29.09.2021

Unerwartet

Holger Niederhausen: Unerwartet. Roman einer Lebenswende. Books on Demand, 2021. Paperback, 444 Seiten, 16,90 Euro. ISBN 978-3-7543-4042-4. | Bestellen bei Books on Demand oder Amazon


Soeben erschienen:

Täglich ist die Journalistin Sandra mit sexistischen Anspielungen von Kollegen konfrontiert, und auch ihrem Partner fehlt noch einiges. Da verliebt sich die Feministin in ein Mädchen, das die Unschuld selbst zu sein scheint. Immer mehr eröffnet sich ihr ein Mysterium, und alles verändert sich völlig...

Ein fesselnder Roman über Feminismus, Unschuld, Corona, Anthroposophie, Beuys und ein Zukunftsgeheimnis, das das Herz nicht mehr loslässt.

Leseprobe


Aber seltsamerweise gingen ihre Gedanken dem Mädchen hinterher – oder vielmehr blieben bei ihm, beschäftigten sich weiter mit dem Mädchen. Sie erinnerte sich wieder an ihr Gesicht – vielleicht schüchtern, was schwer zu beurteilen war, wenn man sowieso kaum mehr als die Augen sah. Schöne Augen jedenfalls, schönes Haar, weich über die Schultern... Sie erinnerte sich, dass sie das Mädchen für gewisse Augenblicke fast verachtet hatte – und erinnerte sich auch wieder, wie sie dagesessen hatte, mit ihrer Geigentasche zwischen den Beinen ... und dann so plötzlich ausgestiegen.

Eigentlich hätte sie sich gefreut, wenn das Mädchen wieder in ihr Abteil gekommen wäre. Was tat sie eigentlich mit diesen ganzen anderen Leuten hier, diesen dreien? Zwei Männer und eine alte Frau. Sie besetzten einfach nur die Plätze, die das Mädchen hätte haben können – wenigstens einen davon. Stattessen musste es weitergehen und weitersuchen. Vielleicht hatte es sie ja auch erkannt. Und wenn nicht – auch egal. Aber sie wollte das Mädchen weiter sehen, es wieder sehen, beobachten, anschauen. Irgendetwas fesselte sie an diesem Mädchen.

In einem spontanen Entschluss stand sie auf, war über sich selbst überrascht, murmelte verlegen dem einen Herrn zu ,bin gleich wieder da’ – und stand bereits draußen auf dem Gang. Was tat sie hier eigentlich? Aber sie ging nun ebenfalls weiter, blickte in das nächste Abteil, das übernächste – da saß es! Es hatte sie im Abteil doch sicher nicht erkannt – dafür war es zu schnell vorbeigegangen. Ansonsten würde sie sich ja völlig blamieren... Denn gegenüber von dem Mädchen, der andere Türplatz, war noch frei. Es war ihr jetzt egal – sie öffnete einfach die Abteiltür und setzte sich.

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