, die etwa im Falle von ,Gal Gun’ durch eine sehr harmlose Grafik im Grunde überhaupt nur ein bisschen erotisch sind!

In dem Artikel wird erneut ein völliger Unsinn verbreitet:

Selbstverständlich verfügen auch heranwachsende Menschen über eine Sexualität, die gerade in der Pubertät zu blühen beginnt. Doch sie darf sich nicht mit der von Erwachsenen vermengen. Laut Sexualwissenschaft können Minderjährige zwar willentlich, aber niemals wissentlich in sexuelle Handlungen einwilligen. Die Tragweite einer solchen Entscheidung ist für Schutzbedürftige folglich nicht absehbar.

Wie kann es sein, dass solche Lügen kursieren und derart mit Begriffen umhergeworfen wird!? Kindern wird der ,informed consent’ abgesprochen – aber nicht aufgeklärten minderjährigen Jugendlichen! Aber offenbar können auch Erwachsene völlig uninformiert über geltendes Rechts sein!

Weiter heißt es dort:

Die bewusst auf niedlich getrimmte Aufmachung von diversen Eroge-Spielen weckt die kindliche Neugier, vermittelt aber gleichzeitig völlig falsche Eindrücke über Sex und Erotik. Minderjährige könnten annehmen, dass die dargestellte Unsittlichkeit zur Norm gehört.

Wie sehr will man, sagen wir, zwölf- bis vierzehnjährige junge Menschen eigentlich noch infantilisieren? Meint man allen Ernstes, sie könnten glauben, es sei ,normales’ Verhalten, Mädchen gegen ihren Willen die Kleidung vom Leib zu saugen? Mit welchen Begründungen heute hantiert wird, ist einfach nur haarsträubend.

In Japan haben sehr explizite Sexualdarstellungen eine jahrhundertealte Tradition:

Auf alten Zeichnungen, in Romanen, auf Holzschnitten: Genitalien oder Menschen beim Akt waren kein Problem. Erst als sich das Land weiter dem Westen öffnete, wurde es auf seine Obszönitäten aufmerksam gemacht.

Wie eurozentrisch darf es denn noch sein! ,Obszönitäten’ definiert immer eine Kultur als solche. Etwas, was als ganz natürlich empfunden wird, kann nicht obszön sein. Erst, wenn man es unterdrückt und als ,sündhaft’ stempelt, entsteht dieser ,Stempel’.

Über ein anderes Spiel heißt es:

Im Kern ist Senran Kagura 2: Deep Crimson ein Hack'n'Slay mit anspruchsvollem Kampfsystem, und die frivolen Inhalte stehen nicht stark im Vordergrund [...].

Erneut wird deutlich, dass Gewalt und Kampf unendlich viel akzeptierter ist, ja gar kein Stirnrunzeln mehr hervorruft. Das Spiel ist ab zwölf freigegeben...[5]

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Kehren wir noch einmal zum eingangs erwähnten Spiel zurück – dessen Nachfolgeversion ,Gal Gun 2’ erhielt von der USK Anfang 2018 überhaupt keine Einstufung! Ein Grund sei, dass die dargestellten minderjährigen Charaktere teilweise die berühmten ,unnatürlich geschlechtsbetonten’ Posen einnähmen. Zweitens sei das Spiel ,unsittlich’, insbesondere da es durchgängig sexualisiert wirke und ein ,nicht akzeptables Verständnis von Geschlechterrollen’ befördere’. Auch dieses Spiel durfte aufgrund der nicht erteilten Altersfreigabe nicht öffentlich beworben werden.[6]

Ja, das Spiel ist erotisiert. Ein Rezensent formuliert, man müsse mit einer ,Pheromonkanone’[7] auf die ,Lustzonen’ japanischer Anime-Mädchen schießen, um sich diese vom Leib zu halten (da sie laut Spiel von Dämonen besessen sind). Die auf YouTube zu findenden Einblicke in das Spiel sind jedoch absolut harmlos – man muss auf sehr unschuldig, ,süß’ und sympathisch wirkende Schulmädchen ,schießen’, die um die zwölf Jahre alt sein mögen.[8] Das Game spielt mit der Vorstellung der Wehrlosigkeit von Mädchen – denn sie können gegen die ,Strahlenkanone’ im Grunde nichts ausrichten und werden alle ,besiegt’.

Und ja, es spielt mit der verlockenden Botschaft wehender Röckchen – und welcher Junge fand die Röckchen von Mädchen nicht schon mit zehn, elf, zwölf Jahren in einer unglaublichen Weise anziehend? Die davon ausgehende zarte Erotik ist aber etwas vollkommen anderes als die Unterstellung, Mädchen würden in unzulässiger Weise erotisiert, wenn man sie in Gedanken gerne ausziehen würde. Das ist einfach ein Faktum innerhalb der Fantasie von Jungen und macht gerade das Mysterium der Mädchen aus. Und es bedeutet in keiner Weise, dass man Mädchen wie ein Objekt behandeln würde – im Gegenteil. Ein Junge, der heimlich unter dem Bett ein ,Playboy’-Heft versteckt hat, hat gegenüber Mädchen eher eine viel tiefere Achtung als der Durchschnitt. Und das genannte Spiel macht davon auch keine Ausnahme. Zu behaupten, es verändere die Wahrnehmung auf Mädchen, ist etwa so absurd wie die Behauptung, eine Frau mit Vergewaltigungsfantasien möchte in Wirklichkeit vergewaltigt werden.

Und ebenso absurd ist es, dass man bei Kriegs-, Kampf- und Tötungsspielen kaum einmal so paranoide Einwände hat – Krieg und Töten geht also immer. Aber süße Mädchen mit einer Strahlenkanone auf erotische Weise ,unschädlich’ zu machen – da wird selbst einem Sechzehnjährigen nicht zugetraut, dies ohne ,sittliche Gefährdung’ spielen zu können? Es ist ein Wahnwitz. Ein Röckchen darf nicht hochfliegen und eine zarteste Erotik wirksam werden lassen – aber Körperteile dürfen fliegen, Blut darf fließen, Köpfe dürfen rollen und gemetzelt darf werden bis zur absoluten Erschöpfung. Europa im 21. Jahrhundert...

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Wir können uns noch mit den Argumenten derer beschäftigen, die die Vorschriften des ,Jugendmedienschutz-Staatsvertrags’ gläubig reproduzieren – immer unter dem Dogma, es gehe um den ,Schutz der Kinder und Jugendlichen’.

Ein Rezensent schreibt,[9] aus der Sexualisierung von Figuren könne sich Sexismus ergeben – und erst kürzlich habe eine Wiener Studie gezeigt, dass sexualisiert dargestellten Frauen weniger Mitgefühl entgegengebracht werde. Dem wäre zu entgegnen: Es kann sich immer alles ergeben. Aus Tötungsspielen kann sich auch Mordlust ergeben. Werden diese sinnlosen Spiele deshalb verboten? Nein. Natürlich können Feministinnen dieses Spiel kritisieren – als einseitige Betonung der erotischen Anziehung von Mädchen. Aber daraus wird noch lange kein Sexismus. Wer dieses Spiel spielt, kann sich im realen Leben jedem Mädchen gegenüber absolut korrekt verhalten, und zwar aus einer tief inneren Einstellung heraus. Und wer das nicht kann, der hatte seine sexistische Veranlagung schon ohne dieses Spiel. Ja, mehr noch – wer eine solche Veranlagung hat, wird keineswegs zu diesem harmlosen Spiel greifen, sondern zu ganz anderen Games oder Videos.

Und zu der Studie:[10] Ihre Konstruktion war höchstgradig spezifisch. Anscheinend ging es darum, die Empathie gegenüber Frauen zu messen, die von einem Ballwurfspiel ausgeschlossen wurden. Gegenüber Frauen mit mehr freier Haut war die Gehirnaktivität, wie sie für das Mitempfinden von Schmerz typisch ist, geringer. Aber was bedeutet das? Allein schon das ,Abstract’ der Studie macht den Gegensatz zwischen ,personalisiert’ und ,sexuell objektiviert’ auf. Im Grunde ist schon dies ein anti-feministischer Ansatz. Denn auch wenn Frauen, die sich sexuell anziehend kleiden, sich in gewisser Weise selbst zu einem ,Sexualobjekt’ machen (wozu sie auch alles Recht haben), werden sie wohl kaum von sich behaupten, dass sie sich entpersonalisieren. Der feministische Anspruch ist vielmehr, als Person gesehen zu werden, egal was man anhat. Der Gegensatz zu ,personalisiert’ ist also ganz unzulässig – und es kann höchstens heißen ,attraktiv gekleidet’ (oder auch: ent-kleidet).

Warum war die gemessene Empathie gegenüber den attraktiver gekleideten Frauen mit mehr freier Haut aber geringer? Die Studie scheint dogmatisch nahezulegen, diese würden nur als Objekt wahrgenommen. Eine sehr viel naheliegendere Erklärung jedoch wäre, dass attraktiv gekleidete Frauen tendenziell als innerlich stärker wahrgenommen werden – man würde dann davon ausgehen, dass sie nicht so viel Mitleid brauchen wie jene Frauen, an denen diese innere Stärke so nicht wahrgenommen wird. Man könnte auch sagen: Sexuell attraktiv gekleidete Frauen, werden nicht so schnell in einer Opferrolle wahrgenommen – und das ist eigentlich zugleich etwas sehr Positives. Zudem waren die Unterschiede graduell. Auch ist anzunehmen, dass die attraktiv gekleideten Frauen in anderen Situationen genauso viel Empathie bekommen hätten wie andere – oder vielleicht sogar noch mehr.

Die Empathie der Seele – sie nimmt nicht ab, wenn eine Frau sich erotisch kleidet oder wenn in einem Spiel virtuell auch mal ein Mädchenröckchen hochfliegt. Eros ist Anziehung, und meist steigt damit verbunden auch die Zuneigung. Nein, die Empathie der Seele nimmt ab mit jedem Tag, an dem sie im Kapitalismus überleben muss; an dem Armut und soziale Ungleichheit zunehmen; an dem das berühmte eine Prozent jenen Reichtum scheffelt, der allen zustünde; an dem Millionen- und Milliardenbetrüger einfach davonkommen; an dem Massentierhaltung normal ist; an dem die Sprache in sogenannten (!) sozialen Netzwerken’ roher wird (was auch nur ein Symptom ist); an dem die Meere überfischt, die Wiesen und Äcker buchstäblich ent-artet werden; an dem Plastikmüll die Ozeane verstopft; arme Länder und ihre Bodenschätze zu geopolitischen Spielbällen verkommen … und schon die Nachbarn nicht mehr gekannt oder gegrüßt werden.

Sie nimmt ab mit jedem Tag, an dem Menschen autistischer werden, weil sie vom ,System’ mehr oder weniger allein gelassen werden, während der Turbokapitalismus rollt; an dem Selbstbezug und Konsumhaltung zunehmen; an dem Menschen ihr Handy öfter betrachten als andere Menschen. Sie nimmt ab mit jedem virtuellen Geschehen, in dem der Einzelne meint, die Dinge mit bloßem Knopfdruck steuern zu können, und dann auch belohnt wird.

Das Zum-Objekt-Machen der gesamten Umwelt ist wesentlich umfassender, als es ein absolut übertriebener ,Kinderschutz’ als Behauptung vorbringt. Und dadurch werden hier sämtliche ,Argumente’ so unendlich heuchlerisch und armselig. Wenn es nur die Tatsache wäre, dass sie ,un-informed’ und völlig jenseits jeder Evidenz sind! Viel schlimmer ist das unerträgliche Gutmenschentum, das letztlich mehr und mehr Orwell-ähnliche Verhältnisse hervorbringt. Die realen Verhältnisse im immer brutaleren Kapitalismus werden als ,Normalität’ verkauft; viele abhängig Beschäftigte (aber auch Selbstständige) sind halbe Sklaven – aber ein harmloses Spiel, bei dem süße virtuelle Schulmädchen auf harmlose Art ,unschädlich’ gemacht werden, wird mit bedenklichen Augenbrauen erst ab achtzehn (!) freigegeben!? Dies zeigt den völligen Realitätsverlust der aktuellen Diskussion und Praxis.

Das ebenfalls absolut Heuchlerische daran ist, dass es in demselben Atemzug, in dem behauptet wird, Sexualität zwischen Mädchen und Erwachsenen wäre was-weiß-ich, um angeblichen ,Jugendschutz’ geht. Gerade Erwachsene dürfen dieses Spiel spielen! Jugendliche sollen dieses Spiel nicht spielen dürfen. Die Argumente widersprechen sich also absolut gegenseitig – und man ,argumentiert’, wie es einem gerade passt. Glaubt man wirklich, ein Jugendlicher wird durch dieses harmlose Spiel ,verroht’, lerne dadurch, Mädchen als Objekte zu betrachten und sie als Erwachsener zu missbrauchen? Nochmals: Das lernt ein Jugendlicher entweder auf zahllosen anderen Wegen – oder er ist innerlich aufrichtig und verliert dies auch durch jenes Spiel in keiner Weise. Wie kann es sein, dass man Tausende von Baller-, Kampf- und Tötungsspielen ohne jedes Bedenken zulässt – und nicht sieht, dass gerade diese eine absolute Tendenz in die Seele säen, alles um sich herum als Objekt zu betrachten? Glaubt man, ein Mädchen fiele dem dann nicht zum Opfer? Ist man wirklich so blind?

Man glaubt also wirklich, ein Junge, der sich virtuell stundenlang seinen Weg freischießt, frei-tötet oder frei-metzelt, würde ein Mädchen zutiefst menschlich oder aber zumindest ,korrekt’ behandeln? Aber ein Junge, der ein Spiel spielt, auf dem ihm sympathische, liebe Mädchen entgegenkommen, die seinem erotischen Strahlenbeschuss ausgesetzt sind, würde dies nicht tun? Welches kurzsichtige, verquere Menschenbild hat man hier? Während das letztere Spiel die erotische Sehnsucht nach einem Mädchen anspricht und damit letztlich die Liebe zu Mädchen, sprechen die erstgenannten Spiele die absurde Allmachtfantasie an, auf der jede toxische Maskulinität aufbaut.

Was ist wohl schlimmer? Mädchen zu lieben und es daher durchaus reizvoll zu finden, wenn virtuell auch mal Röckchen fliegen und man über die virtuellen, süßen Mädchen ,Macht’ hat – oder seine Seele durch fortwährende Rambo-, Tötungs- und Einzelkämpfer-Szenarien Tag für Tag neu zu korrumpieren und zu vergiften? Und wer argumentiert, all die Millionen Jungen, die diese Spiele spielen, seien im wirklichen Leben doch trotzdem normal und ganz überwiegend tolle, liebenswerte Jungs – warum nimmt derselbe Mensch mit dieser großartigen Erkenntnis es nicht auch ernst, dass die Jungs, die das Mädchenspiel spielen, dies erst recht sind? Und nochmals: Wer durch dieses Spiel die tiefe Achtung und Liebe zu Mädchen verlieren würde, der täte es auch, wenn er stündlich hunderte von Gegnern tötet, metzelt, flachlegt und seinen Weg buchstäblich über Leichen bahnt…

Wären mehr Spieleentwickler Frauen, so wären längst auch Spiele auf dem Markt, wo ein weiblicher Spieler mit Pheromonstrahlen wehrlose süße Jungs ,unschädlich’ machen, halb entkleiden und hilflos sein ließe – und niemand würde sich daran stören. Unschuldige Fantasien der Macht über das andere Geschlecht sind so alt wie die Erotik selbst – und man hat sie, sobald die Geschlechtsreife naht. Es sind Ur-Sehnsüchte – die nahezu nichts mit wirklicher Macht zu tun haben, aber nahezu alles mit der unendlichen Anziehung des anderen Geschlechts. Wann wird die Gutmenschen-Paranoia endlich zu den heiligen Grundwahrheiten der Seele durchdringen und erkennen, dass die wirklichen Probleme ganz woanders liegen als die so selbstherrlich eingebildeten? Wie lange noch dürfen seelenlose Kampf- und Tötungsspiele den Markt überschwemmen, während Spiele mit fast nur angedeuteter Erotik behandelt werden, als wären Jugendliche Kleinkinder!?

Virtuelle zarte Macht über das andere Geschlecht ist also geradezu ,Teufelszeug’, aber virtuelles brutales Gemetzel die ,ganz normale Normalität’? Das ist genau derselbe Wahnsinn, mit dem das Streicheln eines zwölfjährigen Mädchens mit einem Jahr Gefängnis bestraft wird, während das brutale Zusammenschlagen eines solchen Mädchens es nicht einmal in die Zeitung schafft und sogar Messerstechereien mit Todesfolge teilweise bloße Bewährungsstrafen nach sich ziehen…

Spiele-Fans verweisen auch darauf, dass die Erotisierung von Mädchen in Japan geradezu normal sei. Der Autor des oben genannten Artikels erwidert darauf: ,Damit wird genau gar nichts gerechtfertigt. Menschen sind auch in Japan Menschen.’ Eben! Ein Mädchen wird auch in Japan absolut geachtet. Eine Erotisierung steht dazu nicht im Gegensatz – erneut muss man sagen: manchmal ist gerade das Gegenteil der Fall. Denn Erotisierung bedeutet oft auch Idealisierung. Sie kann ,Übergriffe’ sowohl denkbarer machen als auch, sie gerade verhindern.

In einem anderen Artikel heißt es:[11]

Wir haben uns gesellschaftlich (d.h. auch gesetzlich) darauf geeinigt, dass sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern (zumindest bis 16 Jahre) nicht in Ordnung – und strafbar – sind. Dasselbe gilt für Medien mit derartigen Darstellungen. Dafür gibt es gute Gründe: Es beginnt damit, dass Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer geistigen Entwicklung nicht einwilligungsfähig sind und die Implikationen sexueller Handlungen nicht oder anders verstehen als Erwachsene. Dazu zählt auch, dass wir die Darstellung von Kindern in sexuellen Situationen nicht normalisieren, indem wir sie medial zugänglich machen. Solche Medien, auch wenn sie nicht immer strafrechtliche Relevanz haben, können als Einstieg für tatsächliche Pornographie verwendet werden.

Dieser Absatz, so plausibel er auf den ersten Blick auch klingen mag, treibt die Absurdität auf die Spitze. Nicht nur reproduziert auch er völlig unreflektiert das Finkelhor’sche Dogma – er tut es auch noch völlig falsch. So abartig falsch, dass man sich an den Kopf fassen muss. Dieser Mensch erklärt doch tatsächlich Jugendliche für minderbemittelt und geistig nicht einwilligungsfähig! Damit ist er einer von Unzähligen, die nicht mehr klar denken können.

Und ganz klar spricht der Gesetzgeber einem Mädchen ab vierzehn Jahren grundsätzlich die Reife zu, seine sexuelle Selbstbestimmung verwirklichen zu können – sofern es nicht gegenüber Betreuungspersonen eine Stellung hat, in der die eigene freie Entscheidung vielleicht doch noch prekär beeinträchtigt ist (,Machtgefälle’). Sexuelle Handlungen eines Mädchens ab vierzehn sind also in Ordnung – egal welches Alter der Partner hat, mit dem das Mädchen auf diese Weise zärtlich werden möchte. Ein Mädchen als ,nicht einwilligungsfähig’ zu bezeichnen, ist geradezu offen diskriminierend. Doch wovon reden wir hier eigentlich? Wollen wir wirklich die erotische (abwehrende!) ,Bestrahlung’ der Mädchen in dem genannten Spiel als sexuelle Handlung bezeichnen? Nicht einmal zu diesen virtuellen Mädchen gibt es irgendeinen echten Kontakt. Wie weit wollen wir die Paranoia eigentlich noch treiben? Während ausgewiesene Strafrechtler bereits das strafrelevante Verbot minderjährig wirkender ,Sexpuppen’ als Irrsinn bezeichnen – obwohl hier sehr wohl ganz direkter, eindeutiger Kontakt stattfindet...

Das genannte Spiel und die Mädchen darin sind damit überhaupt nicht zu vergleichen. Noch einmal: Das Spiel basiert auf einer ganz zarten, angedeuten Erotik. Ohne die Paranoia müsste man fast (ironisch) sagen: ,Geht’s noch harmloser?’ Und: Die Paranoia verhindert keinen einzigen Missbrauch – vielleicht sogar im Gegenteil. Je mehr die zarte Erotik des Mädchens tabuisiert wird, desto mehr steigert man sie gerade dadurch. Im Grunde müsste man also die Tabuisierung verbieten... Aber all die erklärten ,Gutmenschen’ stricken fleißig weiter an ihrer Erotisierung des Mädchens – und können es dennoch jederzeit abstreiten.

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Im Februar 2019 entschied die ,Bundesprüfstelle’, das Spiel nicht zu indizieren. Daraufhin bemühte sich der Hersteller bei der USK um eine erneute Prüfung – und erhielt eine Freigabe ab achtzehn. Seitdem können sich Erwachsene das Spiel herunterladen.[12] Es bleibt nur noch absurd... Und es wird um so absurder, als selbst die ,Bundesprüfstelle’ eine ,Jugendgefährdung’ ablehnte:[13]

Bespielbare Lebenssachverhalte können jugendgefährdend sein, wenn sie die Normen und Werte zwischenmenschlicher Interaktion in Frage stellen, indem das Objekthafte des Gegenübers in den Vordergrund gestellt wird oder Handlungsmotive tragend sind, die zu einer sozialethischen Desorientierung führen können.
Allein die Darstellung von Minderjährigen in Unterwäsche führt nicht zwingend zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals der unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung, wenn dieser Darstellung keine sexuelle Präsentation innewohnt. Eine solche sexuelle Präsentation hat das 12er-Gremium bezüglich der Darstellungen in dem Videospiel „Gal*Gun2“ verneint.

Allein schon erneut die Sprache! Jetzt müssen sich Minderjährige schon anstrengen, um in Unterwäsche (!) nicht unnatürlich geschlechtsbetont zu wirken – zwingend tun sie das noch nicht, aber wer weiß, vielleicht in wenigen Jahren... Man kann es alles nicht mehr fassen.

Und ein letztes Mal: Wildes Gemetzel stellt die ,Normen und Werte zwischenmenschlicher Interaktion’ nicht in Frage – und ist vielfach ab zwölf freigegeben. Das harmlose Abwehren niedlicher Mädchen durch ,Pheromonstrahlen’ ist erst Erwachsenen zuzumuten. Schizophrenie und Paranoia begegnen einander...
 

Fußnoten


[1] Wikipedia: Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle.

[2] Eroge ist eine Wortbildung aus ,erotic game’. Wikipedia: Erogē.

[3]● Michael Cherdchupan: Kindliche Unschuld in Gefahr: Keine USK-Freigabe für Anime-Erotik-Spiele. www.pcgames.de, 6.5.2018. Auch für die folgenden Zitate.

[4],Ein Junge muss an seiner Schule den Streit zwischen einem Liebesengel und einer Dämonin schlichten. Letztere schickt kleine Teufelchen los, die alle Schülerinnen in liebestolle, herrische Femme fatales verwandelt. Doch auch der Liebesengel sorgt für Chaos und stattet den Jungen mit einer unwiderstehlichen Anziehungskraft aus, die alle Mädchen in seiner Nähe vor Lust wahnsinnig werden lässt. Den heranstürmenden Haufen kann er nur mit einer Pheromon-Kanone abwehren. Ein paar Schüsse auf erogene Bereiche der Mädchen lassen diese in orgiastischer Ekstase zu Boden fallen. Weil sich die kleinen Dämonen in der Kleidung oder in den Haaren verstecken, hilft nur ein großer Staubsauger. Damit saugt der Junge die garstigen Biester ein – und nicht selten die Kleidung der Mädels gleich mit, woraufhin sie kreischend zu Boden fallen und voller Scham ihre Intimzonen bedecken. Die Entkleidung geschieht also entgegen ihrem Willen in aller Öffentlichkeit.’ Ebd. • Was hier recht drastisch geschildert ist, ist in der Grafik absolut harmlos. Von ,orgiastischer Ekstase’ ist nicht einmal im Ansatz etwas zu sehen. Die Mädchen sind einfach ,besiegt’, das ist alles.

[5] Über das ,Frivole’ mag man streiten, denn in den Nicht-Kampfszenen sieht man die überdimensionierten Brüste der Mädchen fortwährend amöbenartig vor sich hinwabern – schon von der Grafik her ekelhaft.

[6]„Gal*Gun 2“: USK erklärt Gründe für die Verweigerung der Altersfreigabe. www.anime2you.de, 19.2.2018.

[7] Pheromone sind Sexuallockstoffe.

[8] Damit gehört das Spiel zur großen Gattung der ,Bishojo’ (Hübsche Mädchen) Spiele. Wikipedia: Erogē.

[9] René Wiesenthal: Sexualisierung im Spiel: Wir müssen kritisch bleiben (Kolumne). www.spieletipps.de, 8.3.2018.

[10] Cogoni C, Carnaghi A, Silani G (2018): Reduced empathic responses for sexually objectified women: An fMRI investigation. Cortex 99, 258-272.

[11] Ben: Nein, Gal Gun 2 ist nicht „zu sexy für Deutschland“. behind-the-screens.de, 26.2.2018.

[12] Gal Gun 2: Verspätete USK-Freigabe für den "verrücktesten Shooter aller Zeiten". www.4players.de, 27.5.2019.

[13] Entscheidungen und Verfahren 2018. BPJM Aktuell 1/2019, 18-20, hier 19. www.bzkj.de. • Die Spielbeschreibung dort lautet, der männliche Schüler-Spielcharakter ,muss die Schülerinnen einer Mädchenschule von „Minidämonen“ befreien, welche ihn zum Objekt der Begierde aller Schülerinnen werden lassen.’