Unmöglich, sagten sie

Holger Niederhausen: Unmöglich, sagten sie. Roman. Niederhausen Verlag, 2023. Paperback, 180 Seiten, 12,90 Euro. ISBN 978-3-943492-37-8.

► Wichtiger Hinweis: Wer meinen würde, ich schriebe nur 'Mädchen-Bücher', der irrte essenziell - diese Mädchen sind Botinnen des immer verschütteteren Wesens der menschlichen Seele überhaupt.

Zuerst erschienen am 29. September 2018.              > Bestellen: Verlag | Amazon <              > Reaktionen und Rezensionen < [noch keine]

Inhalt


Sie hielt ihn für einen Stalker, ihr Vater nannte ihn einen Pädophilen. Doch dann entdeckte sie nach und nach, was für ein Mensch er wirklich war und wie sehr er sie liebte. Und dann blieb nur noch eine Frage übrig...

Die Geschichte einer ganz außergewöhnlichen Liebe, erzählt von ihr, dem Mädchen.

Über dieses Buch


Die Liebe eines Mannes zu einem jungen Mädchen... In unserer Zeit ist dieses ,Thema’, diese Frage, ja, diese Tatsache immer schon überlagert von unzähligen Gedanken an andere Tatsachen – ungezählte tatsächliche Fälle von Missbrauch. So steht die Liebe eines Mannes zu einem Mädchen immer schon unter einem Generalverdacht. Und so wird das, was vielleicht das Heiligste überhaupt sein kann, überlagert von dem Mehltau des Verdachts – des Verdachts bezüglich des Allerschlimmsten.

Davon handelt dieses Buch. Und zugleich noch von vielem, vielem anderen. Denn es geht um das Allerheiligste. Es geht um ein Mysterium, das die Welt überhaupt nicht mehr verstehen kann. Die Liebe des Mannes zum Mädchen ist dieses Mysterium – und das größte Mysterium ist, für den Mann, das Mädchen selbst.

Und doch kann es sein, dass dies niemals verstanden wird. Dass es für immer verurteilt wird – verurteilt und ganz unbekannt. Die Einzige aber, die über all dies urteilen dürfte, wäre sie selbst, sie, das Mädchen... Dieser Roman handelt von einer solchen Begegnung zwischen einem Mann und einem Mädchen – einer Begegnung die nur scheitern kann. Wenn es nach den Urteilen der Welt ginge. Aber es ist das Mädchen, das urteilt. Und dieses Buch ist aus ihrer Sicht geschrieben. Es ist ihr Buch...

Unmöglich, sagten sie...

Dieses Buch kann jedem Leser die Augen öffnen über das wahre Verhältnis zwischen Mann und Mädchen. Es ist ein verlorenes, ein vergessenes Geheimnis. Und es geht weit über diese beiden hinaus. Dieses Buch berührt überhaupt heilige Geheimnisse...

Leseprobe 1


Ich hasse das Wort ,unmöglich’. Wenn etwas unmöglich ist, dann meine Eltern! Alle dürfen zu der Party am Samstag. Alle außer ich. Und nur, weil es ,Open End’ ist! Und weil ich erst fünfzehn bin. Weil ich ,noch nicht sechzehn bin’. Wie sie das betonen! Mit der Stimme! ,Du bist noch nicht sechzehn, Naemi. Ab nächstem Jahr gerne. Aber jetzt noch nicht.’

Unmöglich sind sie! Ihre Stimme! Als ob sie einem ... wieso wissen Eltern immer, was gut für einen ist? Sie wissen es doch überhaupt nicht! Wie können sie dann über einen entscheiden? Ich hasse das! Woher kommen diese Regeln? Es ist ein Wochenende. Man muss am nächsten Tag nicht wieder früh aufstehen. Wir sind fünfzehn. Die Party geht erst um neun los, und alle anderen Eltern haben es erlaubt! Ronnys Eltern sind sogar zu Hause. Was soll denn da passieren?

Weil man dann nachts wieder nach Hause muss? Und was soll da passieren? Sie hätten mich ja auch abholen können. Das machen auch viele Eltern. Aber meine nicht! Aus Prinzip. Dafür bin ich dann wieder zu alt! Und dann wieder: ,Nächstes Jahr bist du sechzehn. Da darfst du das alles. Da geht es ein Stück weit in deine Verantwortung über...’ Ein Stück weit! Wie sie das wieder betont haben! Ein Stückchen für Papa, ein Stückchen für Mama, ein Stückchen für Naemi. Wenn ich dann auf dem Nachhauseweg vergewaltigt werde, dann hat Naemi ein Stück mit Schuld daran gehabt – ist das dann so? Dass sich das so bequem aufteilt? Ab sechzehn? Und warum vorher nicht? Ich verstehe die Erwachsenen nicht. Sie machen alles am Alter fest. Und an festen Grenzen. ,Erst bist du fünfzehn, dann bist du sechzehn. Mit fünfzehn darfst du noch nichts, mit sechzehn darfst du dann alles.’ Warum? Und die Uhrzeiten! Minuten. ,So, und dann zeigt die Uhr zweiundzwanzig Uhr, und dann bist du zu Hause. Das ist nun mal die Grenze, Schätzchen, und dann ist die liebe, kleine Naemi zu Hause, weil das nun einmal so ist. Und weil du erst fünfzehn bist. Und weil wir das so sagen.’ Ich hasse das!

Ich meine – was haben sie überhaupt davon? Sie haben doch außer der Kontrolle über mich nichts davon, rein gar nichts. Wollen sie das? Diese Kontrolle? Wieso wollen andere Eltern das nicht? Wieso sind andere Eltern einfach mal einverstanden damit, dass ihre fünfzehnjährigen Kinder auf eine Party gehen? Die Open End ist, aber wo die Eltern zu Hause sind und wo man die Kinder auch einmal abholen kann, wenn es eben schon ,zu spät’ ist. Warum machen das alle anderen Eltern, aber meine nicht?

Wozu diese Kontrolle? Wozu? Ich verstehe es nicht! Es sind noch sieben Monate und dreiundzwanzig Tage, dann bin ich sechzehn. Wozu wollen sie in dieser kurzen Zeit unbedingt noch die Kontrolle über mich haben – und diese festen Grenzen? ,Nein, Naemi – du weißt... Es ist dann nach zweiundzwanzig Uhr, und du weißt, zweiundzwanzig Uhr ist die Grenze. Wir haben oft darüber gesprochen. Du brauchst nicht immer wieder nachzufragen. In diesem Jahr geht es noch nicht. Das ist nun einmal so.’

Wieso müssen Eltern so sein!? Es bringt ihnen doch überhaupt nichts. Was haben sie denn davon? Nur, dass ich sie weniger mag, als ich sie mögen würde, wenn sie nicht so wären. Ich mag sie ja. Aber sie tun wirklich alles, damit ich es weniger tue. Sie wollen vielleicht gar nicht, dass ich sie mag. Sie wollen vielleicht viel lieber diese Kontrolle über mich haben. Knapp acht Monate noch. Aber warum? Warum nur?

Sie verderben einem den ganzen Tag, die ganze Woche, die ganzen acht Monate – und wahrscheinlich noch die ganzen Jahre danach. Denn später wird man sich fragen: Was hätte ich alles erleben können, wenn ich nicht diese Eltern gehabt hätte? Alle anderen Kinder konnten damals auf Ronnys Party gehen. Und das ist ja nicht das Einzige, und es wird auch nicht das Einzige bleiben. Und davor gab es auch schon vieles. Immer haben meine Eltern ihre ,Prinzipien’ vertreten – und immer durfte ich vieles nicht, was andere durften. Das wird man sich das ganze Leben lang immer wieder überlegen und fragen: Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich es gedurft hätte? Aber man durfte es ja nicht. Also wird man nie eine Antwort finden. Sondern immer nur finden, dass man benachteiligt worden ist. Nur weil die Eltern ,Prinzipien’ hatten und Kontrolle wollten. Kontrolle über einen, bis man sechzehn ist. Das ist ein unmöglicher Standpunkt. Es sind unmögliche Prinzipien. Es sind Prinzipien von Sklavenhaltern.

Eltern wissen doch überhaupt nicht, wann man selbständig genug ist, Dinge zu entscheiden. Sie wissen nicht, wann man alt genug ist, bestimmte Dinge einfach mal zu tun. Sie tun immer so, als ob sie das wüssten, aber das stimmt nicht. In Wirklichkeit halten sie sich nur an diesen Grenzen fest – und reiten darauf herum, weil sie sich dann toll fühlen können. ,Siehst du, Naemi, wir reiten auf diesen Grenzen herum, weil wir so toll sind. Wir sind hier oben, und du bist da unten, und wir reiten auf diesen Grenzen, und du musst dich an sie halten. Das ist das ganze Gesetz. Wenn du sechzehn bist, sehen wir weiter, aber so lange bist du noch klein. Du bist noch ein Kind. Was du danach bist, das werden wir noch sehen – das werden wir dann entscheiden. Jetzt bist du ein Kind. Und Kinder gehen nicht auf Partys, die erst um neun Uhr anfangen. Die kleine Naemi ist dann schön zu Hause, denn nur hier kann ihr nichts passieren. Hier bei ihren Eltern, die dich lieben, auch wenn du es noch nicht verstehen kannst. Nein, wir tun überhaupt nichts, damit du uns weniger lieben kannst, das alles bildest du dir nur ein. Einst wirst du uns für alles dankbar sein. Für alles, Naemi. Denk an unsere Worte!’

...

Leseprobe 2


O, Mann! Es ist nicht zu glauben, was ich heute erlebt habe. Das macht einem richtig Angst. Ich bin aus reinem Frust darüber, dass morgen Samstag ist – jener berühmte Samstag, den alle sich vorgemerkt haben –, am Nachmittag noch in den Park gegangen, um die Spatzen mal ,außer der Reihe’ zu füttern. Natürlich hatte ich gehofft, nicht wieder dem Mann zu begegnen. Ich bin davon ausgegangen, dass ich ihm nicht wieder begegne – und wenn, dass er es nicht noch einmal wagt, sich neben mich zu setzen, weil er ja gesehen hat, wie ich reagiert habe. Aber dann war er da! Er saß auf der Bank, und ich entdeckte ihn gerade noch rechtzeitig, um mit einem Riesenschreck in die Büsche zu springen. Eine alte Omi, die gerade vorbeilief, hat wahrscheinlich auch einen Riesenschreck bekommen und mich wie eine Irre angeschaut. Ich hab sie dann gerade noch besänftigen können, so dass sie kopfschüttelnd weiterging. Wenn nicht, wäre der Mann wahrscheinlich aufgestanden und in meine Richtung gegangen, um zu sehen, was da los ist. Wie in einem Horrorfilm!

Aber so saß er weiter auf der Bank, und ich sah von meinem Versteck aus, dass er immer wieder in beide Richtungen schaute. Er hielt Ausschau! Kann man das glauben? Es war unfassbar. Mein Herz schlug bis zum Halse. Ich schaute mich um, ob ich mich genügend gut verstecken könnte, und beobachtete ihn dann noch weiter. Das heißt, ich versteckte mich so, dass mich auch die vorbeikommenden Leute nicht sehen konnten, und wenn gerade keiner kam, kam ich hervor und schaute, was der Mann machte, ob er noch da war.  

Er saß da ungefähr noch zehn Minuten. Und dann sah ich sogar, wie er auf die Uhr schaute und schließlich ging. Es war zehn nach fünf. Zum Glück ging er in die andere Richtung – in die ich auch immer gehe, wenn ich zur Harfe muss. Aber selbst da sah er sich noch einmal um, und mir schoss das Blut in den Kopf, als er mich dabei theoretisch, mit Adleraugen, vielleicht noch hätte sehen können, aber zum Glück nicht gesehen hatte. Mein Herz klopfte wie verrückt, als ich schließlich, als er lange genug weg war, wieder aus meinem Versteck herauskam und natürlich nicht mehr zu dieser Bank ging, sondern schleunigst wieder nach Hause lief.

Habe ich jetzt einen Stalker!?

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