15.03.2009

Gronbach und der Sex

In seinem Aufsatz „Die Anthroposophen und der Sex“ vom 8.3.2009 offenbart Gronbach einmal mehr ganz deutlich, wo er steht. Einmal mehr wird hier gezeigt, dass er ein machtvoller Gegner der Anthroposophie ist und ihr wahres Wesen mit allen Mitteln bekämpft.


Inhalt
Originaltext (Sebastian Gronbach)
Blinde Provokation und Unterscheidungs-Unfähigkeit
Sex und Anthroposophie
Die Vergöttlichung des Triebes
Die Leugnung des Liebe-Wesens
Sexualität und Egoismus


Originaltext (Sebastian Gronbach)

„Sebastian Gronbach ist eine Gefahr für die Anthroposophie“. Dieser Ansicht sind einige Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland und das Mitteilungsblatt dieses und unseres Vereins druckt diese Ansicht in ihrer aktuellen Ausgabe ab. Nun denn – was passt meinen anthroposophischen Freunden nicht? Sicherlich sehr viel und am Ende wird wohl immer wieder mein Buch und meine Kritik an der fundamentalistischen Christlamisierung der Anthroposophischen Gesellschaft angeführt werden. Verbunden mit der Tatsache, dass ich trotzdem an verantwortlicher Stelle dieser Gesellschaft tätig bin und an vielen Orten als Anthroposoph eingeladen werde. Kritik an mir gibt es immer schon – das ist ok. Aber was hat meine Freunde jetzt so im Pentagondodekaeder springen lassen? (Anthroposophen springen nicht im Dreieck, sondern eben im Pentagondodekaeder).
Was hat sie jetzt so erregt, dass sie mich anrufen und mir am Telefon aus der Bibel vorlesen wollen, warum beschimpfen sie mich als Zerstörer der Anthroposophie, warum schicken sie mir Hass-Briefe und bezeichnen mich als Feind und Gegner? Warum drohen sie mit Boykott von allem wo „Gronbach“ drauf steht? Was bringt sie dazu, in mir einen Menschen zu sehen, der vom Teufel besessen ist? (Und nein, sie sagen solche Dinge nicht im übertragen Sinne und als Metapher – sie glauben das tatsächlich so. Ganz magisch und auf dem geistigen Niveau des katholischen Exorzismus.) Warum springen sie von ihren Stühlen hoch und schreien laut im Saal herum „Wer sich mit Gronbach solidarisiert, ist ein Feind der Anthroposophie“?
Was treibt diese Anthroposophen an, was erregt diese Anthroposophen, was bringt diese Anthroposophen, abgesehen von meiner Kritik an der Christlamisierung, so in Wallungen?
Die Antwort lautet: Dasselbe, was jeden Menschen erregt und in Wallungen bringt und antreibt. S E X.

Schaut Euch bitte mal diese beiden Links an. Diesen und diesen. Diese Beiträge (zwei von über 300) haben sie sich x-fach kopiert und nun reichen sie die Blätter mit bebender Stimme in ihren Kreisen und Wohnstuben herum.
Das ist also der Grund für dieses Affäre, mit – wie es neulich eine besonders erregte Dame ausdrücke – „internationalem Ausmaß“.
Für viele mag das im Jahre 2009 nur schwer vorstellbar sein, aber ihr solltet wissen, dass sehr viele Anthroposophen der Zeitgeschichte so ungefähr 20 bis 50 Jahre hinterherhinken.
Für diese Freunde – und das ist nicht nur eine Frage des Alters – gehen jetzt also die 50er Jahre zuende und dieser Blog und meine sonstigen Aktivitäten müssen ihnen vorkommen, wie den Menschen damals die freie Liebe und der Rock´n Roll vorgekommen ist.
Für uns hat Sex heute längst diese revolutionäre Kraft eingebüßt, deshalb regen Euch solche Beiträge auch nicht weiter auf – ihr findet sie gut oder nicht, oder egal, aber es ist einfach kein großes Thema. [...]
Die Anthroposophische Gesellschaft hat die sexuelle Revolution noch vor sich. Die sexuelle Revolution wird ein paar Fragen stellen:
Warum ist es ein Problem von „internationalem Ausmaß“, wenn man Gott und Orgasmus in einem Atemzug nennt? Wo ist das Drama, wenn Rudolf Steiner und Menschen in sexueller Vereinigung in einen Zusammenhang gestellt werden? Warum ist es „Anti-Anthroposophie“, wenn man Anthroposophie als ein Mittel zur Steigerung der geistigen Potenz bezeichnet?

Etwas an diesem ganzen Aufstand ist ein bisschen lustig und etwas ist auch ein bisschen traurig. Denn eigentlich hat der liebe Gott sich das so gedacht. Sex ist die einfachste, grundlegendste und sicherste Methode an der Freude der Schöpfung teilzunehmen. Wenn Sex einen erregt, dann könnte man mit der Erregung einfach so umgehen, dass man Sex im Kontext seiner eigenen Persönlichkeit, seiner Kultur und Beziehungen lebt. Einfach so. Wir haben Sex, was zur Folge hat, dass Sex nicht uns hat. Bei anderen ist das umgekehrt. [...]
Bei aller medialen und spirituellen Überbewertung von Sex war, ist und bleibt Sex eine Quelle, die uns auf eine essentielle Weise mit der Schöpfung in Verbindung bringt. [...] Sex transzendiert die reine Erfüllung animalischer Gelüste (gegen die nichts zu sagen ist) und Sex offenbart die in uns wohnende Göttlichkeit des Schöpfers. Sex bringt uns an den Ort, wo die Liebe ihre erste Blüte geöffnet hat.
Wenn ich mir manche erregten Anthroposophinnen und Anthroposophen so anschaue, dann sehe ich einsame, verschlossene Seelen, die nicht zugeben können, dass sie sich auch nach dieser Liebesblüte sehnen.
Als Anthroposoph habe ich von Steiner gelernt, wie ich die Schönheit und das Heilige in der Unvollkommenheit des Lebens entdecke. [...] Ob ich in Pornografie, Sex und in ekstatischen Orgien diese göttliche Schönheit sehen kann, hängt weniger von dem Objekt meiner Betrachtung ab, sondern mehr vom Bewusstseinsgrad meiner Entwicklung.
Alles, was wir intensiv beobachten, öffnet mit der Zeit eine Tür, hinter der das Licht der ewigen Göttlichkeit erscheint. [...] Wer intensiv Menschen bei Sex und in der Ekstase beobachtet, wird mit der Zeit erleben können, wie das LICHT des LEBENS aus dieser Fleischeslust heraus scheint. Weniger bombastisch ausgedrückt: Es ist nichts unreines am, im und hinter dem Sex: Nur Glück. [...]
Anthroposophie soll Dir helfen, das zu werden, was Du bist: Der eine evolutionäre Impuls, der sich in der Vielheit ewig selber übersteigt, um schließlich am Höhepunkt dort anzukommen, wo er immer schon war: In der Einheit. Diese Einheit ist aber nun kein göttliches Geschenk mehr, sondern Menschenwerk.
Es fällt mir tatsächlich schwer, da nicht an Orgasmen zu denken. [...]

Neulich gab es wieder eine Versammlung wo ein großer Kreis von Anthroposophen über mich Gericht hielt. Ich sah wie sie redeten, wie sie kämpften, wie sie gegen info3, Ramon Brüll und Jens Heisterkamp und gegen mich anritten und eine Salve nach der anderen abschossen. In den Kopf, ins Herz und unter die Gürtellinie.
Sie trafen mich, aber nach einer Phase der Empörung, nach einer Phase der Traurigkeit und nach einer Phase der Belustigung, passierte etwas sehr Bewegendes: Ich hörte nicht mehr die Stimmen, nicht mehr die Worte. Ich sah nicht mehr den Kampf, den Hass und die traurige Verzweiflung. Ich sah nur noch ekstatisches Liebeslicht. Ich verstand in diesem Moment, dass dieses Liebeslicht gar nicht anders kann, als immerzu auszubrechen und zu leuchten. Die Wut, der Frust, die erregten Diskussionen, die Forderungen nach Ausschluss und die bebenden Stimmen, die am Telefon aus der Bibel gegen Orgasmen und Pornografie predigen wollen – das alles ist Liebeslicht, welches sich Bahn bricht.
Ich verstand, dass man sich niemals gegen dieses Liebeslicht wehren kann - man kann sich nur entscheiden, eine Form für diese Liebe zu werden. Das Licht erscheint einfach so in Dir - Du entscheidest nicht OB, sondern nur WIE.
Anstrengungslos durchbricht und manifestiert es sich immerzu und immerzu und ohne Rücksicht auf die anwesende Form. Das absolute Licht nutzt jede relative Form. Liebeslicht als Freude, als Kritik, als Dogma oder als Freiheit, als Frust und als Lust, als Terrorismus oder als Orgasmus.
Es ist wie Rudolf Steiner in seinem Grundsteinspruch sagt: „In der Zeiten Wende, trat das Welten-Geistes-Licht in den irdischen Wesensstrom. Nacht-Dunkel hatte ausgewaltet; taghelles Licht erstrahlte in Menschenseelen“.
So sah ich das in diesem Moment. Überall Licht. „Göttliches Licht, Christus-Sonne, erwärme unsere Herzen; erleuchte unsere Häupter“, so Steiner – ich finde zwar, er hätte das Becken ruhig auch noch erwähnen dürfen, aber ansonsten fühle ich mich zutiefst verstanden.
Göttliches Licht, welches als nörgelnde Kritik, als Dogma oder Terrorismus erscheint, gefällt mir persönlich gar nicht. Ich mag Göttliches Licht als Orgasmus besonders gerne. Und als Anthroposophie. [...]

Blinde Provokation und Unterscheidungs-Unfähigkeit

Im Grunde muss man sagen: Gronbach provoziert bis zum Erbrechen. Und gerade an dieser Frage des Sex offenbart sich so klar wie nur irgend möglich, wo Gronbach steht und wie sehr er die Anthroposophie missversteht und pervertiert (bzw. bewusst missverstehen und pervertieren will).

Dass er anfangs die Kritik an ihm erwähnt und dann genüsslich auf die Tatsache verweist, „dass ich trotzdem an verantwortlicher Stelle dieser Gesellschaft tätig bin und an vielen Orten als Anthroposoph eingeladen werde“, weist tatsächlich über ihn hinaus, nämlich auf die Orientierungslosigkeit und vor allem Unwahrhaftigkeit innerhalb dieser Anthroposophischen Gesellschaft. Denn entweder man erkennt, was Anthroposophie ist, und distanziert sich ganz offen von allen äußeren und inneren Gegnern – oder man tut dies nicht. Die personelle und organisatorische Verbandelung zwischen anderen „Anthroposophen“ bzw. Teilen der „anthroposophischen“ Bewegung mit Info3 (z.B. zwischen der Wochenschrift „Goetheanum“ und Info3 über die „infoseiten anthroposophie“) wird diese Wahrhaftigkeit jedoch wohl auch in Zukunft unmöglich machen.

Dann geht Gronbach auf die aktuelle Frage ein, die offenbar zu besonders massiver Kritik geführt hat – bis hin zu so verzweifelten wie nutzlosen Versuchen wie dem, ihm „am Telefon aus der Bibel“ vorzulesen. Er stellt die Frage, was denn die Anthroposophen „so erregt“ hat, und kommt zu der Antwort: „Dasselbe, was jeden Menschen erregt und in Wallungen bringt und antreibt. S E X.“

Gronbach kommt also schon gleich zu Anfang zu einem vollkommen undifferenzierten und falschen Urteil. Er kann nicht unterscheiden zwischen sexueller Erregung und jener „Erregung“, die ein Anthroposoph empfinden kann, wenn er erlebt, was Gronbach tut. Er kann nicht sehen, dass dies eine völlig andere Frage ist als die schein-heilige Erregung puritanischer Sittenwächter angesichts von Darstellungen leicht bekleideter Frauengestalten. Es geht um die Frage, was Anthroposophie ist und womit Gronbach sie in Verbindung bringen will. Seine Behauptung, man würde sich jetzt die entsprechenden Beiträge und Darstellungen aus seinem Blog „mit bebender Stimme“ in Kreisen und Wohnstuben herumreichen, mag im Einzelfall zutreffen, und die „bebende Stimme“ mag im Einzelfall auch prüde Scheinheiligkeit offenbaren – im Kern geht es jedoch um etwas vollkommen anderes (und wenn Gronbach sich bei den Fällen „bebender Stimmen“ aufhält, ist das sein Problem bzw. seine bewusste Irreführung).

Gronbach kann nicht unterscheiden zwischen sexueller Erregung, scheinheiliger puritanistischer Erregung und wahrhaftigem heiligem Zorn.

Sex und Anthroposophie

Man kann es ganz kurz sagen: Sex hat mit Anthroposophie nichts zu tun. Gronbach selbst hat den entscheidenden Satz aus der „Philosophie der Freiheit“ in einem früheren Beitrag[1] selbst zitiert:.

„Meine Triebe, Instinkte, Leidenschaften begründen nichts weiter in mir, als daß ich zur allgemeinen Gattung Mensch gehöre [...]. Durch meine Instinkte, Triebe bin ich ein Mensch, von denen zwölf ein Dutzend machen.“


Den Sexualtrieb hat der Mensch mit dem Tier gemeinsam – wo er diesem Trieb folgt, erhebt er sich nicht über das Tierische. Er handelt aus dem Zwang der Natur.

Gronbach ist sogar zu der Erkenntnis gekommen, dass Sex „nicht bedeutsam, sondern grundlegend“ ist.[2] Gerade angesichts dessen ist es unglaublich, wie er das Thema dann trotzdem mit Bedeutung auflädt! Schreibt er doch selbst: „Sex offenbart die in uns wohnende Göttlichkeit des Schöpfers.“

Sex ist grundlegend, weil er als Fortpflanzungsinstinkt ein Tier zum anderen treibt und somit den Erhalt der Gattung sichert. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn Gronbach schreibt, „Sex transzendiert die reine Erfüllung animalischer Gelüste“, ist dies ein Widerspruch in sich, denn Sex ist ein animalisches Gelüst. Es ist die niederste Form des Willens, dessen höchste Form die rein geistige Liebe ist.

Allein diese höchste Form wäre die wahrhaft menschliche Offenbarung des Willens, die Verwirklichung von Freiheit, Individualität und Menschsein.

In diesen klaren Gedanken ist im Grunde die gesamte Anthroposophie schon enthalten – und wer andere Vorstellungen als Wahrheit hinstellt, versucht, Rudolf Steiner und die Anthroposophie hinterrücks zu per-vertieren. Damit hat man aber auch die Antwort auf Gronbachs Frage „Wo ist das Drama, wenn Rudolf Steiner und Menschen in sexueller Vereinigung in einen Zusammenhang gestellt werden?“ Allein schon die Frage ist unglaublich, denn sie zeigt – was man eben immer wieder kaum glauben kann –, dass Gronbach von Anthroposophie nichts, aber auch gar nichts erfasst hat. Man stellt Dinge zusammen, die Gegensätze bilden – und wenn man das Geistige auch nur ein wenig ernst nimmt, wird man wissen, dass dies nicht wirkungslos bleibt. Jeder Leser wird doch empfinden können, wie die Zusammenstellung eines Zitates von Rudolf Steiner und der Darstellung einer Kopulation bzw. eines Sexualaktes die allergrößte, real wirkende Verhöhnung dieses Meisters und der Anthroposophie ist!

Dies muss man klar und tief empfinden, dann hat man auch für alles andere, was Gronbach schreibt, die rechten Urteilsgrundlagen.

Gronbach schreibt: „Sex ist die einfachste, grundlegendste und sicherste Methode an der Freude der Schöpfung teilzunehmen. [...] Sex offenbart die in uns wohnende Göttlichkeit des Schöpfers. Sex bringt uns an den Ort, wo die Liebe ihre erste Blüte geöffnet hat.“ Ist das etwa keine Aufladung des Sex mit Bedeutung? Es ist die reinste Gotteslästerung, wenn er die göttliche, liebende Schöpfungstätigkeit im Grunde auf eine Stufe mit der menschlich-egoistischen Lust am Sex stellt. Der Sexualtrieb ist wie andere Triebe – um es zu wiederholen – die unterste, niederste Stufe des Willens, mit dem die göttliche Welt den Menschen begabt hat. Wenn Gronbach sagt, er bringe „uns an den Ort, wo die Liebe ihre erste Blüte geöffnet hat“, ist dies eine irreführende, mit schönen Bildern beladene Formulierung dieser Tatsache.

Die Vergöttlichung des Triebes

Anstatt sich durch Gronbachs Worte irreführen zu lassen, sollte man erkennen, dass die heutige Menschheit über die tierische Stufe längst hinaus ist! Der Sex hat seine Aufgabe längst erfüllt, die Menschheit hat die höheren Stufen der Liebe längst entdeckt. Was heute geschieht, ist jedoch ein Haften an den niederen Stufen, ja ein Verherrlichen dieser. Und damit sind wir bei dem angelangt, was das Tier nicht kann. Für das Tier ist tatsächlich Sex bloß Sex, Fortpflanzung. Der Mensch aber kann Triebe und Begierden kultivieren, er kann der Fresslust frönen, er kann dem Sexualtrieb frönen, er kann sich immer neue Möglichkeiten der Lust ersinnen – er kann sein Denken zum Sklaven dieser Sinnessucht machen...

Anthroposophie stellt die Frage: O Mensch, wann willst Du wahrhaft Mensch werden? Dabei erlebt man immer wieder, wie dies nicht gewollt wird. Lieber „vergöttlicht“ man das, wodurch man jener Mensch bleibt, „von denen zwölf ein Dutzend machen“.

Man stellt dann wie Gronbach Sex als normal dar, die Anthroposophen als ein Völkchen, das der Zeitgeschichte „so ungefähr 20 bis 50 Jahre“ hinterherhinkt und die sexuelle Revolution noch vor sich hat, und man drückt dann sein verstehendes Mitleid mit diesen Menschen aus: „Wenn ich mir manche erregten Anthroposophinnen und Anthroposophen so anschaue, dann sehe ich einsame, verschlossene Seelen, die nicht zugeben können, dass sie sich auch nach dieser Liebesblüte sehnen.“

Offenbar hat Gronbach oft und „intensiv Menschen bei Sex und in der Ekstase beobachtet“, denn er schreibt, man könne dann mit der Zeit erleben, wie „das LICHT des LEBENS aus dieser Fleischeslust heraus scheint“. Und: „Es ist nichts unreines am, im und hinter dem Sex: Nur Glück.“ Und er behauptet, es hänge vom Bewusstseinsgrad der eigenen Entwicklung ab, ob man die göttliche Schönheit in Pornografie, Sex und in ekstatischen Orgien sehen könne! Gronbach vergöttert also den Trieb, er feiert das „LEBEN“ in der Fleischeslust, die „göttliche Schönheit“ in der Pornografie. Gronbach feiert die tierische Stufe, indem er das Göttliche in ihr verabsolutiert und (sich und andere) davon ablenkt, dass diese Stufe längst in einen Gegensatz zur Entwicklung des eigentlich Menschlichen geraten ist.

Und dann offenbart Gronbach wieder einmal, dass er dieses eigentlich Menschliche, die Individualität, überhaupt nicht anerkennen will. Er redet wieder einmal vom All-Einen, in dem das Individuelle gar nicht vorkommt: „Anthroposophie soll Dir helfen, das zu werden, was Du bist: Der eine evolutionäre Impuls, der sich in der Vielheit ewig selber übersteigt, um schließlich am Höhepunkt dort anzukommen, wo er immer schon war: In der Einheit. Diese Einheit ist aber nun kein göttliches Geschenk mehr, sondern Menschenwerk. Es fällt mir tatsächlich schwer, da nicht an Orgasmen zu denken.“

Diese erschütternd banalisierende Vereinheitlichung und Irreführung setzt er fort, indem er ein scheinbar erleuchtetes Erlebnis einer Versammlung schildert, in der „ein großer Kreis von Anthroposophen über mich Gericht hielt“. Nachdem er die „subjektiven“ Phasen der Empörung, der Traurigkeit, der Belustigung durchgemacht hatte, hörte und sah er „nicht mehr die Stimmen, nicht mehr die Worte [...] nicht mehr den Kampf, den Hass und die traurige Verzweiflung“, sondern er sah „nur noch ekstatisches Liebeslicht“. Und so sei alles Liebeslicht, in welcher Form auch immer. „Das absolute Licht nutzt jede relative Form. Liebeslicht als Freude, als Kritik, als Dogma oder als Freiheit, als Frust und als Lust, als Terrorismus oder als Orgasmus.“

Die Leugnung des Liebe-Wesens

Alles ist für Gronbachs Erkenntnis also „Liebeslicht“, es komme nur darauf an, ob man es in seinen positiveren Formen Freude, Freiheit, Lust, Orgasmus feiere, oder ob man bei Formen der Kritik, des Dogma, Frust oder gar Terrorismus stehen bleibe... Das also ist Gronbach. Und um seine völlige Verwirrung aller Begriffe zu untermauern, bringt er das Ganze noch mit der „Christus-Sonne“ aus dem Grundsteinspruch in Verbindung! Und er ist sich nicht zu schade, das Ganze dann nochmals auf sein Niveau herunterzuziehen, wenn er sagt, Steiner hätte (neben den Herzen und Häuptern) „das Becken ruhig auch noch erwähnen dürfen, aber ansonsten fühle ich mich zutiefst verstanden.“

Man kann immer nur wiederholen: Wer auch nur ansatzweise ein wahrhaftiges Empfinden hat, wird deutlich erleben, was Gronbach hier tut – alle anderen können (wie auch Gronbach selbst) aus ihren Illusionen und Lügen schlichtweg nicht erlöst werden.

Und worin besteht das, was Gronbach die „Christlamisierung“ der Anthroposophie nennt? Darin, dass man ernst nimmt, was Rudolf Steiner über das Christuswesen gesagt hat und sich einer Kenwilberisierung der Anthroposophie entschieden entgegenstellt! Es ist offensichtlich, dass Gronbach das Christuswesen ablehnt und missversteht – und Hindeutungen auf sein Wesen (wie die Worte des Grundsteinspruches) in furchtbarer Weise für seine All-Eins-Verirrung missbraucht!

Gronbach leugnet ja geistige Wesenheiten überhaupt. Sonst würde er erkennen, dass die Realität viel differenzierter ist, als er es seine Leser mit seinem erleuchteten New-Age-Gerede („Alles ist Liebeslicht“) glauben machen will. Diese schein-erleuchtete „Alles-ist-göttlich“-„Spiritualität“ ist erkenntnismäßig sogar noch unter die Stufe des Gut-Böse-Dualismus z.B. der katholischen Kirche hinuntergesunken. Zur geistigen Realität erhebt man sich erst, wenn man anerkennt, dass auch hier immer mehr eine Dreiheit erlebt werden muss. Es gibt eben zwei verschiedene, polare Reiche, an die der Mensch sich verlieren kann, wodurch er das eigentlich Menschliche, das Wahre, Schöne und Gute verfehlt. Und dieses Erreichen des eigentlich Menschlichen erfordert eben eine ungeheure Anstrengung – dies ist die Bedingung wahrer Freiheit.

Es nützt überhaupt nichts, darauf hinzuweisen, dass selbst im Terroristen ein Wesenskern liegt. Durch und durch irreführend aber ist es, alles in der Welt als „Liebeslicht“ zu bezeichnen. Terror ist kein Liebeslicht. Terror ist unfreie „Liebe“ zur eigenen fanatischen Idee, ist völlige Pervertierung von Liebe. Ein Terrorist ist den Widersachermächten verfallen, den Feinden des Liebeslichtes, das ebenfalls ein Wesen ist. Das Liebewesen, das Christus genannt wird, will den Menschen zu seiner wahren Menschlichkeit, zur Freiheit, zur reinen Liebe führen. Gronbach kämpft auf Seiten seiner Widersacher, die Sex als „göttlich“, die überhaupt alles als „Liebeslicht“ hinstellen und durch jedes Mittel ein wahres geistiges Empfinden und eine wirkliche Urteilsfähigkeit verhindern wollen.

Sexualität und Egoismus

Gronbach sagt: „Wir haben Sex, was zur Folge hat, dass Sex nicht uns hat. Bei anderen ist das umgekehrt.“ Dieser Satz ist vollkommen unwahr. Wahr wäre allein: „Wir haben Sex, was zur Folge hat, dass der Sex uns hat.“ Es ist doch offensichtlich, dass jemand, der dem Sexualtrieb und der aufsteigenden sexuellen Erregung folgt, unter der Macht dieses Triebes steht. Ob er glaubt, sich diesem Trieb „frei“ hinzugeben, ändert an dieser Tatsache nicht das geringste: Der Mensch folgt dem sexuellen Trieb und seiner Begierde nach körperlicher Lust. Natürlich ist es richtig, dass jemand, der aus scheinheiligem Puritanismus oder anderen dogmatischen Zwängen den Sexualtrieb einfach zu verdrängen versucht, nicht weniger vom Sex besessen ist als derjenige, der diesen Trieb einfach auslebt. Das wahrhaft Menschliche ist in beiden Fällen nicht existent.

Als Beweis für seinen Satz führt Gronbach in seinem früheren Aufsatz eine Zengeschichte an:

Zwei Mönche gingen eine Straße entlang und kamen an ein Ufer. Am Ufer stand eine schöne junge Frau, die nicht wagte, den Fluss alleine zu überqueren. Einer der Mönche bot ihr an, sie auf seinen Schultern zu tragen. Als sie die andere Seite erreichten, dankte sie dem Mönch, und jeder ging seines Weges. Nachdem sie hundert Schritte gegangen waren, fragte der zweite Mönch den ersten: „Wie konntest du das nur tun? Du bist ein Mönch, einer der entsagt hat. Du solltest keine schönen Frauen auf deinen Schultern herumtragen.“ Worauf der erste Mönch sagte: „Oh, du trägst sie immer noch? Ich habe sie abgesetzt, als wir das Ufer erreicht haben.


Diese Geschichte ist jedoch ebenfalls gerade ein Beweis für die Unwahrheit seines Satzes! Der erste Mönch hat den Sexualtrieb weder verdrängt (wie der zweite), noch ihm nachgegeben (wie Gronbach), sondern Trieb und Begehren überwunden.

Jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens vor die Frage der Sexualität, die Frage der Liebe und die Frage nach ihrem Zusammenhang gestellt. Wenn Sexualität bei jungen Menschen mit wahrhaft idealistischen Ideen von Liebe verbunden wird, ist sie eine Wegweiserin zu reinen Liebe. Was zuerst unter Mitwirkung des Triebes erwacht – die starke Liebe zu einem bestimmten Menschen –, kann sich nach und nach erweitern, auf andere Menschen, auf die Welt, kann sich loslösen vom Körperlichen, vom Trieb, von Begierde... Natürlich müssen alle jungen Menschen das Wunder der Liebe zunächst in Form der lustvollen Verbindung zu dem begehrten, geliebten anderen Menschen erfahren (dürfen). Auf der anderen Seite muss man sich aber darüber klar sein, dass die sexuelle Lust immer eine egoistische ist. Ist sie mit romantisch-idealistischen Gefühlen verbunden, ist die aufkeimende altruistische Liebe schon leise beteiligt. Die Lust als solche ist jedoch ein Urphänomen des Egoismus – und Sexualität ist die Quelle größter Lust und größten Egoismus‘.

Gerade diese Sexualität will Gronbach nun sogar ohne jede Verbindung zu Liebe ausleben! Und um zu verschleiern, dass es hier allein um Lust und Trieb und Egoismus geht, bezeichnet er sie als Liebeslicht...

Die Sexualität hält den Menschen im Leiblichen – und stößt ihn immer wieder und immer weiter ins Leibliche hinein. Und wie man an Gronbach sieht: auch in die schlimmsten Illusionen. Um jeden Preis will er die Sexualität vom Makel des Egoismus befreien und als göttlich darstellen. Es geht aber nicht, denn die Wahrheit ist, dass Sexualität, Trieb und Egoismus nicht zu trennen sind. Wenn man sich dieser Tatsachen nicht bewusst werden kann oder will, kann man kein Anthroposoph sein.

Man folge Gronbach und seinem Lustprinzip – oder dem Ruf des Geistes und des wahren Ich-Bin. 

Anmerkungen


[1] mit vier Schreibfehlern allein in diesem einen Zitat!
[2] Vgl. dazu den lesenswerten Roman „Lila“ von Robert Pirsig (bekannter ist sein Buch „Zen oder die Kunst, ein Motorrad zu warten).