16.05.2011

Zanders Entmachtung der Wissenschaft

Eine Entlarvung von Zanders Methode und Widerlegung seines Wissenschaftsbegriffs. | > Kurzfassung


Inhalt
Einleitung
Rundumschlag in vier Sätzen
„Fundamentale Unterschiede“ und die „Hoffnung auf Wissen“
Die Ur-Sünde von Kirche und Wissenschaft | „Es gibt keine Erkenntnis, so wahr ich dieser Meinung bin!“
Inbegriff der Demut? | Das wahre Wesen des Persönlichen
Von Hardcore-Anthroposophen und echten Begründungen
Die „große anthroposophische Schüssel“
Zander als Retter der Anthroposophen-Sekte
Zum Mitschreiben: Zanders Wissenschaftsverständnis
Nach uns kommen Menschen, die anders wollen


Einleitung

In den Medien darf Zander sich richtig auslassen. Wenn man die Interviews liest, so spürt man: Die Gesprächspartner anerkennen ihn urteilslos als den Experten. Und ihre eigenen Vorurteile gegenüber der Anthroposophie geben Zander jede beliebige „Steilvorlage“. Teilweise muss er die Anthroposophie sogar „in Schutz“ nehmen! Wer wollte da noch seine Grundurteile hinterfragen?

Eine genauere Betrachtung aber zeigt, wie schwach Zanders Standpunkt ist und wie sehr mit diesem Standpunkt auch alle Grundsätze der heutigen Diskurs-Wissenschaft in sich zusammenfallen.

Ich zeige dies im folgenden an dem Interview „Rudolf Steiner: Universalgenie? – Universal-Dilettant?“ vom 13.3.2011 bei swissinfo.ch.

Rundumschlag in vier Sätzen

Das Interview beginnt:

Sie haben sich intensiv mit Rudolf Steiners umfangreichem Werk auseinandergesetzt und haben Ihr Wissen in einer Steiner-Biografie publiziert. Trotzdem sind Sie nicht zum Anthroposophen geworden. Weshalb?
Wenn man sich intensiver mit der Anthroposophie und dem Christentum beschäftigt – ich bin ja auch Theologe – sieht man, dass es an einigen Punkten ganz fundamentale Unterschiede gibt.
Ein wesentlicher Punkt: Rudolf Steiner hatte die Hoffnung, man könne objektives, absolutes Wissen gewinnen, also im Grunde die Geheimnisse der Welt auflösen.
Aber ich bleibe der Meinung, dass wir gewisse Dinge nie wissen werden. Es gehört dazu, dass wir mit begrenztem, regionalem, mit sehr persönlichem Wissen umgehen müssen.


Schon dieser Anfang ist höchst aufschlussreich. Hier begründet Zander sein Ignorabimus, und er tut es (hier noch) religiös.
Und er tut es, wie so oft, indem er suggeriert und entstellt. Steiner hatte die „Hoffnung“ – das soll offenbar heißen: das Gegenteil ist erwiesen... Was ist „absolutes Wissen“? Was meint Zander mit „die Geheimnisse“? Meint er damit „alle“? Er suggeriert es und schwingt so die altbewährte Keule von der „absoluten Wahrheit“. Jeder Kenner von Rudolf Steiners Schriften und Vorträgen weiß aber, dass Steiner immer wieder betont hat, dass man sich an die höchsten Wahrheiten immer nur lebendig annähern, in sie hineinwachsen kann.

Hier sagt Zander noch, dass wir gewisse Dinge nie wissen werden. Dabei ist schon dieses „nie“ seine Setzung. Sein vorheriger Satz legt aber nahe, dass man auch andere Dinge nie wissen werde, dass man nämlich überhaupt kein objektives Wissen erlangen kann. Wenn das aber so ist, muss die Frage gestattet sein, ob Zander mit seinen grundlegenden Behauptungen, Steiners Anthroposophie sei unwissenschaftlich, Steiner sei von Machtimpulsen bestimmt gewesen, Steiner habe unzählige Plagiate begangen usw., irgendeine Objektivität beansprucht. Welchen Anspruch hat Zander an seine „Forschungsergebnisse“? Sind sie mehr als bloße Behauptungen? Beansprucht er irgendeinen „Mehrwert“, der über reine Meinungsäußerungen hinausgeht?

Offenbar doch wohl schon! Obwohl er auch hier im Interview bei reinen Meinungsäußerungen bleibt! „Aber ich bleibe der Meinung, dass wir gewisse Dinge nie wissen werden.“ Was ist das für eine schwache Aussage! Zugleich erhebt er im Kontext (!) den Anspruch, mit ebendieser Aussage klargestellt zu haben, dass es überhaupt ein objektives Wissen nicht geben kann. So armselig tief ist das heutige Denken und die Argumentation eines angeblichen Wissenschaftlers also schon gesunken, dass man mit der eigenen Meinung den Wissenschaftsanspruch Rudolf Steiners widerlegt glauben kann! Nun – glauben kann man ja wirklich, was einem beliebt... Meinungen und Glaube – darüber kommt Zander nicht hinaus.

Betrachten wir nochmals jeden Satz einzeln, um wirklich eine ganz klare, empfindungsgesättigte Erkenntnis davon zu gewinnen, wie Zander vorgeht (insofern er es bewusst tut) bzw. in seinem Denken „gestrickt ist“ (insofern er selbst nur Opfer seiner Denkschwäche ist):

„Fundamentale Unterschiede“ und die „Hoffnung auf Wissen“

1. „Wenn man sich intensiver mit der Anthroposophie und dem Christentum beschäftigt – ich bin ja auch Theologe – sieht man, dass es an einigen Punkten ganz fundamentale Unterschiede gibt.“

„Intensiver“, das heißt zunächst fallen die „Unterschiede“ offenbar gar nicht so auf. Vielleicht ist die Anthroposophie ja deshalb so „irreführend“ und müssen die „Zentralstellen für Weltanschauungsfragen“ wie auch ihre Entsprechungen auf katholischer Seite deshalb so sehr ihre Schäfchen warnen...? Wobei sie dies natürlich von ihren Vorstellungen und Dogmen ausgehend tun.

„Fundamentale Unterschiede“ bei Zander bedeutet: Irrtümer der Anthroposophie, denn sein („theologischer“) Standpunkt ist natürlich der richtige. Von den Uneinigkeiten zwischen katholischer und evangelischer Kirche ist dabei noch gar nicht die Rede! Sicher würden Zander doch auch hier „ganz fundamentale Unterschiede“ auffallen? Aber es geht um die Anthroposophie – und hier kann er schon in den Worten einen Gegensatz zwischen ihr und „dem (!) Christentum“ aufbauen. Die Anthroposophie unterscheidet sich von dem Christentum!

Nun, wer hier nicht vom Nominalismus zum Realismus übergeht und erkennt, dass Zander von nichts anderem als einem bestimmten, begrenzten Verständnis vom Christentum ausgehen kann, verfängt sich hoffnungslos in die Worte und die von ihnen transportierten Gedankeninhalte und Konsequenzen. Gerade Zanders Verständnis kann nur begrenzt sein, denn er offenbart seinen krassen Erkenntnispessimismus im Folgenden ja selbst! Dennoch beansprucht er hier, in Bezug auf das wahre Wesen des Christentums ein absolutes Wissen zu haben!

2. „Ein wesentlicher Punkt: Rudolf Steiner hatte die Hoffnung...“

Schon hier ist klar, dass Zander wiederum von (seinem) absolutem Wissen spricht, denn er stellt sich absolut und objektiv über Steiner, indem er im Kontext (bzw. Subtext) aussagt, dass diese Hoffnung unerfüllt blieb – weil sie nämlich sogar unerfüllbar sei.

Wenn er nicht so absolut argumentieren, d.h. seine Meinung absolut setzen würde, wäre er in der Lage, das Wort Hoffnung noch anders zu gebrauchen, nämlich offenlassend. Dann müsste er offenlassen, ob die „Hoffnung“ erfüllbar ist, ja sogar, ob sie für Steiner nicht vielleicht erfüllt worden sein könnte. Damit aber müsste er zugeben, dass diese Hoffnung zumindest prinzipiell berechtigt ist – und er müsste sich fragen lassen, warum er (Zander) diese Hoffnung nicht hat. Zu diesem Spagat ist er aber nicht in der Lage, also bleibt er bei seinem Absolutheitsanspruch: Es gibt keine Hoffnung, weil es das Ziel der Hoffnung nicht gibt.

3. „...man könne objektives, absolutes Wissen gewinnen...“

Zander setzt hier zwei Begriffe gleich und entwertet mit dem stärkeren den schwächeren. Er unterstellt subtil, dass für Steiner „objektiv“ gleich „absolut“ gewesen sei. Was aber bedeutet „absolut“? Es ist ein recht leerer Begriff, suggeriert wird: absolute, letzte Wahrheit, höchste Überschau. In dem Maße, wie dieses „absolute Wissen“ unsinnig ist, wird auch der Begriff „objektiv“ ins Unsinnige gezogen.

Aber: Gibt es etwa kein objektives Wissen? Was ist dann eigentlich das Ziel der Naturwissenschaften? Was ist dann Zanders eigener Anspruch (siehe oben)? Ob-jektiv bedeutet zunächst: man konnte sich dem Objekt gegenüberstellen. Nun, gerade das macht Steiners Wissenschaftlichkeit aus, siehe den ganzen Zusammenhang der „Philosophie der Freiheit“! Schaut man nicht mit Zanders Brille, sondern objektiv (!) auf den Begriff „absolut“, so weist dieser auf den gleichen Zusammenhang hin. „Absolut“ bedeutet übersetzt „losgelöst“. Man kann dies einseitig als „absolute Überschau“ verstehen, man kann darin aber auch lesen, dass es notwendig ist, sich vom eigenen Standpunkt zu lösen. Dann nämlich (erst) wird es möglich, zu einer wirklichen Objektivität zu kommen.

Viele Male brachte Steiner das Bild von dem Baum, um den man herumgehen muss, um ihn ganz, nicht nur einseitig zu erfassen. In großartiger Weise erweitert ist an die „zwölf Weltanschauungen“ zu denken – für eine objektive Erkenntnis muss man sich also von wirklich allem lösen können, um auch ganz andere Standpunkte einzunehmen. Das macht Steiners Wissenschaftlichkeit aus, und Zander hat davon nicht die geringste Ahnung – und selbst, wenn er es verstehen könnte und wollte, hätte er nicht die Fähigkeit, es zu realisieren. Nun, wenn man sowohl in seinen seelischen Unfähigkeiten, als auch in seinen Vorurteilen unbedingt (also auch: absolut) verharren möchte, muss man objektives Wissen natürlich leugnen...

Die Ur-Sünde von Kirche und Wissenschaft

4. „...also im Grunde die Geheimnisse der Welt auflösen.“

Hier steigert er seine Aussage nochmals, kleistert also den Begriff „objektives Wissen“ über die Zwischenstufe „absolutes Wissen“ wirklich zusammen mit dem Anspruch, „die Geheimnisse der Welt aufzulösen“. Wie oben schon gezeigt, dient dies auch dazu, über die behauptete Unauflösbarkeit der „Weltengeheimnisse“ zugleich jede Möglichkeit irgendeines „objektiven Wissens“ zu diskreditieren. Wie denkschwach ist Zander!?

Natürlich: Wenn man selbst überhaupt nicht an irgendeine Objektivität glaubt, fällt für einen das kleinste „objektive Wissen“ mit den größten Weltengeheimnissen zusammen, denn beides ist ja ohnehin unmöglich...

In Zanders Worten schwingt übrigens eine paradoxe Doppelheit mit, und dem begegnen wir bei Zander immer wieder. Die „Geheimnisse der Welt“ sind im Grunde etwas Großartiges, daran kann auch Zander nicht vorbei. Es ist ein großartiger Anspruch, „die Geheimnisse der Welt“ aufzulösen, und die ganze Menschheitsgeschichte legt Zeugnis von dem Bemühen der Menschen ab, solchen Geheimnissen auf den Grund zu gehen, von Columbus bis zur Mondlandung, um nur einen Bogen von vielen möglichen zu schlagen. Und auch die heutige Naturwissenschaft ist viel mehr auf die Auflösung dieser Geheimnisse aus, als es der „kritische Philologe“ Zander zugeben mag.

Zugleich aber unterlegt er dies, beginnend schon mit seiner Einleitung von der (illusionären) „Hoffnung“, mit einer negativen Konnotation. Und diese ist: Steiner ist mit seinem – von Zander behaupteten! – Anspruch, „die Geheimnisse der Welt aufzulösen“, hochmütig, ja vielleicht sogar größenwahnsinnig. Und in dieser Konnotation spricht der Theologe Zander. Seit jeher war es ja in der exoterischen, von Machtinteressen (!) bestimmten Kirchenreligion eine Sünde, den Geheimnissen der Welt – die nämlich die Geheimnisse Gottes waren – näherkommen zu wollen.

Dies geht zurück auf die Ursünde, vom Baum der Erkenntnis gegessen zu haben. Die katholische Dogmatik hat daraus dann ein fortgeschriebenes Verbot gemacht. Nun war es nicht mehr Gott, der die Erkenntnis „verbot“, sondern der Papst... Und das, obwohl die Menschheit schon vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, also bereits „sehend geworden“ war! Die Menschheit hatte dies mit der Vertreibung aus dem Paradies bezahlt, aber die katholische Kirche wollte diese Menschheit weiterhin blind erhalten. So kam es zur Trennung von Glauben und Wissen...

Rudolf Steiner hat gerade diese Zusammenhänge in großartiger Tiefe aufgedeckt – sowohl den Sündenfall der katholischen Kirche, wie auch die eigentliche, übersinnliche (!) Realität hinter der Paradiesgarten-Imagination der Genesis. Weil aber Zander von alledem nichts wissen will, unterliegt er weiter unerkannt (!) den heutigen Denkverboten. Diese haben sich – wie Steiner ebenfalls gezeigt hat – von der Kirche auf die Naturwissenschaft ausgedehnt. Die Naturwissenschaft ist so gesehen viel mehr als von ihr jemals geahnt nur die Tochter der katholischen Dogmatik.

Das „Ignorabimus“, das auch Zander so perfekt zelebriert und inszeniert, ist gewissermaßen die karmische Folge der päpstlich-katholischen Blindheit, die von der Logos-Natur der Welt und der Ebenbildlichkeit Gottes des Menschen (einschließlich seines Erkenntnisvermögens) nichts wissen will!

„Es gibt keine Erkenntnis, so wahr ich dieser Meinung bin!“

5. „Aber ich bleibe der Meinung...“

Hier fällt das ganze Gebäude von Zanders hochmütigen (!) und simplen Suggestionen in sich zusammen. Zander hat eine Meinung! „Hurra“, möchte man rufen. Ist es aber wenigstens eine eigene Meinung? Wie wir gesehen haben, nicht. Es ist die Kollektivmeinung jener Menschheit, die heute noch immer (und immer mehr) den Folgen katholischer Irrtümer, Denkschwächen und Machtinteressen unterliegt. Hat diese Meinung irgendeinen Wert? Nicht den geringsten. Ihr Unwert ist aber derart groß, dass er nicht zu ermessen ist, denn diese Meinung treibt die gesamte Menschheit in eine Katastrophe. Denn diese Meinung ist die personifizierte Blindheit.

Aber nochmals: Zander glaubt (!), mit einer persönlichen Meinung (!), etwas über die Weltengeheimnisse und Steiners Wissenschaftsanspruch aussagen zu können. Dieser Hochmut oder diese Blindheit sind eigentlich nicht mehr steigerbar. Denn mit Meinungen ist man definitiv noch nie zu irgendeinem objektiven oder auch nur sonst irgendwie belastbarem Wissen gekommen. Und wäre nicht eines der größten Weltengeheimnisse die Frage, ob man ebendiesen Weltengeheimnissen auf den Grund gehen könne oder nicht?

Für Zander ist diese Frage von vornherein beantwortet, ja er sieht nicht einmal mehr die Frage! Es ist die Frage Michaels: Wer ist wie Gott? Bist Du, o Mensch, in der Lage, die Weltengeheimnisse zu erfassen? Mit der größten Selbstverständlichkeit des „modernen Wissenschaftlers“ geht Zander über diese Frage hinweg. Würde Zander zu einer allerersten ahnungsweisen Erfahrung Michaels oder seiner Frage kommen, so würde das ganze Kartenhaus seiner abstrakten Dogmatik in sich zusammenstürzen. Denn es kommt gar nicht darauf an, die Weltengeheimnisse „aufzulösen“ ... sondern es kommt darauf an, in diese Geheimnisse erlebend hineinzuwachsen. Dann beantworten sich die Weltengeheimnisse im Menschen selbst, zart und allmählich, in Stufen...

„So sagte ich mir auch: die ganze Welt, außer dem Menschen, ist ein Rätsel, das eigentliche Welträtsel; und der Mensch ist selbst die Lösung.“ (Rudolf Steiner, „Mein Lebensgang“). Man muss die Weltengeheimnisse schon im Allerkleinsten sehen. Und das größte ist dann das Rätsel der menschlichen Erkenntnisfähigkeit. Doch für Zander bestehen alle diese Rätsel gar nicht. Er sieht die Geheimnisse gar nicht. Für ihn ist die Welt klar strukturiert, der kritische Philologe und der Theologe Zander können wunderbar koexistieren, denn sie beide denken in Schubladen.

Dabei ist das Wort „Meinung“ eigentlich der größte Affront gegen das Wunder der menschlichen Erkenntnisfähigkeit. Gerade weil Zander seine Meinung zugleich mit dem größten Absolutheitsanspruch erfüllt: „Es gibt keine höhere Erkenntnis, so wahr ich dieser Meinung bin!“ Früher hat man bei Gott geschworen, heute reicht Zanders eigene Meinung...

Natürlich kokettiert Zander hier auch mit der öffentlichen Meinung – bzw. er unterwirft sich ihr. Denn es klingt natürlich menschlich und liebenswert, eine eigene Meinung zu haben, zumal zu so weitreichenden Fragen wie den Weltengeheimnissen. Es ist doch bewundernswert, dass einer eine so unerschütterliche Überzeugung hat, wie dieser mutige, wahrhaftige Herr Zander! Er stellt sich doch tatsächlich hin und steht ein für seine Überzeugung! Auch wenn es nur eine Meinung ist... Hier vermischen sich die Konnotationen unentwirrbar. Entweder sie ist irgendwie begründet und nähert sich damit einem objektiven Wissen – oder sie ist einfach nur sympathisch und hat dann aber keinen wirklichen Aussagewert, außer eben das Sympathisch-Persönliche an sich.

Er unterwirft sich der öffentlichen Meinung aber auch insofern, als es heute – so jedenfalls Zanders Annahme – weitgehend öffentlicher (und zumal wissenschafts-öffentlicher) Konsens ist, dass man über Meinungen nicht hinausgehen kann. Somit wird die Aussage, er habe eine Meinung und bleibe bei dieser Meinung, bereits das stärkste Argument, was der Diskurs-Wissenschaftler Zander aufbieten kann. Mehr ist in der heutigen Wissenschafts-Community gar nicht möglich...

6. „...dass wir gewisse Dinge nie wissen werden.“

Gewisse Dinge! Wer hat denn jemals bestritten, dass man „gewisse Dinge“ vielleicht „nie“ wissen wird? Zander macht es so offen und weit und absolut und schwammig wie nur möglich, damit es auch ja klar ist, dass Steiner unrecht hat. Denn Steiner hatte ja den Anspruch, dass man „alle Dinge“ „immer“ und „jederzeit“ wissen könne – oder nicht?

Denkschwäche oder böse Absicht – es wiederholt sich bei Zander immer wieder, und man weiß wirklich nicht, was von beidem vorliegt. Aber kann man es darum „nie“ wissen...?

Was muss geschehen, damit man etwas weiß? Was muss man tun, damit man etwas weiß? Klar ist doch: Je tiefer die Geheimnisse sind, desto mehr müsste man innerlich tun, um sich ihnen überhaupt annähern zu können. Hat Zander sich in dieser Richtung überhaupt auf den Weg gemacht? Wenn nicht (aber auch: selbst wenn), wie kommt er dann dazu, von einem solchen „nie“ zu sprechen? Es gibt nur einen Grund, und der liegt in dem unerkannten Absolutheitsanspruch der kirchlichen und wissenschaftlichen Dogmatik – siehe oben.

Inbegriff der Demut?

7. „Es gehört dazu, dass wir mit begrenztem, regionalem, mit sehr persönlichem Wissen umgehen müssen.“

Ja, auch das hört sich heutzutage alles fast unbegrenzt sympathisch an. Aber natürlich! Natürlich müssen wir mit persönlichem Wissen umgehen! Wie können wir heute noch auch nur glauben, man könnte zu etwas kommen, was über das rein Persönliche hinausgeht!

Zander verdreht die Sache übrigens auch hier völlig. „Es gehört dazu...“ – hat je jemand (oder gar Steiner) geleugnet, dass die Menschheit jederzeit mit sehr viel begrenztem und sehr persönlichem Wissen umgeht und umgehen muss? Das steht doch gar nicht in Abrede! Zander unterlegt aber auch dieser völlig zweifelsfreien Aussage wieder die unausgesprochene Konnotation: Es gibt heute und gab immer nur begrenztes, nur persönliches, ja noch gesteigert: sehr persönliches Wissen!

Und wie sympathisch die Wendung „müssen“! Sie hat ja nichts Autoritäres (wie bei Steiner), sondern bezeichnet einzig und allein die menschliche Hilflosigkeit, die demütige Einsicht in die Beschränktheit der menschlichen Erkenntnis. Zander malt hier geradezu den Inbegriff des gottesfürchtigen Menschen, der nach den Jahrhunderten der hochmütigen Entdeckungsgier und des Erkenntnismutes nun wieder auf den wahren Weg der absoluten (!) Bescheidenheit zurückfindet...

Es ist aber keine Gottesfurcht, sondern die harte Realität des allmächtigen Dogmas der Diskursgesellschaft. Alles wird heute dem Diskurs unterworfen, weil alles begrenzt ist. Einen Konsens aber gibt es, und das ist der allmächtige Gott, das goldene Kalb der heutigen Zeit: Es gibt nichts, ich wiederhole: nichts (absolut nichts), was absolut wäre... Es ist alles abhängig. Du bist nichts, der Kontext ist alles. Deine Meinung allein hat gar keinen Wert. Erst wenn sich in der Diskursgesellschaft eine gewisse Mehrheit für diese Meinung herauspendelt, kann sie den Anspruch auf gewisse Gültigkeit haben – und auch dieser gewisse Anspruch ist begrenzt, zeitlich, regional und in Bezug auf unendlich viele andere Kontexte...

Aber so positiv wie das Wort „persönlich“ (sehr!), so positiv ist auch das Wort „regional“. Haben wir nicht alle gelernt, dass das positiv ist? Global denken, lokal handeln! Gerade weil das „Globale“ heute so furchterregend ist, kommt es doch um so mehr auf das Regionale an. Und so weiter. Auch hier schwingen ungezählte Konnotationen mit. Wirklich ausgesagt wird damit nichts, absolut nichts.

Scheinbar hat Zander nicht die geringste Ahnung, in welcher Sphäre sich dasjenige befindet, was über regionale Begrenztheiten hinausgeht, von anderen Begrenztheiten ganz zu schweigen. Nehmen wir einmal das Mitleid, das Mitleiden. Mit seiner Brille sieht Zander überall nur die Kontexte. Natürlich – in den verschiedenen Weltregionen haben die Menschen verschieden sozialisierte Begriffe von Mitleid. Man hat Mitleid mit dem unschuldigen Kind. Nicht mit dem Bettler in der U-Bahn. In anderen Weltregionen vielleicht nicht einmal mit dem Kind. Oder vielleicht auch mit dem Bettler. Und so weiter. Zander übersieht aber, dass man sich von der Sozialisierung, von der Regionalität, von den äußeren Kontexten lösen kann, um zu einer Sphäre zu kommen, die allgemein-menschlich ist.

Wenn es eine solche Sphäre gar nicht gäbe, dann wäre man (um nur ein noch immer äußeres Beispiel zu nennen) nie zu der Idee eines Völkerbundes, eines Zusammenhanges der „Vereinten Nationen“ gekommen. Oder aber Zander stellt sich auch all dies als bloße Folge strategischer Überlegungen und allzu-menschlicher Impulse nach Sicherheit usw. vor.

Gerade die Anerkennung des Persönlichen (!), die wirkliche Anerkennung der Person, ist nur möglich, wenn man sich dieser Sphäre annähert! Darum geht es eben: Früher war die Menschheit tatsächlich unbewusster Spielball von Machtinteressen der Beamten, Fürsten, Könige, Kaiser, Päpste. Heute kommt die Menschheit immer mehr zu einem wirklich innerlichen Erleben der Individualität, der Würde jeder einzelnen Person. Die Idee der Individualität, die hier aber (noch unbewusst) erlebt wird, existiert in der Sphäre des Überpersönlichen. Ohne dass diese Sphäre zumindest unbewusst berührt wird, könnte man die Idee der Person gar nicht haben.

Das wahre Wesen des Persönlichen

Der Sündenfall der Diskurs-Gesellschaft besteht also darin, dass sie zwar die Idee des Persönlichen in sich aufgenommen hat, diese aber ihrer wahren Natur nach gar nicht erfasst. Dadurch wird das Persönliche einerseits verabsolutiert (!), andererseits seiner wahren Würde beraubt – denn diese liegt nicht in der atomisierten Vereinzelung, sondern gerade in der verbindenden Universalität der geistigen Welt.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Darin liegt die Heiligkeit der Person. Es heißt aber nicht: „der“ Menschen, sondern „des“ Menschen. In diesem Satz liegt noch sehr klar das Verbindende der realen Idee. Der Mensch ist etwas einzigartiges, was über das Tierreich weit hinausgeht, was mit dem Göttlichen zu tun hat. Und dieses Einzigartige liegt gerade darin, dass er nicht eine weitere Gattung ist, sondern dass jeder Mensch eine Gattung für sich ist, wie Rudolf Steiner betonte.

Die heutige Diskursgesellschaft hat die irdische Abspiegelung dieser menschlichen Würde in sich aufgenommen – aber konnte ihrer Verzerrung nicht entgehen. Ins Bloß-Irdische übertragen bedeutet es: Jede Meinung ist gleich viel wert, der Diskurs ist das Gebot der Stunde. Etwas anderes als schwankende Gleichgewichte gibt es nicht.

Durch dieses Missverständnis wurde die wahre Heimat des Menschen bereits vergessen. Denn wenn der Mensch ein göttliches Wesen ist – und allein daraus begründet sich seine Würde! –, dann muss er auch in der Lage sein, eine Verbindung zu dieser göttlichen Welt zu erlangen. Dagegen aber wehrt sich die scientific community – und mittendrin: Zander – mit Händen und Füßen. Warum? Aus Angst, jede Objektivität zu verlieren! Aber warum, wenn diese ohnehin geleugnet wird? Ein bisschen Objektivität scheint es wohl doch zu geben? Ein kleines Bisschen, was auch noch verloren ginge, wenn man jetzt das „Übersinnliche“ einließe?

Dieser Fehlschluss ist nur möglich, wenn man im Grunde doch davon ausgeht, dass es dieses Übersinnliche nicht gibt. Denn man fürchtet nicht (nur) das Übersinnliche, sondern vor allem eine Flut von unüberprüfbaren Behauptungen und Spekulationen. Aber auch dies ist um so erstaunlicher, als Zander selbst eine solche Flut ja fortwährend produziert! Was also fürchtet man? Dass man diese Behauptungen wirklich nicht überprüfen kann. Zanders Entstellungen und Fehldeutungen kann man ja sehr wohl nachprüfen und widerlegen. Zander jedoch kann die Behauptungen Rudolf Steiners nicht überprüfen, definitiv nicht. Davor fürchtet sich die scientific community. Sie fürchtet sich davor nicht nur, weil sie das Übersinnliche mit hundertprozentiger Sicherheit für unmöglich hielte, sondern weil sie zu bequem ist, die notwendigen Erkenntnisvoraussetzungen zu erlangen.

Letztlich ist es der Intellekt, der sich wehrt, denn dieser ist zu bequem. Und zugleich nicht nur zu bequem, sondern auch in seiner Existenz bedroht. Er müsste sich nicht aufgeben, aber er müsste sich verwandeln. Darin liegt die „Bequemlichkeit“ – sie ist viel existentieller, als Zander oder andere es ahnen würden. Die Wissenschaftlichkeit Rudolf Steiners liegt darin, dass der „Intellekt“, weitaus richtiger gesagt: das Denkvermögen, seine Klarheit und Urteilskraft keineswegs verlieren soll, sondern vertiefen und erweitern.

Was von der Klarheit des Denkens und der Aussagen eines Herrn Zander zu halten ist, haben wir hier sehr ausführlich untersucht. Wenn man sich auf solche Überlegungen einließe, wie kann dann noch eine Furcht vor der Erweiterung des menschlichen Erkenntnisvermögens bestehen?

Aber – es wird heute bekämpft, und die einfachste Methode ist: die Möglichkeit einer solchen Erweiterung abzustreiten und im gleichen Moment zu sagen, also war Steiner von vornherein unwissenschaftlich, ja spekulativ oder eben sogar betrügerisch.

Nun, weil aber die höhere Erkenntnis oder auch nur jegliche höhere Ahnung in Bezug auf die wahre Natur des Menschenwesens so absolut (!) abgewehrt wird, kann eben auch die Idee des Persönlichen ihre wahre Natur gar nicht entfalten. Das Persönliche bleibt damit an die materialistisch-nominalistische Sphäre gekettet und verliert seine Natur dadurch gerade. Statt ihre wahre Würde zu erlangen, gerät die Person heute in die allergrößte Vereinzelung und wird Spielball stärkerer Interessen, Opfer anonymer Sachzwänge und – in der Wissenschaft – eben einsam-winziger Teilnehmer an dem allmächtigen „Diskurs“.

Hier findet sich nichts von Würde, wenn man als solche nicht die „Würde“ der sogenannten „Chancengerechtigkeit“ oder etwas Derartiges bezeichnen will. In Wirklichkeit haben wir heute ein real wirkendes Weltbild der Atomisierung. Nur unter Einschluss des geistig Realen könnte wirklich Individualisierung stattfinden, die diesen Namen verdient, weil sie die ganze Würde des göttlich-geistigen Menschenwesens integrieren könnte. Stattdessen haben wir heute eine Atomisierung unter dem Zeichen der „Chancengerechtigkeit“, das heißt einen Sozialdarwinismus im Wirtschaftlichen, im Politischen und in dem, was Steiner das nun aber nicht-existierende Geistesleben nennen würde: im Kampf der Ansichten um Teile am Diskurs-Kuchen, um die Gunst der scientific community.

Die Würde läge in einem Erkennen geistiger Realitäten. Heute haben wir die Abhängigkeit von der Gnade höherer Mächte, die ganz anderer Art sind: Wirtschaftsmacht, Deutungsmacht, die Macht der öffentlichen Meinung. Auch das sind Realitäten. Aber sie können nur deshalb ihre Macht ausüben, weil die heutige Wissenschaft nicht an Realitäten glaubt, sondern an Nominalismen und Ignorabismen festhält...

„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – Damit dieser Satz in der irdischen Realität auch wirksam geheiligt werden könnte, müsste diese Würde im Geistigen gerade antastbar werden, man müsste im übersinnlichen Erleben wirklich an die Realität dieser Würde herankommen, sie berühren... Dann aber wäre eine absolute Sicherheit gewonnen, dass es übersinnliche Erfahrungen und Erkenntnisse gibt, dass es eine übersinnliche Welt gibt, die ebenso real ist wie die irdisch wahrgenommene, ja realer, weil sie diese fortwährend durchdringt, wenn auch unerkannt...

Nun, Zander hat sich für den anderen Weg entschieden. Er arbeitet für die Zerstörung jeglichen Verständnisses für die Anthroposophie, für die Verbarrikadierung des Zuganges zu einer Erkenntnis des Menschenwesens jenseits von Dogma und Gefühlsschwärmerei.

Von Hardcore-Anthroposophen und echten Begründungen

Nichts von alledem durchzieht die Gedanken des gewöhnlichen Lesers, der Zanders Aussagen zur Kenntnis nimmt, nichts davon kommt auch nur in die Nähe dieses Lesers. Stattdessen nimmt dieser Leser das von Zander entfaltete Bild Rudolf Steiners in sich auf und wird von da an für immer immunisiert sein. Anthroposophie ist lächerlich. Steiner war ein Betrüger oder allenfalls ein genialer Kopierer.

Das Interview geht weiter:

Ist Steiners Lehre denn heute noch zeitgemäss?
Für viele Nicht-Anthroposophen ist sie eigentlich nur noch eigentümlich. Aber für den überzeugten orthodoxen Kern der Anthroposophen ist Steiner weiterhin die zentrale Referenz.
Auch für die Schulmedizin ist es zeitgemäss, nicht nur auf einzelne Dimensionen, einzelne Krankheitsbilder des Menschen zu schauen, sondern den ganzen Menschen ins Auge zu fassen, wie Steiner das in der anthroposophischen Medizin aufzeigt.
In der Wissenschaftstheorie unterscheiden wir zwischen Begründung und Erklärung. Anthroposophen begründen all das mit der geistigen Welt, mit geistigen Einflüssen von Engeln bis zu kosmischen Kräften.
Ausserhalb des anthroposophischen Milieus kann anders begründet werden. Zum Beispiel: "Anthroposophische Ärzte sind deshalb so gut, weil sie sich einfach mehr Zeit nehmen."


Nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert...“ kann Zander nun frontal angreifen. „Eigentlich nur noch eigentümlich“! Und es gibt nur noch einen „überzeugten orthodoxen Kern“ der Ewig-Uneinsichtigen.

Es ist seltsam, wie sehr Zander es hier wagt, sich aus dem Fenster zu lehnen. Und doch passt es auch wieder, denn wenn man genauer liest, versteckt er sich auch hier wieder hinter krasser Verlogenheit. Es ist keinerlei offene Ich-Aussage in dem Satz enthalten! Für viele Nicht-Anthroposophen! Wie ist es mit den anderen Nicht-Anthroposophen? Und wie ist es mit den offenbar auch existierenden anderen Anthroposophen? Offenbar gibt es auch nicht-überzeugte Anthroposophen? Diese sind zugleich nicht-orthodox, also die „Guten“? In dieser falschen, verlogenen Gegenüberstellung wird ganz klar, wo Zander steht – aber er versteckt sich. Gerade dadurch erreicht der Hochmut seines Urteils das Extrem, denn es klingt nun wirklich wie absolute Objektivität...

Auch die folgenden Sätze quellen wieder über vor unausgesprochenen Konnotationen. Zander gibt zu, dass es auch für die Schulmedizin „zeitgemäß“ sei, auf den ganzen Menschen zu schauen. Aber er gibt nicht zu, sondern er beurteilt. Zander ist die Instanz, die sagt, was zeitgemäß sei. Dadurch vermeidet er es vollständig, wirklich auszusprechen, dass Steiner damals eben seiner Zeit weit voraus war. Zugleich sagt er unterschwellig, es sei heute für die Schulmedizin zeitgemäß, und schwächt Steiners Gewicht dadurch noch mehr, denn er leugnet im Grunde, dass es für die Schulmedizin eigentlich immer zeitgemäß gewesen wäre bzw. hätte sein müssen.

Eigentlich deutet er an, dass man damals, in der krass-materialistischen Zeit, noch gar nicht (bzw. gar nicht mehr) auf den ganzen Menschen schauen konnte, heute könnte man es aber, also soll man es auch tun. Das ist aber eine Unwahrheit. Man hätte auch damals gekonnt, wenn man gewollt hätte. Nur hätte man sich eben vom reinen Materialismus verabschieden müssen! Das wollte man nicht und will es heute ebenso wenig. Nur ist es heute eben doch modern, „vom ganzen Menschen“ zu reden und ihn auch „ins Auge zu fassen“. Auch hier merkt man gar nicht, wie wesenhafte Erkenntnisse an den Menschen herankommen wollen und auch herankommen. Es gibt längst ganze Therapierichtungen, die vom ganzen Menschen ausgehen – aber diese haben den Materialismus auch in gewissem Maße hinter sich gelassen.

Von alledem spricht Zander nicht. Er sagt nur: Heute ist es auch für die Schulmedizin zeitgemäß, das war schon ganz richtig, was Steiner damals „aufgezeigt“ hat. Von dem, was Steiner aber aufgezeigt hat, kein Wort als nur das abstrakte „den ganzen Menschen ins Auge fassen“.

Dann kommt Zanders ebenfalls verlogenes „wir unterscheiden“. Natürlich ist er ein anerkanntes Mitglied der Wissenschaftsgemeinde. „Wir“, das sind unzählige Wissenschaftler, die nicht irren können, haben sie doch die Wahrheit schon mit der Muttermilch der Alma mater aufgesaugt, während Steiner von alledem keine Ahnung hatte (obwohl es auch damals schon Universitäten gab und auch er studiert hat, aber offenbar nicht gründlich genug).

Und was unterscheiden diese Herren nun? Ich spreche bewusst nur von Herren, denn es ist klar, dass fast nur Herren so hart, tot, hochmütig und verlogen denken können. Sie unterscheiden zwischen Begründung und Erklärung. Und dann? Dann kommt der Vorwurf gegenüber der anthroposophischen Begründung durch geistige Einflüsse (ins Lächerliche gezogen). Und dann? Dann kommt eine andere Begründung!

Will Zander uns wirklich dermaßen für dumm verkaufen? Das ist doch wirklich eine Beleidigung für jeden Leser! Erst belehrt er uns über Unterschiede zwischen „Erklärung“ und „Begründung“ – und dann bringt er nichts anderes als eine ... Alternativbegründung! Aber natürlich, wir vergaßen, dass Zander ja gar nicht an „objektives Wissen“ glaubt. Damit entfällt wohl auch die Möglichkeit wirklicher Erklärungen, während Begründungen immer nur subjektiv, regional usw. bzw. sogar ganz unwahr, konstruiert, übernommen usw. sind.

Und warum ist dann Zanders Begründung besser? Oder anders gefragt: Wer hat denn je bestritten, dass anthroposophische Ärzte auch deshalb gut sind, weil sie sich mehr Zeit nehmen? Das war von Anfang an eine Konsequenz ihres Menschenbildes und ein wesentlicher Faktor einer erneuerten Medizin! Dennoch ist das „auch“ wichtig: auch deshalb gut. Denn eigentlich müssen ja zum Beispiel auch die Arzneimittel, die dann vielleicht verschrieben werden, doch auch wirksam sein, wenn ein Arzt gut sein soll, oder nicht? Aber auf solche und andere Implikationen lässt sich Zander gar nicht ein. Ihm ging es ja nur darum, schnell zuzugeben, dass die Anthroposophen bei all ihrem Humbug auch manches „richtig gemacht“ haben („den ganzen Menschen“ usw.). Dann aber muss man das Denken schnell abbrechen, sonst könnte die Möglichkeit aufscheinen, dass sie vielleicht noch mehr richtig gemacht haben...

Es wird dem Leser wohl bemerkbar geworden sein, dass bei all diesen Überlegungen ab und zu die Ironie hineinspielt. Aber auch dies könnte wieder ein Aspekt sein, der deutlich machen kann, wie wenig Zander versteht, während die Anthroposophie den Menschen wirklich eine Denkschärfe entwickeln lässt. Selbstverständlich würde Zander bei jeder Ironie sofort einen Abwehr-Reflex beleidigter Steiner-Anhänger vermuten. Etwas anderes findet gar keinen Platz in seinem Weltbild bzw. begrenzten Vorstellungsraum. Von daher muss man bei ihm von Reflexen sprechen: „Wenn Ironie, dann Abwehr.“ Natürlich ist auch da wieder vorausgesetzt (von ihm), dass er recht hat.

Dass aber die Ironie ein Ausdruck dafür ist, dass man angesichts von so viel Denkschwäche verzweifelt, dürfte Zander nie in den Sinn kommen. Man könnte all diese Denkschwäche nüchtern und gelassen analysieren und beschreiben, aber manchmal will man es einfach nicht mehr. Und warum nicht? Weil hier wirklich fortwährend die Geisteswissenschaft, deren Realität man zweifelsfrei erlebt, angegriffen wird; weil man die Angriffe durchschaut, weil man die Plattheit der „Argumente“ und die Mächtigkeit der Suggestionen durchschaut, die Zusammenhänge mit den heutigen Kollektivdogmen, und das ungehinderte Wirken dieser Suggestionen gegenüber unzähligen unbedarften, ebenfalls nicht denkenden anderen Menschen. Und dann bricht sich die Verzweiflung über so viel Un-Sinn (aber wirkenden Un-Sinn) in der Ironie Bahn, die, so hofft man, vielleicht eine andere Möglichkeit ist, diesen ganzen Un-Sinn offenbar zu machen...

Die „große anthroposophische Schüssel“

Eine weitere Frage ermöglicht es Zander, seine zweite Kernthese zu entfalten:

Steiner integrierte eine unglaublich breite Themenpalette in sein Werk. War er eines der letzten Universalgenies?
Für die Anthroposophen war er ein Universalgenie. Kritiker sagen, er war ein Universal-Dilettant. In vielen Bereichen ist er an der Oberfläche geblieben. Aber, und das macht die Faszination der Anthroposophie aus, er hat über viele Einzelthemen einen Überbau errichtet. Sozusagen eine grosse anthroposophische Schüssel, in die Vieles aus unterschiedlichen Bereichen hineinpasst.
Steiner hatte immer den Anspruch, mit einer anthroposophischen Theorie unterschiedliche Einzelteile an sich zu ziehen und ihnen einen Ort im anthroposophischen Kosmos zuzuweisen. Das ist gut zu sehen beim Ausdruckstanz (anthroposophische Eurhythmie), bei der Architektur, der Medizin, der Pädagogik oder der Landwirtschaft.


Hier sind es wenigstens wieder „die“ Anthroposophen, nicht nur manche. Aber vielleicht rechnet Zander ja jetzt alle dem „orthodoxen Kern“ zu? In jedem Fall versteckt er sich weiterhin und lässt stattdessen die „Kritiker“ zu Wort kommen... So muss er das Verdikt „Universal-Dilettant“ nicht in den Mund nehmen. Aber nachdem es dennoch ausgesprochen ist, kann er gleich im nächsten Satz diese Kritiker bestätigen, nur um uns im übernächsten Satz darüber zu belehren, was eigentlich die Faszination der Anthroposophie ausmache, wobei seine Begründung (!) natürlich wie immer pures Gift ist. Hier lässt er wieder die Schüssel, pardon, die Katze aus dem Sack, seine fortwährend neu abgespulte Hauptthese, dass Steiner einen Überbau errichtet habe, der aber keiner Wirklichkeit entspricht, sondern nur der Vereinnahmung diente.

Und natürlich ist Zander wieder die berufene Instanz, die beurteilen kann, wo überall Steiner „an der Oberfläche“ geblieben ist. Natürlich – mit Zanders oberflächlichem Denken würde auch ich überall der Meinung (!) sein, Steiner wäre an der Oberfläche geblieben, es könne alles gar nicht sein, er sei unsystematisch, er habe abgeschrieben usw. Man kann sich Seite für Seite von Zander vornehmen, man stößt überall auf sein oberflächliches Denken, das überall da, wo es Analogien und Übereinstimmungen sieht, sofort zuschlägt und sagt: Aha! Wieder ein Kausalzusammenhang. A war früher, Steiner ist später, also überführt!

In Zanders Worten findet man regelrecht die Antipathie, die er gegen Steiner und seine (von Zander „gesehene“) Vorgehensweise hegt: Eine „große anthroposophische Schüssel“... Man spürt die Antipathie gegen diesen betrügerischen, machthungrigen Steiner, der alles für sich vereinnahmt hat, um sich selbst als großen Esoteriker darstellen und den Menschen eine machtvolle Sinnperspektive geben zu können (die dann von Zander auch wiederum „anerkannt“ werden kann).

Wie oberflächlich aber Zanders Denken ist, sieht man auch hier wieder etwa an dem Wort „Ausdruckstanz“ für die Eurythmie. Gibt es übrigens noch eine andere Eurythmie als die anthroposophische? Hier zeigt sich zugleich die „self-fulfilling prophecy“ des Zanderschen Denkens. Denn wenn ich überall nach Vorläufern für Steiners Impulse suche, dann sehe ich sie nun einmal. Dann ist eben auch die Eurythmie ein Ausdruckstanz, auch wenn sie eigentlich das Gegenteil ist. In „Die Biografie“ z.B. deutet Zander diese Gegensätze sogar an, aber sie fallen natürlich wie immer nicht ins Gewicht, weil die grundsätzliche Übereinstimmung ja bereits „bewiesen“ ist. Dass es Zanders Grundannahme war, hat er da bereits längst vergessen...

Was die Eurythmie sein will, kann man doch wohl nur verstehen, wenn man liest, was Rudolf Steiner über die Eurythmie gesagt hat. Aber Zander nimmt ihn ja ohnehin nicht ernst. Alles, was Rudolf Steiner gesagt hat, dient immer nur dazu, zu verdecken, dass es eigentlich nur geklaut ist. Den „Überbau“ könnte er sich eigentlich sparen, wenn es nicht darum ginge, eine anthroposophische Schüssel zu formen, die das eigentliche Plagiat unsichtbar macht. Und selbst wenn alles darauf hindeutet – auch in der Praxis –, dass die Eurythmie das Gegenteil vom Ausdruckstanz ist – einen Zander ficht das nicht an.

Weiter:

Also war Steiner ein Kopierer?
Steiner hat kopiert und transformiert. Er hat, was er übernommen hat, manchmal verändert.


Genau. Hier haben wir es schwarz auf weiß. Und selbst hier verstrickt Zander sich in Widersprüche und Versteckspielereien.
Das „transformiert“ aus dem ersten Satz klingt immerhin noch nach einer halben schöpferischen Leistung. Nachdem aber die Tatsache des Kopierens im zweiten Satz definitiv noch einmal als Wahrheit bestätigt wird, wird die „Transformationsleistung“ sogar noch abgeschwächt in das „verändert“ – und auch das plötzlich nur noch „manchmal“. Und selbst das „verändert“ wirkt nur noch wie ein schwacher Versuch, den wirklichen Erfinder betrügerisch zu verschleiern. Schlimmer geht es eigentlich nicht mehr. Und im Leser setzt sich das Urteil fest, ein dunkles, verachtendes Urteil...

Zander als Retter der Anthroposophen-Sekte

Die nächste Frage:

Oft heisst es: Entweder man verehrt Steiner oder man wendet sich gegen ihn. Müsste man die "Hardcore-Steiner-Anhänger" eher als Sekte bezeichnen?
Da tue ich mich schwer, weil Sekte ein negativ besetzter Begriff ist. Für mich ist das erst mal eine Weltanschauungs-Gemeinschaft, eine Religionsgemeinschaft, wie alle anderen auch.


Hier geht es munter weiter. Inzwischen ist es vollkommen definiert, dass diejenigen, die in der Anthroposophie wirklich noch etwas sehen, natürlich „Hardcore-Steiner-Anhänger“ sind.
Das bestreitet auch Zander nicht – und bestätigt es damit, aber er hat diese Kulisse ja selbst aufgebaut, bis die Interviewerin auch dieses Verdikt freundlicherweise ausspricht, ohne dass Zander sich die Zunge schmutzig machen muss...

Was er aber stattdessen tut, ist, diese zum Fürchten ominöse Hardcore-Anhängerschaft eines riesigen Betrügers dann gnädig in Schutz zu nehmen, wenn es um das Verdikt „Sekte“ geht. Zander hat sein Ziel erreicht. Steiner und die Anthroposophie sind indiskutabel geworden, der Ächtung anheimgefallen, sie sind vogelfrei und könnten eigentlich nun im nächsten Moment erfolgreich geteert und gefedert werden – wenn nicht Schlimmeres. Mehr wollte Zander nicht. Nun kann er gnädig eingreifen, um den rasenden Mob zur Besinnung zu bringen: „Da tue ich mich schwer“ – Zander der besonnene Retter der Unterdrückten! „Weil Sekte ein negativ besetzter Begriff ist“ – Ach so? Und Raubkopierer, Lügner und Betrüger etwa nicht? Ach, ich vergaß, das war ja bereits wissenschaftlich bewiesen...

Der gnädige Zander weiter: „Für mich ist das erst mal eine Weltanschauungs-Gemeinschaft, eine Religionsgemeinschaft, wie alle anderen auch.“ Wie alle anderen auch. Das ist wirklich Gnade pur. Aber genau das will Zander – die Anthroposophie soll sein wie alle anderen auch. Dann nämlich ist sie perfekt zurechtgestutzt für die Diskursgesellschaft, hat endlich ihren unsäglich dummen Wahrheitsanspruch verloren und braucht nur noch für alle Zeiten belächelt zu werden – unter der gnädigen Ägide von Zander, der Schlimmeres verhindert.

Und die Anthroposophie ist natürlich nicht etwa einer unter tausenden von Wissenschafts-Ansätzen, nein, sie ist Religionsgemeinschaft! („Wie alle anderen auch“). Zander hat sein Ziel nicht nur erreicht, sondern übererfüllt. Held der Arbeit, pardon, der scientific community. Die Anthroposophie musste nicht nur nicht in eine Nische aufgenommen werden, sie konnte ganz und gar ausgestoßen werden!

Und was die Religion angeht? Da Steiner ja so betrügerisch vorgeht, rückt die Anthroposophie sogar in die Nähe von Gemeinschaften wie Scientology. Hatte diese nicht auch einen Wissenschafts-Anspruch? Nun, man will ja nicht gleich von „Sekte“ reden, aber...

Aber wenn man genau hinschaut, wie sie funktioniert, würde ich sagen, sind die autoritären Strukturen relativ stark ausgeprägt, zumindest in der orthodoxen Anthroposophie.


Also doch: Schwarz auf weiß. Jetzt wird es gefährlich... Zumindest die orthodoxe Anthroposophie sollte man vielleicht doch erwägen zu verbieten...

Zum Mitschreiben: Zanders Wissenschaftsverständnis

Und dann bleut Zander uns ein, welcher Wissenschaftsbegriff heute „zeitgemäß“ ist, damit wir es auch ja noch einmal ganz genau hören und begreifen:

Das Wissenschaftsverständnis hat sich seit den Jahren, in denen Steiner lebte, dramatisch verändert. In den Kulturwissenschaften arbeiten wir heute mit Plausibilitäten, mit argumentativ gestützten Ansprüchen auf zutreffende Deutung. Wir wissen, das hat eine geringe Halbwertszeit. Nach uns kommen Menschen, die das anders lesen.
Steiners Wissenschaftsverständnis ist in diesem Sinne einer untergegangenen Tradition verpflichtet.


Erst einmal: Dramatik. Das ist gut, das lässt die Leser aufhorchen, da wird sofort klar: So wie bisher kann es nicht weitergehen, auch bei den Anthroposophen nicht (das stimmt zwar in ganz anderer Hinsicht, aber das ist jetzt nicht unser Punkt). Klar ist schon durch den ersten Satz, dass Steiner hoffnungslos überholt und zurückgeblieben ist. Dass Zander für die Medizin von „zeitgemäß“ sprach, ist natürlich wiederum längst vergessen. Außerdem betraf das ja einen Punkt, auf den Steiner natürlich keinen Allein-Anspruch erheben darf, den man ihm also ohne weiteres klauen darf. So geht das ja heute: Steiners Verdienste werden in Sonntagsstimmung anerkannt und ihm für den Alltag – schwups! – entwendet, der Kern der Anthroposophie aber wird alltags wie sonntags lächerlich gemacht.

Aber zurück zur heutigen Wissenschaft. Interessant ist, dass Zander hier von Kulturwissenschaften spricht. Wie selbstverständlich setzt er Steiners Begriff der Geisteswissenschaft mit den „Geisteswissenschaften“ gleich, obwohl er weiß, dass Steiners Anspruch ein ganz anderer ist! Aber wahrscheinlich würde Zander seine Grundsätze fast deckungsgleich auch auf die Naturwissenschaften übertragen?

Zanders Begriff der Kulturwissenschaft ist eine Katastrophe – und er ist auch noch stolz darauf!

Er spricht von Plausibilitäten. Nun, wenn etwas plausibel ist, ist das doch gut? Steiner sprach auch davon, dass die höheren Erkenntnisse vom gesunden Menschenverstand eingesehen werden können. Aber nun ja, schon der fehlt ja heute meistens. Bei Zander sind Plausibilitäten Ansprüche – die Plausibilitäten sind nicht etwa Begriffszusammenhänge, die sich selbst dem denkenden Menschen in ihrer Plausibilität offenbaren, sondern es sind Ansprüche von Wissenschaftlern, dass sie die zutreffende Deutung „besitzen“, was sie mit Argumenten zu stützen versuchen. Deutlicher kann der Nominalismus nicht formuliert werden!

Aber es kommt noch stärker: „Wir wissen, das hat eine geringe Halbwertszeit“! Ein objektives Wissen? Warum haben die „Plausibilitäten“ eine geringe Halbwertszeit? Warum sind die Deutungen sehr bald schon wieder überholt? „Nach uns kommen Menschen, die das anders lesen.“ Darauf also läuft Zanders Wissenschaftsverständnis hinaus! Nach uns lesen andere anders! Nirgends ein Wort darüber, warum diese anderen nach uns mehr Recht auf ihre Lesart haben! Und warum die noch später Kommenden wiederum mehr Recht haben und so weiter!

Was will Zander uns eigentlich sagen? Dass es absolut (!) erwiesen ist, dass seine Lesart im Moment diejenige ist, die hier und heute am meisten Plausibilität besitzt, also anzuerkennen wäre? Aber dann könnte schon morgen jemand kommen und ihm nachweisen, dass er Unrecht hat! Und in der Tat sind ja bereits viele gekommen und haben nicht nur seine zahllosen Fehler und Entstellungen, sondern seinen ganzen Ansatz kritisiert. Und nun, Herr Zander?

Das ficht einen Zander nicht an – er tingelt weiter munter in der Medienlandschaft umher, weil er dort vermutlich so lange als unbeschränkter Experte für Anthroposophie gilt, bis jemand nach ihm nicht nur ein 2.000-, sondern ein 3.000-Seiten-Werk vorlegt, was hoffentlich ein wenig mehr Verständnis für das Wesen der Geisteswissenschaft hat.

Nach uns kommen Menschen, die anders wollen

Um Plausibilität geht es doch gar nicht! Zanders Behauptungen sind so unplausibel wie nur irgendetwas, seine Grundannahmen und seine Tendenz sind offenkundig für jeden, der sich auch mit Steiners Werk auseinandergesetzt hat. Wenn man sich dagegen – wie Zander – 15 Jahre mit der Anthroposophie beschäftigt hat, dann muss man wirklich in außergewöhnlicher Weise betriebs- und ideenblind sein (was auf das gleiche hinauskommt), um ein derartig konträres Zerrbild von der Anthroposophie zu zeichnen, wie es Zander „gelungen“ ist.

Für die Darstellung in der Öffentlichkeit muss man zudem den Diskurs-Wettlauf gewinnen. Hätte jemand deutlich genug von Anfang an darauf hingewiesen, wie eklatant Zanders Werk gegen jeden höheren wissenschaftlichen Anspruch verstößt, dann würde er jetzt nicht überall eingeladen werden, um seine geistblinden, reduktionistischen und unterstellenden Aussagen zum Besten zu geben. Zumindest die scientific community scheint sich mit den Lorbeeren für Zander sehr zurückzuhalten. Das ist nicht etwa nur oder auch nur in erster Linie der Furcht vor der „Esosterik-Forschung“ zu verdanken, wie Zander es bisweilen glauben machen will, sondern wohl mehr noch den wirklichen Mängeln seines Werkes – und jenen Menschen, die diese Mängel früh genug und „öffentlichkeitswirksam“ genug aufgezeigt haben.

Zander mag noch so viel von konkurrierenden „Ansprüchen auf zutreffende Deutung“ reden – wenn die Diskursgemeinschaft über seinem Werk den Stab bricht, wird er wohl einsehen müssen, dass auch seine Halbwertszeit vorbei ist...

Nach Zander „kommen Menschen, die das anders lesen“. Und es bleibt zu hoffen, dass auch einmal Menschen kommen, denen es um die Wahrheit geht – um die innere, sozusagen „hermeneutisch“ zu findende Wahrheit, nicht nur um Plausibilitäten. Es bleibt zu hoffen, dass Menschen kommen, die innere Denkkraft entwickeln (wollen), um dann den echten Gehalt der Dinge zu erkennen. Dann brauchen sie keine Plausibilitäten mehr, keine Bestätigung durch andere – und dennoch werden sie sich gegenseitig bestätigen, was sie in vereinter Wahrhaftigkeit entdecken...

"Steiners Wissenschaftsverständnis ist in diesem Sinne einer untergegangenen Tradition verpflichtet."

Nein, Herr Zander, Ihr Wissenschaftsverständnis ist einer untergehenden Tradition verpflichtet. Mögen es heute auch noch so viele „Wissenschaftler“ sein, die auf der Jagd nach der „zutreffenden Deutung“ ihre persönlichen Meinungen oder „Plausibilitäten“ aneinander abgleichen – es wird die Zeit kommen, wo man sich auf die Suche nach demjenigen machen wird, was man da eigentlich tut, wenn man Plausibilitäten erlebt; wenn man Theorien entwickelt und verwirft, anerkennt, Deutungen sucht usw.; aber auch wenn man etwas beobachtet, innerlich etwas erlebt, wenn man liebt, wenn man trauert, sich freut, hasst, sich ekelt. Es wird eine Zeit kommen, wo man die Seele erforscht, von innen. Wo man das Denken beobachten wird, von innen. Wo der Mensch sein eigenes Wesen zu erfassen beginnt. Wo er anfangen wird, „seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“ zu gewinnen. Und wo er sich bemühen wird, die Fähigkeit zu dieser inneren Beobachtung innerlich zu stärken. Dann wird die Zeit der Anthroposophie anbrechen, die Verständigung des menschlichen Bewusstseins mit sich selbst – und die Entdeckung der geistigen Welt.