Parthenophilie

Vorwort zu diesem Band


Dieser Band stellt Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und weitere Erkenntnisse zusammen, die die Frage der Parthenophilie betreffen. Dazu gehören letztlich beide Seiten, beide Richtungen: die vom Mann zum Mädchen, aber auch die des Mädchens zum Mann. Und tatsächlich hat auch das Wort ,Mädchenliebe’ selbst schon beide Bedeutungen: die Liebe zum Mädchen – und die Liebe des Mädchens... Und jede kann auch die andere erwecken.

Die Worte ,Jungfrau’, ,virgin’ und ,Mädchen’ bedeuten eine Unschuld bis ins Leibliche hinein – und dennoch bereits die Möglichkeit, neues Leben hervorzubringen. Von Novalis stammt der Aphorismus:

Das schöne Geheimnis der Jungfrau, was sie eben so unaussprechlich anziehend macht, ist das Vorgefühl der Mutterschaft, die Ahndung einer künftigen Welt, die in ihr schlummert, und sich aus ihr entwickeln soll. Sie ist das treffendste Ebenbild der Zukunft.

Wer Novalis kennt, weiß, dass hier in keinster Weise von dem ,Zweck’ der Jungfrau als eines ,gebärfähigen’ weiblichen Wesens gesprochen wird, das damit dem Mann, der Familie, dem Volk oder der Menschheit die Nachkommenschaft sichert (die damit zum eigentlichen Ziel wird), sondern dass in Novalis ein tiefer Idealismus lebt, der das Heilige dieser Tatsache an sich empfindet: die Jungfrau, das Mädchen, als ein Wesen, das in sich überhaupt das Mysterium von Zukunft birgt und zugleich offenbart.

Das Mädchen trägt in sich das Geheimnis der Jugend, des Jungseins – auch das lebt in dem Wort: Jungfrau. Aber auch im Mädchen selbst, denn auch dieses bedeutet nichts anderes als ,jung, Jungfrau’ (indogerm. magu – ahd. magad – nhd. Maid – engl. maiden).

Aber so, wie ein Mädchen ,unaussprechlich anziehend’ sein kann, so gilt dies auch umgekehrt: Auch ein Mann kann für ein Mädchen unaussprechlich anziehend sein und von ihm geliebt werden. Diese Tatsache wird jedoch unaussprechlich verdrängt.

Für die Wissenschaft geradezu beschämend ist es, dass es für die Liebe eines Mädchens zu Männern noch immer keinen wirklichen Fachbegriff gibt. Schon dadurch wird fortwährend ausgeblendet, was doch als Phänomen und Tatsache zweifellos und vielfach existiert. Nur dadurch kann das Vorurteil, ja schließlich Dogma, entstehen, Liebe und Begehren gingen immer nur in die eine Richtung.

In einem ersten Teil wird dieser Band zunächst grundlegende Erkenntnisse der Sexualforschung überhaupt referieren, etwa zur Frage der ,Frühreife’, die Kinsey-Reports, die Unterschiede zwischen den USA und Europa in den 70er Jahren, Fragen und Probleme der Sexualerziehung sowie Erkenntnisse zur Jugendexualität.

Ein zweiter Abschnitt widmet sich dann dem Thema der Begegnung von Mann und Mädchen und den frühen Studien zu dieser Frage, die noch ein sehr anderes Bild gaben, als es heute durch den dominierenden Missbrauchsdiskurs der Fall ist. Dieser Abschnitt endet mit dem von Finkelhor 1979 geprägten neuen Begriff und Dogma vom ,nicht zustimmungsfähigen Kind’, wobei der Begriff des ,Kindes’ für ihn eindeutig das vorpubertäre Alter meinte, woran man sich aber niemals gehalten hat, da die Gesetzeslage sich keineswegs änderte, allenfalls immer repressiver wurde.

Ein dritter Teil widmet sich dem Thema Missbrauch. Hier kommt die ganze Spannbreite zur Sprache – von dem ganzen Feld sexueller Ausnutzung mit schlimmsten Fällen, einerseits, bis hin zum geradezu täuschenden Zusammenwerfen verschiedenster Formen, sodass in vielen Studien bereits eine einmalige unerwünschte Berührung gleich zu einem neuen ,Missbrauchsopfer’ führt und man gar nicht mehr weiß, worüber man eigentlich jeweils spricht. Ein Blick auf die Kriminalstatistik zeigt, dass die harten Zahlen in keinem Verhältnis zu der Paranoia stehen, die alles andere überdeckt.

Der vierte Teil widmet sich der Frage der Beziehungen von Mann und Mädchen. Er beginnt mit der Besprechung zweier Werke der 60er Jahre, die den ganzen Bereich des ,Regenbogens’ erlebbar machen – von Liebe bis Ausnutzung und alles Dazwischen. Ebensowenig wie andere Beziehungen sind Mann-Mädchen-Beziehungen immer ideal, aber nur die letzteren werden tabuisiert – wodurch natürlich gerade die Vielzahl jener Männer abgeschreckt wird, die es zutiefst aufrichtig meinen (würden). Weitere Kapitel zeigen, dass dem nicht nur Sehnsüchte von Mädchen entsprechen, sondern auch positive Erinnerungen, und dass die Beziehung zwischen Mann und Mädchen auch zahlreiche Vorteile hat – für beide Seiten. Eine ausführliche Studie, die Mädchen selbst zur Sprache kommen lässt, deckt sehr differenziert die Dogmen auf, die die Beziehung zu einem Mann stigmatisieren – und zugleich die Mädchen entmündigen. Zwei abschließende Kapitel zeigen, wie sehr die Jugend gerade in den USA staatlicherseits ,misshandelt’ wird – und was die tatsächliche Situation von Mädchen in den USA ist, wenn sie Sexualität suchen...

Im fünften Teil sind neuere Studien zusammengestellt, die unter anderem die hartnäckige Vorstellung von ,Schäden’ extrem relativieren. Es wird auf den Trauma-Mythos eingegangen, der viele Jahre lang den Diskurs bestimmte – und es kommen Feministinnen zur Sprache, die mittlerweile dem ,Opfer’-Begriff längst selbst sehr kritisch gegenüber eingestellt sind und dies auch eindrücklich begründen können.

Ein Anhang untersucht die Mädchenliebe in der Geschichte – mit einer Chronologie bekannter historischer Persönlichkeiten, einem Blick auf das Alter des Mädchens, den Altersunterschied und die Qualität der Beziehungen. Es wird im Weiteren auf Literatur und Filme zur Thematik geblickt und aufgezeigt, wie machtvoll selbst hier das Tabu wirkt. Eine Chronologie der in diesem Band zusammengestellten Studien mit ihren entscheidenden Ergebnissen bildet zusammen mit einem Fazit den Abschluss.

Es erweist sich, was der gesunde Menschenverstand immer schon hätte wissen können – oder auch gewusst hat: Missbrauch hängt nicht vom Alter des Partners ab – und das Empfinden des Mädchens auch nicht. Es geht einzig und allein um die Frage, ob das Mädchen geliebt wird – und ob es seinerseits liebt. Alle anderen Umstände sind völlig nachrangig. Damit zeigen die Studien eines ganz deutlich: Die Liebe zwischen Mann und Mädchen wird vollkommen zu Unrecht tabuisiert und stigmatisiert. Es ist die Aufgabe der Zukunft, aus dieser Erkenntnis Konsequenzen zu ziehen.