25.03.2024

Der Deutsche Idealismus

Holger Niederhausen: Der Deutsche Idealismus und das Schicksal der Menschheit. Books on Demand, 2024. Paperback, 768 Seiten, 29,90 Euro. ISBN 978-3-7583-2150-4. | Bestellen bei Books on Demand oder Amazon.

Holger Niederhausen: Der Deutsche Idealismus ... und wir? Books on Demand, 2024. Paperback, 440 Seiten, 19,90 Euro. ISBN 978-3-7583-2160-3. | Bestellen bei Books on Demand oder Amazon.


Soeben erschienen:

Der Deutsche Idealismus, vorbereitet durch Lessing, Herder, Kant und die Spinoza-Renaissance, war das leuchtendste Ereignis der europäischen Geistesgeschichte. Innerhalb weniger Jahre strahlte hier eine Geistigkeit auf, die bis heute ihresgleichen sucht: Goethe, Schiller, Fichte, Novalis, Schelling, Hegel. Dieser umfassende Band macht erlebbar, wie damals die Frage nach dem tiefsten Wesen des Menschen aufgeworfen wurde – und wie sehr diese heute verschüttet ist.

Leseprobe

(aus dem Abschnitt über Schillers Briefe ,Über die ästhetische Erziehung des Menschen’)

Die Entfaltung von Erfahrung und Denken führte zur Aufspaltung der Wissenschaften in bloße Fachgebiete, die komplexeren Staatengebilde zur weiteren ,Absonderung der Stände und Geschäfte’, damit aber ,zerriß auch der innere Bund der menschlichen Natur’, allein schon im Denken standen sich jetzt zum Beispiel der intuitive und der spekulative Verstand feindlich und misstrauisch gegenüber. Der Mensch wird immer einseitiger:

Ewig nur an ein einzelnes kleines Bruchstück des Ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch selbst nur als Bruchstück aus; ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohre, entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens, und anstatt die Menschheit in seiner Natur auszuprägen, wird er bloß zu einem Abdruck seines Geschäfts, seiner Wissenschaft.

Und selbst im Kleinen wird die Selbsttätigkeit verhindert, der ,tote Buchstabe vertritt den lebendigen Verstand’, und Gedächtnis und Routine ersetzen Genie und Empfindung. Auch der Staat bleibt so seinen Bürgern fremd – und verliert umgekehrt diese zuletzt ganz und gar aus den Augen. Der abstrakt zergliedernde Denker hat ein kaltes, der Geschäftsmann und überhaupt der von der Enge seines Berufs Gefangene ein enges Herz.

Und doch, so Schiller, konnte nur diese Aufspaltung der ganzen Kräfte zu ihrer ungeheuren jeweiligen Entwicklung führen. ,Einseitigkeit in Übung der Kräfte führt zwar das Individuum unausbleiblich zum Irrtum, aber die Gattung zur Wahrheit.’ Aber: Der Mensch darf sich nicht selbst versäumen – er muss die verlorene Totalität seiner Natur, die durch die Kunst (Kultur) zunächst zerstört wurde, ,durch eine höhere Kunst’ wiederherstellen. Vom Staat, so der siebente Brief, ist dies schlechterdings nicht zu erwarten – es ist also ganz klar auf den individuellen Menschen verwiesen.

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