16.11.2021

Die Grünen – der Bluthund des Bestehenden

Vom Tod des Ideals.


Inhalt
Von der Hybris der ,Realpolitiker’
Wie lange noch?
Eines tut not


Von der Hybris der ,Realpolitiker’

Mit den ,Grünen’ ist eine andere Zukunft nicht denkbar. Es ist der ewige Konflikt zwischen ,Realos’ und ,Fundis’, in dem die ,Realos’ auf ganzer Linie gesiegt haben. ,Realos’, das sind die, die zwar noch meinen, die Revolution in sich zu tragen, aber längst nur noch erbärmliche Realpolitik machen – bis hin zum Stillstand, weil sie ja nun ,Alleinunterhalter’ der anderen ,Koalitionspartner’ sind und diese beliebig ihr Spiel spielen können.[1]

Anstatt echter, tiefgreifender, ungeheurer Visionen einer ganz neuen Menschlichkeit und Lebensweise, die Schluss macht mit Entfremdung, Hybris und (selbst-)zerstörerischem Welt-Verbrauch, mit Ausbeutung, mörderischer Konkurrenz und dem Wahn einer Wachstums-, Besitz- und Aneignungs-Logik ... findet man auch bei den Grünen eben nur ,Realpolitik’, die sich dann mit derselben Hybris ,Verantwortungsübernahme’ nennt! Als wäre es je ,Verantwortung’, seine Ideale zu verraten! Und dann noch zu glauben, man verändere die Welt – während man längst von der Welt verändert wurde. Selbstverständlich kann man die Grünen ein bisschen Klimaschutz spielen lassen – Hauptsache, die teuflische Grundlogik wird nicht angetastet.

Erinnern wir uns: Mit Rot-Grün und dem Kosovokrieg 1999 ging das Völkerrecht vor die Hunde. Joschka Fischers Partner, Kanzler Schröder, schuf stolz den ,größten Niedriglohnsektor Europas’.

Und heute ist Robert Habeck fasziniert von der Alternative ,schlecht oder schlechter’[2] – und übernimmt begeistert die Rolle des ach so verantwortungsvollen Kämpfers für das nur Schlechte!

Schon immer hatten die wahrhaft Mächtigen ihre Marionetten, die sie benutzen konnten, um die Schmutzarbeit zu machen. Vor gut 100 Jahren war es ein Gustav Noske, der den Kieler Matrosenaufstand ,beruhigte’ und ein Jahr später für die blutige Zerschlagung des Spartakus-Aufstandes durch rechte, konterrevolutionäre Freikorps verantwortlich war, in der auch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet wurden.

Und wie symptomatisch ist es, dass Noske – der sich selbst ,Bluthund’ nannte – nun wieder Habeck fasziniert, der rund um ihn sogar ein Theaterstück schrieb.[2] Noske als der, der Verantwortung übernimmt – und, wenn es ,nötig’ ist, eben auch auf Arbeiter schießen lässt, weil ja die ,Ordnung’ erhalten bleiben muss. Fragt sich nur, welche Ordnung. Jetzt weiß man es. Die bisherige Ordnung. Auch die Grünen werden nie mehr wirklich daran tasten.[3]

Realo-Bluthund statt bedingungsloser Visionen. Welche eine Offenbarung!

Wie lange noch?

Wer schon die vorübergehende (!) Schließung eines einzigen Schlachthofs, weil dort basale Mindeststandards des Tierschutzes missachtet wurden, als ungeheuer mutige Tat verkauft und selbst hier noch Zweifel hat,[2] der ist wohl kaum dazu geeignet, jemals etwas zu verändern. Der heult mit den Wölfen und scheut gerade Verantwortung, weil er keinerlei Mut für die wahre Verantwortung hat – die immer nur darin bestehen kann, die eigenen Ideale nicht zu verraten.

Denn wie sollen Ideale in die Welt kommen? Etwa dadurch, dass man sie verrät? Welch perverse Logik! Wir leben in einer absoluten Besessenheit von Ideen, die ganz klar den Untergang bedeuten: Massenproduktion, Massen-Verbrauch von Natur und Welt, Massenkonkurrenz, Massenschlachtungen, Fleischproduktion, Mehr, Besser, Höher, Weiter, Schneller – und noch mehr. Das nennt man Wahn. Unser gesamtes ,Wirtschaften’ basiert auf einer ungeheuren MANIE. Auf dem sinnlosen, unaufhaltsamen ,Weiter so’. Und warum? Weil wir die Logik des ,ewigen Wachstums’ nicht hinterfragen, weil dies die Grundprämisse ist, die nicht angetastet wird. Sie ist der wahre Diktator – und die Welt hat sich unterworfen. Wie lange noch?

Wie lange noch peitschen wir die Produktion von allem voran, sogar von Fleisch, unter erbärmlichen Bedingungen auch für die beschäftigten ,Schlachter’ (was für ein Beruf!), und wenn es gar zu übel wird, dann wird unter größtem Mut-Aufwand ein Schlachthof mal vorübergehend geschlossen – und hinterher lebt man zehn Jahre lang vom Rückblick auf jenen Mut, den man damals hatte...? Ist hier nicht mit Händen zu greifen, wie sehr man sich unterworfen hat? Wie vollkommen?

Eines tut not

Es gibt nur eine Aufgabe: Ideale in sich zu tragen, Ideale in die Welt zu bringen, Ideale wahrzumachen. Alles andere dient dem Gegenimpuls, der Unterwerfung der Seele, ihrer ewigen Knechtung – auf dass sie sich den teuflischen Ideen bis zuletzt anpasse. Sich immer noch blinder mache. Dem unaufhaltsamen Welt-Verbrauch und der Vernichtung noch der letzten Plätze, Orte, Reste ungerührt ins Auge schaue – und am Ende vielleicht sogar noch heuchelt und sagt: Wir haben unser Bestes versucht.

,Realpolitik’ ist der Untergang, weil es nie darum ging, Mensch, Seele und Wahrheit an die ,Realität’ anzupassen, sondern diese an das Wahre, das Schöne, das Gute. Realität geht immer aus Ideen hervor – und jene Ideen, die heute herrschen, sind solche der Vernichtung. Auch wenn man es noch immer nicht wahrhaben will. Denn dazu würde Mut und Verantwortung gehören. Ein Bluthund, der nur die ungeheure Last der ,Verantwortung’ imaginiert, um sich dadurch so unglaublich erhaben zu fühlen, ist Teil des Unterganges.

Worum es allein geht, ist, durch wahrhaftige Visionen wieder das Bewusstsein dafür zu erwecken, was der Mensch eigentlich ist. In gewisser Weise haben wir damit noch nicht einmal begonnen.

Quellen:

[1] Ulrich Schulte: Zu nett für diese Welt. taz, 12.11.2021.
[2] „Das Herz schlägt für die Revolution“. Deutschlandfunk.de, 30.11.2018.
[3] Klaus Gietinger: Noske 2.0. Jacobin.de, 15.11.2021.